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Weichkörper aus Polyvinylalkohol oder anderen Polyvinylverbindungen
oder solche enthaltenden Mischpolymerisaten Es ist bekannt, Schläuche für Brennstoff-oder
Zolleitungen, Membranen für Ventile oder Pumpen, die mit Brennstoffen oder Öl zusammenwirken,
und andere Gegenstände für ähnliche technische Zwecke aus Polyv iny 1-alkohol zu
bilden, weil sich dieser Stoff zur Erzeugung biegsamer und elastischer Gegenstände
eignet und dabei die bemerkenswerte Eigenschaft hat, von Brennstoffren und Ö1 nicht
chemisch angegriffen zu tverden. Dies gilt insbesondere auch für stark gemischte
Brennstoffe, d. h. solche, welche verhältnismäßig große Mengen von Spiritus oder
Methylalkohol enthalten. In vielen Fällen, insbesondere wenn die Zusammensetzung
des Brennstoffes es zuläßt, können auch andere Polyvinylverbinduiigen oder Mischungen
des Polt' v iny lalkohols mit anderen Polyv inylderivaten,wie beispielsweise Polt'
v inylchlorid, Polyvinylacetalen usw., gegebenenfalls auch Mischpolymerisate aus
Vinylverbindungen und anderen Stoffen zu dem gleichen Zwecke Verwendung finden.
Nun liegt es aber so, daß Polyvinylalkohol und die erwähnten Stoffe verwandter Art
in geformtem Zustand, wenn sie zusatzlos verarbeitet werden, nicht die für die genannten
technischen Gegenstände erforderliche Weichheit besitzen oder, wenn anfänglich vorhanden,
auf die Dauer nicht bewahren. Es ist daher notwendig, diesen Massen vor der Verarbeitung
oder Formgebung ein geeignetes Weichmachungsmittel hinzuzufügen, welches die Erhärtung
des Enderzeugnisses verhütet und dafür sorgt, daß die geschaffene Weichheit des
Stoffes dauernd erhalten bleibt.
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Bei Gebilden aus Polyvinylalkohol o. dgl. war bisher als Mittel für
diesen Zweck Glyzerin
verwendet worden. Glyzerin ist an sich ein
vorzügliches Weichmachungsmittel und insbesondere bei der Verarbeitung von Polyvinvllkohol
deswegen ein .bequem zu handhabender Zusatzstoff, weil es sowohl mit Wasser als
auch mit Polvvinvlalkohol in Lösung geht und daher bei der Herstellung von Lösungen
oder Pasten als Ausgangsstoff ohne weiteres finit ,dem trockenen oder wäßrigen Polyvinyl=
Alkohol in Mischung gebracht werden kann. Im praktischen Gebrauch der aus Polyv
inylalkohol o. dgl. hergestellten Gegenstände haben sich aber mancherlei Anstände
ergeben, und es ist erkannt worden, daß diese auf die Verwendung von Glyzerin als
Weichrnachungsmittel zurückzuführen sind. Glizerin ist stark hygroskopisch; auf
die Fähigkeit, Wasser zu binden, ist zum großen Teil die Wirkung als Weichmacher
zurückzuführen. Nun übt aber Glyzerin die wasseranziehende Wirkung auch dann noch
aus, wenn die Masse bereits zu irgendwelchen Formkörpern verarbeitet worden ist.
