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Verfahren zur Herstellung hydrophober Harze durch Kondensation von
Harnstoff oder Harnstoffderivaten mit Aldehyden, insbesondere mit Formaldehyd Bei
der Herstellung von Kunstmassen aus den Kondensationsprodukten von Harnstoff oder
Harnstoffderiv aten und Aldehyden, insbesondere Formaldehyd, bietet die Entfernung
des Wassers bzw. des Lösungsmittels beträchtliche Schwierigkeiten. Während beispielsweise
die Kondensation von Phenol und Formaldehyd so geleitet werden kann, daß das harzige
Kondensationsprodukt ausfällt, so daß die Hauptmenge des mit den Ausgangsprodukten
eingebrachten und des bei der Reaktion entstehenden Wassers vor der Weitererhitzung
des Harzes abgezogen werden kann, hat sich dies bei der Kondensation von Carbamid
und Formaldehyd nicht erzielen lassen. Vielmehr erstarrt bei dieser Reaktion in
einem gegebenen Zeitpunkt die ganze Masse unter Einschluß des noch vorhandenen Wassers,
das hernach aus der erstarrten Masse herausgebracht werden muß. Es kommt dies daher,
daß diese Kondensationsprodukte das typische Verhalten hydrophiler Kolloide zeigen.
Die große Verwandtschaft der kolloiden Komplexe zu dem Lösungsmittel macht sich
auch noch in den Endprodukten bemerkbar. Mag auch die Entfernung des Lösungsmittels
so sorgfältig durchgeführt worden sein, daß die Endprodukte gegen den Einfluß dieser
Lösungsmittel in der Kälte völlig unempfindlich geworden sind, so zeigen sie sich
bei höherer Temperatur der Einwirkung des Lösungsmittels doch mehr oder minder zugänglich.
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Es ist nun gelungen, auch bei dieser Reaktion als Produkt der ersten
Reaktionsstufe ein aus dem Reaktionsgemisch ausfallendes Harz zu erhalten, das nur
noch einen kleinen Teil des Wassers, und zwar in äußerst locker gebundener Form
enthält, so daß dieser Wasserrest bei der Weitererhitzung (Härtung) mit Leichtigkeit
abgestoßen wird. Die Bildung dieses hydrophoben Harzes wird gemäß dem vorliegenden
Verfahren dadurch herbeigeführt, daß man die durch kurze Erwärmung der Mischung
der Ausgangsprodukte primär entstehenden Kondensationsprodukte nach Zusatz organischer
Stoffe, die mit denn Aldehyd in saurem Medium Kondensationsprodukte zu bilden vermögen
(wie beispielsweise Thioharnstoff oder Phenol), in Gegenwart freier Wasserstoffionen
so lange weitererhitzt, bis bei Abkühlung des Reaktionsgenisches
das
Harz aus diesem ausfällt. Das überstehende Wasser kann nun abgegossen oder abgezogen
werden. Zur Beförderung der Polymerisation der primär entstehenden Kondensationsprodukte
können außer freien H'-Ionen auch andere Polymerisationsmittel mitverwendet werden,
die keine freien OH'-Ionen abspalten, wie beispielsweise die neutralen Salze starker
Säuren und starker Basen, insbesondere die Neutralsalze der Erdalkalimetalle.
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Zwar ist auch schon in der österreichischen Patentschrift 99 415 die
Herstellung eines hydrophoben Kolloids beschrieben. Dieses Kolloid verliert aber
seine hydrophobe Beschaffenheit durch die für die weitere Verarbeitung zweckmäßige,
ja fast unentbehrliche Stabilisierung mit Hilfe basisch wirkender Zusätze, wodurch
die Gelatinierung gehemmt wird. Aus neutralen oder alkalischen Lösungen fällt es
daher nur in Spuren aus. Verzichtet man hingegen auf die Stabilisierung, so läßt
es sich kauen vermeiden, daß das ausgefällte hydrophobe Produkt infolge der für
seine Bildung erforderlichen hohen Säurekonzentrationen gelatiniert, wodurch ein
sorgfältiges Auswaschen unmöglich wird und auch anderweitige Schwierigkeiten entstehen,
weil ein solches gelatiniertes Produkt sich nur mit besonderer Sprgfalt zu Kunstmassen
weiterverarbeiten läßt. Im Gegensatz hierzu fällt das nach dem vorliegenden Verfahren
hergestellte Harz auch aus neutraler oder alkalischer Lösung aus. Da dieses Harz
sehr stabil ist, kann es von den eingeschlossenen Elektrolyten und Kristalloiden
durch Auswaschen mit Wasser (oder mit anderen Lösungsmitteln) vollkommen befreit
werden. Es ist dies ein besonderer Nebeneffekt des Verfahrens, weil bestimmte Elektrolvte
bzw. Kristalloide die Eigenschaften der aus den Harzen hergestellten Kunstmassen
in ganz besonders hohem Maße ungünstig beeinflussen.
