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Verfahren zur Regelung der Zementationswirkung von Cyanide enthaltenden
Zementationsbädern Es ist bekännt, Gegenstände aus Eisen, Stahl u. dgl. durch Eintauchen
in schmelzflüssige Bäder, welche Cyanide enthalten, zu zementieren. Hierbei findet
eine Einwanderung von Kohlenstoff bzw. Stickstoff in die Oberfläche des eingetauchten
Gegenstandes statt, welche abhängig ist von der Zersetzung des Cyanids.
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Derartige Zementationsbäder haben den Nachteil, daß ihre Zementationswirkung
verhältnismäßig rasch nachläßt. Das Nachlassen der Zementationswirkung der Bäder
hat den schwerwiegenden Nachteil, daß eine gleichmäßige Zementation auf die Dauer
nur sehr schwierig, nicht selten aber überhaupt nicht zu erzielen ist und die Bäder
verhältnismäßig oft durch frische Bäder ersetzt werden müssen. Bei der gleichmäßigen
Zementierung größerer Mengen von Eisengegenständen zeigt sich bei Einhaltung der
gleichen Arbeitsvorschrift hinsichtlich Temperatur und Behandlungsdauer, daß der
Zementierungsgrad durchaus von der Reihenfolge des Einsetzens insofern abhängig
ist, als zuerst behandeltes Gut einen anderen Zeirientierungsgrad aufweist als das
der zweiten Charge usf.
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Man hat versucht, diese Unannehmlichkeiten dadurch zu mildern, daß
man dem Bad in gewissen Zeiträumen frisches Cyanid zuführt, um etwa den Anfangsgehalt
an Cyanid annähernd aufrechtzuerhalten. Aber auch in diesem Falle zeigte sich ein
mehr oder weniger schnelles Nachlassen.
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Bei Verwendung von Salzbädern mit Calciumcyanamid als zementierendem
Mittel hat man auf Grund der Feststellung, daß trotz Zufügung von frischem Cyanamid
ein Nachlassen der Wirkung zu beobachten ist, schon vorgeschlagen, zur Erhöhung
der Wirkungsdauer von Cyanamid eine regelmäßige Zufügung geringer Mengen eines Erdalkalicyanids
vorzunehmen bzw. ein solches iin Bad sich bilden zu lassen. Die Wirkung der Zusatzstoffe
wird dabei darauf zurückgeführt, daß hierdurch Verunreinigungen des Bades durch
Zusatzstoffe, z. B. als abschöpfbare Schlacken, zur Abscheidung gebracht und weiterhin
dem Bade zementierende Eigenschaften verliehen werden.
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Es wurde jedoch überraschenderweise gefunden, daß das Nachlassen der
Wirkungen der in Rede stehenden Zementierbäder auf die Bildung alkalischer Stoffe
bei der Zersetzung des Cyanids, z. B. Natriumcyanids oder Bariumcyanids, zurückzuführen
ist und die gebildeten alkalischen Stoffe bremsend auf
die für die
Erzielung der Zementierwirkung erforderliche Zersetzung des Cyanids einwirken, und
zwar derart, daß mit zunehmender Bildung der alkalischen Stoffe die Bremswirkung
vergrößert wird, gegebenenfalls derart, daß die Zersetzung des Cy anids so weitgehend
hintangehalten wird, daß eine befriedigende Zementierung überhaupt nicht mehr möglich
ist, obwohl die im Bade vorhandene Cyanidmenge hierfür an sich noch durchaus ausreichend
ist. Auf Grund dieser neuen Erkenntnisse ist es daher möglich, den Zersetzungsvorgang
der Cyanide in gewünschem '.\I ße und mit Sicherheit zu regeln, int dem die
bei der Zersetzung des Cyanids sich bildenden, den Zementiervorgang behindernden
alkalischen Substanzen in dem Maße, wie sie sich bilden, bzw. in dem Maße, in dem
sie eine den Zementiervorgang störende Wirkung entfalten, unschädlich gemacht werden,
was' z. B. dadurch geschehen kann, daß man sie in nichtalkalische oder weniger alkalische
Stoffe überführt. -Diese Überführung der alkalischen Stoffe in weniger alkalische
oder nichtalkalische Stoffe kann in der verschiedensten Weise bewirkt werden. Ein
technisch leicht durchführbarer 'Weg besteht darin, daß man dem Schmelzbad Verbindungen
solcher Elemente zusetzt, deren Cyanide bei den Arbeitsbedingungen sich leichter
zersetzen als das im Bad vorhandene zementierende Cyanid, z. B. Strontiumchlorid,
zu einem Natriumcyanidbad.
