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Verfahren zur Herstellung von Butandiol-(2, 3) und Butanolon-(2,
3)
durch Gärung Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung
von Butandi01-(:2, 3) und gegebenenfalls Butanolon-(2, 3) durch Gärung.
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Das Butandi01-2, 3) ist ein Produkt von großer industrieller
Bedeutung. Von dem linksdrehenden Isomeren ist bereits bekannt, daß es in wässeriger
Lösung sehr starkeFrostschutzeigenschaften besitzt und vorteilhaft die zur Zeit
benutzten Gefrierschutzmittel zu ersetzen vermag. Insbesondere aber verdankt es
seine Bedeutung der Möglichkeit, als Zwischenprodukt bei der Fabrikation von Butadien
und synthetischem Kautschuk zu dienen. Es ist nämlich bekannt, daß gewisse Diester
dieses Glykols in der Lage sind, sich mit größter Leichtigkeit unter dem Einfluß
der Wärme zu zersetzen, indem sie Butadien liefern und die Säure wieder bilden,
die das Glykol veresterte. Ferner kann das Butandiol durch Wasserentziehung Methyläthylketon
liefern, ein Lösungsmittel und ausgezeichneter Treibstoff, ebenso wie das Butanolon
Methylvinylketon bilden kann, ein Ausgangsstoff für die Herstellung von Kunstharzen.
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Es ist außerdem bekannt, Butandiol-(2, 3) durch Gärung aus
sehr verschiedenen zuckerhaltigen Stoffen herzustellen. Die als Erzeuger von Butandiol-(2,
3) genannten Organismen sind hauptsächlich der aerobacillus polyrnyxa, der
aeromonas hydrophila und der aerobacter aerogenes. Man hat auch bei dem aerobacter
pectinovorum erhöhte Diolausbeuten erwähnt, aber die Gärung dauert sehr lange. Der
aerobaeillus polymyxa oder clostriclium polymyxa ist der einzige, der optisch aktives
Butandiol-(2, 3) erzeugt, das Frostschutzeigenschaften besitzt. Er wirkt
aber nicht richtig bei Melassen und zieht Getreide vor.
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Auf jeden Fall rufen diese Organismen komplexe
Gärungen
hervor,-und man findet nebendem Butan-, diol und Butanolon eine ganze keilhe v»on`
Nebenprodukten, deren Mengenverhältnisse verhältnismäßig bedeutend bleiben, obwohl
sie je nach den verwendeten Organismen schwanken.
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Man findet z. B. außer dem Butandiol-(2, 3) und dem Butanolon-(2,3)
(Acetylmet-hylcarbinol) Essigsäure, Milchsätfre, Bernsteinsäure und Äthylalkohol.
Die Äthylalkoholmenge kann vorherrschen und. 16 bis 4090' -des vergorenen Zuckers
erreichen,-natürlich zum Schaden der Ausbeute an den gewünschten Produkten.
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Dies ist darauf zurückzuführen, -daß die angewandten Organismen vom
rein anaeroben Typ
oder von wahlweise anaerobem Typ sind, und es ist
beobachtet worden, daß die Berührung mit der Luft zwar die Bildung von Diol im Verhältnis
zum Alkohol begünstigt, aber die, Gärzeit verlängert.
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Es wurde nun gefunden, daß diese verschiedenen Nachteile vermieden
werden können und daß im Gegensatz zu den bekannten Verfahren die Gärung auf die
ausschließliche Bildung von Butandiol und Butanolon gerichtet werden kann, wenn
man mit Hilfe geeigneter Organismen nach einem streng aeroben Verfahren arbeitet.
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Es wurde nämlich gefunden, daß gewisse Bakterien der Mesentericusgruppe
die Eigenschaft besitzen, bis zu 8 bis iolyo Zucker enthaltende Zuckerlösungen
rasch und bequem zu vergären. Im Gegensatz zu den bei den bekannten Verfahren verwendeten
Organismen sind die nach der vorliegenden Erfindung verwendeten streng aerob und
liefern eine Gram-positive Farbreaktion.
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Die für den Mesentericus verwendbaren Ausgangsstoffe sind sehr verschieden.
