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Verfahren zur Darstellung von in organischen Wlitteln löslichen Estern
der polymeren Kohlehydrate mit höheren Fettsäuren oder cyclischen Carbonsäuren Die
Veresterung der polymeren Kohlehydrate mit höheren Fettsäuren gelang bisher nicht
ohne weiteres wegen der Reaktionsträgheit dieser Kohlehydrate infolge ihres, kolloidalen
Charakters. Man konnte polymere Kohlehydrate mit höheren Fettsäuren nur verestern,
wenn man sie zuvor in starker wäßriger Alkalihydroxydlauge quellen ließ. Es :entstehen
hierbei die bekannten Alkaliverbindungen der Kohlehydrate, welche sich in wasserfeuchtem
Zustande mit Fettsäurehalogeniden umsetzen lassen.
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Zur Quellung der Kohlehydrate bedarf man starker, 30 0/0 oder mehr
Alkalihydroxyd enthaltender Laugen, da nur in diesem Falle leicht reagierende Alkaliverbindungen
der Kohlehydrate gebildet werden. Man verfährt also unter Bedingungen, welche z.
B. im Falle der Cellulose zu der Viewegschen Verbindung (C6 H10 05)2 . Na O H führen.
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Wenn die Alkaliverbindungen der Kohlehydrate, wie dies für Alkalicellulose
vorgeschlagen worden ist, in der üblichen Weise, d. h. unter Kühlung, mit Säurehalogeniden
verestert werden, so gelangt man zu unlöslichen und demnach nur nach besonderen
Verfahren zu verarbeitenden Estern, deren Löslichkeitseigenschaften erst durch eine
weitere Behandlung verbessert werden können. Wie gefunden wurde, gelangt man meinem
Arbeitsgange zu Estern, die sich in organischen Mitteln lösen, wenn man die bei
der Veresterung auftretende Reaktionswärme nicht vernichtet, sondern ohne Kühlung,
gegebenenfalls unter weiterer Wärmezufuhr, arbeitet.
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Die Veresterung kann in Gegenwart von indifferenten Verdünnungsmitteln;
Kohlenwasserstoffen, Äthern, Estern, Ketonen usw., durchgeführt werden. Durch die
Menge des angewandten Säurehalogenids und durch seine Konzentration im Veresterungsgemisch
wird der Grad der Veresterung bestimmt.
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Zur Veresterung aller polymeren Kohlehydrate können die Halogenide
aller gesättigten und ungesättigten; unsubstituierten und substituierten Fettsäuren
mit mehr als fünf Kohlenstoffatomen dienen. Mischester gewinnt man, indem man Gemische
dieser höheren Fettsäurehalogenide oder Gemische höherer Fettsäurehalogenide mit
anderen organischen oder anorganischen Säurehalogeniden anwendet.
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Das Verfahren läßt sich erweitern auf die Anwendung cyclischer Carbonsäuren.
Man gelangt auf diese Weise zu einer Anzahl von ganz farblosen Kohlehydratestern,
z. B. der Cyclopentan- und Cyclohexancarbonsäure,, welche in aromatischen Kohlenwasserstogen,
Chlorkohlenwassersto-flten
und Fettsäureestern völlig löslich, in Äther und aliphatischen Kohlenwasserstoffen
stark quellbar sind. Diese Löslichkeitseigenschaften .ändern sich, falls neben den
Radikalen der cyclischen Carbonsäuren noch andere Säureradikale eingeführt werden,
.entsprechend der Menge und der Natur dieser Radikale.
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Die Koblehydratverbindungen, welche Radikale cyclischer Carbonsäur.en
enthalten, zeigen die bemerkenswerte Eigenschaft, bei gewöhnlicher Temperatur sehr
hart und fest zu sein, während sie bei mäßig erhöhter Temperatur, etwa 5o°, also
weit unterhalb ihres bei ungefähr 200° liegenden Schmelzpunktes, erweichen und formbar
werden. Diese Eigenschaft ermöglicht ihre Verarbeitung ohne Lösungs- und Weichmachungsmittel.
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Es ist zwar bekannt, durch Einwirkung von Chloriden der höheren Fettsäuren
oder cyclischen Carbonsäuren auf Alkalicellulose Celluloseester dieser Säuren darzustellen.
Man war aber bisher der Ansicht (Ztschr. f. angew. Chem., Bd. 26,1, 1913, Seite
z55), daß man hierbei zweckmäßig eine 2oprozentige AlkaIilauge verwenden und die
Reaktionswärme durch Kühlung und durch Anwendung sehr großer Mengen von indifferenten
Verdünnungsmitteln vernichten müsse. Dieses bekannte Verfahren ließ größere Mengen
der Ausgangscellulose unverändert und führte im übrigen zu nicht einheitlichen Erzeugnissen.
Auch in der Zeitschrift »Kunststoffe«, Bd. 16, 1926, Seite 69, wird die Veresterung
von Cellulose mit Fettsäurechloriden unter Vernichtung der Reaktionswärme durch
Kiihlung beschrieben. Man erreichte dabei jedoch nur eine sehr geringe Veresterung,
welche noch unter der Stufe der Monoester blieb. Erst durch das vorliegende Verfahren,
welches gekennzeichnet ist durch vorherige Quellung der zur Veresterung bestimmten
polymeren Kohlehydrate in mindestens 3oprozentiger Alkahlauge und durch Veresterung
ohne Vernichtung der Reaktionswärme, gelingt es, in einem Arbeitsgang eine glatte
und gleichmäßige Veresterung der Kohlehydrate herbeizuführen. Hierin liegt ein erheblicher
technischer Fortschritt.