Werden Körper, die zur Erzielung eines günstigen Weichheitsgrades finit größerem
Glyzerinzusatz hergestellt worden sind, in feuchter Atmosphäre benutzt, so schlagen
sich unter Umständen beträchtliche Wassermengen auf ihnen nieder, so daß sie gewissermaßen
zu schwitzen scheinen. Diese Ansammlung von Wasser auf der Oberfläche der Körper
ist in jedem Fall lästig und, wenn diese aus Polvvinylalkohol bestehen oder diesen
Stoff in größerer Menge enthalten, noch deswegen besonders unangenehm, weil die
Masse dann durch eine Art Lösungsvorgang zu quillen beginnt. Aber auch ohne äußerlich
fühlbaren Feuchtigkeitsniederschlag ist der aus Polvvinylalkoliol o. dgl. gebildete
Gegenstand, wenn er Glyzerins innerhalb der Masse enthält, in bezug auf die Menge
des gebundenen Wassers Schwankungen unterworfen, die von dem Feuchtigkeitsgrad der
Umgebung abhängig sind; derartige Schwankungen bewirken je nachdem eine Ausdehnung
oder Schrumpfung des Gegenstandes, so daß erhebliche Schwierigkeiten entstehen,
wenn es auf die Innehaltung genauer Abmessungen ankommt. Dazu kommt ein weiterer
erheblicher Nachteil, der sich aus der Benutzung von Glyzerin als Weichmachungsmittel
ergibt. Es hat sich gezeigt, daß auch der Glvzerinzusatz selbst nicht beständig
ist. sich vielmehr im Laufe der Zeit z u vermindern pflegt. Kommt der Formkörper,
z. B. ein Schlauch oder eine :Membran, auf einer Seite in beständige Berührung mit
Benzin, Benzol oder sonstigen 14ischbrennstoffen, so wird das Glyzerin von diesen
Flüssigkeiten im Laufe der Zeit aus der Masse in immer tiefer werdender Schicht
herausgelöst. Die glyzerinarm gewordene Schicht verliert dementsprechend allmählich
die ihr innewohnende Weichheit und wird schließlich hart und briichig, so daß Risse
entstehen können. Ähnliche Erscheinungen können aber auch auf der beständig mit
Luft in Berührung stehenden Seite der Gegenstände auftreten, wenn sich hier viel
Wasser niederschlägt und an der Oberfläche abrinnt oder von Zeit zu Zeit durch Abwischen
entfernt wird, denn durch dieses Wasser wird häufig Glyzerin in mehr oder minderem
Grade aus der Hasse ausgewaschen. Schließlich ist Glyzerin aber auch verhältnismäßig
leicht flüchtig. Haben die mit Glyzerin: hergestellten Körper häufig Temperaturen
auszuhalten, die über der Verdampfungstemperatur des Glyzerins liegen, so werden
sie auch aus diesem Grunde im Laufe der Zeit ärmer an Glyzerin und allmählich immer
härter. Aus diesem Grunde gelingt es beispielsweise auch nicht, geformte Gegenstände
aus Polyvinvlalkohol mit Glyzerinzusatz durch Pressen bei hoher Temperatur als Weichkörper
herzustellen; es lassen sich auf .diese Weise vielmehr nur verhältnismäßig harte
und spröde Körper erzeugen, die man dann aber mit ähnlichen Eigenschaften auch aus
anderen billigeren Kunstharzen gewinnen kann.
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Die Erfindung besteht im wesentlichen darin, bei Weichkörpern aus
Polvvinylalko;hol oder anderen Polyvinylverbin.dungen oder solche enthaltenden Mischpolymerisaten
das zur Erzeugung der erforderlichen Weichheit bisher verwendete Glyzerin durch
Öl zu ersetzen, wobei es grundsätzlich gleichgültig ist, ob das eil mineralischen,
pflanzlichen oder tierischen 'Ursprungs ist. Das zur Verwendung gelangende Öl kann
ferner nichttrocknend, wie beispielsweise Sesam- und Erdnußöl, oder halbtrocknend,
wie z. B. Rizinusöl, oder auch trocknend, wie z. B. Lein- oder Holzöl sein, doch
hat es sich gezeigt, daß die trocknenden Öle für den vorliegenden Zweck besonders
geeignet sind. Die hier betrachteten Stoffe erhalten auch durch einen Zusatz von
Öl oder Ölgemischen, wenn dies im ausreichenden Maße benutzt wird. einen Weichbeitsgrad,
der dem bisher durch Glyzerin erzielten Grad zum mindesten nicht nachsteht. Andererseits
entfallen aber alle die geschilderten Nachteile, die dem Glyzerinzusatz eigentümlich
sind. Es sind zahlreiche Versuche durchgeführt worden, bei welchen Vergleichskörper,
die einmal mit Glyzerin, das andere @-1al mit verschiedenen Ölen als Weichrnachungsmittel
hergestellt worden waren, viele Tage hindurch mit den verschiedensten organischen
Lösungsmitteln, Brennstoffen und Ölen behandelt worden sind. Es hat sich dabei ergeben,
daß die mit Ölzusatz hergestellten Körper regelmäßig ihren Weichheitsgrad behalten
haben, während bei den mit Glvzerinzusatz
hergestellten Körpern
Erhärtungen auftraten. Daß diese Zustandsänderungen auf das Herauslösen des Glycerins
zurückzuführen sind, konnte durch Untersuchung der jeweils verwendeten Spülbäder
nachgewiesen werden. 'Wurden diese beispielsweise verdampft, so bildete sich im
Falle der mit Öl gebildeten Körper kein Rückstand, während in dem anderen Falle
mehr oder minder große Mengen von Glyzerin aus dem Spülmittel a@bgetrennt werden
konnten. Wird also Öl als Weichmachungsmittel benutzt, so findet das bei Glyzerin
beobachtete allmähliche Herauslösen' dieses Mittels nicht statt. Auch durch Wasser
wird das Öl nicht herausgewaschen, weil es ja bekanntlich eine wasserabstoßende
Wirkung hat. Aus dem gleichen Grunde tritt bei den mit Öl gebildeten Weichkörpern
überhaupt keine 'Wasseranziehung aus der Atmosphäre, also kein sog. Schwitzen ein.
