DE4427690A1 - Deuterium enthaltende pharmazeutische Zusammensetzung als Zytostatikum oder Tumor-Therapeutikum - Google Patents
Deuterium enthaltende pharmazeutische Zusammensetzung als Zytostatikum oder Tumor-TherapeutikumInfo
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Description
Die Erfindung betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung
enthaltend Deuterium und/oder deuterierte Substanzen und/oder
Substanzen, die Deuterium anreichern bzw. freisetzen, zur
Verwendung als Zytostatikum oder Tumortherapeutikum für die
Bekämpfung von Tumoren und/oder Metastasen.
Die bisher entwickelten Tumortherapeutika und Zytostatika
leiden alle an dem Nachteil, daß sie nicht ausreichend selek
tiv zwischen Tumorzelle und gesunder Zelle unterscheiden. Die
bisher entwickelten Tumortherapeutika und Zytostatika leiden
zudem alle an dem Nachteil, daß sie gegen Hirntumore, dort
insbesondere Glioblastome, sowie gegen Melanome nur ungenü
gend wirksam sind, und eine Tumorprogression nur ungenügend
verlangsamen. Dies zeigen insbesondere die mittleren Über
lebenszeiten bei Glioblastom- und Melanom-Patienten von unter
einem Jahr. Ebenso sind Tumortherapeutika gegen Bronchialkar
zinome und Karzinome des Magen-Darm-Traktes nur ungenügend
wirksam.
Bisherige Tumortherapeutika leiden zudem unter dem Nachteil,
bereits in geringsten Konzentrationen hohe Nebenwirkungen,
insbesondere Immunsuppression und Blutbildveränderungen und
Knochenmarksdepression sowie Induktion von neuen Tumoren zu
verursachen.
Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde,
eine pharmazeutische Zusammensetzung bereitzustellen, die
eine zytotoxische und/oder zellzyklusarretierende Wirkung auf
Tumorzellen ausübt und das Wachstum normaler Zellen weitge
hend unbeeinflußt läßt. Dadurch würden auch einige der bei
Tumortherapeutika bekannten Nebenwirkungen vermieden.
Gelöst wird diese Aufgabe durch eine pharmazeutische Zusam
mensetzung gemäß Patentanspruch 1, d. h. durch eine pharmazeu
tische Zusammensetzung enthaltend Deuterium und/oder deute
rierte Substanzen und/oder Substanzen, die Deuterium anrei
chern bzw. freisetzen. Bevorzugte Ausführungsformen ergeben
sich aus den Unteransprüchen.
Systematische Untersuchungen zum Einsatz von Deuterium-ent
haltenden Substanzen als Therapeutikum gegen Tumoren wurden
bisher nicht durchgeführt, unklar war bisher insbesondere, ob
Unterschiede in der Beeinflussung des Wachstums von Tumorzel
len und normalen Zellen bestehen.
Daher wurden von dem Anmelder Studien über das Verhalten von
Tumorzellen unter Deuteriumeinfluß durchgeführt.
Überraschenderweise wurde dabei eine direkte zytotoxische
Wirkung auf Tumorzellen festgestellt. Zudem wurde
überraschend festgestellt, daß die direkte zytotoxische Wir
kung von Deuterium stark selektiv auf Tumorzellen ist, d. h.
daß diese in sehr viel stärkerem Maße abgetötet werden als
vergleichbare Normalzellpopulationen. Überraschenderweise
wurde zudem festgestellt, daß die bekannten Effekte der Zell
zyklusarretierung und der Wachstumshemmung ebenfalls in hohem
Maße selektiv für Tumorzellen sind, d. h. daß Zellzyklusarre
tierung und Wachstumshemmung auf Tumorzellen sehr viel stär
ker ausgeprägt ist als auf Normalzellen und somit eine selek
tive Wirkung auf Tumorzellen vorliegt.
Die direkte zytotoxische Wirkung kann in vitro an Zellkultur
material nachgewiesen werden. Dabei werden Zellen in vitro
durch Zusatz einer Deuterium-enthaltenden Substanz bzw. Ver
bindung zum Kulturmedium abgetötet. Die nachfolgenden Vol.-%
Angaben sind wie folgt zu verstehen. D₂O, Molgewicht 20.03
g/mol, enthält 2 Atome Deuterium (4 g/mol) und ein Atom Sauer
stoff (16 g/mol). Wird daher die Konzentration einer "Deute
rium enthaltenden Substanz" festgelegt, beträgt ihr Gehalt an
reinem Deuterium ca. 1-25%. Allgemein bedeuten die Vol.-%-
Angaben, daß für andere Deuterium-enthaltende Substanzen die
angegebene Zahl die Prozentzahl durch D ersetzter H-Atome
darstellt, wenn die Substanz als Reinsubstanz verabreicht
wird.