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Während die bekannten Verfahren zur Darstellung von Celluloseestern
der höheren Fettsäuren stets zu mehr oder minder stark verfärbten Erzeugnissen führen,
sind die nach dem vorliegenden Verfahren gewonnenen Ester vollkommen farblos. Die
nach dem vorliegenden Verfahren dargestellten Ester eignen sich für sämtliche Verwendungszwecke,
für welche bisher Kohlehydratderivatevorgeschlagen worden sind. Sie lassen sich
insbesondere zu Fäden, Filmen, Lacken, Spachtelmassen, Überzügen auf Papier und
Gewebe, Isoliermassen, plastischen Massen usw. verarbeiten. Beispiel i Man verrührt
schnell io g sehr fein gepulverte Reisstärke mit _10 ccm q.oprozentiger wäßriger
Natriumhydroxydlösung. Die so erhaltene Alkalistärke wird in 5o ccm Benzol suspendiert,
worauf ;ein Gemisch von 16 ccm Benzoylchlorid und 1 ¢ ccm Laurylchlorid zugesetzt
wird. Durch die bald frei werdende Reaktionswärme wird das Benzol zu gelindem Sieden
gebracht. Das Reaktionsgemisch wird immer zähflüssiger und erstarrt schließlich
zu einer Gallerte. Aus dieser werden die bei der Umsetzung entstehenden wasserlöslichen
Salze mit Wasser ausgewaschen. Der wasserunlösliche Rückstand besteht nach gründlicher
Extraktion mit Methanol aus reinem, völlig ungefärbtem Stärkelauratbenzoat, das
sich in Dichlormethan löst und in Benzol stark quillt. Die Lösungen können durch
Filtration leicht von einer geringen Beimengung ungelöster Fasern befreit werden.
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Beispiel z io g Cellulose werden q. Stunden lang in aoprozentiger
wäßriger Natriumhydroxydlösung bei - io° gequollen und durch Abpressen auf
30 g von der überschüssigen Lauge befreit. Die Alkalicellulose wird in 8o
ccm Chlorbenzol suspendiert. Dann fügt man 8o ccm Laurylchlorid zu. Die Temperatur
des Reaktionsgemisches steigt innerhalb von :Minuten von 2o° auf 75 bis 8o°. Diese
Temperatur hält man ungefähr 15 Minuten aufrecht. Es entsteht eine trübe zähflüssige
Lösung, die nach ungefähr 30 Minuten zu einer Gallerte erstarrt. Indem man
sie mehrmals reit Alkohol und Wasser auskocht und dann trocknet, erhält man 23 g
eines schneeweißen, in Benzol und Dichlormethan löslichen Celluloselaurats.
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Beispiel 3 1 o g Agar-Agar werden in Form eines staubfeinen Pulvers
mit 10 ccm 4oprozentiger wäßriger Natriumhydroxydlösung verrührt. Man läßt
i 5 Minuten quellen und verteilt die Masse dann unter starkem Schütteln in 5o ccm
Benzol. Auf Zusatz von 5o ccm eines Chloridgemisches der Kokosölfettsäuren verwandelt
sich die Suspension unter starker Wärmeentwicklung in eine dickliche Gallerte. Durch
Fällen mit Äthanol und Auskochen mit Wasser befreit man das Kohlehydratderivat von
den wasserlöslichen Salzen und Fettsäuren, die sich bei der Reaktion gebildet haben.
Man erhält einen Kokosölf.etsäureester des dem Agar-Agar zugrunde liegenden Kohlehydrats
als schneeweiße, in aromatischen
und chlorierten aliphatischen
Kohlenwasserstoffen klar lösliche Verbindung.
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Beispiel Man weicht i o g Cellulose 3 Stunden lang bei - 12' in 4oprozentiger
wäßriger Natriumhydroxydlösung und befreit die entstehende Alkalicellulose von der
überschüssigen Lauge durch Abpressen auf ein Gewicht von 30 g. Die aus i
o g Cellulose, 8 g Natriumhydroxy d und 12 g Wasser zusammengesetzte Alkalicellulose
wird zerfasert und in 8o ccm Chlorbenzol suspendiert. Dann setzt man ein Gemisch
von 6o ccm Naphthensäurechlori.d (Siedepunkt 95 bis 135° bei 12 mm Druck) und 2o
ccm reinem destilliertem Laurylchlorid zu, wobei sich das Reaktionsgemisch auf etwa
85° erwärmt und milchig und zähflüssig wird. Man unterstützt den Reaktionsverlauf
durch Erwärmen auf dem Dampfbade. Die Reaktion ist nach ungefähr i Stunde beendet.
Durch Fällen mit Alkohol und Auskochen mit Alkohol und Wasser isoliert man .ein
weißes Cellulosenaphthenatlaurat, welches in aromatischen und chlorierten aliphatischen
Kohlenwasserstoffen löslich ist.
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Beispiel 5 Man verrührt i o g Stärke mit einer Lösung von 12 g Natriumhydroxyd
in 18 g Wasser, bis eine homogene gelatinöse Masse entstanden ist. Diese
trägt man langsam in ein Gemisch von 47 g Phenylessigsäurechlorid und 6o ccm Benzol
ein. Das Reaktionsgemisch erwärmt sich zum Sieden des Benzols. lVian läßt 24 Stunden
stehen, versetzt die Masse mit der vierfachen Menge Methanol, trennt den Ester von
der Flüssigkeit und wäscht ihn viermal mit Methanol und danach gründlich mit heißem
Wasser aus. Der Stärkeester enthält 70 o;o gebundene Phenylessigsäure und löst sich
in Halogenkohlenwasserstoffen.