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Verfahren zur Konservierung von Pankreasdrüsen für die Herstellung
von Kristallinsulin und zur Herstellung des letzteren aus Pankreaskonserven Entscheidend
für die Herstellung von Kristallinsulin ist die Qualität des zur Verarbeitung gelangenden
Rohstoffes, d. h. des auf den Schlachthöfen gesammelten Pankreas. Wegen der normalerweise
rasch einsetzenden Qualitätsverschlechterung wäre die sofortige Verarbeitung des
Pankreas erwünscht. Da dies wegen der auf den einzelnen Schlachthöfen täglich anfallenden
zu kleinen Mengen Pankreas nicht möglich ist und selbst bei günstigsten Transportverhältnissen
zwischen Schlachtung und Verarbeitung stets ein größerer Zeitraum liegt, ist es
notwendig, das auf den Schlachthöfen gesammelte Pankreas zu konservieren. Der angewendeten
Konservierungsmethode kommt nun sowohl hinsichtlich der Qualität des Insulins als
auch der Ausbeute die größte Bedeutung zu. Es kommt bei der Konservierung vor allem
darauf an, das Insulin vor der Wirkung der tryptischen Fermente des Pankreas zu
schützen. So wurden bereits eine Anzahl Versuche gemacht mit dem Ziel, ein möglichst
einfaches und billiges Konservierungsverfahren für insulinfähiges Pankreas zu finden.
Das am meisten bisher angewendete Verfahren besteht im Einfrieren bei tiefer Temperatur,
welches aber einen großen technischen Aufwand erfordert, daspezielleGefrierräumebzw.Gefriertruhenzur
Verfügung stehen müssen und der Transport in Isolierbehältern vorgenommen werden
muß. Nachprüfungen der von Hinz und R a f f e g e r s t empfohlenen Vakuumtrocknung
sowie der Gefriertrocknung ergaben völlig negative Resultate, dagegen liefert ein
Acetontrocknungsverfahren eine ausgezeichnete insulinfähige Pankreaskonserve, die
aber infolge der anhaftenden
Feuchtigkeit nicht länger als 5 bis
io Tage haltbar ist; ein anderer Nachteil ist die Größe der anzuwendenden Acetonmenge.
Von weiteren möglichen Konservierungsmethoden seien noch die folgenden angeführt:
Konservierung des Pankreas durch Vakuumtrocknung nach Inaktivierung des Trypsins
durch Salzsäure ergibt allerdings befriedigende Insulinausbeuten, aber die technische
Anwendung dieser Methode ist wegen des am Schlachthof notwendigen großen apparativen
Aufwandes nicht geeignet. Durch Kombination der Acetontrocknungsmethode mit der
Trypsininaktivierung durch Salzsäure wird kein insulinfähiges Trockenpankreas erhalten,
und ebensowenig vorteilhaft ist die Konservierung mit Salzsäure und Natriumsulfat
wegen des durch die Extraktion zu schleppenden großen Ballastes an Natriumsulfat.
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Die Verwendung von Kochsalz und Salzsäure zur Konservierung der Pankreasdrüsen
ist im Beispiel 5 des Patents 441614 beschrieben, doch ergibt die dort angegebene
Arbeitsweise kein Insulin, das den modernen Anforderungen genügt, da die Abtrennung
der Ballaststoffe unzureichend bleibt. Sämtliche bisher bekannten Konservierungsverfahren
haben also gewisse, recht erhebliche Nachteile.
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Es wurde nun gefunden, daß man unter Vermeidung der vorstehend angeführten
Nachteile in guter Ausbeute reines Kristallinsulin aus konserviertem Pankreas erhält,
wenn man in ganz bestimmter Weise die jeweils angewandte Konservierungsmethode und
die spätere Aufarbeitungsmethode aufeinander abstimmt. Wesentlicher Bestandteil
des Konservierungsmittels ist erfindungsgemäß in jedem Falle Salzsäure. Seine zusätzlich
vorhandenen Bestandteile bestimmen dann von Fall zu Fall die Wahl der anzuwendenden
Aufarbeitungsmethode.
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Verwendet man als Konservierungsmittel eine Mischung von Salzsäure
mit relativ kleinen Mengen Alkohol (bezogen auf die zu konservierende Menge Pankreas),
welcher noch andere fäulnisverhindernde Stoffe, wie Phenol, Toluol oder Chloroform,
zugesetzt «erden können, so erfolgt die Aufarbeitung in an sich bekannter Weise,
wie unten im Beispiel i näher erläutert, d. h. im wesentlichen nach der Methode
von De Jongh-Laqueur, wie sie z. B. in Bomskov, Methodik der Hormonforschung, Bd.