100 Vol.-% Deuterium enthaltende Substanz bedeutet, daß dort
alle H-Atome durch D-Atome ersetzt sind.
Eine geeignete Konzentration zur Abtötung von über 95% Zel
len, z. B. des Tumors HTZ-19 (malignes Melanom), unter geeig
neten Kulturbedingungen als Monolayer ist über 50 Vol-% D₂O
bzw. 99,86 g Deuterium pro kg Wirksubstanz oder eine andere
Deuterium-enthaltende Substanz mit 50% durch D ersetzten H-
Atomen, vorzugsweise über 70 Vol-% (139,81 g Deuterium/kg),
ganz bevorzugt über 90 Vol-% (179,75 g Deuterium/kg). Höhere
oder geringere Konzentrationen sind jedoch ebenfalls zur
Abtötung von Tumorzellen in höherem bzw. geringerem Umfang
geeignet.
Die Wachstumsinhibierung und Zellzyklusarretierung äußert
sich in einer antiproliferativen Wirkung. Dabei wird das
mittlere Wachstum der Zellen bei Zusatz von Deuterium-enthal
tenden Substanzen zum Kulturmedium deutlich verlangsamt. Eine
geeignete Konzentration zur Wachstumshemmung, gemessen als
Hemmung des Einbaus von radioaktiv markiertem [³H]-Thymidin,
z. B. des Tumors HTZ-243 (Astrozytom, Grad III) um 60% ist
vorzugsweise zwischen 1 und 10 Vol.-% D₂O (zwischen 1,99 g
und 19,97 g Deuterium/kg) oder andere Deuterium-enthaltende
Substanz mit 1-10% durch D ersetzten H-Atomen im Kulturmedi
um. Es ist jedoch auch jede andere Konzentration bis ca. 50
Vol.-% (99,86 g Deuterium/kg) möglich. Ab dieser Konzentra
tion kommt es zusätzlich zur Wachstumsinhibierung auch zum
Zelltod.
Bei einer Konzentration von ca. 10 Vol.-% (19,97 g Deuteri
um/kg) D₂O oder Deuterium-enthaltender Substanz wurden bei
Normalgliazellen HTZ-140 im gleichen Zeitraum nur 5% Wachs
tumshemmung beobachtet.
Es hat sich gezeigt, daß Deuterium auf Tumorzellen eine hem
mende Wirkung durch Hemmung der DNA-Synthese [³H-Thymidin-
Einbau, Coligan, J.E., Kruisbeek, A.M., Margulies, D.H. She
vach, E.M., Strober, W., Current Protocols Immunology, NIH
Monographie, J. Wiley & Sons, New York, 1992], sowie durch
direkte Zelltötung [Trypanblau-Färbung, G.K. Smith, Duch,
D.S., Dev, I.K. Kaufmann, S.H., Metabolic Effects and Kill of
Human T-Cell Leukemia by 5-Deaza acyclotetrahydrofolate, a
Specific Inhibitor of Glycineamide Ribonucleotide Transformy
lase, Cancer Res. 52, 4895-4903, (1992)] hat. Das Wachstum
von normalen, nicht entarteten Zellen wird dagegen nur in
geringerem Umfang beeinflußt. Daher eignen sich Deuterium-
enthaltende Substanzen zur Herstellung eines Therapeutikums
zur Tumortherapie. Insbesondere ist ein solches Therapeutikum
zur Therapie von malignen Melanomen, Gliomen und Astrozyto
men, Bronchialkarzinomen (insbesondere kleinzellige Bronchi
alkarzinome), Neuroblastomen, sowie Karzinomen des Magen-
Darm-Traktes geeignet.
Für die therapeutische Anwendung werden Deuterium oder deute
riumhaltige bzw. deuteriumfreisetzende oder deuteriumanrei
chernde Substanzen üblicherweise mit Hilfs-, Füll- und/oder
Zusatzstoffen zusammen in einer pharmazeutischen Formulierung
verwendet, vorzugsweise in Form von Zäpfchen, Salben, Lösun
gen, Dispersionen und Emulsionen, Aerosolen, Schäumen, teil
chenförmigen Mitteln (z. B. Granulaten, Agglomeraten, Puder,
Mikroperlen und Adsorbaten), Pillen, Pastillen, Tabletten,
Dragees, Kapseln bzw. Mikrokapseln, Kaugummiarten, Gewebe-,
Blatt- oder Fadengrundlagen, mit Bandagen oder Verbänden, zum
Rauchen oder Inhalieren sowie in Carriern, wie z. B. Liposo
men.
