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Verfahren zum Anstreichen von geglätteten, rohen Wandflächen mit nicht
in Wasser gelösten und bzw. oder nicht in Wasser emulgierten Celluloseester und
bzw. oder Celluloseäther enthaltenden Farben Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Anstreichen von geglätteten, rohen -Wandflächen mit nicht in Wasser gelösten
und bzw. oder nicht in Wasser emulgierten Celluloseester und,/oder Celluloseäther
enthaltenden Farben und besteht darin, daß vorher eine oder mehrere Grundierungen
aufgetragen werden, die aus einer wäßrigen Lösung oder Emulsion von Bindemitteln,
wie z. B. Leim, Gelatine o. dgl., einzeln oder im Gemisch miteinander bestehen und
die mindestens das 5fache, vorteilhaft das 2o- bis 75fache des Bindemittels an Füllstoffen
enthalten.
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Es ist bisher nicht gelungen, Celluloselacke für Wandanstriche wirtschaftlich
und technisch erfolgreich zu verwenden. Die in dem Schrifttum spärlich vorkommenden
Angaben (vgl. z. B. »Farbe und Lack(i, 1929, 2s, Seite 333 bis 334) betonen, daß
die Aufgabe, Celluloselacke auf M'andflächen haftend zu machen, bisher nicht zufriedenstellend
gelöst wurde. Nach den seitens der Erfinderdurchgeführten eingehenden Versuchen
ist der Grund der bisherigen MiB-erfolge darin zu suchen, daß man bisher einfach
die für Oberflächen anderer Art verwendeten Grundierungen und Anstrichverfahren
auf Wandflächen anwenden wollte. Nun ist aber einerseits die Beschaffenheit der
Wände eine ganz andere als jene von beispielsweise Metall, Holz, Leder usw., andererseits
handelt es sich bei der Bemalung von Wänden um ganz große Flächen, die eine besondere
Art der Behandlung erfordern. Abgesehen davon, daß die chemische Beschaffenheit
von Wänden verschieden von der chemischen Natur von Holz, Metall oder Leder ist
und daher die Wand, als Unterlage, chemisch anders auf die Wandanstriche einwirkt
als andere Unterlagen, ist die Tastoberfläche der' Wand verschieden von anderen
Unterlagen.
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Eine für die `'Wandfläche geeignete Grundierung muß daher die Aufgabe
erfüllen. die Unebenheiten der Wandfläche auszugleichen, und sie muß den Lackanstrich
so festhalten, daß er von der Unterlage nicht abbröckelt bzw. keine Risse und Sprünge
bildet. Auch mulj die Grundierung leicht auftragbar und gut scbleifbar sein. Dabei
war von vornherein zu berücksichtigen,
daß Folgerungen von Ölanstrichen
auf Celluloselackanstriche und von einer Art der Celluloselackanstriche auf eine
andere Art derselben aussichtslos erschienen (vgl. z. B. S. P. Wilson, nPyroylin-Emaillen
und -Lacke« Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Zweigniederlassung Berlin, 1927,
Seite 82 und Seite _¢¢).
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Es wurde nun gefunden, daß das Auftragen. der Grundierung auf Wände
ganz anders erfolgen und auch die Zusammensetzung der Grundierungsmasse eine andere
sein muß als z. B. bei Holz. Bei Holz verwendet man Porenfüller, die man mittels
Stahl-, Holz- oder Celluloidspachteln aufträgt. Durch dieses Verfahren erreicht
man eine Oberfläche, auf welcher Porenfüllerteilchen neben Holzteilchen erscheinen.
Bei Wandanstrichen ist ein Auftragen der Grundierung mittels Stahl-, Holz- oder
Celluloidspachteln ungeeignet, da dieses Verfahren einerseits äußerst lange dauern
würde und andererseits die Unebenheiten der Wand durch ein Ausfüllen nach der Art
des Porenfüllens nicht geglättet werden können. Man muß vielmehr die Grundierung,
welche brei- oder kittartig sein soll, in verhältnismäßig dicken Schichten auftragen,
was am vorteilhaftesten mit Glätteisen (25 bis 35 cm langen und 12 bis 2o cm breiten
Eisenplatten, die an einer Seite in der Mitte einen Handgriff besitzen) erfolgt.
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Die Grundierungen gemäß der Erfindung enthalten neben den Füllstoffen
als Bindemittel Leim oder andere wasserlösliche organische klebstoffartige Substanzen,
und zwar sowohl solche (wie z. B. Leim, Kasein, Gelatine), welche unter Ölfarben
für die Wandbemalung bzw. unter Celluloselacken für die Bemalung von Flächen anderer
Art als Bindemittel der Grundierung bereits verwendet worden sind; als auch tierische
und pflanzliche wasserlösliche oder in Wasser quellbare oder emulgierbare Klebstoffe
anderer Art, die auch an sich als Bestandteil für Grundierungen von Farbanstrichen
neu sind. Auch V@Tasserglas ist als Bestandteil der Grundierung verwendbar.