Es sind dies ganz allgemein alle diejenigen, die zur Herstellung von Alkohol dienen
können. Die Maischen können aus zucker- und stärkehaltigen Stoffen hergestellt werden,
vorzugsweise in konzentrierter Form. Besonders zu erwähnen sind Melassen, die leicht
zu #beschaffen und viel billiger sind als Getreidemaischen.
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Es ist unbedingt erforderlich, für eine ausreichende Lüftung zu sorgen,
um die Entwicklung und Arbeit dieses Gärungserregers sicherzustellen.
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Man stellt alsdann fest, daß sich kein Äthylalkohol in merklicher
Menge bildet. Diese Menge bleibt auf jeden Fall upter 2%,, bezogen auf Zucker. Es
bilden sich auch keine organischen Säuren, so daß das Gesamtgewicht des erhaltenen
Butandiols-(2, 3) und Butanolons-(2, 3) 4o Gewichtsprozent des angewendeten
Zuckers überschreitet.
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Es wurde bemerkt, daß man die Bildung von Butanolon-(2,
3) im Laufe der Butandiolgärung nicht ganz vermeiden kann, denn es bildet
sich ein Gleichgewicht zwischen den Mengen dieser beiden Produkte. Dieses Gleichgewicht
hängt hauptsächlich von der Art und Stärke der Lüftung ab. Durch Änderung der Gärführung
erhält man also mit dem gleichen Gärungsorganismus ein Gemisch von Butandiol und
Butanolon von außerordentlich schwankenden Mengenverhältnissen, wobei das eine oder
andere dieser Produkte sogar in überwiegender Menge erhalten werden kann.
.Wenn Butandiol hergestellt werden soll, so wurde gefunden, daß, wenn man
anfänglich Butanolon-(2, 3) in die zu vergärende Maische einführt, dieses
infolge des genannten Gleichgewichts sich unter der Einwirkung des Mesentericus
in Gegenwart des als Re%uktionsmittel wirkenden Zuckers ganz in ,Butandiol-(2,
3) umwandelt. Da infolge seiner Flüchtigkeit das im Laufe einer Gärung gebildete
Butanolon im Laufe der weiteren Konzentrierung der Maischen destilliert, werden
erfindungsgemäß diese Kondensationswässer im Laufe der Herstellung einer neuen Maischemenge
wieder verwendet, um bei der folgenden Gärung die Bildung neuer Mengen Butanolon-
(2, 3) zu verhindern, so daß das Gewicht des gebildeten Butandiols-(2,
3) 4o Gewichtsprozent des angewendeten Zuckers übersteigt. Diese Rückführung
der Kondensationswässer gestattet zu gleicher Zeit die Wiedergewinnung des im Laufe
der Konzentration mitgerissenen Butandiols, wodurch die Anwendung besonderer Maßna:hmen
überflüssig wird, die bei den anderen Verfahren zur Vermeidung dieses Mitreißens
erforderlich sind.
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Wenn man aber andererseits das Butanolon erhalten will, muß man die
Lüftung der Maische erhöhen, wie es in den folgenden Beispielen gezeigt ist.
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Andere Vorteile der Anwendung von Bakterien der Mesentericusart sind
folgende: Ihre Bedürfnisse an Nährstoffen werden durch eine einfache Zugabe von
Phosphat und Ammoniumsalzen zur Melasse befriedigt.
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Da sie keine Säure bilden, braucht der PH-Wert im Laufe der Gärung
nicht geregelt zu werden. Die vergorene Maische ist im Hinblick auf die weiteren
Behandlungsschritte leicht zu klären. Es genügt, sie mit oder ohne Zusatz eines
Klärungsmittels auf einen geeigneten pH-Wert zu bringen und gegebenenfalls zu erhitzen,
damit die Bakterienkörper und die anderen Verunreinigungen sich in Form von Flocken
niederschlagep, die mit den üblichen mechanischen Mitteln abgetrennt werden können.
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Die Mesentericus-Bakterien sind von Natur aus gegenüber den Angriffen
anderer unerwünschter Organismen sehr widerstandsfähig, und die ständige Lüftung,
der die Maische ausgesetzt ist, erschwert die Entwicklung der meisten dieser Organismen,
so daß die Durchführung der Gärung mit großer Sicherheit erfolgen kann.
