-
Verfahren zur Herstellung von Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukten
Man hat bereits vorgeschlagen, Gemische von Harnstoff, Thioharnstoff und Formaldehyd
zu härtbaren Kunstharzen zu kondensieren und dem Gemisch während und nach der Kondensation
andere Stoffe zuzusetzen, die entweder an der Kondensation teilnehmen oder inerte
Füllmittel sind. Solche Stoffe sind z. B. Phenol, Dicyandiamid, Melamin einerseits
und Papier, Holzmehl, Gesteinsmehl andererseits.
-
Es wurde nun gefunden, daß man zu Kondensationsprodukten von erheblich
besseren Eigenschaften gelangt, wenn man Harnstoff, Monophenylthioharnstoff und
Formaldehyd, gegebenenfalls unter Zusatz von Thioharnstoff, zunächst bei erhöhter
Temperatur, zweckmäßig zwischen 40 und 6o°, in schwach saurem oder schwach alkalischem,
vorzugsweise jedoch in neutralem Medium (pA-Bereich etwa 6 bis 7,5) vorkondensiert,
wobei man auf i Mol Harnstoff bis zu o,5 Mol Monophenylthioharnstoff und, falls
zugesetzt, bis zu 0,5 Mol Thioharnstoff nimmt und so viel Formaldehyd anwendet,
daß auf i Mol Gesamtharnstoff plus Harnstoffderivate mehr als i Mol Formaldehyd
entfällt, und das vorkondensierte Produkt vor der Schlußkondensation durch Zusatz
anorganischer oder organischer Säuren auf einen pH-Wert von etwa 2 bis 6 bringt.
Auf diese Weise spielt sich die bei der Weiterverarbeitung des Kondensationsproduktes
(Verpressen nach Füllstoffzusatz bzw. Vergießen) einsetzende Schlußkondensation
in saurem Medium, also sehr rasch ab, so daß man infolge der veränderten Wasserstoffionenkonzentration
eine vorzügliche Härtegeschwindigkeit in Verbindung mit einer vollkommen gleichmäßigen
Durchhärtung der Preßteile erzielt, und
zwar auch dann, wenn Unterschiede
in den Wandstärken im Verhältnis r bis zu io auftreten.
-
Zum Ansäuern der Kondensationsprodukte vor ihrer Weiterverarbeitung
lassen sich anorganische und organische Säuren sowie Säuren abspaltende Stoffe,
wie Chlorammonium, verwenden, ebenso Sulfonsäuren, wie Naphthalinsulfonsäure, Anthrachinonsulfonsäure.
Besonders geeignet sind die zur Anhydridbildung neigenden Säuren, wie Bernsteinsäure,
Glykolsäure, Milchsäure, Maleinsäure, Benzoesäure, Phthalsäure. Allgemein eignen
sich Di- und Polycarbonsäuren deswegen besonders, weil sie infolge ihrer geringen
Acidität eine leichte und bequeme Dosierung ermöglichen.
-
Um in dem vorkondensierten Produkt die noch vorhandenen Anteile an
nicht verbrauchtem Formaldehyd zu binden, empfiehlt sich neben dem Zusatz von Säure
auch ein solcher von Phenol oder dessen Homologen, die in an sich bekannter Weise
mit dem Formaldehyd Kondensationsprodukte bilden. Ebenso ist es ratsam, wenn besonders
auf hohe Kochfestigkeit Wert gelegt wird, dem Ansatz einen Zuschlag von Thioharnstoff,
Dicyandiamid oder Melamin zu geben.
-
Gegenüber den bisher bekanntgewordenen Carbamidpreßmassen zeigen die
nach dem vorliegenden Verfahren hergestellten Produkte eine bis zu ioo °/o höhere
Schlagbiegefestigkeit. Außerdem neigen die bekannten Preßmassen zur Rißbildung-
nach dem Verpressen, während die neuen Produkte von diesem Übelstand frei sind.
