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Selektivschutzeinrichtung In vielen Fällen genügt zum selektiven Abschalten
einer gestörten Leitung nicht allein die Höhe des Überstromes als Kriterium, es
muß vielmehr auch noch die Höhe der Spannung an der Einbaustelle des Schalters herangezogen
werden (spannungsabhängiges Überstromrelais, Distanzrelais, Impedanzrelais, Reaktanzrelais).
Diese Relais benötigten bis zur Auslöseimpulsgabe, d. h. bis sie sich den herrschenden
Strom- und Spannungsverhältnissen entsprechend eingestellt haben, eine gewisse Mindestzeit,
die etwa in der Größenordnung von ioo bis aoo ms liegt. Bis zur Ausschaltung der
Störung kommt hierzu noch die Schaltereigenzeit sowie die Lichtbogendauer, so daß
die Gesamtausschaltzeit, also die Dauer der Störung, so groß wird, daß z. B. der
Kurzschlußlichtbogen ganz erhebliche Störungen durch das Durchbrennen einer Leitung
usw. hervorrufen kann. Es muß daher die Störung in einer möglichst kurzen Zeit behoben
sein. Ferner muß vermieden werden, daß die Störung sich in einem größeren Netzteil
bemerkbar macht.
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Wie die Verhältnisse bei einem Netzkurzschluß liegen, sei an Hand
der Abb. i erläutert. Eine Leitung i, die von :2 und 3 aus gespeist wird, besitzt
verschiedene Abzweige q., 5. Tritt bei x ein Netzkurzschluß auf, so müssen, um seine
Auswirkungen zu begrenzen, in wenigen Halbwellen die Schalter 6, 7 abgeschaltet
werden, so daß das kranke Leitungsstück zwischen den Schaltern 6 und 7 herausgetrennt
wird, während die übrigen Netzteile möglichst ungestört bleiben. Durch einen direkt
wirkenden
Überstromschutz ohne Verzögerung ist eine Ausschaltung in der zur Vermeidung von
Lichtbogenschäden erforderlichen kurzen Zeit möglich, doch würden bei der reinen
Stromabhängigkeit solcher Einrichtungen nicht nur die Schalter 6 und 7, sondern
sämtliche Schalter zwischen den Speisestellen 2, 3 herausfallen und so das ganze
Leitungsnetz längere Zeit spannungslos machen. Bei Verwendung eines der bekannten
Selektivschutzsysteme werden zwar nur die Schalter 6 und 7 auslösen, aber die Dauer
der Störung ist zu groß, um mit Sicherheit Lichtbogenschäden zu vermeiden.
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Erfindungsgemäß werden nun die Vorteile der beiden bekannten Schutzarten
in der Weise vereint, daß bei Vorliegen eines Netzkurzschlusses die Ausschaltung
der vom Fehlerstrom durchflossenen Schalter unverzögert durch ein rein stromabhängiges
System erfolgt, worauf selbsttätig die Wiederzuschaltung sämtlicher Schalter nacheinander
durch ein Zeitrelais erfolgt, dessen Ablaufzeit von den Strom- und Spannungsverhältnissen
im Augenblick des Abschaltens bestimmt wird und an der Fehlerstelle am größten ist.
Während der selektiven Wiederzuschaltung ist das rein stromabhängige System mittels
einer Zeitkontaktvorrichtung nur dann wirksam, wenn das Wiiederzuschal.ten zum Wiederauftreten
des Fehlerstromes führt. Es wird also während der gesamten Ausschaltzeit das strom-
und spannungsabhängige System, unbeschadet, ob die Schalter durch das reine überstromsystem
bereits den Ausschaltimpuls erhalten haben, bis zur Unterbrechung des Kurzschlußstromes
tarbeiten, um eine dem Fehlerort entsprechende Stellung einzunehmen und um sich
dann in dieser Stellung im Augenblick der Fehlerschaltung zu verriegeln. Dieser
Stellung entsprechend erfolgt dann nach einer Pause, die so kurz bemessen ist, daß
die Abnehmer von der Unterbrechung praktisch nichts merken, die selektive Wiedereinschaltung
der Schalter zur Eingrenzung des Fehlers, derart, daß der Einschaltimpuls zu einem
Zeitpunkt erfolgt, der durch die Stellung der Verriegelung gegeben ist. Hierbei
werden die der Fehlerstelle unmittelbar benachbarten Schalter als letzte eingeschaltet
und können sofort wieder auslösen, während die übrigen Schalter blockiert sind.