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Hierfür hält man sich vorteilhaft an die Reihenfolge Natrium, Kalium,
Barium, Strontium, C alcium, lIagnesium, Cer derart, daß man jeweils Verbindungen
solcher Glieder dieser Reihe zusetzt, die dem im Bad vorhandenen Cyanid in dieser
Reihenfolge nachgeordnet sind, beispielsweise derart, daß man Bariumcyanid als dem
im Bad vorhandenen Cyanid Salze von z. B. Strontium- und/oder anderen in der Reihenfolge
dem Strontium nachgeordneten Gliedern zugibt. Natrium und Kaliumcvanide sind in
dieser Reihenfolge gleichgeordnet.
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Zur Zurückdrängung der Dissoziatidn der störend wirkenden Substanzen
kann man auch nicht oder geringer basisch wirkende schmelzbare Verbindungen vom
Kation des im Bad vorhandenen Cvanids zugeben. .
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Der Zusatz derartiger Stoffe erfolgt zweckmäßig in Form ihrer Salze,
- vorteilhaft solcher mit niedrigen Schmelzpunkten, wie z. B. Chloride. Je schwächer
alkalisch die Basen dieser Salze sind, desto stärker verringern sie die stabilisierende
Wirkung der Basen, die sich aus den als Zementationsmittel dienenden Cyaniden, z.
B. Natriumcvanid, bilden. So kann man z. B. durch den Zusatz von Verbindungen des
Magnesiums oder Calciums die stabilisierende Wirkung dez z. B. aus Natriumcyanid
oder Bariumeyanid sich bildenden basischen Stoffe fast ganz oder in sehr weitgehendem
Maße aufheben. Hierdurch kann man bewirken, daß die Zersetzung der Cyanide so schnell
verläuft, daß während gewisser Zeiträume verhältnismäßig hohe Konzentrationen der
Zerfallprodukte zur Einwirkung auf die zu zementierenden Gegenstände kommen. -Bei
Anwendung von z. B. Natriumcvanid als Zementierungsmittel und von z.B. Strontium-
oder Bariumverbindungen als Zusatzstoffe findet ebenfalls eine Beschleunigung des
Zersetzungsvorganges statt, aber in erheblich geringerem Maße als bei Verwendung
von z. B. Magnesium- oder Cälciumverbindungen. Man ist infolgedessen in der Lage,
durch Verwendung von z. B. Natriumcyanid als Zementierungsmittel und durch Zugabe
von z. B. Bariumchlorid die Zementierung mit verhältnismäßig geringen Cyänidmengen
durchzuführen und trotzdem den Zementierungsvorgang längere Zeit hindurch in gewünschter
Weise aufrechtzuerhalten. Durch geeignete Kombination der zuzusetzenden Verbindungen,
z.B. von Strontium- oder Bariumsalzen, gelingt es, die Zersetzung des Cyanids völlig
nach Wunsch zu regeln und hierdurch die Einwanderung des Stickstoffs und Kohlenstoffs
in gewünschter Weise zu beeinflussen.
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Auch kahn man die Dissoziation der sich allmählich bildenden, stabilisierend
wirkenden alkalischen Substanzen durch die Erhöhung des Gehaltes an Salzen der betreffenden
Basen zurückdrängen. Z. B. kann man bei Verwendung von Bariumcyanid als Zementationsmittel
das sich bei seiner Zersetzung bildende Bariumolyd bzw. Bariumcarbonat ganz oder
teilweise an ihrer stabilisierenden Wirkung hindern, indem man deren Dissoziation
durch den Zusatz von schmelzbaren Salzen der gleichen Basen, z. B. Bariumchlorid,
zurückdrängt.
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Der Zusatz der die Stabilisierungswirkung der alkalischen Substanzen
beeinflussenden Stoffe geschieht nach der Erfindung etwa in dem Maße, wie sich die
alkalischen Substanzen im Schmelzbad bilden, wozu man sie allmählich gleichmäßig
oder in ganz kleinen Gaben dem Schmelzbade zufügt oder auch stufenweise zusetzt.
Zweckmäßig nimmt man den Zusatz dieser Stoffe in Verbindung mit dem zu erneuernden
Zementationsmittel vor, wobei man gleichzeitig vorteilhaft das Bad damit auffüllt
und so auch Anhafteverluste ersetzt.
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'Nach einer besonderen Ausführungsform der Erfindung kann man dein
Schmelzbade zur Vermeidung einer zu schnell verlaufenden
Zersetzung
der Cyanide auch von vornherein alkalische Stoffe als Stabilisierungsmittel zufügen
und durch allmählichen Zusatz von Mitteln, welche die alkalischen Substanzen unschädlich
machen, sie z. B. in nichtalkalische oder weniger alkalische Stoffe überführen,
verhindern, daß - die Stabilisierung unerwünschte oder schädliche Ausmaße annimmt.
