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Verfahren zur Herstellung von Salzen aliphatischer Carbonsäuren neben
Äthylalkohol und brennbaren Gasen durch Gärung Die Erfindung betrifft die Herstellung
von Salzen aliphatischer Carbonsäuren neben Äthylalkohol und brennbaren Gasen mittels
Gärung und bezieht sich hauptsächlich auf die Vergärung von cellulosehaltigem Material,
bei der die sich bildenden freien Säuren neutralisiert werden müssen und die Wasserstoffionenkonzentration
in gewissen Grenzen gehalten werden muß.
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Als Neutralisationsmittel in der Gärungsindustrie bekannt sind alkalisch
reagierende Stoffe, wie Kalk oder Calciumcarbonat, die wegen ihrer Billigkeit vorteilhaft
Anwendung finden; sie haben jedoch den Nachteil, daß sie, in größeren Mengen zugesetzt,
eine Verlangsamung der Gärung bewirken, so daß die Billigkeit dieser Mittel durch
die erforderliche Größe der Anlage mehr als wettgemacht wird.
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Auch lösliche Alkalien, wie beispielsweise Natriumcarbonat, sind als
Neutralisationsmittel angewandt worden; sie bewirken jedoch die Lösung vieler organischer
Stoffe aus dem zu vergärenden cellulosehaltigen Material, wodurch die erhaltene
Flüssigkeit stark verunreinigt wird und bei der Verdampfung oder Kristallisation
Schwierigkeiten macht.
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Ammoniak ist ebenfalls ein in der Gärungsindustrie wohlbekanntes Neutralisationsmittel.
Bei seiner Anwendung fallen zwar die vorerwähnten Nachteile fort, in der Endlösung
verbleiben jedoch die Ammoniumsalze, da in sehr großer Flüssigkeitsmenge gearbeitet
wird, in sehr geringer Konzentration. Nun ist es aber in vielen Fällen vorzuziehen,
die Salze der Erdalkalien und nicht die Ammoniumsalze als Endprodukte zu erhalten.
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Das wichtigste Merkmal der vorliegenden Erfindung besteht nun darin,
die vorgenannten Schwierigkeiten zu überwinden, dadurch, daß ein flüchtiges Alkali,
wie Ammoniak, oder eine Verbindung, aus der Ammoniak in Freiheit gesetzt werden
kann, wie Ammoniumcarbonat, oder substituierte Ammoniumverbindungen bei der Vergärung
von Cellulose als Neutralisationsmittel Verwendung finden, während als Endprodukte
die Salze der alkalischen Erden anfallen und das Ammoniak zurückgewonnen und wiederbenutzt
wird.
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Das Verfahren der Erfindung umfaßt zwei Stufen; die erste betrifft
die Anwendung eines in der Gärungsindustrie an sich bekannten Neutralisationsmittels,
nämlich des Ammoniaks, die zweite die Umsetzung der entstandenen Ammoniumsalze in
Salze einer nicht flüchtigen Base sowie die Freimachung des flüchtigen Alkalis.
Da das Ammoniak aus einer sehr großen Flüssigkeitsmenge frei gemacht werden muß,
in der es sich nur in sehr geringer Konzentration befindet, und da außerdem in der
Lösung noch andere
aus der Gärung stammende Stoffe enthalten sind,
erfordert die Destillation, die das Austreiben des Alkalis bewirkt, besondere Maßnahmen.
Daher besteht ein weiteres Merkmal der Erfindung in einem neuen und verbesserten
Destillationsverfahren für `diebetreffenden Stoffe.
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Die Art und Weise, in der in der ersten Arbeitsstufe des vorliegenden
Verfahrens gearbeitet wird, ist wesentlich übereinstimmend mit dem Verfahren des
Patents 522 146; auch die zahlenmäßigen Beispiele decken sich mit den dort
gemachten Angaben; der Unterschied gegenüber dem erwähnten Verfahren, welches bereits
auch Ammoniak als neutralisierenden Stoff verwendet, besteht darin, daß bei dem
neuen Verfahren Ammoniumverbindüngen als Neutralisationsmittel für die durch Gärung
entstehenden Säuren benutzt werden, daß aber aus den so erhaltenen Lösungen von
Ammoniumsalzen das Ammoniak mittels einer nicht flüchtigen Base frei gemacht und
durch Destillation wiedergewonnen wird.
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So wird beispielsweise, wenn. gepulverte Maiskolben zur Herstellung
von Essig- oder Buttersäure Verwendung finden sollen, eine Maische hergestellt,
die mit einer Mischung solcher Organismen geimpft wird, die diese Gärung bewirken
können. Es sind dies Organismen, die bei der Gärung aller pflanzlichen Stoffe zugegen
sind, beispielsweise im Stalldung, in faulenden Kanalisationswässern, im Schlamm
aus Klärbecken, im Ackerboden usw. Diese Organismen finden sich auch meist im Darminhalt
von pflanzenfressenden Tieren, so daß man beispielsweise aus einem dampfenden Misthaufen
einen passenden Impfstoff entnehmen kann. Soll die Maische anstatt mit Impfstoffen
mit Hilfe von Bakterien zur Gärung gebracht werden, so kann dies durch solche Bakterien
bewirkt werden, die meist auf Maiskolben oder auf anderen cellulosehaltigen Material,
welches als Ausgangsmaterial -dient, vorhanden sind. Bei jeder Art der Impfung läßt
man die Gärung stets bei Temperaturen von etwa 6o' erfolgen.
