-
Verfahren zur Herstellung plastischer Massen aus Ölen Es ist bekannt,
daß man durch Vermischen und Erhitzen halogenhaltiger Filmbildner, z. B. von Polyvinylchlorid,
mit hochsiedenden aromatischen und kohlenstoffreichen ungesättigtenKohlenwasserstoffen
aus Erdölen plastische Massen herstellen kann.
-
Es wurde nun gefunden, daB man plastische Massen von besonders guter
Elastizität und hoher Festigkeit erhält, wenn man ölige oder bituminöse Stoffe,
die in flüssigem Zustand feste Kunststoffe, wie Polyvinylchlorid, zur Quellung bringen,
mit einem Polymerisationsprodukt eines ungesättigten aliphatischen Halogenkohlenwasserstoffs,
z. B. von V:nylchlorid oder unsymmetrischemDichloräthylen, das einen K-Wert (Eigenviskosität,
s. »Cellulose-Chetnie«, 1932, S. 58 ff. und 71 ff.) von über 70, vorteilhaft
über 8o, z. B. Ioo bis 13o, besitzt, vermischt und während des Mischens oder danach
auf Temperaturen von 5o bis 2oo°, vorteilhaft 8o bis 15o°, erhitzt. Man kann auch
Gemische dieser Polymerisationsprodukte unter sich oder mit solchen von geringerem
K-Wert anwenden.
Es war nicht vorauszusehen, daß Polymerisationsprodukte
mit hohem K-Wert beim-Erhitzen mit öligen Stoffen zu kautschukartigen Produkten
von besonders guten Eigenschaften, wie Zähigkeit, Elastizität u: a., führen, da
es bekannt ist, daß Polymerisationsprodukte mit hohem K-Wert bei Temperaturen, wie
sie im vorliegenden Fall angewendet werden, z. B. 8o bis i5o°, sich in Stoffe von
geringem K-Wert umwandeln.
-
Als ölige Ausgangsstoffe eignen sich z. B. die durch Hoch- oder Tieftemperaturverkokung,
Druckextraktion oder Hydrierung von Stein- oder Braunkohle, Torf, Holz, Ölschiefer,
Asphalt oder Pech oder durch Destillation, selektive Zerlegung, Hydrierung oder
Spaltung von insbesondere asphaltbasischen Erdölen, Teeren oder Druckhydrierungs-
oder Extraktionsprodukten vonKohle gewonnenen Öle. Auch asphalthaltige Massen, die
bei der Destillation als Rückstände verbleiben oder durch Fällung gewonnen wurden,
z. B. Hydrier-oder Spaltrückstände, die zweckmäßig von festen Bestandteilen befreit
wurden, ferner aus Schieferölen, Erdölen oder deren Spaltprodukten ausgefällteAsphalte,
natürlicheAsphalte oderMischungen dieser Stoffe mit anderen Ölen, z. B. Produkten
der Verschwelung von Kohlehydrierungsrückständen, kommen als Ausgangsstoffe in Betracht.
Auch reine cyclische Verbindungen, wie Styrol, Phenole, Naphthalin, Tetrahydronaphthalin
oder chlorierte Kohlenwasserstoffe, lassen sich nach dem Verfahren in plastische
Massen verwandeln.
-
Die Menge des zuzusetzenden Polymerisationsprodukts kann in weiten
Grenzen schwanken. So erhält man schon mit wenigen Prozent Polyvinylchlorid, z.
B. 2 bis io°/o, bezogen auf den öligen Ausgangsstoff, plastische Massen, deren Elastizität
für viele Fälle genügt. Setzt man etwa 15
bis 40 0/0 Polymerisationsprodukt
zu, so erhält man kautschukartige Massen von großer Festigkeit. Man kann jedoch
auch größere Mengen, z. B. 5o bis ioo °/o oder mehr, bezogen auf die öligen Ausgangsstoffe,
von dem Polymerisationsprodukt anwenden, -je nach den Eigenschaften, die das Erzeugnis
haben soll.
-
Die öligen Stoffe werden mit den Polymerisationsprodukten, zweckmäßig
in der Wärme und gegebenenfalls unter Druck, vermischt. Dies kann in einer Knetmaschine
oder auf einer Mischwalze, gegebenenfalls unter Zusatz von Farbstoffen, Riechstoffen,
Harzen, Füllstoffen, Weichmachern, Antioxydationsmitteln oder Polymerisationsmitteln,
z. B. Schwefel, Aluminiumchlorid oder Borfluorid, geschehen. Bei Verwendung sehr
hochmolekularer öliger Stoffe ist es vorteilhaft, ein Lösungsmittel zuzusetzen.
-
Man kann die öligen Ausgangsstoffe auch stufenweise mit den genannten
Stoffen mischen, indem man sie z. B. zunächst mit dem polymeren Halogenkohlenwasserstoff
unter schwachem Erwärmen zusammenbringt und dann Füllstoffe, Farbstoffe oder ändere
der genannten Zusatzstoffe zugibt, wobei die Temperatur weiter erhöht werden kann,
um schon eine mehr oder weniger weitgehende Um-Wandlung in plastische Massen zu
bewirken. Die fertigen Gemische werden dann, zweckmäßig in Formen, auf höhere Temperatur
erhitzt.
-
Die Erhitzungsdauer kann in weiten Grenzen, z. B. zwischen 1/4 Stunde
und io Stunden und mehr, schwanken; sie hängt von den gewünschten Eigenschaften
des Erzeugnisses und von der angewandten Temperatur ab. Je tiefer die letztere liegt,
desto länger muß erhitzt werden. Bei einer Temperatur von i2o bis 4o° genügt in
der Regel eine Erhitzungsdauer von etwa 5 Stunden.