Darüber hinaus «-eisen die nach dem neuen Verfahren hergestellten Probestücke Kerbzähigkeitszahlen
von i,8 bis 2,2 kg/qcm auf, während die Kerbzähigkeit der bekannten Preßmassen höchstens
bis 1,2 geht.
-
Die nach der Erfindung hergestellten Kondensationsprodukte lassen
sich nicht nur auf Preßmassen, Gießharze u. dgl. verarbeiten, sondern sie liefern
auch ausgezeichnete, mit Wasser beliebig mischbare und bakterienfeste Kaltleime,
die sich zum wasserfesten Verleimen von Papier oder Furnieren (Sperrholz) unter
Druck und erhöhter Temperatur (etwa 75°) vorzüglich eignen.
-
Beispiel i 30,4 Teile Monophenylthioharnstoff und 7,2 Teile Thioharnstoff
werden mit 2o9 Teilen 33,5°/oigem Formaldehyd 6 Stunden bei 6o° gereift. Als Kondensationsmittel
werden 2 Teile Hexamethvlentetlamin und 2 Teile Natriumacetat zugegeben. Nachdem
2 bis 5 °/o des Formaldehyds verbraucht sind, werden 6o Teile Harnstoff zugesetzt.
Hierauf wird weiter auf etwa 6o° erwärmt, bis nur noch 5 bis 8 °/o des Formaldehyds
vorhanden sind (pH-\@"ert des Ansatzes = 7,5). Der 4o bis 6o° warmen Kondensationslösung
setzt man 6 Teile Bernsteinsäure oder Glykolsäure zu. Mittels dieser Säure stellt
man den pH-Wert der Kondensationslösung auf etwa 2,5 bis 3,5 ein, imprägniert bei
40 bis 6o° ungefähr ioo Teile Holzmehl, entfernt möglichst rasch und schonend das
Wasser durch Einengen im Vakuum von etwa 15 bis 5o mm Hg und einer diesem Vakuum
entsprechenden Temperatur (ungefähr 2o bis 5o°) und verpreßt die Masse bei 135 bis
138° und einem Druck von etwa Zoo kg/qcm. Die Schlagbiegefestigkeit der so erhaltenen
Preßkörper beträgt bis zu 8,5 cmkg/qcm.
-
Beispiel 2 30,4 Teile Monophenylthioharnstoff und 7,2 Teile Thioharnstoff
werden mit 2o9 Teilen 33°/oigem Formaldehyd 6 Stunden bei 4o bis 6o° gereift. Als
Kondensationsmittel werden 2 Teile Natriumacetat und 2,5 Teile konzentrierte Essigsäure
zugegeben. Der pH-Wert der Kondensationslösung ist ungefähr 6,6. Wenn 2 bis 50/,
des Formaldehyds verbraucht sind, setzt man 6o Teile Harnstoff zu und kondensiert
bei etwa 98° noch eine weitere halbe Stunde, so daß nur noch 5 bis 80/0 ungebundener
Formaldehyd vorhanden sind. Der etwa 4o bis 98° warmen Kondensationslösung fügt
man 6 Teile Essigsäure hinzu und verarbeitet unter Zusatz von Holzmehl weiter wie
nach Beispiel i. Die Schlagbiegefestigkeit der aus dieser Masse hergestellten Normalstäbe
beträgt 9,45 cmkg/qcm.
-
Beispiel 3 2o9 Teile 33°/oiger Formaldehyd werden neutralisiert und
durch Absitzenlassen und Filtrieren geklärt. Mit dem so vorbereiteten Aldehyd versetzt
man 30,4 Teile Monophenylthioharnstoff, fügt 2 Teile Natriumacetat zu und kondensiert
2 Stunden bei 40 bis 6o°. Die Kondensation verläuft in diesem Falle in praktisch
neutralem Medium (px-M'ert = 6,9 bis 7,a). Sobald keine Abnahme des Gehalts an Formaldehyd
mehr festzustellen ist, setzt man 6o Teile Harnstoff zu und erhitzt auf Kochtemperatur
am Rückflußkühler, bis die Lösung nur noch etwa 5 bis 8 °/o freien Formaldehyd enthält.