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Die Mesentericusbakterien entwickeln sich leicht in den Medien, die
einen verhältnismäßig hohen osmotischen Druck aufweisen. Infolgedessen kann man
zuckerreiche Lösungen verwenden, selbst wenn sie außerdem einen hohen Anteil salziger
Verunreinigungen enthalten, wie es insbesondere bei den Melassen der Fall ist. Die
Möglichkeit der Verwendung von Melassen als Ausgangsmaterial, deren Gestehungspreis
bedeutend geringer ist als der von Getreide, bedeutet einen großen Vorteil gegenüber
anderen Verfahren.
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Die Isolierung der geeigneten Organismen ist wegen ihrer außerordentlichen
Verbreitung in der
Nattir und der hohen Wärmebeständigkeit ihrer
Sporen sehr leicht. Sie finden sich z. B. in Gartenerde und insbesondere in der
Schale gewisser Knolleii. Diese Isolierung erfolgt nach den altbewährten Methoden,
und man wählt die produktivste Art durch Oberflächenkultur auf 2ot7eigen Melasselösungen
aus.
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Da kein Alkohol gebildet wird, wird die Wiederge#viiinung dieses Produkts
überflüssig, das bei den anderen Gärverfahren mit den Gasen mitgerissen wird.
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Das von dem Mesenterictis erzeugte Butandiol-(2, 3)
ist das optisch aktive (linksdrehende) Isoinere, das Frostschutzeigenschaften aufweist.
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Das Butandiol kann durch Abdampfung der vergorenen Maische und Destillation
des Rückstandes, gegebenenfalls unter reduziertem Druck, oder durch Wasserdampfdestillation
abgetrennt werden.
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Es kann auch durch ein richtig gewähltes Lösungsmittel lierausgelöst
werden, z. B. durch Butylalkohol, Methyläthylketon oder Methy-Itetrahydrofuran,
und zwar direkt ans den Maischen vor oder nach teilweiser Konzentration dieser Maischen.
ln diesen Fäl len sind die düngenden Stoffe, die in der Maische vorhanden sind und
die durch eine hohe Temperatur mehr oder weniger zerstört würden, zu Schützen.
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Folgende Beispiele schränken die Erfindung nicht ein; sie zeigen,
wje sie vorteilhaft ausgeführt werden kann. Beispiel 1
.Man stellteine Maische
'her, die ioo kg Zuckerrübenmelasse, 1"5 kg Diammoniumphosphat, i
kg
schatimverhinderndes Mittel, z. B. Gerbereidegras (Gerberfett), und goo
1 Wasser enthält. Man prüft den pti-Wert, der zwischen 5,5 und
7,5 liegen muß. Man bringt die Lösung 45 Minuten lang auf 120'
C,
kÜhlt sie auf 75' ab und impft sie mit einer mindestens
8 Tage alten Sporen enthaltenden Laboratoriumskultur auf Kartoffeln. Man
kählt sofort auf 3S bis 40' und hält bei dieser Temperatur, wobei man im
unteren Teil des Behälters Luft in einer Menge von 35 cbm je Stunde
einbläst. Nach io Stunden beginnt die Dichte der Maische, die anfänglich
1,035 betrug, züi sinken; wenn sie 1,025 erreicht hat, und zwar ig Stunden
nach der Impfung, füllt man diese gärende Maisc#he in eineLösung um, die vorher
30 Minuten lang bei iio' sterilisiert, dann auf 39' abgekühlt wurde
und 1500 kg
Zuckerrübetimeiasse, 8,5 kg Diammoniumphosphat und
3 k- schaumverhinderndes Mittel auf ein Volunien von b gioo 1 enthält.
Man lüftet sofort vom U ' Ttiterteil des B,#hälters her, und zwar in einer
Menge von i5o cbm je Stunde. 21 Stunden nach der Llinfüllung der gärenden
Nlaische ist die Di(,lite auf 1,0310 'gefallen. In diesem Zeitpunkte vermindert
man die Lüftung auf 6o cbm je Stunde, um eine zu starke Bildung von Butanolon-(2,
3) zu verhindern. 12 Stunden später ist die Dichte der Nlaisclie 1,0245.
