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Verfahren zur Herstellung eines organischen Düngemittels aus dem Klärschlamm
städtischer Abwässer Auf Grund neuerer Erkenntnis ist man zu dem Ergebnis gelangt,
daß für die Aufrechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit dem Ackerboden neben anorganischen
Stoffen eine bestimmte Menge organischer Substanz zugeführt werden muß, um das Bakterienleben,
welches die sogenannte Bodengare bedingt, aufrechtzuerhalten. Der Stalldünger, welcher
.bisher hauptsächlich diese Aufgabe erfüllte, steht meistens nicht mehr in hinreichender
Menge zur Verfügung. Es ist daher notwendig, ein anderes in großen Mengen anfallendes
Material als Ersatz heranzuziehen. Hier kommen vor allem die großen Mengen organischer
Stoffe in Betracht, die von den städtischen Abwässern fortgeführt werden.
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Das neue Verfahren besteht in einer Verarbeitung des aus den städtischen
Abwässern in den Kläranlagen abgeschiedenen und ausgefaulten Schlammes unter gleichzeitiger
Verwendung von Torfnull, wie unten beschrieben.
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Auch bisher hatte man schon versucht, den Klärschlamm städtischer
Abwässer als Düngemittei zu verwerten. So ist ein Verfahren bekannt, bei dem der
Schlamm von Kanalisationsanlagen mit- sogenanntem Scheideschlamm (Kalk) aua Zuckerfabriken
unter Erwärmen gemischt und diese Mischung auf einer Nutsche abfiltriert wird, wobei
ais Filterschicht eine Lage von Torfmull dient. Schließlich wird das Gemis%h in
einem Dampftrockenapparat bei d5° entwässert und das getrocknete Produkt fein gemahlen.
Dieses Verfahret: hat insofern eine gewisse Beziehung zu dem neuen Verfahren, als
dabei als Hilfsstoff ebenfalls Torfmull benutzt wird. Jedoch ergeben sich für die
Ausführung des Verfahrens sowie für das erhaltene Endprodukt in beiden Fällen ganz
erhebliche Unterschiede. Bei der Arbeitsweise nach dem vorbekannten Verfahren sind
Klärschlamm und sogenannter Scheidekalk die Hauptbestandteile, der Torf dient nur
als Filter und verbleibt schließlich bei dem Endprodukt nur als untergeordneter
Anteil, und es wird nicht ein sofort gebrauchsfähiger, leicht streubarer Dünger
erreicht, sondern das erhaltene Produkt muß noch durch eine besondere künstliche
Trocknung entwässert und dann noch gemahlen werden. Demgegenüber werden bei dem
neuen Verfahren diese künstliche Trocknung und die damit verknüpften Kosten vollständig
erspart, dadurch, daß dem Schlamm ein so großer tiberschuß an trockenem Torfmull
beigemischt wird, daß dadurch die Mischung für den Versand genügend getrocknet und
streufähig gemacht wird.
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So einfach dieses Verfahren erscheinen mag, so spielen doch eine Reihe
von recht verwickelten Vorgängen mit. Vor allem. muß das Erzeugnis folgende Bedingungen
erfüllen: i. Es muß zunächst das Optimum an Bakterienwirkung erreicht werden. Der
Schlamm
muß höchst gleichmäßig alle Einzelteilchen des Torfmulls
in dünner Schicht überziehen. Zu diesem Zweck muß eine erhebliche Meng von Torfmull
beigemischt werden, wobei eine sehr sorgfältige maschinelle Durchmischung notwendig
ist. Weiterhin darf nur ausgefaulter Schlamm verwendet werden, dieser muß jedoch
noch im Zustand, wie er den Faulräumen entnommen wird, verarbeitet werden. Vor allem
darf der Schlamm nicht mit Chemikalien versetzt, erhitzt oder getrocknet werden,
da sonst die Bakterientätigkeit gestört wird.