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Damit die Bakterien sich entwickeln. und vermehren können, müssen
ihnen Nährstoffe in geeigneten Mengen und in zur Assimilation geeigneter Form zugesetzt
werden. Einige dieser Nährstoffe kommen in der Cellulose selbst vor, so beispielsweise
Kohlehydrate; andere werden in wechselnden Mengen zugesetzt, so beispielsweise Kaliumsulfat,
Natriumphosphat, Ammoniumchlorid, Ammoniumsulfat, Kaliumchlorid, Schlempe aus der
Buttersäure-, Essigsäuregärung, Weichwasser usw.
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Um zu verhüten, daß durch Anwachsen der Säurekonzentration in der
Gärflüssigkeit auch das Wachstum der Bakterien vermindert wird, muß von Zeit zu
Zeit die Wasserstoffionenkonzentration der Flüssigkeit gemessen und so viel Ammoniak
hinzugesetzt werden, daß der PH-Gehalt der Flüssigkeit innerhalb der Grenzen PH
5,0 bis 9,o liegt.
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Um das Ammoniak wiederzugewinnen und um anstatt der Ammoniumsalze
Salze der Erdalkalien als Endprodukte zu erhalten, wird eine nicht flüchtige Base,
wie Kalk oder auch Calciumcarbonat, in solchen Mengen zugesetzt, daß das Ammoniak
aus den Verbindungen frei gemacht wird und sich die äquivalenten Mengen von Kalksalzen,
besonders Calciumacetat, bilden. Das Ammoniak kann durch Destillation in Freiheit
gesetzt werden.
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Mit Rücksicht auf die Natur und die Menge der Flüssigkeit, die das
Ammoniak in Lösung hält, und im Hinblick auf die Verunreinigungen durch organische
Stoffe ist eine mehrfache stufenweise Verdampfung, verbunden mit Filtration, vorzugsweise
anzuwenden. Die Arbeitsweise besteht darin, daß erstmalig eine Verdampfung der verhältnismäßig
stark verdünnten Lösung bewirkt wird, wobei große Mengen Ammoniak ausgetrieben werden;
dann wird die vom Ammoniak befreite, schon eingeengte Flüssigkeit filtriert, um
Verunreinigungen abzuscheiden, worauf das Verdampfen fortgesetzt wird. Wird in einem
Mehrkörperverdampfapparat nach Kestner gearbeitet, so durchstreicht die Flüssigkeit
die dampfgeheizten Säulen serienweise und passiert ein Filter beim Übertritt von
der ersten zur zweiten Kolonne. Der Dampf dagegen durchstreicht die ersten zwei
Kolonnen in paralleler Richtung, so daß im wesentlichen in beiden der gleiche Dampfdruck
herrscht. Die ersten beiden Evaporatoren mögen bei dieser Arbeitsweise als der erste
Verdampfkörper, der aus zwei Einheiten besteht, angesehen werden.
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Der Dampf und die Ammoniakdämpfe aus den beiden Einheiten des ersten
Verdampf- i körpers können fortgeführt, kondensiert und im Arbeitsprozeß wiederbenutzt
werden. Sie können beispielsweise durch den Mantel eines zweiten Verdampfkörpers
geschickt werden, wo sie teilweise kondensiert werden. Der nicht i kondensierte
Dampf kann in einem Wärmeaustauschapparat benutzt werden, um unreine ammoniakalische
Flüssigkeiten, die verdampft werden sollen, vorzuwärmen; der Dampf wird hierbei
kondensiert und im Prozeß wiederbenutzt. Die Menge des so kondensierten Dampfes
wird vorzugsweise so bemessen, daß das Ammoniak derart konzentriert wird, daß es
direkt zum Wiedergebrauch geeignet ist. Der kondensierte Anteil kann am Boden des
Heizmantels des zweiten Verdampfkörpers abgelassen und in den Arbeitsgang zurückgeführt
werden; er kann aber auch in den Heizmantel eines dritten Verdampfkörpers geleitet
werden, bevor er wieder benutzt wird.
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Die Calciumacetatlösungen, von Ammoniak und Verunreinigungen befreit,
können leicht und
ohne große Kosten so weit wie gewünscht konzentriert
werden, um für beliebige technische Zwecke Verwendung zu finden, und zwar in Form
von konzentrierten Lösungen oder auch als Salze; sie werden vorher in einer Trockentrommel
oder in einem Spritztrockner unter Benutzung von Heißluft oder heißen Verbrennungsgasen
eingeengt und zur Trockne gedampft. Technische Anwendung findet das Calciumacetat
beispielsweise zur Herstellung von Natriumacetat; das so hergestellte Salz besitzt
einen höheren Reinheitsgrad als das durch direkte Neutralisation der Gärmaische
mit Natriumcarbonat gewonnene; die Gewinnung beruht auf der doppelten Umsetzung
mittels Natriumcarbonat. Außerdem kann Calciumacetat zur Herstellung von Essigsäure
benutzt werden, wenn man das Salz mit Schwefelsäure behandelt.
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Unter dem Ausdruck nicht flüchtige Basen seien hier alle Oxyde, Hydroxyde,
Carbonate der Alkali- und Erdalkalimetalle verstanden sowie alle die Verbindungen,
die Ammoniak aus den bei der Gärung entstehenden Salzen frei machen.
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Unter dem Ausdruck mehrstufige Verdampfung sei eine Verdampfungsapparatur
verstanden, die aus zwei oder mehreren Verdampfkörpern besteht, die derart angeordnet
sind, daß der aus dem ersten Verdampfkörper aufsteigende Dampf die Konzentration
der Flüssigkeit in dem zweiten Verdampfkörper bewirkt, während der aus dem zweiten
Verdampfkörper aufsteigende Dampf die Konzentration in dem dritten Verdampfkörper
bewirkt usw., wobei Dampf als Heizmittel für den ersten Teil der Apparatur dient.