Die Verabreichung erfolgt zur Therapie vorzugsweise lokal,
intracutan oder transcutan; zur systemischen Anwendung vor
zugsweise intravenös, intraarteriell, oral, rectal; zur An
wendung in Hohlräumen vorzugsweise intrathekal, intraperi
toneal oder intracavitär. Für therapeutische Anwendungen
werden Deuterium oder deuteriumhaltige bzw. deuteriumfreiset
zende oder deuteriumanreichernde Substanzen auch mit anderen
Wirkstoffen kombiniert, vorzugsweise anderen Zytostatika oder
Tumortherapeutika. Durch den neuentdeckten Effekt der Zell
abtötung sowie die Tumorspezifität der zellabtötenden und der
zellzyklusarretierenden Wirkung können additive bzw. über
additive Wirkungen in Kombination mit anderen Zytostatika und
Tumortherapeutika erreicht werden. Insbesondere ist von einer
Kombination mit erfindungsgemäßen deuteriumhaltigen Therapeu
tika eine Reduktion der Dosis des kombinierten Zytostati
kums/Tumortherapeutikums zu erwarten und demzufolge auch eine
Minderung der oft Therapie-einschränkenden Nebenwirkungen.
Insbesondere ist eine Kombination mit Zytostatika/Tumorthera
peutika erfolgversprechend, die auf gleichen oder ähnlichen
Wirkprinzipien wie Deuterium beruhen, nämlich Zellabtötung
(auch Apoptose) und Zellzyklusarrest.
Beispiele für mögliche Kombinationspartner sind daher:
Zelltodauslösende Substanzen: wie z. B. Adriamycin, Cisplatin, Cyclosporin A
Inhibierende Wachstumsfaktoren, die Zelltod auslösen können: wie z. B. TGV-β (Tumor growth factor β), TNF (Tumor necrosis factor)
Alkylantien: wie z. B. Cyclophosphamid, Busulfan, ACNU und andere Nitroseharnstoffderivate
Purin und Pyrimidin-Antagonisten wie z. B. Azathioprin, 6- Mercaptopurin, Cytarabin
Therapieeinschränkend ist bei vielen Zytostatika/Tumorthera peutika die hämatotoxische/immunsuppresive (Neben-)Wirkung (Verminderung der Blutzellzahlen/insbesondere Lymphozyten, sowie Knochenmarksdepression). Eine solche Wirkung ist von Deuterium bzw. Deuteriumhaltigen oder anreichernden Substan zen, wie für Normalhirnzellen und insbesondere Lymphozyten (Beispiel 6) gezeigt, nicht zu erwarten. Eine gleiche Wirkung kann daher durch Kombination solcher Tumortherapeutika mit Deuterium bzw. deuteriumhaltigen und freisetzenden Substanzen bei geringerer Dosis erzielt werden. Bei gleicher Dosis kann durch die Kombination mit Deuterium ein größerer Antitumor- Effekt als bisher möglich erreicht werden.
Zelltodauslösende Substanzen: wie z. B. Adriamycin, Cisplatin, Cyclosporin A
Inhibierende Wachstumsfaktoren, die Zelltod auslösen können: wie z. B. TGV-β (Tumor growth factor β), TNF (Tumor necrosis factor)
Alkylantien: wie z. B. Cyclophosphamid, Busulfan, ACNU und andere Nitroseharnstoffderivate
Purin und Pyrimidin-Antagonisten wie z. B. Azathioprin, 6- Mercaptopurin, Cytarabin
Therapieeinschränkend ist bei vielen Zytostatika/Tumorthera peutika die hämatotoxische/immunsuppresive (Neben-)Wirkung (Verminderung der Blutzellzahlen/insbesondere Lymphozyten, sowie Knochenmarksdepression). Eine solche Wirkung ist von Deuterium bzw. Deuteriumhaltigen oder anreichernden Substan zen, wie für Normalhirnzellen und insbesondere Lymphozyten (Beispiel 6) gezeigt, nicht zu erwarten. Eine gleiche Wirkung kann daher durch Kombination solcher Tumortherapeutika mit Deuterium bzw. deuteriumhaltigen und freisetzenden Substanzen bei geringerer Dosis erzielt werden. Bei gleicher Dosis kann durch die Kombination mit Deuterium ein größerer Antitumor- Effekt als bisher möglich erreicht werden.
Deuterierte Tumortherapeutika sind daher insbesondere geeig
net zur Kombination mit
Antimetaboliten: wie z. B. Methotrexat, Thioguanin
Alkaloide: wie z. B. Vinblastin, Vincristin
Antibiotika mit Tumor-therapeutischer Potenz: wie z. B. Dauno rubicin, Bleomycin, Epirubicin
verschiedenen anderen Knochenmarks-depressiv wirkenden Tumor therapeutika, wie z. B. Hydroxyharnstoff, Procarbazin sowie Alkylantien, und Purin/Pyrimidinderivate.