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Im besonderen sollen gemäß der Erfindung als $indemittel einzeln oder
im Gemisch miteinander Leim, Gelatine, Kasein, Pflanzenleime, wie arabischer Gummi,
Tragantgununi, Sulfitcelluloseablaugen, Fischleim, Hausenblase, Kleister, Stärke,
Dextrin, isländisches Moos, Carraghen Moos, Methylcellulose, Proteine, Kautschukmilch,
bituminöse Emulsionen, ferner in Wasser quellbare oder lösliche organische Schleimstoffe,
die zur Aufnahme von Füllstoffen geeignet sind, verwendet werden. Im Falle der Verwendung
bituminöser Emulsionen ist es vorteilhaft, vor dem Auftragen des Celluloselackes
eine Schicht eines leimartigen Bindemittels dazwischen zu schalten, um das Auflösen
des Bitumens durch die Lösungsmittel des Celluloselackes zu verhindern. In kleinen
Mengen und in Verbindung mit den erwähnten Bindemitteln sind auch andere Klebstoffe,
die allein wegen ihrer Hygroskopizität in Grundierungen für Celluloselacke nicht
geeignet wären, verwendbar, so z. B. Melasse, Stärkezucker usw.
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In der wäßrigen Dispersion eines oder mehrerer dieser Bindemittel
sind als Füllstoffe u. a. folgende geeignet: Bariumsulfat, Calciumcarbonat, Calciumsulfat,
Bauxit, Kaolin, Talkum, Schiefermehl, Erdfarben, z. B. Grünerde, Weißerde, ferner
chemische Farben,* beispielsweise Lithopon usw. Die Füllstoffe können einzeln
oder in Gemisch miteinander verwendet werden.
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Das Verhältnis zwischen Bindemittel und Füllstoff wird derart gewählt,
daß die Grundierung gut an der gegebenenfalls in der nachfolgend beschriebenen Weise
mit einer ersten Grundierung versehenen Wand haftet, dabei aber gut geschliffen
werden kann. Dies wird erreicht, wenn die Menge des Füllstoffes mindestens das 5fache,
zweckmäßig das 2o- bis 75fache des in* der Grundierung vorhandenen Bindemittels
beträgt.
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Die Grundierung kann außer dem Bindemittel mit dem Füllstoff noch
ein trocknendes Öl oder ein Harz (oder mehrere Öle bzw. Harze) in Emulsion enthalten,
wodurch die auf der Wand eingetrocknete Schicht wasserbeständiger wird.
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Das Bindemittel kann statt in reinem Wasser auch unter Zusatz von
die Lösung befördernden Stoffen, wie Borax, Salmiakgeist, Alkohol, Diacetonalkohol
usw., z. B. im Falle von Kasein, gelöst werden. Bei Verwendung von Kasein kann man
mit Formaldehyd nachhärten, gegebenenfalls in Anwesenheit von Beschleunigern, wie
Ammoniumchlorid.
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Die Grundierung kann auf die Wandfläche unmittelbar aufgetragen werden,
oder es wird gegebenenfalls Tnt einer Bindemittellösung-allein v orgrundiert. Nach
dem Trocknen wird, wenn gewünscht, geschliffen und dann mit dem als Deckfarbe dienenden
Celluloseläck bemalt. Bereits tapezierte oder mit Leimanstrich versehene Wände werden
zweckmäßig zuerst abgeschabt, da sie sonst die Grundierung nicht genügend festhalten
würden. Es ist vorteilhaft, die brei-oder kittartige Grundierungsschicht auch dem
Abschleifen und vor dem Auftragen der Deckfarbe mit einer wäßrigen Lösung eines
oder mehrerer der oben als Bindemittel angegebenen Klebstoffe zu überziehen.
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Die in der beschriebenen Weise vorbereitete Wand wird dann mit einer
Deckfarbe überzogen, deren Bindemittel nicht in Wasser gelöste und-bzw. oder nicht
in Wasser emulgierte Nitrocellulose, Acetylcellulose, Cellulosedistearat, Benzylcellulose,
Äthylcellulose, Methylcellulose oder ein anderer als Lackgrundlage verwendbarer
Celluloseester oder Celluloseäther bzw.
ein Gemisch mehrerer dieser
Stoffe- sein kann. Zur Herstellung der Deckfarbengrundlage sind auch Abfälle, welche
aus den erwähnten Celluloseabkönunlingen bestehen, oder solche enthalten, geeignet,
so z. B. Celluloidabfälle, Filmabfälle usw.