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Das so gewonnene hydrophobe Harz kann nach allen bekannten Methoden,
allenfalls unter -Zumischung von organischen oder anorganischen, die Eigenschaften
der Endprodukte beeinflussenden Zusätzen zu künstlichen Massen verarbeitet werden.
Es besitzt infolge seiner besonders hohen Viskosität eine fast unbegrenzte Aufnahmefähigkeit
für die verschiedensten Arten von kolloiden und nicht kolloiden Dispersionen sowie
von pulverigen und faserigen Füllmitteln, wie insbesondere von Cellulose in jeder
Form. Das Aussehen der gehärteten Endprodukte unterscheidet sich in keiner Weise
von dem der bisher bekannten Carbamid-Formaldehydkondensationsprodukte. Hingegen
sind die Kunstmassen durch ihre Unempfindlichkeit gegen Wasserdampf bei hohen Temperaturen
den bisher bekannten Kunstmassen weitaus überlegen, indem sie derart hydrophob sind,
daß sie sogar in einer Atmosphäre von heißem Wasserdampf ohne Schädigung Wasser
abzugeben vermögen. Hierdurch ist ihre Brauchbarkeit für eine grolle Zahl von Verwendungszwecken
gesichert, für welche diese Kondensationsprodukte bisher nicht in Frage kommen konnten.
Ferner zeichnen sich die aus den hydrophoben Harz hergestellten Kunstmassen durch
ihre ganz besonders hohe elektrische Isolationsfähigkeit aus.
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Zur Erzeugung von Lacken werden die in der beschriebenen Weise hergestellten
hydrophoben Harze in einem organischen Lösungsmittel mit oder ohne Zusatz von Erweichungs-
oder Füllmitteln gelöst. Diese Lacke haben den besonderen Vorzug, auch in der Kälte
sehr rasch aufzutrocknen, wodurch ihre Verwendungsmöglichkeit wesentlich gesteigert
ist.
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Als Zusatz, der mit dein betreffenden Aldehyd, insbesondere Formaldehyd,
in saurem Medium Kondensationsprodukte zu bilden vermag, kann auch jene Harnstoffkomponente
Verwendung finden, die von Anfang an in die Reaktion eingebracht worden ist, indem
beispielsweise bei Bewirkung der Kondensation zwischen Harnstoff und Formaldehyd
die Entstehung des stabilen hydrophoben Harzes dadurch,erzielt werden kann, daß
nach kurzer Erwärmung der Mischung der Ausgangsprodukte eine neue Menge von Carbamid
in die Reaktion eingebracht wird. Da Carbamid in saurem Milieu weiße Kondensationsprodukte
bildet, liefert das ausfallende Harz in diesem Fall beim Härten milchglasartige
weiße Massen. Ausführungsbeispiele z. Eine neutral oder schwach alkalisch eingestellte
Mischung von r 5oo Gewichtsteilen Carbamid und 4 ooo Teilen einer 37,6 Gewichtsprozente
enthaltenden Formaldehy dlösung wird am Rückflußkühler kurze Zeit erhitzt. Nach
Zugabe von 2 Gewichtsteilen Ameisensäure werden 300 Gewichtsteile Thiocarbamid
in die heiße Lösung portionsweise eingebracht, worauf die Mischung noch I bis I11...
Stunden am Rückflußkühler weitererhitzt wird. Hierauf setzt man etwa 2 Gewichtsteile
fixes Alkali zu und läßt abkühlen. Alsbald beginnt sich aus der neutralen oder schwach
alkalischen Lösung ein- weißes harziges Produkt abzuscheiden, welches lange unverändert
aufbewahrt werden kann. Ist das Harz ausgefällt, so werden zweckmäßig, um die Ausfällung
vollkommen zu machen, noch 2 ooo Teile Wasser zugesetzt und mit dem Harz gründlich
verknetet. Diese Waschung wird mehrere Male wiederholt. Das so gereinigte
Harz
kann nun entweder auf Lacke oder auf feste Massen verarbeitet werden.
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Zu diesem letzteren Zweck kann das Harz, allenfalls nach Einverleibung
der gewünschten Zusatzstoffe, unmittelbar in Formen gegossen und durch steigende
Temperatur- gehärtet werden. Desgleichen kann man es vor der Härtung durch Abdestillieren
von einem Teil des restlichen Wassers befreien. Man erhält so ein hochviskoses Produkt,
das bei Temperaturen unter 50° C unverändert lange haltbar ist. Nach dem Eingießen
in Formen erstarrt es unter der Einwirkung steigender Temperaturen alsbald zu einer
brillantklaren, farblosen Gallerte, die zu klaren durchsichtigen Massen erhärtet.