i, S. 667, für die Verarbeitung von frischem Rinderpankreas angegeben ist. Die hier
angewandte Art der Konservierung war identisch nicht vorbekannt und leistet mehr,
als der Fachmann unter Berücksichtigung des aus der Fachliteratur bezüglich der
Extraktion mit Alkohol und Salzsäure bereits Bekannten ohne weiteres erwarten durfte;
denn der Fachmann wußte sowohl aus der Fachliteratur wie aus den bekannten Erfahrungen
der Betriebe, daß er die sauren alkoholischen Extrakte im Aufarbeitungsprozeß nicht
beliebig lange stehenlassen durfte, ohne einen bereits erheblich ins Gewicht fallenden
Verlust an Insulineinheiten zu riskieren. Es ist daher überraschend, daß die von
der Extraktion her bekannte Empfindlichkeit des Insulins in salzsaurer alkoholischer
Lösung bei Anwendung letzterer zur Konservierung über lange Zeit praktisch nicht
in Erscheinung tritt. Der Grund für diese überraschende Tatsache mag in der Verwendung
relativ geringer Mengen Alkohol bei der Konservierung zu suchen sein, was übrigens
einen besonderen Vorteil des Verfahrens bedeutet.
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Wählt man zur Konservierung der Drüsen dagegen in an sich bekannter
Weise Salzsäure und Kochsalz, so ist bei der Aufarbeitung etwas anders zu verfahren,
d. h. etwa so, wie im Beispiel 3 näher erläutert. Wesentlich ist, daß im Gange der
Aufarbeitung vor der Ausfällung des Neutralproteins der Extrakt zuerst auf PH 7
bis 7,4 und gleich darauf wieder auf PH 3,5 bis 4 eingestellt wird. Diese Art der
Aufarbeitung ist neu und weicht erheblich von der nach der Patentschrift 441614
vorgesehenen Methode ab.
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Verwendet man schließlich als Konservierungsmittel Salzsäure allein
oder gegebenenfalls zusammen mit den bereits obengenannten fäulnisverhindernden
Mitteln, wie Phenol, Toluol oder Chloroform, gegebenenfalls bei Gegenwart eines
Kupfersalzes, vcrzugsweise Kupferchlorid, so ist bei der Aufarbeitung wieder etwas
anders zu verfahren, d. h. etwa so, wie in Beispiel 4 erläutert. Wesentlich ist,
daß bei der Klärung des Rohextraktes durch Ausfällung des Neutralproteins das pH
auf g bis 9,2 erhöht wird. Durch das der Mischung zugesetzte Kupfersalz wird der
beim Ansäuern des Pankreas frei werdende Schwefelwasserstoff besser gebunden als
durch das bereits von B e c k a und Mitarbeitern verwendete FeCl, Die restlose Entfernung
des Schwefelwasserstoffs ist wichtig, weil er das Insulin inaktiviert. Außerdem
haben Versuche erwiesen, daß gerade der Zusatz von Kupfersalzen bei der Insulinextraktion
die Ausbeute von Insulin verbessert und besonders gut kristallisierende Präparate
liefert, was wahrscheinlich auf die Bildung von schwerlöslichem nukleinsaurem Kupfer
zurückzuführen ist, wodurch ein Hineingelangen von Nukleinsäuren in die Extrakte
verhindert und somit ein die weitere Reinigung bis zum kristallisierbaren Insulin
erschwerender Ballast entfernt wird.
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Nach den erfindungsgemäßen Verfahren bleibt das Pankreas bis zu mindestens
5o Tage insulinfähig und ergibt Ausbeuten bei Verwendung von z. B. Kälberpankreas
bis zu io ooo E/kg und Rinderpankreas bis zu i2oo E/kg. Beispiel i 2,7 kg Rinderfrischpankreas
wird gemahlen und mit 2,71g4- bis g6°/"igemAlkohol, der 135 ccm 25°/oige Salzsäure
enthält, gut durchgemischt. Nach einer Lagerzeit von 3 Wochen bei + 4 bis 5° C in
einer Glasflasche mit eingeschliffenem Stopfen wird die Konserve einer zweimaligen
Extraktion zuerst mit 6,51 7g°/oigem Alkohol und darauf mit 6,51 6o°/oigem Alkohol
unterworfen. Die vereinigten Extrakte werden mit Ammoniak (d = o,gi) auf pH 7 bis
7,4 eingestellt, die ausgefallenen Ballasteiweißstoffe (Neutralproteine) abzentrifügiert,
der geklärte Extrakt mit Schwefelsäure auf PH 3,5 eingestellt und im Vakuum bei
15 bis 2o' C auf % des Volumens eingedampft. Nach Abtrennung des emulgierten Fettes
wird das Konzentrat mit Ammonsulfat (37 g auf loo ccm Kon-
zentrat) ausgesalzen,
der Niederschlag abgetrennt, in 1/1o des Volumens des eingedampften Klarextraktes
aufgelöst
und unter Zusatz geringer Menge 2o°/oiger Schwefelsäure auf pH 2,8 eingestellt.