Antimetaboliten: wie z. B. Methotrexat, Thioguanin
Alkaloide: wie z. B. Vinblastin, Vincristin
Antibiotika mit Tumor-therapeutischer Potenz: wie z. B. Dauno rubicin, Bleomycin, Epirubicin
verschiedenen anderen Knochenmarks-depressiv wirkenden Tumor therapeutika, wie z. B. Hydroxyharnstoff, Procarbazin sowie Alkylantien, und Purin/Pyrimidinderivate.
Die Zellproliferation wurde mittels ³H-Thymidin-Einbau, wie
z. B. in "Bogdahn, U., R. Apfel, M. Hahn, M. Gorlach, C. Bohl,
J. Hoppe und R. Martin: Autocrine tumor cell growth inhibi
ting activities from Human Malignant Melanoma, cancer Res.
49, 5358-5363 (1989)" dargestellt, gemessen. Wachstums- und
Überlebenskurven liegen Zellzählung mit Trypanblau-Farbstoff
zugrunde.
Vorzugsweise werden die Tumore Glioblastoma multiforme,
Astrozytom (WHO-Grad III), malignes Melanom, kleinzelliges
Bronchialkarzinom und Colonkarzinom durch die erfindungsgemä
ße Zusammensetzung therapiert.
Als Kontrolle für Normalzellen können Zellen aus Normalhirn
(nach Schädel-Hirn-Trauma), Normalhirn oder IL-2 stimulierte
(frisch isolierte) Lymphozyten, PHA stimulierte (frisch iso
lierte) Lymphozyten verwendet werden.
Die Wirkung von Deuterium auf Zellen wird vorzugsweise mit
D₂O erreicht. Die erfindungsgemäße Wirkung von Deuterium kann
aber auch durch andere, Deuterium enthaltende oder Deuterium
in geeigneter Weise freisetzende oder anreichernde Substanzen
erzielt werden. Darunter sind alle denkbaren anorganischen
oder organischen Verbindungen, die Deuterium enthalten, zu
verstehen, z. B. insbesondere deuterierte Aminosäuren (wie
z. B. deuteriertes Glutamin, deuteriertes Alanin und deute
riertes Glutamat), deuterierte Zucker (wie z. B. deuterierte
Glucose, deuterierte Fructose), deuterierte Fette, deuterier
te DNA- oder RNA-Bausteine (z. B. deuteriertes Adenin, Guanin,
Cytosin, Thymidin, Uracil) sowie deuterierte Stoffwechsel
produkte (z. B. deuteriertes Pyruvat, deuteriertes Lactat)
sowie deuterierte Stoffwechselprodukte des Intermediärstoff
wechsels.
Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele in Verbin
dung mit den anhängenden Abbildungen erläutert. Die Abbildun
gen zeigen:
Abb. 1, 2, 9, 13, 14, 19, 23 ³H-Thymidin-Einbau in
Relation zur Deuterium-
Konzentration,
Abb. 3, 4, 10, 15, 16, 20, 24 Wachstumskurven von Tu
morzellen und Kontrollen,
Abb. 5, 6, 11, 17, 21, 25 Überlebensrate von Tumor
zellen in Relation zur
Aufenthaltsdauer in Deu
terium-enthaltenden Me
dien,
Abb. 7, 8, 12, 18, 22, 26 Überlebensfraktion von
Tumorzellen in Relation
zur Aufenthaltsdauer in
Deuterium-enthaltenden
Medien.
Zur Bestimmung der antiproliferativen Wirkung von Deuterium
auf Tumorzellen werden exponentiell wachsende HTZ-209B, HTZ
243, HTZ 19, HTB 69, HTZ 25, CaCo-2 oder HT 29 Zellen für
jeweils mindestens 24 Stunden in Mikrokulturplatten mit 96
Vertiefungen (wells) (Costar, Zürich) in 200 µl Kulturmedium
mit einer Dichte von 3000 Zellen pro well ausgesät [nach
Chambard et al. J. Cell. Physiol. 135 (1988), 101-107]. Das
Kulturmedium besteht aus Dulbeccos MEM mit 10% FCS-Zusatz, 1%
Vitaminen, 1% nichtessentielle Aminosäuren sowie 0,3% L-Glu
tamin.
Danach wird ein Mediumwechsel durchgeführt und deuteriertes
Medium zugesetzt. Deuterierte Medien werden unter Verwendung
von MEM-Pulvermedium und hitzesterilisiertem D₂O sowie Ultra
Pure Water zur Verdünnung mit identischen Zusätzen, wie kon
ventionelles Kulturmedium, hergestellt.