Man setzt die Lüftung erneut lierab, und zwar auf 22 Cbul in der Stunde,
und hält Sie 2 oder 3 Stunden lang auf dieser Höhe. Während dieser Zeit sinkt
die Dichte noch etwas und wird dann bei 1,0:24 konstant. Dieser konstante Wert der
Dichte deutet das Ende der Zuckerumwandlung an, was sich ebenfalls in einer raschen
Erhöhung des Gehaltes an Butanolon-(2, 3) äußert. Der Gehalt an Butanolon-(2,
3) steigt im Laufe der letzten Periode von 4,75 auf 6,2 g je Liter.
Die Maische enthält 257 kg Butylenglykol und 6o kg
Butanolon-
(2, 3), die nach der Methode von K n i p -hors ' t und
Kruisher oder nach irgendeiner anderen speziftschen Methode bestimmt werden Können.
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Die Gesamtausbeute an den obenerwähnten Produkten beträgt 40,4 Gewichtsprozent,
bezogen auf Zucker. Diese Produkte können durch Verdampfung und anschließende Destillation
oder durch Wasserdampfdestillation oder durch Ausziehen mit Lösungsmitteln von der
vergorenen Maische getrennt werden. Wenn man gogo' des Wassers verdampft, so nimmt
dieses 56 kg Butanolon-(2, 3) mit, die man in Form einer verdünnten
Lösung durch Kondensation des Dampfes zusammen mit 17 kg
Butandiol-(2,
3) wiedergewinnen kann.
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Eine Klärung der Maische ist empfehlenswert, insbesondere wenn man
eine Extraktion mit Lösungsmitteln vornehmen will. Zu diesem Zweck wird die obige
Maische mit ioo 1 Salzsäure von 22' B# versetzt. Man erhöht die Temperatur
auf 5o' und trennt das Ausgeflockte durch Filtern, einfaches oder zentrifugales
Dekantieren oder irgendein anderes bekanntes Mittel ab. Beispiel 2 Die Herstellung
des Gäransatzes und der Hauptmaische erfolgt wie in Beispiel i. jedoch verwendet
man an Stelle von Wasser zur Verdünnung der Melasse die gesamten Kondensationswässer,
die im Laufe der Konzentration eines vorausgehenden Arbeitsganges anfallen und z.
B. 17 kg Butandiol-(2, 3) und 56 kg Butanolon-(2,
3) enthalten.
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Die Gärung der Hauptmaische wird in der gleichen Weise durchgeführt,
bis ii Stunden nach der Umfüllung des Gäransatzes verstrichen sind. Zu diesem Zeitpunkt
vermindert man fortschreitend die Lüftung nach untenstehender Tabelle:
Alter Lüftung in Dichte |
der Maische Kubikmeter der Maische |
ab Umfüllung |
je Stunde |
0 ............. - 1,053 |
ii Stunden ..... 150 1,043 |
21 Stunden ..... lio 1,033 |
31 Stunden ..... 6o 1,028 |
41 Stunden ..... 20 i,o25 (konstant) |
Der Gehalt an Butanolon-(2,
3) je Liter Maische, der anfänglich
5,7 9 je Liter beträgt, ist nach i i Stunden 4,3, nach
3 1 Stunden
5,2 und schließlich nach 41 Stunden
6,5 g.
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Die vergorene Maische enthält 332 kg Butandiol-(2,
3) und 63 kg Butanolon-(2, 3). Nach Abzug der vor der
Gärung eingeführten Produkte betragen die
Ausbeuten je ioo
kg zur Gärung gebrachten Zuckers 40,29ü' Butandiol-(2,3) bzw.og% Butanolon-(2,3).
Beispiel 3
ioooo 1 Lösung, enthaltend iioo kg Zuckerrübenmelasse,
1,5 kg Diammoniumphosphat und 5 kg schaumverhinderndes Mittel, z.B.
Fischtran, werden 30 Minuten lang bei i2o' sterilisiert und nach dem Kühlen
auf »' mit 0,5 1 einerLaboratoriumskultur geimpft, die auf der Oberfläche
einer 1317o igen Melasselösung erhalten wurde. Man lüftet, und zwar mit i5o cbm
Luft je Stunde. Nach 45 Stunden wird die Dichte konstant = i,oi
5. Die Maische enthält 133 kg Butanolon-(2,3) und 70,3 kg Butandiol-(2,3),
d.h. 43 Gewichtsprozent des Zuckers der Melasse.