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2. Es muß ferner ohne Wärmeanwendung ein hinreichend trockener, sofort
streufähiger Dünger entstehen. Ein mechanisches Abpressen des über4chüssigen Wassers
aus dem Schlamm ist nicht durchführbar, da der Schlamm kolloidale Beschaffenheit
besitzt. Nur durch die Quellungsenergieanderer Stoffe, im vorliegenden Falle durch
Torf, ist eine solche Entwässerung möglich. Es sind also nur solche Torfsorten geeignet,
die diese Quellungsenergie in ausgesprochenem Maße besitzen.
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3. Der entstehende Dünger muß außerdem eine neutrale Reaktion haben.
Der Klärschlamm selbst besitzt alkalische Reaktion, während die Torfsubstanz einen
hohen Gehalt an Humussäuren aufweist. Bei einem geeigneten Mischungsverhältnis von
Klärschlamm und Torfmull findet eine gegenseitige Neutralisation beider Bestandteile
statt. Die unangenehme NTebenwirkung der sauren Torfsubstanz wird damit unterdrückt.
Der Torf wird also gleichzeitig entsäuert. Dieses ist jedoch nur der Fall,
wenn der Schlamm nicht längere Zeit vor der Verarbeitung an der Luft gelagert hat,
da er hierbei seine alkalische Reaktion allmählich verliert. Es ist notwendig, sowohl
den Alkaligehalt des Schlammes als auch den Säuregehalt des Torfes bei der Fabrikation
dauernd zu überwachen.
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Werden diese Bedingungen eingehalten, sQ entsteht ein Düngemittel
von hervorragend günstigen Eigenschaften. Für die Herstellung ist beispielsweise
folgende Vorschrift geeignet: Man 1ä ßt den gründlich ausgefaulten alkalischen Schlamm
in eine Sammelgrube fließen, worin er sich vom überschüssigen Wasser trennt. Der
Schlamm wird dann weiter kontinuierlich einer Mischvorrichtung zugeführt und gleichmüßig
mit gutem Moostorf gemischt.
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Bei der Mischung werden z. B. auf r cbm Torf (- 3 Ballen zu je
0,33 cbm) 1,2 cbm Schlamm verwendet. Dieses Mischungsverhältnis gewährleistet
die Herstellung eines hinreichend trockenen, streubaren, neutralen Düngers. Bei
einem spezifischen Gewicht von Torf und Schlamm von o,22 bzw. 1,2 ist das Gewichtsverhältnis
demnach 22o kg Torf auf etwa 244o kg Schlamm.
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Der Säuregehalt von roo kg Torf wird beispielsweise von 2,o kg Ätzkalk
neutralisiert, andererseits ist der Alkaligeltalt in roo kg Schlamm etwa
0,3 kg Ätzkalk (Ca O) üdUiv alent.
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Es wird also der Säuregehalt von 22o kg Torf durch etwa 147o kg Schlamm
neutralisiert, was obigem Mischungsverhältnis mit hinreichender Genauigkeit entspricht.
Bei einem anderen Säuregehalt des Torfes und Alkaligehalt des Schlammes sind die
Mengenverhältnisse entsprechend zu ändern.
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Bei dem dringenden Bedürfnis, die großen Mengen der in Form von Abwässern
usw. verlorengehenden wertvollen Stoffe irgendwie nutzbar zu machen, hat es natürlich
nicht an zahlreichen` Versuchen gefehlt, solche Stoffe auf' Düngemittel zu verarbeiten,
wie dies aus den in- und ausländischen Patentschriften und der Fachliteratur hervorgeht.