Die Zellen werden in deuteriertem Medium in der gewünschten
Konzentration für einen definierten Zeitraum bei 37°C, 5%
CO₂, inkubiert. Nach Zugabe von 1 µCi ³H-Thymidin (spez. Akti
vität 23 Ci/mol, Amersham Buchler, Braunschweig) pro well
werden die Zellen 16 Stunden weiter inkubiert und anschlie
ßend wird der ³H-Thymidin-Einbau in die zelluläre DNA nach
Säurefällung in üblicher Weise mittels Flüssigszintillations
zähler gemessen. Die Wirkung von Deuterium wird als Prozent
satz des ³H-Thymidin-Einbaus der behandelten Zellen gegenüber
dem ³H-Thymidin-Einbau in unbehandelten Kontrollzellen ausge
drückt.
Unter Verwendung verschiedener Konzentrationen von D20 kann
eine Konzentration ermittelt werden, bei welcher der ³H-Thy
midin-Einbau um 50% gegenüber der unbehandelten Kontrolle ge
hemmt wird. (IC 50 Wert).
Zur Bestimmung der zytotoxischen Wirkung von Deuterium auf
Tumorzellen werden analog Beispiel 1 exponentiell wachsende
HTZ-19, HTZ 209, HTZ 243, HTB 69, HTZ 25, CaCo-2 oder HT 29
Zellen für mindestens 24 Stunden in Mikrokulturplatten mit 96
Vertiefungen (wells) oder in Mikrokulturplatten mit 24 Ver
tiefungen mit einer Dichte von 10 000 Zellen pro well ausge
sät. Das Kulturmedium besteht analog Beispiel 1 aus Dulbeccos
MEM mit 10% FCS Zusatz, 1% Vitaminen, 1% nichtessentiellen
Aminosäuren sowie 0,3% L-Glutamin. Danach wird ein Medium
wechsel durchgeführt und deuteriertes Medium in gewünschter
Konzentration zugesetzt. Die Zellen werden in deuteriertem
Medium in der gewünschten Konzentration für einen definierten
Zeitraum bei 37°C, 5% CO₂, inkubiert. Danach werden die Zel
len mit Trypsin abgelöst und in einem definierten Volumen mit
Trypanblau (Trypan Blue Stain 0,4%, Sigma Chemicals St.
Louis) versetzt. Die Zellzahl vitaler sowie geschädigter
Zellen wird in der Fuchs-Rosenthal-Kammer gezählt und als
Wachtumskurve bzw. Überlebenskurve aufgetragen. Als ein Maß
für die Wirkung auf verschiedene Tumorzellkulturen kann die
"surviving fraction", also der Anteil überlebender Zellen der
behandelten Gruppe gegenüber unbehandelten Kontrollen, nach
3 bzw. 6 Tagen Inkubation mit 90 Vol-% D₂O-Medium angegeben
werden.
Getestet wurden zwei verschiedene Tumoren, HTZ-19 und HTB-69.
Die Tumoren wurden in MEM mit 10 Vol.-% FCS Zusatz expan
diert. ³H Thymidin Assays wurden in 96-well-Platten, Wachs
tumskurven z. T. auch in 24-well-Platten durchgeführt.
Mittels ³H-Thymidin-Einbau (Abb. 1, 2) als Modell für die
Proliferationsaktivität konnte bei beiden Tumoren eine Inhi
bition von über 90% bei 6tägiger Exposition mit 90 Vol.-%
Deuterium (D₂O) im Medium nachgewiesen werden (HTZ-19: 91
HTB-69 : 96%).
Die Wachstumskurven (Abb. 3, 4) zeigten bei HTZ-19 bereits bei
50 Vol.-% D₂O (99,86 g Deuterium/kg) eine deutliche Verlang
samung des Wachstums, bei 90 Vol.-% D₂O (179,75 g D₂O/kg) kam
es zur Stagnation des Wachstums über den vollen Beobach
tungszeitraum von 13 Tagen. Bei HTB-69 konnte sogar ein deut
licher absoluter Rückgang der Zellzahl verzeichnet werden,
während die unbehandelten Kontrollen exponentielle Vermehrung
zeigten.
Die Überlebensrate (Abb. 5,6), ("surviving rate") als Maß für
den durch Deuterium ausgelösten Zelltod, zeigt einen deutli
chen Anteil von toten Zellen: Nach 6 Tagen in 90 Vol.-% Deu
teriummedium zeigten sich bei HTZ-19 68% tote Zellen (sr=32),
bei HTB-69 58% tote (sr= 42%), nach 12 Tagen wurden 78% bzw.
73% tote Zellen registriert.