Ebensowenig können sich die Abmessungen des einmal gebildeten Formkörpers durch
Feuchtigkeitsaufnahme ändern; erst bei Verwendung des vollkommen unhygroskopischen
Öls als Weichmachungsmittel gelingt es, beliebig geformte Gegenstände herzustellen,
welche einerseits weich und biegsam sind, andererseits die ihnen anfänglich gegebenen
Abmessungen in allenTeilen beständigbewahren. Überhauptwird dieWasserempfindlichkeit
der Erzeugnisse, :die bei Verarbeitung von Poly= vinylalkohol regelmäßig vorhanden
ist und häufig durch andere Hilfsmittel bekämpft werden muß, schon allein dadurch
wesentlich verkleinert, daß als Weichmacher :ein hydrophober Stoff im Gegensatz
zu einem hy drophilen Stoff zur Verwendung kommt. Ein weiterer wesentlicher Vorteil
:ergibt sich daraus, daß Öle im Vergleich zu Glzerin erst bei höheren Temperaturen
verdampfen, so daß die mit Ölzusatz gebildeten Weichkörper weniger hitzeempfindlich
als :die mit Glyzerinzusatz erzeugten sind. Es kommt z. B. vor, .daß für heiße Öle,
die eine Temperatur von iao bis 13o° haben, biegsame Leitungen verwendet werden
müssen; die mit Glyzerinzusatz hergestellten Schläuche aus Polyvinyl.alkohol o.
dgl. wurden in solchen Fällen bald hart, während bei Benutzung von Öl als Weichmachungsmittel
ohne weiteres Öle Anwendung finden können, die bei solchen Temperaturen unter keinen
Umständen aus :der Masse ausgetrieben werden.
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Wie schon erwähnt, ist die Anwendung trocknender Öle als Weichmachungsmittel
besonders empfehlenswert. Diese Öle haben die Eigenschaft zu oxydieren. Da, nun
oxydiertes Öl, z. B. Lemölfirnis, in organischen Lösungsmitteln überhaupt nicht
löslich ist, ist die Möglichkeit, daß das Weichmachungsmittel bei beständiger Bespülung
des Weichkörpers mit organischen Lösungsmitteln herausgelöst werden könnte, mit
besonders hoher Sicherheit ausgeschlossen. Die trocknenden Öle kommen also vorzugsweise
in oxydiertem Zustand zur Verwendung. Dabei ist es ohne Belang, ob man der Masse
voroxydierte Öle beimengt oder nichtoxydiertes Öl verwendet und entweder diesem
oder der fertigen Masse ein geeignetes Oxydationsmittel hinzusetzt. Unter Umständen
kann die Oxydation des Weichmachungsmittel auch erst während oder nach der Herstellung
des Enderzeugnisses vor sich gehen. Dieser Fall kommt z. B.- in Betracht bei der
Herstellung von Membranen, die durch wiederholtes Aufstreichen einer flüssigen Lösung
auf Gewebe gebildet werden. Die aufgestrichene dünne Schicht bietet in diesem Falle
der umgebenden Luft eine so große Oberfläche, daß die durch die Lufteinwirkung entstehende
natürliche Oxydation ohne Anwendung besonderer Maßnahmen zu dem gewünschten Ergebnis
führt. Versuche haben übrigens ergeben, daß eine solche Oxydation durch Lufteinwirkung
sogar noch bei verhältnismäßig dick aufgetragenen Schichten von Lösungen oder Pasten
aus Polyvinylalkohol eintritt, woraus man vielleicht den Schluß ziehen kann, daß
der Polyvinylalkohol selbst als Oxydationsmittel für das darin enthaltene Leinöl
o. dgl. wirkt.