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Eine erfindungsgemäß ausgebildete Schutzeinrichtung für einen Schalter
zeigt Abb. 2. r i ist die bei Fehlerstrom unverzögert ansprechende Auslösespule,
die den Kontakt z2 schließt. Sie wird unmittelbar bei 13 an einen Netzstromschalter
angeschlossen. In dem gleichen Stromkreis liegt die Stromspule 14 des Selektivrelais
15. 16 ist die Spannungsspule des Selektivrelais, die unmittelbar von einem Netzspannungswandler
gespeist wird. Die Spulen 1q. und 16 wirken auf das Drehsystem 17 ein, das eine
Isolierfahne 18 steuert. Letztere besitzt eine Öffnung r9, die einen von mehreren
hinter der Fahne 18 liegenden Kontakten einer Widerstandsreihe 2o freigibt. Vor
der Fahne 18 bewegt sich eine Kontaktbrücke 21, die durch die Magnetspule 22 im
Sinn der Kontaktgabe bewegt wird. Auf das Drehsystem 17 wirkt ferner die Bremse
23, die bei Speisung der Magnetspule 24 aufgehoben ist. Die Isolierfahne 18 wird
sich entsprechend dem Strom- und Spannungsverhältnis im Uhrzeigersinn drehen, und
zwar um so weiter, je höher der Strom und um so niedriger die Spannung ist, also
je näher die Fehlerstelle liegt, und einen der Kontakte am Widerstand 2o freigeben.
Außer dem Selektivrelais 15 ist noch ein Zeitkontaktrelais 25 vorgesehen, dessen
Kontakte tragender Wagebalken 26 durch die Wirkung der Magnetspule 27 bewegt wird.
Diese Bewegung wird durch das Zeit-%verk 28 gehemmt. Der Wagebalken 26 überbrückt
in der Ruhelage die Kontakte 29, so daß bei auftretendem Fehlerstrom durch Schließen
des Kontaktes 12 die Ausschaltspule 30 von der Hilfsstromquelle 31 Strom
erhält und den Netzschalter abschaltet. In der Ausschaltstellung schließt der Netzschalter
den Kontakt 32, so daß die Spule 27 entsprechend dem eingeschalteten Widerstand
2o Spannung erhält und den Wagebalken 26 anzieht. -Nach einer gewissen Zeit wird
der Kontakt 33 und die Kontakte 34 geschlossen. Durch den Kontakt 33 erhält die
Einschaltspule 35 Spannung und schaltet den Netzschalter wieder ein. Befindet sich
zwischen diesem Netzschalter und der Kurzschlußstelle noch ein Schalter, so bleibt
der Netzschalter eingeschaltet. Schaltet aber der Netzschalter unmittelbar auf die
Kurzschlußstelle, so schließt sich durch den wieder auftretenden Fehlerstrom der
Kontakt 12, und die Ausschaltspule 30 erhält über die Kontakte 34. Strom,
so daß der Netzschalter sofort wieder ausschaltet und mit Hilfe einer der bekannten
Sperreinrichtungen ausgeschaltet bleibt. Durch diese Anordnung fallen also nur die
der Kurzsghlußstelle benachbarten Schalter heraus, wodurch die selektive Abschaltung
durchgeführt ist, während die übrigen Netzteile nur ganz kurzzeitig, ohne daß der
Betrieb beeinflußt wird, abgeschaltet werden.