Die Verwendung von Torf als Aufsaugmittel für wäßrige Flüssigkeiten, ebenso die
Vermischung mit Fäkalien (Torfklosett) sind lange bekannte Tatsachen. Das vorliegende
Verfahren weicht jedoch von dieser Anwendung des Torfes erheblich ab. In Betracht
kommt vor allem der wesentliche Unterschied zwischen Fäkalien und Klärschlamm. Der
ausgefaulte Klärschlamm ist das Endprodukt eines tiefgreifenden Zersetzungsprozesses,
welcher die ursprünglichen Strukturelemente der organischen Gewebeteile völlig zerstört
und in eine nicht mehr fäulnisfähige Masse übergeführt hat. Bei der Mischung von
frischen Fäkalien mit Torf ist eine sofortige Verwendung des Gemisches für Düngerzwecke
ohne eine Schädigung des Pflanzenwuchses ausgeschlossen.
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Es ist auch schon ein Verfahren zur Herstellung von Poudrette aus
Kanalisationsschlamm bekannt, bei welchem der mit Kalkmilch gemischte Schlamm mit
Dampf erhitzt und dann das überschüssige Wasser abfiltriert wird durch ein Filter,
welches aus einer Schicht: von nassem Torfmull besteht. Darauf wird der Rückstand
samt Torffilter getrocknet. Ein solches Verfahren ist jedoch praktisch nicht durchführbar,
da sowohl die teclr nischen als auch die wirtschaftlichen Vorbedingungen fehlen.
Die Behandlung mit Kalk und die Erhitzung zerAtört die Bakterienflora. Die künstliche
Trocknung macht das Verfahren zu kostspielig. Übrigens handelt es sich bei dieser
Verarbeitung nicht um ausgefaulten Klärschlamm, da dieser überhaupt nicht filtrierbar
ist; das heute allgemein gebräuchliche Verfahren der Schlammfaulung war damals noch
nicht in der Praxis Bittgeführt.
Der technische Fortschritt des
vorliegenden Verfahrens ist demgegenüber gekennzeichnet durch die vollkommene Erhaltung
des Bakterienlebens iin Dünger, durch den Wegfall der künstlichen Trocknung und
die Neutralisierung der Huinussäuren durch den alkalischen Faulschlamm.
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Ein weiteres, bereits bekanntes Verfahren befaßt sich mit der Entwässerung
und Entfettung von Fäkalschlamm. Dabei wird der Schlamm mit Wasser verdünnt und
erhitzt, wobei sich oben eine Fettschicht absondert; nach deren Entfernung soll
der Schlamm durch Pressen oder Zentrifugieren entwässert werden. Weint der Schlamm
nicht grobkörnig ist, sollen ihm gröbere Bestandteile in Form geringer Mengen von
Sägemehl oder Torfintill zugeführt werden.
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Ein derartiges Verfahren ist jedoch wirtschaftlich nicht verwertbar,
da die Arbeitsweise imI Verhältnis ztt dem erzielten Produkt zu kostspielig ist.
Außerdem wird das Erzeugnis beim Gebrauch als Düngemittel ebenso unerwünschte Nebenwirkungen
hervorbringen wie der gewöhnliche getrocknete Xlä rschlanim, denn es besteht aus
unvermischtem Klärschlamm, dem nur in einzelnen Fällen eine geringe Menge von Sägemehl
und Torf zugesetzt wird, die auf den Charakter des fertigen Produktes keinen Einfluß
haben. Vor allein ist aber (las geschilderte Verfahren mit aasgefaultem Klärschlamm,
wie ihn die ntoclernen Kläranlagen allgemein liefern, nicht durchführbar, da dieser
Schlamm eine derartig kolloidale Beschaffenheit besitzt, daß er sieh selbst nach
Zusatz anderer Stoffe durch Auspressen und ähnliche mechanische Verfahren nicht
entwässern läßt.
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Bei einem weiteren bekannten Verfahren wurde eine Verwertung von Abwässern
in Verbindung mit Torflagern erstrebt. Ein solches Verfahren, welches zunächst recht
zweckmäßig erscheint, ist jedoch nicht gleichartig dem Gegenstand vorliegender Erfindung.
