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Verfahren zum Herstellen eines Dünnsauers zur unmittelbaren Bereitung
von Roggen-- und Roggenmischbrot ohne bakterielle Säuerung und Hefezusatz Die vorliegende
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Dünnsauers, der ohne bakterielle
Säuerung und ohne Hefezusatz zum Backen von Roggen- und Roggenmischbrot dient. Gemäß
der Erfindung wird eine Nährflüssigkeit unter Zugabe von Sauerteig oder einer Sauerteigreinkultur
einer zweistufigen Gärung unterworfen, wobei in der ersten Stufe bei einer Temperatur
von etwa 32 bis 35° die Säuerung und in der zweiten Stufe bei etwa 24 bis 28° die
Hefevermehrung durchgeführt wird. Bei der zuerst erwähnten Temperatur läßt man die
Flüssigkeit einige Stunden stehen, wobei die Hefevermehrung stark zurückgedrängt
und die Gärung der Hefen auf die wenigen ursprünglich im Sauerteig vorhandenen Hefezellen
beschränkt bleibt, während die in der Reinkultur oder im Sauerteig vorhandenen Milchsäurebakterien
günstige Verhältnisse für eine schnelle Bildung von Säure vorfinden. Dadurch werden
die im Mehl oder im Sauerteig vorhandenen wilden Bakterien, die niedrigere Temperaturen
gewöhnt sind, stark zurückgedrängt. ' Nach einigen Stunden wird die Temperatur der
Gärflüssigkeit auf 25 bis 28° ermäßigt und mit dem anderen Teil der Sauerteigreinkultur
oder des_Sauerteiges geimpft. Bei diesen Temperaturen geht, wenn auch langsaurer,
die Säuerung weiter und kommt schließlich zum Stillstand, während die Sauerteigheferi
kräftig zur Entwicklung und Vermehrung kommen. Ein Aufkommen der wilden Bakterien
ist nicht -mehr zu befürchten, weil der bereits stark milchsaure Charakter der Sauerflüssigkeit
die Entwicklung der letzteren hemmt.
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Der so erhaltene Dünnsauer, der einerseits reich an Stoffen der Säuregärung,
andererseits an Sauerteighefe ist, wird, wenn nötig, im verdünnten Zustande mit
der entsprechenden Menge Mehl und den übrigen Brotteigzutaten zu einem normalfesten
fertigen Brotteig verarbeitet, der zum Aufgehen stehengelassen, dann geformt und
verbacken wird.
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Es sind bereits Verfahren zur Gewinnung von virulenten Sauerteigbakterien
in Reinkultur bekannt, mit denen unter Zusatz 'von Hefe ein Sauerteig bereitet werden
kann, der alle Eigenschaften eines guten Sauerteiges aufweist. Es handelt sich hier
also um den Ersatz des bisher in der Bäckerei üblichen Anstellsauers durch eine
Bakterienreinkultur unter Zusatz von Hefe, ohne daß an der in der Bäckerei üblichen
mehrstufigen Sauerteigführung etwas geändert wird. Unter Weiterentwicklung dieser
älteren Erfindung hat man bereits solche in besonderer Weise gezogenen Bakterienkulturen
im Gemisch mit Backhefen
zur Weizenteigbereitung verwendet, weil
solche Bakterienkulturen nur einen ganz schwach sauren Geschmack ergeben.
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Demgegenüber handelt es sich bei dem Verfahren der Erfindung um die
Herstellung eines Mittels zum Backen von Roggen- bzw:. Roggenmischbrot. Gemäß der
Erfindung wird die gesamte vierstufige Sauerteigführung durch die Herstellung eines
Dünnsauers ersetzt, der ohne Bakteriengärung und ohne besonderen Hefezusatz unmittelbar
den backfeitigen Teig ergibt. Dieser Dünnsauer wird aus einer einzigen Nährflüssigkeit
lediglich in zwei Temperaturstufen herangeführt, ohne daß die Zusammensetzung des
Sauers während seiner Herstellung geändert wird.
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Der so in einfacher Weise erhaltene Dünnsauer wird beim Anmachen des
Teiges gleichzeitig als Säuerungs- und als Lockerungsmittel verwendet. Bei der Herstellung
dieses neuen Dünnsauers werden die in der Ausgangsflüssigkeit vorhandenen Nährstoffe
weitgehend aufgebraucht. Es gelangt also in den Fertigteig in weitaus überwiegendem
Maße nur frisches, durch Gärung nicht angegriffenes unverändertes Brotmehl, während
bei dem üblichen Sauerteigverfahren ein wesentlicher Teil des Mehles bereits durch
Gärung angegriffen ist. Infolgedessen ist die Krumenbeschaffenheit eines mit einem
Dünnsauer gemäß der Erfindung hergestellten Brotes wesentlich besser als die Krumenbeschaffenheit
der nach dem üblichen Sauerteigverfahren gebackenen Brote. Die Verwendung eines
solchen fertigen Dünnsauers bietet naturgemäß auch den Vorteil einer erheblichen
Zeit- und Arbeitsersparnis gegenüber der Verwendung anderer Säuerungsmittel. Im
übrigen läßt sich ein solches flüssiges Säuerungsmittel bedeutend leichter transportieren
(beispielsweise umpumpen) und leichter auf bestimmte Temperaturen einstellen als
der bisher übliche Sauerteig, wodurch sich wiederum der Gärverlauf besser überwachen
und der Endsäuregrad sowie die Hefevermehrung stets gleichmäßig gestalten läßt.