Der resultierende Gesamteffekt durch Deuterium-induzierte
Proliferationshemmung und Deuterium induzierten Zelltod wurde
als Überlebensfraktion (Abb. 7, 8) ("surviving fraction")
gemessen; nach 6 Tagen in 90 Vol.-% Deuteriummedium ergab
sich bei HTZ-19 eine Überlebensfraktion von 0,04, bei HTB
0,07, nach 12 Tagen bei beiden Tumoren kleiner als 0,01. Dies
bedeutet einen Rückgang vitaler Tumorzellen unter Deuterium
behandlung von mehr als zwei Zehnerpotenzen (2 log-cell
kill). Bereits nach 1 Tag lag bei HTB-69 die Überlebensfrak
tion unter 0,5.
Zusammenfassend läßt sich bei Melanomen ein ganz klares Po
tential für Deuterium-Einsatz erkennen: eine bei 90 Vol.-%
Deuterium hohe Inhibition als Ausdruck für "growth arrest"
und ein hoher Anteil "cell kill" führen zu einem fulminanten
Rückgang an vitalen Tumorzellen.
Getestet wurden Zellen des kleinzelligen Bronchialkarzinoms
HTZ-25. Die Tumoren wurden in MEM mit 10 Vol.-% FCS expan
diert. ³H Thymidin Assays sowie Wachstumskurven wurden in 96-
well-Platten durchgeführt.
Der ³H-Thymidin-Einbau (Abb. 9) zeigt eine nahezu lineare
Dosis-Wirkungsbeziehung die weitgehend zeitunabhängig ist. In
der Zeitskala 1 bis 6 Tage ist also bereits ein Sättigungs
verhalten eingetreten, die Ausprägung der Effekte erfolgt
offensichtlich sehr rasch im Bereich von Stunden. Bei HTZ-25
konnte mit 94% Inhibition ein sehr hoher Effekt nach 6tägi
ger Exposition von 90 Vol.-% D₂O (179,75 g Deuterium/kg) im
Medium erzielt werden.
Die Wachstumskurven (Abb. 10) zeigen einen deutlichen Rück
gang der behandelten Zellen bei gutem Wachstum der unbehan
delten Tumorzellen.
Die Überlebensrate (Abb. 11) bleibt jedoch über 80%, so daß
nicht von einem signifikanten "cell kill" ausgegangen werden
kann.
Die Überlebensfraktion (Abb. 12) erreicht bereits nach 6
Tagen 0,17, nach 13 Tagen sogar 0,09, so daß der gesamte
Effekt auf die Tumorzellen zumindest bei 90 Vol.-% D₂O-Kon
zentration eine volle Zehnerpotenz Reduktion vitaler Tumor
zellen bedeutet.
Zusammenfassend läßt sich beim kleinzelligen Bronchialkarzi
nom feststellen, daß ein insgesamt guter Effekt hier alleine
durch die Proliferationshemmung entsteht, ein nennenswerter
"cell kill" wie z. B. bei Melanomen dagegen nicht beobachtet
werden konnte.
Getestet wurden die Colonkarzinome der ATCC Zellinien CaCo-2
und HT-29. Die Tumoren wurden in MEM mit 10 Vol.-% FCS expan
diert. ³H Thymidin Assays sowie Wachstumskurven wurden in 96-
well-Platten durchgeführt.
Der ³H-Thymidin-Einbau (Abb. 13, 14) zeigt eine nahezu linea
re Dosis-Wirkungs-Beziehung die tendenziell ebenfalls weit
gehend zeitunabhängig ist. Die Ausprägung der Effekte erfolgt
offensichtlich ebenfalls im Bereich von Stunden, die volle
Ausprägung wird insbesondere bei CaCo-2 Zellen jedoch erst
nach 3tägiger Inkubation erreicht. Bei HT-29 konnte mit 98
% Inhibition ein ausgesprochen hoher Effekt nach 6tägiger
Exposition von 90 Vol.-% D₂O (179,75 g Deuterium/kg) im Medi
um erzielt werden, CaCo-2 erreichte mit 94% Inhibition nach
6 Tagen Inkubation ähnliche Werte.
Die Wachstumskurven (Abb. 15, 16) zeigen einen fulminanten
absoluten Rückgang der Zellen bei beiden Colonkarzinomen an,
während sich die unbehandelten Kontrollen in exponentiellem
Wachstum befinden.
Die Überlebensrate (Abb. 17) zeigt einen deutlichen Abfall,
insbesondere bei CaCo-2 wurde mit 39% Überlebensrate nach
9 Behandlungstagen ein signifikanter "cell kill" erreicht.
Die Überlebensfraktion (Abb. 18) zeigt bereits nach 3 Tagen
bei beiden Colonkarzinomen Werte unter 0,10 (CaCo-2 : 0,08,
HT-29 : 0,04), nach 9 Tagen lag sie bei beiden Tumoren sogar
unter 0,01 also zwei Zehnerpotenzen Reduktion vitaler Tumor
zellen bei 90 Vol.-% D₂O-Konzentration.