Die Berieselung von Torfflächen mit frischem Abwasser hat den Zweck, die: Torflager
selbst als landwirtschaftliche Nutzfläche ztz verwenden, nicht jedoch soll der Torf,
welcher hier natürlich noch in wasserhaltigem Zustand vorliegt, als Entwässerungsmittel
für ausgefaulteu Klärschlamm und zur Herstellung eines Düngers von ganz bestimmten
Eigenschaften dienen.
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Zudem hat diese Abwasserberieselung den unerwünschten Nachteil, (lau
bei Zutritt von Luft eine saure Gärung eingeleitet und damit (leg 'Säuregehalt des
Torfes noch mehr erhöht wirA. Letzteres zu vermeiden ist Jedoch gerade. eines der
Hauptinerkntale der vorliegenden Extlndun g.
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Atn#lt ltat tnan schon in der \\'wi@t@ vera;elit, Klärschlamm auf
ein Düngemittel zu verarbeiten, daß man den Klärschlamm mit Kesselasche oder gemahlenem
Ton gemischt hat. Das hierdurch gewonnene Produkt besteht vorherrschend aus anorganischen
Bestandteilr:it, während bei dem, vorliegenden Verfahren der Wert des hergestellten
Düngemittels in der Häufung organischer Stoffe zu sehen ist, da dieses Düngemittel
als Ersatz für Stalldünger dienen soll.
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M. S t r e 1 1 hat Untersuchungen über die Verwertung der Abwassersinkstoffe
als Duni;etnittel angestellt; er benutzt das Hutninverfahren von Hovermann und Wellens
i e k. Bei diesem werden die festen Anteile des Abwassers, vor allem die sehr fein
verteilten, durch Zusatz einer geringen Menge eines als Humin bezeichneten Präparates,
welches aus Braunkohle und Natronlauge hergestellt wird, in Verbindung mit Tonerdesulfat
ausgefällt. Dieser Niederschlag soll als Dünger Verwendung finden. Durch den Iiuminzusatz
soll besonders die Nitrifikation der Stickstoffverbindungen gefördert werden.
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Bei diesen Versuchen S t r e 1 1 s werden die frisch gefällten Sinkstoffe
für die weitere Behandlung herangezogen. Eine Verwertung im großen müßte dabei auf
ganz erhebliche Widerstände stoßen, da dieser Niederschlag nicht nur die Huminflockung,
söndern auch die Gesamtmenge der groben, unveränderten Sinkstoffe des frischen Abwassers
enthält, die sich natürlich gleichzeitig, jedoch unberührt durch die TT.untinfällung,
absetzen. Die ITuminflockting bildet nur einen geringen Teil des Gesamtniederschlages.
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Dieses Endprodukt (leg ITtiminfällung besteht daher vorwitgend aus
unzersetzben Stoffen des Abwassers, die bei Berührung ntit Luft sofort in übelriechende
Fäulnis übergehen. Ohne die übliche Ausfaulung in einer modernen Kläranlage ist
eine Weiterbehandlung dieses Rückstandes nicht durchführbar. Nach einer solchen
Ausfaulung ist jedoch der ursprüngliche Niederschlag so wettgehend verändert und
vor allem ltuinifiziert, daß der anfängliche Zusatz einer selig geringen Menge von
Huminstoffen völlig verschwindet.
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Das neue Verfahren der Klärschlanimverwertung besitzt dieaer Methode
gegenüber vor
allein den Vorteil größter Einfachheit, da weder ein besonderes
Xl:ii-verfahren noch ein besonders präparierte, Iluminprodukt Wendung findet. Der
Zusatz eines großen l'herseltusses von Torfintill zum l<lä rschlamin ist jedenfalls
mit der Iluminfä llung des ,\liwassc#rs nicht zu vergleichen. Torfintill und Humiti
sind in ihren Eigenschaften wesentlich verschieden und sollen auch eitler ranz verseltiedenen
Wirkung dienen. Die stark alkalische tvässerige Ilttitiinliistnig dient zur F:illang
der
Sinkstoffe, während die trockene saure Torfsubstanz dagegen eine Entwässerung und
Neutralisierung des Klärschlammes erreicht.