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Die Tatsache, daß die Hefefortpflanzung ihr Temperaturoptimum bei
25 bis 27° hat, während das Optimum der Vermehrung von Milchsäurebakterien bei etwa
35 bis q.0° liegt, ist an sich bekannt. Das Neue gemäß der Erfindung liegt nicht
in der Anwendung dieser bestimmten Temperaturen, sondern in der Gewinnung eines
ohne weiteren Zusatz, insbesondere auch ohne Hefezusatz, zum Anwirken des Teiges
unmittelbar geeigneten Dünnsauers, wie er bisher nicht bekannt geworden ist. Bisher
mußte, soweit überhaupt Säuerungsmittel (z. B. Milchsäure) - bei der Teigbereitung
angewendet worden sind, stets noch Preßhefe gesondert zugesetzt werden, die jedoch
gegen die Essigsäure sehr empfindlich ist und keine so gute Triebkraft wie . Bäckerhefe
aufweist.
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Bei der Herstellung des neuen Dünnsauers kann die erste Stufe der
Säuerung dadurch ;eetzt werden, daß man die mehlhaltige Flüssigkeit vor der Zugabe
der Sauerteigreinkultur oder des Sauerteiges mit einem durch Säuregärung einer geeigneten
Nährflüssigkeit erhaltenen Säuerungsmittel von bekanntem Gehalt an Säure versetzt,
und zwar in einer solchen Menge, daß der Gehalt der Mehlflüssigkeit an Säure etwa
o,2 bis o,¢ °/o beträgt. Diese Mehlflüssigkeit kann sofort mit einer Sauerteigreinkultur
oder dem Sauerteig bei 24 bis 28° zwecks Entwicklung der Hefen und Fortsetzung der
Säuerung geimpft werden.
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Die Mehlflüssigkeit kann mit Stoffen, welche die Entwicklung der Hefen
und der Bakterien begünstigen, vermischt werden, z. B. mit Hefeautolysat, eiweißreichen
Mehlen, Malzkeimauszügen, auch mit sonstigen Stoffen, die in an sich bekannter Weise
der Entwicklung der Hefen förderlich sind, wie diastasereiche Backhilfmittel. Die
Nährflüssigkeit kann auch ganz oder teilweise ersetzt werden durch sonstige eiweiß-
und zuckerhaltige bzw. zuckerbildende Stoffe, z. B. Magermilch oder Molke; in letzterem
Falle ist es nötig, dem Sauerteig oder der Sauerteigreinkultur nur solche Milchsäurebakterien
beizumischen, welche Milchzucker in Säure überzuführen vermögen, z. B. Milchsäurebakterien
vom Typ des Joghurt.
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Beispiel i i kg Roggennachmehl (in der Ausmahlung von 6o bis 70 °/a)
wird mit 5 i Wasser und ioo g eines Reinzuchtsauerteiges q. Stunden lang bei einer
Raumtemperatur von 32 bis 33° der Gärung überlassen. Nach q. Stunden ist die Säuregärung
so weit fortgeschritten, daß genügend Säure vorhanden ist, um die bei einer niedrigeren
Temperatur stattfindende Entwicklung der Hefe durchführen zu können, ohne daß die
schädlichen Mehlbakterien geschmacksbeeinflussende Nebengärungen erzeugen können.
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Nach diesen q. Stunden wird auf 22 bis 23'
abgekühlt und weitere
ioo g Reinzuchtsauerteig zugegeben. Bei dieser Temperatur bleibt die Gärlösung etwa
8 bis 12 Stunden stehen, wobei die Temperatur. langsam auf 25 bis 28° steigen kann.
Während dieses zweiten Abschnittes findet neben einer geringen Säuregärung vor allem
die Vermehrung der Hefe in einem Maße statt, daß die Gärflüssigkeit ohne weiteres
zum Herstellen des Teiges mittels Mehls verwendet werden kann, ohne daß zur Erzeugung
des nötigen Triebes im
Teig noch Hefe zugesetzt werden müßte. Die
so erhaltene etwa 2500 ccm betragende Sauerflüssigkeit wird mit etwa 3 kg
6o°/oigem Roggenmehl zu einem mittelfesten Teig aufgearbeitet, den man nach einer
Teigruhe von etwa i Stunde aufmacht, formt und auf Gare stellt. Nach einer Gärdauer
von etwa 50 Minuten wird das Gärstück gebacken; es entsteht ein geruchlich
und geschmacklich ganz ausgezeichnetes Brot von vorzüglicher Krumenelastizität und
Porung.
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Statt des ersten Abschnittes der Gärung kann man der Gärflüssigkeit
ein Säuerungsmittel von bekanntem Gehalt an Säure zugeben und alsdann sofort mit
der Gärung bei 'a3 bis 28° C beginnen. Nach 8 bis i2 Stunden ist die Hefeentwicklung
beendigt. Je nach dem Säuregehalt des Säuerungsmittels setzt man so viel zu, daß
die Sauerflüssigkeit, gerechnet auf Milchsäure, o,2- bis o,4o/oigwird. Beispiel
2 6oo g Sauerteig, 350 g Roggenmehl und Zoo bis 4oo g eines säurehaltigen
Mehles mit iio Säuregraden, auf Milchsäure berechnet, werden mit 4121 Wasser zu
einem Dünnsauer angerührt und bei 2.6° 8 oder 12 Stunden stehengelassen. Nach dieser
Zeit wird unter Zufügung -von 6k- Roggenmehl und i2o g Salz Brotteig gemacht,
welcher nach 15 bis 2o Minuten langem Aufgehen geformt und verbacken wird.