Zusammenfassend läßt sich bei Colonkarzinomen feststellen,
daß sich beide Effekte, Proliferationshemmung und "cell
kill", sich in idealer Weise synergistisch ergänzen und so
eine maximale Wirkung bei Colonkarzinomen entsteht.
Getestet wurden frisch isolierte Blutlymphozyten, nach Fi
coll-Gradient in RPMI-Medium mit 10 Vol.-% humanem AB-Serum-
Zusatz expandiert. Die Lymphozyten wurden mit Interleukin 2
(IL-2) bzw. Phythämagglutinin (PHA) stimuliert.
Bei den ³H Thymidin-Assays (Abb. 19) als Modell für die Pro
liferationsrate zeigte sich für einen Zeitraum von 2-6 Tagen,
daß es bei allen PHA-stimulierten Lymphozyten bei Behandlung
mit 90 Vol.-% Deuteriummedium (179,75 g Deuterium/kg) zum
Auftreten von Inhibitionseffekten kam. Jedoch auch nach 6
Tagen Einwirkdauer lag die Inhibition noch unter 60%.
IL-2 stimulierte Lymphozyten zeigten zeitabhängiges Verhal
ten; bei 3 und 6 Tagen zeigte sich Inhibition, maximal wurde
65% Inhibition bei 90 Vol.-% Deuterium ermittelt.
Die Wachstumskurven (Abb. 20) zeigen zwar sowohl bei 50 Vol.
% (99,86 g Deuterium/kg) als auch bei 90 Vol.-% deuteriertem
Medium einen Abfall gegenüber den Kontrollen, dieser ist
jedoch deutlich weniger ausgeprägt als bei den getesteten
Tumoren.
Die Überlebensrate (Abb. 21) als Maß für den durch Deuterium
ausgelösten Zelltod wird nur bei den IL-2 stimulierten Zellen
in 90 Vol.-% Deuterium signifikant erniedrigt; es wurden
Werte bis 60% "Überlebensrate" entsprechend 40% abgetötete
Zellen bei 6d IL-2 Stimulation gemessen.
Die Überlebensfraktion (Abb. 22) entsprechend dem Gesamtef
fekt durch Proliferationshemmung und Zelltod wurde ebenfalls
nur bei IL-2 stimulierten Lymphozyten erniedrigt (bis zu 0,36
bei 6d in 90 Vol.-% Deuteriummedium unter IL-2-Stimulation)
die PHA stimulierten Zellen bleiben weitgehend unbeeinflußt
(0,8 bei 6d PHA-Stimulation in 90 Vol.-% Deuterium).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß das System
stimulierter Lymphozyten bezüglich der durch Deuterium ver
ursachten Proliferationshemmung und Zytotoxizität deutlich
hinter den Effekten auf Tumorzellen zurückbleibt. Diese Ver
suche zeigen, daß die Deuterium vermittelten Effekte nicht
proliferationsabhängig sind, oder zumindest nicht alle diffe
rentiellen Effekte nur durch die stärkere Proliferation bei
Tumorzellen verursacht werden: Die IL-2-stimulierten Zellen
mit der niedrigeren Teilungsrate werden stärker gehemmt und
zeigen höhere "cell-kill-Empfindlichkeit" als die sich
schnell teilenden PHA-stimulierten Lymphozyten, die durch
niedrige Dosen von Deuterium sogar im Wachstum stimuliert
werden und kaum "cell kill", aufweisen.
Getestet wurden Zellen des Glioblastoms (Glioblastoma multi
forme) HTZ-209 und des Astrozytoms HTZ-243 (Astrozytoma WHO
Grad III). Die Tumoren wurden in MEM mit 10 Vol.-% FCS expan
diert. ³H Thymidin Assays wurden in 96-well-Platten durch
geführt, Wachstumskurven wurden in 24- und 96-well-Platten
durchgeführt.
Der ³H-Thymidin-Einbau (Abb. 23) zeigt eine deutliche Schul
terbildung im Dosisbereich zwischen 1 und 50 Vol.-% D₂O die
weitgehend zeitunabhängig ist. Hier zeigt sich eine ganz
deutliche Tumorselektivität insbesondere in der Anwendung von
D₂O über 6 Tage, wobei bei HTZ-243 bereits mit 10% D₂O über
60% Inhibition erreicht wurde.
Die Wachstumskurven (Abb. 24) zeigen einen absoluten Rückgang
der Zellen bei beiden Gliomen, besonders HTZ-209 an, während
sich die unbehandelten Kontrollen in exponentiellem Wachstum
befinden.