Beispielsweise kann man durch absichtlichen Zusatz von Alkali, z. B. Bariumoxyd,
eine Verlangsamung der Cyanidzersetzung erzielen und diese während der Durchführung
von Zementationen durch allmählichen Zusatz von z. B. Strontiumchlorid auf der gleichen
Stufe halten. Beispiele i. Ein Schmelzbad, das aus 5o Teilen Bariumchlorid, 25 Teilen
Natriumchlorid und 25 Teilen Kaliumchlorid besteht und dem 5 bis io Teile Natriumcyanid
zugesetzt worden sind, läßt in seiner zementierenden Wirkung infolge der Bildung
von Bariumoxvd und Bariumcarbonat bald nach. Setzt man dem Schmelzbade weitere Mengen
Natriumcyanid zu, so wird dadurch die Wirksamkeit der Schmelze nur wenig erhöhtjedenfalls
aber nicht auf den früheren Wirkungsgrad gebracht. Durch den Zusatz von Strontiumchlorid
allein kann bei Anwesenheit von genügenden urzersetzten Cyanidmengen, z. B. von
5 °/o und darüber, die iementationswirkung wieder auf die alte Höhe gebracht werden.
Ist der Cyanidgehalt während des Gebrauches wesentlich unter 5 °/o gesunken, so
fügt man vorteilhaft mit dem Strontiumchlorid neue Mengen von- Cyanid zu.
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Um die Schmelze obiger Zusammensetzung zu regenerieren, werden täglich
3 bis 5 des Tiegelinhaltes mit einer Mischung von i Teil Strontiumchlorid, dem man
zur Ergänzung des verbrauchten Salzes und zur Aufrechterhaltung der Zusammensetzung
der Schmelze ungefähr 7 Teile Bariumchlorid und gegebenenfalls noch etwas Alkalichlorid
zugefügt hat, versetzt.
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Eine Schmelze aus 7o Teilen Bariumchlorid, io Teilen Strontiumchlorid,
io Teilen Alkalichlorid und io Teilen Natriumcvanid zersetzt sich bei den bei Zementierungen
üblichen Temperaturen verhältnismäßig rasch. Zur Verlangsamung der Zersetzung werden
zu Beginn etwa 3 bis 5 Teile Bariumolyd oder 5 bis io Teile Bariumcarbonat zugefügt.
Uln das Schmelzbad dauernd wirksam zu erhalten, setzt man in Abständen z. B.. täglich
eine Mischung, wie in Beispiel i angegeben, zu.
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3. Einer Schmelze, wie in Beispiel i beschrieben, kann man zur Erhaltung
der Wirksamkeit statt des Strontiumchlorids nur Bariumchlorid zurZurückdrängung
derDissoziation der sich bildenden alkalischen Substanzen zufügen. In diesem Fall
ist es erforderlich, größere Mengen Bariümchlorid zuzugeben, als der Summe der Barium-
und Strontiumsalze in Beispiel i entspricht. Das Cyahid wird auch hier in dem Maße
ergänzt, wie es verbraucht ist.
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Die Durchführung des Zementierverfahrens nach der Erfindung bietet
Vorteile mehrfacher Art. Einmal gelingt es durch die Zurückdrängung oder Aufhebung
der stabilisierenden Wirkung der bei dem Zementierprozeß durch Zersetzung sich bildenden
alkalischen Stoffe, das Zementierschmelzbad während langer Zeit wirksam zu erhalten,
diese Wirksamkeit auch in gewünschtem Sinne zu regeln und Verluste von kostspieligen
Zementationsmitteln -zu vermeiden. So war es z. B. möglich, ein Schmelzbad mehrere
Wochen lang in Betrieb zu halten, ohne daß seine Wirksamkeit nachließ, dadurch,
daß man z. B. alltäglich einmal die sich bildenden alkalischen Stabilisierungsmittel
unschädlich machende Salze in Gemeinschaft mit Cyaniden nachschoß und so das Schmelzbad
wieder auffüllte. Dann aber erzielt man mit Hilfe des Verfahrens Zementierschichten,wie
sie bisher zu solchen Tiefen mit der gleichen Dicke der glasharten Schicht bei völliger
Abwesenheit von Überkohlungen mit der gleichen Allmählichkeit und Gleichmäßigkeit
des l;Jberganges und mit derselben Zuverlässigkeit in Schmelzbädern nicht erhalten
worden sind.