Der etwa 4o bis 98° warmen Lösung setzt man 6 Teile Glykolsäure zu, imprägniert
damit cellulosehaltige Füllstoffe und verpreßt wie in Beispiel i. Die Normalprobestäbe
zeigen Schlagbiegefestigkeiten bis zu 12 cmkg/qem.
-
Beispiel 4 30,4 Teile Monophenylthioharnstoff und 6o Teile Harnstoff
werden mit 276 Teilen 33°/oigem Formaldehyd versetzt. Nach Zugabe von 2 Teilen Natriumacetat
kondensiert man 2 Stunden bei 4o bis 6o°, fügt 38 Teile Thioharnstoff hinzu und
erhitzt weitere 6 Stunden bei 6o°. Das Kondensationsprodukt wird im Vakuum (etwa
15 mm Hg) bei einer 5o° nicht überschreitenden Temperatur zu einem dicken Kristallbrei
eingedampft. Die Kristalle sind in Alkohol schwer, in kaltem Wasser dagegen leicht
löslich. Man wäscht sie mit Alkohol und trocknet sie im Vakuum. Ihre wäßrige Lösung
ergibt, mit etwa 2010 Ammoniumchlorid versetzt, bezogen auf das Gewicht der festen
Kristalle, einen ausgezeichneten Kaltleim, der bei etwa 75° und Anwendung von Druck
Furniere oder Papierbahnen in kürzester Zeit Wasser- und bakterienfest verleimt.
Ein Zusatz von Thioharnstoff ist hierbei nicht unbedingt erforderlich, wenn auf
erhöhte Wasserfestigkeit kein Wert gelegt wird.
-
Beispiel 5 30,4 Teile Monophenylthioharnstoff werden mit 276 Teilen
33°/oigem Formaldehyd bei 4o bis 60°
z Stunden kondensiert. Die
Kondensation erfolgt in Anwesenheit von 2 Teilen Natriumacetat im p$-Bereich von
6 bis 7,5. Hierauf setzt man 38 Teile Harnstoff zu und kondensiert bei etwa 6o°
nochmals 2 Stunden. Die Lösung wird anschließend unter vermindertem Druck (5oo bis
6oo mm Hg) bei 40° eingedampft. Um die Restmengen von ungebundenem Formaldehyd zu
entfernen, setzt man zweimal 15o Teile destilliertes Wasser zu und dampft dieses
ab. Das zurückbleibende viskose Harz versetzt man mit etwa 3,2 Teilen Phthalsäure
(gelöst in 11,5 Teilen Alkohol) und 7,5 Teilen Äthylenglykolmonomethyläther und
entfernt im Hochvakuum den Alkohol und etwa noch vorhandenes Wasser. Man erhält
ein glasklares Harz, das blasenfrei und ohne Trübung bei 6o bis zoo° härtet.
-
Beispiel 6 76 Teile Monophenylthioharnstoff und 7,2 Teile Thioharnstoff
werden mit 275 Teilen 33°/oigem Formaldehyd bei 4o bis 6o° unter Zugabe von 2 Teilen
Natriumacetat 2 Stunden gereift. Dann werden 6o Teile Harnstoff zugegeben, und es
wird weitere 2 Stunden bei der gleichen Temperatur kondensiert. Die Kondensationslösung
läßt man 12 Stunden bei Zimmertemperatur stehen. Nunmehr wird die Lösung 1/2 bis
i Stunde am Rückflußkühler gekocht. Nach dem Abkühlen versetzt man mit 6 Teilen
Bernsteinsäure, gelöst in n-Butylalkohol, und 0,7 Teilen Ammoniumchlorid.