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2. An Stelle der ßoo Gewichtsteile Thiocarbamid kann man Zoo Gewichtsteile
Phenol zusetzen und in der gleichen Weise weiterarbeiten. Auch in dieser Weise entsteht
ein unbeschränkt stabiles, weiches, knetbares Harz, welches, wie im Beispiel i beschrieben,
zu klaren, durchsichtigen Massen weiterverarbeitet werden kann.
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3. Ebenso können statt der 3oo Gewichtsteile Thiocarbamid 23o Gewichtsteile
Carbamid zugesetzt werden. Es entstehen in dieser Weise als Endprodukte milchglasartige
Massen.
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Zur Herstellung eines Lackes werden ioo Gewichtsteile des nach Beispiel
i erhaltenen, gewaschenen Harzes in 3o bis 4o Gewichtsteilen Aceton gelöst. Als
Erweichungsmittel können 3 Gewichtsteile eines Celluloseesters, in Milchsäureäthylester,
Benzylalkohol o. dgl. gelöst, zugemischt werden.
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5. 6o Gewichtsteile Carbamid werden in 16; Gewichtsteilen 40 °J,igem
Formaldehyd eingebracht, die Mischung wird schwach alkalisch eingestellt und % Stunde
kochen gelassen. Nach Zugabe von 0,04 Gewichtsteilen io °/oiger Ameisensäure in
3 Gewichtsteilen Spiritus wird weitere io Minuten gekocht; hierauf werden 12 Gewichtsteile
Thioharnstoff zugesetzt, worauf noch einmal il/2 Stunden gekocht wird. Die Reaktionsmischung
wird nun in Wasser gegossen und abkühlen gelassen, worauf sich ein weißes harziges
Produkt aus der sauren Lösung abscheidet. Das überstehende Wasser wird abgegossen,
und das abgeschiedene Harz wird so weit abdestilliert, .daß keine Gefahr einer vorzeitigen,
durch anwesende Säure geförderten Gelatinierung eintritt. Das abdestillierte Harz
kann entweder für Gußmassen oder Air Herstellung von Lacken verwendet werden.
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Statt der später eingebrachten 12 Gewichtsteile Thioharnstoff kann
natürlich auch eine entsprechende Menge von Phenol oder Carbamid oder einer anderen
geeigneten organischen Substanz zugesetzt werden. Es ist bereits vorgeschlagen worden,
zur Herstellung von künstlichen Massen die Kondensation von Harnstoff und Formaldehyd
bei gleichzeitiger Anwesenheit von Säuren (oder nicht alkalisch reagierenden Salzen)
und von organischen Verbindungen sauren Charakters vorzunehmen, welche mit Formaldehyd
selbst reagieren, wie beispielsweise Phenol. Wenn die so entstehende Masse bis nahe
zur Dickflüssigkeit erhitzt wird, so erstarrt das Reaktionsgemisch beim Abkühlen
unter Einschluß des ganzen Wassers. Eine Schichtung in eine harzige und eine wässerige
Phase läßt sich in dieser Weise nicht erzielen. Vielmehr ist die Bildung des vorstehend
beschriebenen hydrophoben Harzes an die Bedingung gebunden, daß die geeigneten organischen
Zusätze, die sich mit dem Formaldehyd in saurem Medium zu Kondensationsprodukten
zu vereinigen vermögen, erst zugesetzt werden, wenn die durch kurzes Erwärmen der
Mischung von Carbamid und Formaldehyd primär entstehenden Kondensationsprodukte
bereits gebildet sind.
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Von dem Verfahren der österreichischen Patentschrift 99415 unterscheidet
sich die vorliegende Erfindung dadurch, daß das ältere Verfahren nur den Zweck verfolgt,
jene Mengen von Formaldehyd, die bei der Reaktion nicht gebunden worden sind, aus
der Masse nachträglich zu entfernen, da die Härtung der Masse durch die Anwesenheit
von freiem Formaldehyd gestört wird. Es werden daher Stoffe, welche sich mit dem
Formaldehyd verbinden oder ihn zersetzen, dem Reaktionsgemisch erst nach Abschluß
der ersten Reaktionsstufe, in der sich die chemischen Vorgänge der Reaktion (Kondensation
und Polymerisation) vornehmlich abspielen, zugesetzt. Im Gegensatz hierzu müssen
die organischen Stoffe, die mit dem Formaldehyd in saurem Medium Kondensationsprodukte
zu bilden vermögen, im Sinne der vorliegenden Erfindung unmittelbar nach der ersten
Phase der ersten Reaktionsstufe, das ist nach dem kurzen Erwärmen der Mischung der
Ausgangsprodukte, eingebracht werden, damit die hierdurch entstehenden Kondensationsprodukte
an der Polymerisation der primär gebildeten Kondensationsprodukte teilnehmen.