-
Die Polymerisationsprodukte können auch in wäßriger Emulsion angewandt
werden, zweckmäßig unter Verwendung von Emulgierungsmitteln, z. B. Alkalisalzen
alkylierter Naphthalinsulfonsäuren oder vonFettsäuren,wie derPalmitin-oder Oleinsäure.
In diesem Fall kann bei etwas tieferer Temperatur, z. B. 3o bis ioo°, gearbeitet
werden.
-
Die öligen Ausgangsstoffe können vor dem Vermischen mit dem Polymerisationsprodukt
mit Luft oxydiert oder mit konzentrierter Schwefelsäure oder Chlor vorbehandelt
werden. Enthalten sie gesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe, insbesondere Paraffin,
so ist es zweckmäßig, diese vorher zu entfernen. Sauerstoffhaltige Verbindungen,
z. B. Phenoie, oder Basen, wie Pyridin, brauchen aus den Kohlenwasserstoffölen vor
der Behandlung nicht abgetrennt zu werden; in manchen Fällen, z. B. bei Herstellung
geruchfreier Produkte, kann dies jedoch von Vorteil sein. Andererseits können die
Phenole jedoch, wie erwähnt, selbst als Ausgangsstoffe dienen. Außer den genannten
Polymerisationsprodukten kann man den öligen Ausgangsstoffen vor oder während der
Erhitzung noch andere polyrnerisierbare Stoffe, wie Butadien, Styrol, Acrylsäurenitril,
Acrylsäureester oder Gemische dieser Stoffe, gegebenenfalls in anpolymerisiertein
Zustand, zusetzen.
-
Die so hergestellten Produkte lassen sich wie Kautschuk für viele
Zwecke verwenden, so z. D. für hochelastische _Lacküb_erzüge, für Kaschierungen,
zumm_A_uskleiden v an Gefäßen, zum Imprägnieren von Bekleidungsstücken, zum Lostfestmachen
von flächenförmigen Faserstoffgebilden, zur Herstellung von Fahrzeugreifen oder
-schläuchen, für Schuhsohlen oder -absätze, für Kabelisolierungen oder Dichtungen.
-
Es ist _nicht notwendig, die plastischen Massen vor der Verwendung
zu vulkanisieren, man kann dies jedoch nach den bei der Kautschukherstellung bekannten
Methoden tun. So setzt man 7.13. Zinkoxyd, Schwefel und Ruß, Vulkanisationsbeschleuniger
und Antioxydationsmittel zu und erhitzt auf Temperaturen von ioo bis i8o°, zweckmäßig
ioo bis i2o°. Man kann auch mit Hilfe von Natriumpolysulfid vulkanisieren, was insbesondere
bei plastischen Massen, die unter Verwendung chlorierter Kohlenwasserstoffe als
öliger Komponente hergestellt wurden, sehr elastische Erzeugnisse liefert.
-
Vor der Vulkanisation oder vor der weiteren Verarbeitung der plastischen
l.lassen kann man die darin enthaltenen, nicht gebundenen Öle ganz oder
teilweise
mit Hilfe eines Lösungsmittels, z. B. Benzin oder Benzol, herauslösen.
-
Beispiel i 7o Gewichtsteile einer von 200 bis 340° siedenden
Fraktion eines Hochtemperaturteeres «-erden mit 3o Gewichtsteilen Polyvinylchlorid
mit dem K-Wert 8o bei 4o bis 5o° verknetet. Das Gemisch wird zu Platten gewalzt
und unter Druck 1 Stunde auf 130= erhitzt. Die kautschukartigen Platten 7eigen große
Zähigkeit. Beispiel e Ein Gemisch aus 5o Gewichtsteilen einer von 250
bis
36o` siedenden Fraktion eines aus Steinkohle gewonnenen Druckhydrierungsproduktes
und 1o Gewichtsteilen eines aus Steinkohlenschwelteer mit Propan ausgefällten Weichpechs
werden mit 4.o Gewichtsteilen Polvvinvlchlorid mit dem K-Wert Zoo bei 40 bis 50=
durchgeknetet und dann unter Druck in Formen gepreßt. Nach etwa 15 Minuten langem
Erhitzen auf 15o° erhält man sehr zähe, formbeständige Körper von guter Elastizität.
Beispiel 3 65 Gewichtsteile einer von 200 bis 350° siedenden, durch Behandlung mit
Natronlauge von Phenolen befreiten Fraktion eines Steinkohlenschwelteeres werden
mit 35 Gewichtsteilen Poly vinylchlorid mit dem K-Wert 130 vermischt. Nach
Zusetzen von 5 Gewichtsteilen Leuchtfarbe wird Stunden unter Luftabschluß auf 125°
erhitzt. Man erhält kautschukartige Stoffe, die in der Dunkelheit leuchten.
-
Beispiel Ein aus Steinkohlenschwelteer erhaltener, weichpechartiger
Rückstand über 350° vom Erweichungspunkt .4o° wird mit 5 Gewichtsprozent Polyvinylchlorid
mit dem K-Wert Zoo versetzt und 3 Stunden auf 11o° erhitzt. Man erhält eine schwach
elastische Masse mit dem Erweichungspunkt 8o°, die z. B. als Vergußmasse, Kabelisolierung
oder Dachbelag verwendet werden kann.