Die Überlebensrate (Abb. 25) zeigt einen deutlichen Abfall
bei beiden Tumoren, insbesondere bei HTZ-209 wurde mit 33%
survival rate nach 6 Behandungstagen ein hohes Ausmaß an
Abtötung von Tumorzellen erreicht.
Die Überlebensfraktion (Abb. 26) zeigt bei beiden Hirntumoren
einen nahezu linearen Abfall, und erreicht nach 6 Tagen für
HTZ-209 Werte unter 0,10, also eine volle Zehnerpotenz Rück
gang an vitalen Tumorzellen.
Zusammenfassend läßt sich bei den untersuchten Hirntumoren
feststellen, daß sich beide Effekte, Proliferationshemmung
und Zellabtötung, in idealer Weise synergistisch ergänzen und
zu einem therapeutischen Erfolg führen.
Es konnte ganz klar durch die Beispiele 1-7 gezeigt werden,
daß für die Wirkung von Deuterium auf Zellen zwei völlig
verschiedene Mechanismen vorliegen: Der in der Literatur
weitgehend beschriebene Effekt der Teilungsarretierung
("growth arrest") und der von uns erstmals entdeckte Effekt
der direkten Zelltötung ("cell kill").
Die Spezifität der Effekte auf bestimmte Zellgruppen wurde in
der Literatur bisher nicht systematisch untersucht. Auch hier
konnten erstmals Hinweise auf ein tumorspezifisches Verhalten
ermittelt werden.
Interessant ist die unterschiedliche Ausprägung der Effekte
auf verschiedene Tumoren: so zeigte das kleinzellige Bron
chialkarzinom z. B. stark ausgeprägte selektive Wachstumsarre
tierung, jedoch nur sehr geringen "cell kill".
Hinweise, daß die Ausprägung der Effekte nicht nur prolifera
tionsratenabhängig sind, geben die Lymphozyten, bei denen
sowohl "growth arrest" als auch "cell kill" bei den schneller
proliferierenden PHA-stimulierten Zellen deutlich geringer
ausgeprägt sind.
Es kann daher angenommen werden, daß Tumorzellen zum einen
durch die hohe Teilungsintensität, vor allem aber aufgrund
verminderter Reparaturmöglichkeiten und vorgeschädigtem Spin
delapparat deutlich empfindlicher auf eine Therapie mit Deu
terium reagieren als normale Zellen.
Claims (7)
1. Pharmazeutische Zusammensetzung, enthaltend Deuterium
und/oder deuterierte Substanzen und/oder Substanzen, die
Deuterium anreichern bzw. freisetzen zur Verwendung als
Zytostatikum oder Tumortherapeutikum für die Bekämpfung
von Tumoren und/oder Metastasen.
2. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, daß sie zur Abtötung von entarteten Zel
len in Konzentrationen über 50 Vol.-% (99,86 g Deuteri
um/kg) D₂O oder eine andere Deuterium-enthaltende Sub
stanz mit 50% durch D ersetzten H-Atomen angewendet
wird.
3. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, daß sie zur Wachstumsinhibierung und
Zellzyklusarretierung von entarteten Zellen in Konzen
trationen von mind. 1 Vol.-% (1,99 g Deuterium/kg) D₂O
oder eine andere Deuterium-enthaltende Substanz mit
mind. 1% durch D ersetzten H-Atomen angewendet wird.
4. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der Ansprüche
1-3, dadurch gekennzeichnet, daß sie in Form von Zäpf
chen, Salben, Lösungen, Dispersionen oder Emulsionen,
Aerosolen, Schäumen, teilchenförmigen Mitteln, Pillen,
Pastillen, Tabletten, Dragees, Kapseln bzw. Mikrokapseln,
Kaugummiarten, Gewebe-, Blatt-, oder Fadengrundlagen in
Bandagen oder Verbänden, zum Rauchen oder Inhalieren
sowie in Carriern angewendet wird.
5. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der Ansprüche
1-4, dadurch gekennzeichnet, daß sie zur Therapie lokal,
intracutan, transcutan; zur systemischen Anwendung in
travenös, intraarteriell, oral, rectal; zur Anwendung in
Hohlräumen, intrathekal, intraperitoneal, intracavitär
verabreicht wird.
6. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der Ansprüche
1-5, dadurch gekennzeichnet, daß sie zur Therapie von
malignen Melanomen, Gliomen, Astrozytomen, Bronchialkar
zinomen, Neuroblastomen sowie Magen-Darm-Karzinomen
verwendet wird.
7. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der Ansprüche
1-6, dadurch gekennzeichnet, daß sie zusätzlich andere
Zytostatika oder Tumortherapeutika enthält.
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