Mit dieser Lösung imprägniert man 12o Teile Holzmehl oder ähnliche cellulosehaltige
Füllstoffe und verpreßt die Masse wie in Beispiel i.
-
Beispiel 7 (Zusatz von Phenol). 182,4 Teile Monophenylthioharnstoff
und 45,6 Teile Thioharnstoff werden mit etwa 136o Teilen 33°/oigem Formaldehyd ungefähr
3 Stunden bei etwa 50° gereift. Als Beschleuniger werden 12 g Natriumacetat und
25 ccm io°/oige Natriumcarbonatlösung (je 182,4 g Monophenylthioharnstoff) zugesetzt.
Dann werden der Kondensationslösung 36o Teile Harnstoff zugefügt, und es wird weitere
2 Stunden unter Beibehaltung der Temperatur gereift. Nachdem durch Titration noch
etwa 5 bis 91)1', freier Formaldehyd nachgewiesen worden sind, wird nach dem Abkühlen
der Mischung auf 6o bis 7o° der pH-Wert mittels in Alkohol gelöster Phthalsäure
auf einen Betrag zwischen 3,5 und 6 eingestellt, worauf man 56,4 Teile Phenol zusetzt,
auf ioo° aufheizt und ungefähr i Stunde am Rückflußkühler kocht. Die noch heiße
oder auf 6o bis 7o° abgekühlte Kondensationslösung wird mit Holzmehl vermischt,
so daß man eine Preßmasse mit etwa 5o bis 70 °/o Harzkomponente erhält. Diese Mischung
wird auf die übliche Weise getrocknet, gemahlen und verpreßt. Das Kondensationsprodukt
kann gewünschtenfalls als Imprägnierlack für Gewebe oder Papierbahnen zur Weiterverarbeitung
auf Platten Verwendung finden. Weiter besteht die Möglichkeit, die Harzmischung
im Holländer auf Holzschliff in kaltem oder warmem Zustand einwirken zu lassen und
die so vorbereitete Fasermischung auf bekannte Weise zu Platten weiterzuverarbeiten.
In diesem Falle kann der Prozentgehalt an Harz sehr starken Schwankungen unterliegen.
-
Beispiel 8 24o Teile Harnstoff, 60,4 Teile Thioharnstoff und 121,6
Teile Monophenylthioharnstoff werden mit 1054 Teilen 36,6°öigem Formaldehyd unter
Zusatz von 8 Teilen Natriumacetat bei 8o° etwa 11/2 Stunden kondensiert. Der pH-Wert
der Kondensationslösung wird mittels Milchsäure auf 5,1 eingestellt. Man setzt nunmehr
25,2 Teile Melamin zu und kondensiert bei 8o° eine weitere Stunde. Die noch heiße
Kondensationslösung wird sofort mit Holzmehl vermischt, worauf man die erhaltene
Masse wie in Beispiel i weiterverarbeitet. Die Schlagbiegefestigkeit der Probestäbe
beträgt 8,5 cmkg/qcm.
-
Beispiel 9 121,6 Teile Monophenylthioharnstoff und 852 Teile 35,2°/olger
Formaldehyd werden i Stunde bei go° kondensiert (Anfangs-p$-Wert = 7,2). Dann werden
24o Teile Harnstoff zugegeben, worauf die Kondensation bei 7o° noch eine weitere
Stunde fortgesetzt wird. Hierauf gibt man 16,8 Teile Dicyandiamid zu und versetzt
mit so viel Essigsäure, daß der p$- Wert der Kondensationslösung 4,9 beträgt. Die
Temperatur wird nunmehr auf go° erhöht und i1/2 Stunden beibehalten. Man vermischt
die noch heiße Kondensationslösung sofort mit Holzmehl und behandelt die Masse,
wie in Beispiel i angegeben. Die Schlagbiegefestigkeit der Preßkörper beträgt 8,7
cmkg/qcm.