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Das Einbringen des Öls in die zu verarbeitende Masse erfordert im
Gegensatz zu Glyzerin besondere Maßnahmen. Während Glyzerin mit 'Wasser und wäßrigem
Polyvinylalkohol ohne weiteres in Lösung geht, ist dies bei Öl nicht der Fall. Nur
bei Derivaten, bei denen auch das zu verwendende 01 im Lösungsmittel des
Derivates löslich ist, ist es möglich, ebenso wie bei der Verarbeitung von Polyvinylalkohol
mit Wasser und Glyzerin von vornherein eine Mischung zu bilden, in welcher die Stoffe
infolge des Lösungszustandes vollkommen gleichmäßig verteilt sind. Versucht man
dagegen, Öl mit der in Betracht kommenden Trockensubstanz, z. B. pulverförmigen
Polyvinylalkohol, zu vermengen und dann die zur endgültigen Verarbeitung erforderlichen
mehr oder minder großen Wassermengen hinzuzusetzen, so ergibt sich ein völlig unbrauchbares
Gemisch aus gelöstem Polyvinylalkohol, welcher nicht mit Öl in Berührung gekommen
war, und ölumhüllten Polyvinylkörpern, auf welche das Wasser nicht zur Einwirkung
gelangen kann. Aber auch in umgekehrter Reihenfolge ist es nicht möglich, die betreffenden
Stoffe in gleichmäßige Mischung zu bringen. Das Einbringen des Öls gelingt jedoch
in einwandfreier Weise, wenn :dieses inForm einerEmulsion zugesetzt wird.
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Wenn man eine wäßrige Emulsion des Öls
bildet, kann
man unter Umständen den Polyvinylalkohol oder das Polyvinylderivat selbst als Emulgator
benutzen. Wenn sich aber das letztere hierzu eignet, dann ist noch ein besonderer
Emulgator, z. B. ein Zusatz von Carrageenmoos, zu verwenden.
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Aber auch -in ersteren Falb (Polyvinylall;ohol) ist noch verschieden
vorzugehen, je nachdem, ob man es mit einer großen oder kleinen Wassermenge, d.
h. mit einer Lösung, einer Paste oder nur mit schwach angefeuchtetem pulverförmigen
Ausgangsstoff zu tun hat. Wie schon erwähnt, ,werden z. E. Membranen durch Aufstreichen
einer flüssigen Lösung auf Gewebe o. dgl. hergestellt. In diesem Falle bereitet
es keine Schwierigkeiten. das Öl unmittelbar in dieLösuiig einzubringen,da diese
einulgierfähig ist. Anders liegt es bei der Herstellung von Schläuchen aus Polyvinylall:oliol,
wenn diese, ähnlich wie Gummischläuche, in einem :Arbeitsgang auf einer Strangpresse
erzeugt werden sollen. In diesem Falle hat man nur Erfolg, wenn man durch Kneten
unter Wärmezuführung aus dem fast trockenen, d. h. nur mit ganz geringer Wassermenge
angefeuchtetem Pulver eine plastisch bildsame Masse herstellt, die sich auf der
sog. Spritzmaschine verarbeiten läßt. 'Urn nun diese Masse mit dem erforderlichen
Ölzusatz zu versehen, kann inan so verfahren, daß man von der zu verarbeitenden
Menge Polyvinylalkohol einen kleinen Teil, z. B. 5fl/o, absondert und hieraus eine
wäßrige Lösung bildet, in welcher man die für das Enderzeugnis bestimmte Ölmenge
emulgiert. Die zur Bildung der Ölemulsion in Betracht koininendeWassermenge kann
dabei größer als der zur Bildung der knetbaren plastischen Masse geeignete kleine
Betrag sein. Die so erzeugte Emulsion läßt sich dann mit dein Hauptteil des pulverförmigen
Rohstoffs anstandslos gleichmäßig vermischen. Enthält die hasse dannnoch einen zu
großen prozentualen Anteil von Wasser, so kann man diesen durch Verdampfung auf
den für den folgenden Arbeitsvorgang geeigneten Betrag herabsetzen. Auf diese Weise
gelingt es, sehr erhebliche Ölmengen, die bis zu do oder .a.5 °/o des Polyvinylalkohol_s
betragen können, in die Masse in feinster gleichmäßiger Verteilung einzubringen,
auch wenn diese mir Spuren von Wasser für die Verarbeitung in das Enderzeugnis nötig
hat.
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Auch andere Polyv inylderivate bzw. Mischpolymerisate des Polyvinylalkohols
können in gleicher Weise behandelt werden, wenn sie in Wasser löslich sind. Ist
dies nicht der Fall, d. h. kommt für das Derivat ein anderes Lösungsmittel in Betracht
und ist dieses nicht auch zugleich ein Lösungsmittel für das zu verwendende Öl,
dieser einfachere Fall war bereits oben erörtert worden, so bildet man, gegebenenfalls
unter Zuhilfenahme eines geeigneten Emulgators, einerseits eine wäßrige Emulsion
des Öls und andererseits eine wäßrige Emulsion des Derivats und mischt diese beiden
Emulsionen zusammen, was bei dem übereinstimmenden Emulgiermittel ohne weiteres
möjlich ist. Auch in diesem Falle l1-ann das unter Umständen nicht erforderliche
Wasser durch Verdampfung wieder entfernt werden.