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Am vorteilhaftesten wird die Deckfarbe mit dem Pinsel aufgestrichen,
wobei die Farbe unter Verwendung von weniger flüchtigen Lösungsmitteln hergestellt
wird und auch die Menge der Lösungsmittel geringer ist als bei der Herstellung von
Farben für das Spritzverfahren. Die Menge des Lösungsmittels ist in 'Wohnhäusern
sehr wichtig, da keine Ventilation und keine Exhaustoren zur Verfügung stehen, die
bei Lackierungen üblicher Gegenstände in Lackierungsräumen das Arbeiten mit Spritzlacken
ermöglichen. Selbstverständlich kann aber das Auftragen der Farbe auch durch Aufspritzen
erfolgen.
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Zur Erhöhung der Deckfähigkeit muß der Pigmentgehalt der Cellulosefarben
entsprechend hoch sein. Im Sinne der Erfindung wird der Farbe, auf die Trockensubstanz
des in der Farbe vorhandenen Celluloseabkömmlings berechnet, mindestens 3000;ö,
zweckmäßig aber über 500% Pigment zugesetzt. Der Zusatz des Pigments kann in bekannter
Weise z. B. dadurch erfolgen, daß das Pigment zuerst mit einem Weichmachungsmittel
(z. B. Öl, Trikresylphosphat, Triphenylphosphat o. dgl.) vermahlen und dann das
gemahlene Pigment der Farbe bzw. deren in den üblichen Lösungsmitteln gelöstem Bindemittel
zugesetzt wird. Bisher wurden mit Cellulosefarben meistens glänzend oder halbglänzend
auftrocknende Flächen hergestellt, während es bei Wandflächen gewöhnlich darauf
ankommt, matte oder schwach glänzende Flächen zu erhalten. Auch dies wird durch
die oben angegebene Wahl des Pigmentsgehalts ermöglicht.
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Durch den erhöhten Pigmentgehalt stellt sich die Deckfarbe auch billiger.
Gegebenenfalls können der .Farbe auch noch Mattierungsmittel bekannter Art zugesetzt
werden.
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Von den geeigneten `Veichmachungsmitteln seien fette Öle, insbesondere
nichttrocknende, trocknende oder halbtrocknende Öle bzw. deren Gemische genannt.
Falls viel trocknendes oder halbtrocknendes Öl im Lack verwendet wird, entstehen
sogenannte Kombinationslacke. Beispiel für die Grundierung (die Teile bedeuten Gewichtsteile)
2 Teile Tragantgummi werden in 25 Teilen Wasser gelöst, und die erhaltene gallertartige
Lösung wird mit 5o Teilen Schwerspat und 25 Teilen Kreide, die-- vorher gemahlen
wurden, versetzt. Das erhaltene Gemisch wird verknetet und auf einer Mühle vermahlen.
Der in dieser Weise hergestellte Grundierkitt ist zum Überziehen von Wänden hervorragend
geeignet und kann nach dem Trocknen leicht geschliffen werden: Vor dem Auftragen
des Kittes kann man die Wand mit einer 4%igen wäßrigen Kaseinlösung grundieren,
ebenso ist es zweckmäßig, die Kittoberfläche nach dem Abschleifen nochmals mit dieser
Grundiermasse zu überziehen.
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Es kann in gewissen Fällen vorteilhaft sein, der obigen Masse Melasse
(z. B. o,o2 Teile) oder Leinölfirnis (etwa o,i Teil) zuzusetzen.
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Im obigen Beispiel kann der Tragantgummi durch irgendein anderes der
angeführten organischen Bindemittel ersetzt «-erden. Ebenso kann man der 111asse
andere Füllstoffe zusetzen. Durch solche Variationen gelingt es, die Konsistenz
(Streichbarkeit) des Kittes sowie die Schleifbarkeit des Kittüberzuges zu ändern.
Beispiel für den Decklack (die Teile bedeuten Gesichtsteile) Teile lritrocellulose
(zur Hälfte niedrig-und zur Hälfte hochviskos), 2 Teile Damarharz, 5 Teile Leinöl,
6 Teile Rizinusöl, ,1o Teile Lithopon, io Teile Zinkweiß, 33 Teile eines Gemisches
aus Löse- und Verdünnungsmitteln, bestehend aus Amylalkohol, Butylalkohol, Amy1-acetat,
Butylacetat, Toluol, Kylol und wenig Methylcyclohexanol.