Die Lösung wird erneut durch Sättigen mit wasserfreiem Natriumsulfat (16 g auf Zoo
ccm Lösung) ausgesalzen, der Niederschlag abzentrifugiert und mit 57°/`oigem Alkohol
erschöpfend extrahiert. Der filtrierte alkoholische Extrakt wird mit so viel 94-
bis g6°/oigem Alkohol versetzt, daß eine go°/oige alkoholische Lösung entsteht,
der dadurch ausgefällte Rohinsulinniederschlag wird dann in Wasser bei pH 2,8 zu
1/2 bis 1°;'aiger Lösung gelöst und das Insulin isoelektrisch bei PH 5 bis 5,4 ausgefällt.
Aus der Mutterlauge läßt sich noch durch Zusatz von Zinkchlorid und Einstellen auf
PH 7 unreines Insulin gewinnen. Das erhaltene Rohinsulin wird aus Phosphatpufferlösung
kristallisiert. Ausbeute o,12 g Insulinkristalle mit 37 y/E, was einer Ausbeute
von 1150 internat. E/kg Pankreas entspricht.
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Beispiel 2 5,4 kg Rinderpankreaskonserve werden gemahlen und mit 4o5
ccm Konservierungsflüssigkeit (hergestellt aus Z 1 25°/oiger Salzsäure, o,21 85°/oigem
Phenol und 0,31 94°/oigem Alkohol) gut durchgemischt in einer Z2-1-Glasflasche
mit Schliffstopfen bei -r 5 bis 1o° C 4 Wochen gelagert. Die Aufarbeitung erfolgt
wie im Beispiel Z. Es werden 0,7 g Rohinsulinausbeute erhalten, die auf Phosphatpuffer
kristallisiert o,2 g Insulinkristalle ergeben, was bei 50 y/E einer Ausbeute
von 740 E/kg Pankreas entspricht. Beispiel 3 2,4 kg eingefrorenes Kalbspankreas
werden als ganze Einzeldrüsen mit 625 g Kochsalz und 195 ccm Salzsäure gründlich
durchgemengt, so daß die Drüsen vollständig grau werden. Nach 1=tägiger Lagerung
werden die konservierten Drüsen gemahlen und samt der Konservierungslake 3 Stunden
lang mit der 2,5fachen Menge 7g volumprozentigem Alkohol, anschließend Z Stunde
lang mit der 2,5fachen Menge 6ovolumprozentigem Alkohol und schließlich mit der
zweifachen Menge 57°/oigem Alkohol extrahiert. Der Gesamtextrakt beträgt 17,2 1.
Er wird mit Ammoniak (d = o,gZ) auf PH 7,4 eingestellt und gleich darauf wieder
mit Schwefelsäure auf PH 3,5 zurückverstellt, und zwar erfolgt die Zugabe des Ammoniaks
und der Schwefelsäure unter starkem Rühren und in kleinen Portionen. Dann wird der
Eiweißniederschlag abzentrifugiert. Die Konzentration des Klarsaftes durch Eindampfen
im Vakuum und weitere Aufarbeitung geschieht nach dem im Beispiel Z bereits beschriebenen
Verfahren. Die Ausbeute an Rohinsulin bei Alkoholfällung beträgt ZZ g, aus denen
durch isoelektrische Fällung bei p$ 7 o,5o6 g Insulin gewonnen werden. Durch Verstellen
der Mutterlauge auf p$ 5,3 werden weitere o,428 9 isoelektrisches Insulin
isoliert; aus Phosphatpuffer kristallisiert werden 0,584 g reines Kristallinsulin
erhalten, was einer Einheitsausbeute von gooo E/kg Pankreas entspricht.
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Vorteilhaft bei diesem Versuch ist, daß die Drüsen bei der Konservierung
nicht zerkleinert zu werden brauchen.
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Beispiel 4 5oo g Pankreas werden gemahlen und bis zur durchgehenden
Graufärbung innig mit 25 ccm 25°/oiger Salzsäure, die 0,5 g Kupferchlorid
enthält, und 2o ccm einer Toluol-Chloroform-Lösung (Z : Z) durchgemischt, dann wird
der Konservenbrei in weithalsiger Glasflasche mit Schliffstopfen 4 Tage lang bei
-f- 2o° C aufbewahrt. Die Extraktion mittels Alkohol und Aufarbeitung der Extrakte
erfolgt nach den im Beispiel Z beschriebenen Verfahren mit dem Unterschied, daß
bei der Klärung des Rohextraktes durch Ausfällung des Neutralproteins das pH auf
9,1 erhöht wird, um eine Fällung von Insulin zu vermeiden. Das Kupfer bleibt in
der Ammonsulfatmutterlauge gelöst, die dadurch blaugrau gefärbt wird. An Rohausbeute
werden 0,367 g isoelektrisches Insulin erhalten, das aus Phosphatpuffer kristallisiert
eine Ausbeute von o,218 g Kristallinsulin mit 5o y/E, d. h. 87oo E/kg Pankreas ergab.