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Verfahren zur Behandlung von cyanhaltigen Abwässern. Die vorliegende
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Behandlung von Abwässern der Gasanstalten,
Koksöfen, Hochöfen oder anderen analogen Abwässern, welche Cyanverbindungen enthalten
können, wie die Wässer gewisser Zuckerraffinerien.
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Die Erfindung fußt auf dem bekannten Ver-_ fahren der Fällung von
Cyanwasserstoffsäure durch ein Alkali und Eisenoxydulsulfat in saurem Mittel sowie
auf der Entfernung von Phenolen und Kohlenwasserstoffen durch einen Strom von Luft
oder einem anderen Gase.
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Die Reinigung von cyanid'haltigen Wässern bietet große Schwierigkeiten,
hauptsächlich wegen des großen Volumens der zu behandelnden Wässer und des kolloidalen
Zustandes des durch das erwähnte Verfahren erhaltenen Niederschlages von Eisenferrocyanid.
Die Filtration des so behandelten Wassers vollzieht sich sehr langsam und erfordert
infolgedessen geräumige und kostspielige Anlagen. Wenn die cyanidhaltigen Wässer
noch Kohlenwasserstoffe, Phenole oder andere flüchtige Stoffe enthalten, so kann
man dieselben dadurch entfernen, daß. man durch die Flüssigkeit Luft oder ein anderes
Gas von einer geeigneten Temperatur bläst. Wegen des beträchtlichen Volumens der
behandelten Wässer gehen die durch die Luft oder das zu carburierende Gas zugeführten
Kalorien- verloren, falls man nicht einen übertriebenen Aufwand von Luft oder warmen
Gasen vornimmt, wodurch ein anderer Übelstand herbeigeführt würde, nämlich, daß
man nur eine sehr geringe Carburation der Luft oder des Gases erhält.
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Der Zweck der vorliegenden Erfindung besteht darin, die cyänidhaltige-n
Wässer, die noch Phenole und Kohlenwasserstoffe enthalten können, so zu reinigen,
daß man sie ohne Gefahr in Flüsse leiten kann und die Cyanverbindungen verhältnismäßig
rein und konzentriert gewinnt, während man die Phenole und Kahlenwasserstoffe als
Brennstoff
von hohem Werte gewinnt, wobei eine einfache Anordnung,
die eine kontinuierliche Ausführung gestattet, benutzt wird.
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Es ist bekannt (vgl. Patentschrift tgro78), Cyan- oder Rhodanverbindungen
in saurer Lösung unter Zusatz von oxydierenden Stoffen mit Luft zu behandeln. Während
bei dem bekannten Verfahren in saurer Lösung und unter gleichzeitiger Verwendung
von Oxydationsmitteln zum Zwecke der Freimachung von Cyanwasserstoff gearbeitet
wird, arbeitet das vorliegende Verfahren absichtlich in alkalischer Reaktion und
gewinnt unmittelbar Berliner Blau, indem bei der Behandlung gleichzeitig Eisenoxydulsulfat
verwendet wird, das nach dem bekannten Verfahren nicht zur Anwendung gelangen kann.
Es wird bei dem vorliegenden Verfahren unmittelbar Berliner Blau gewonnen, während
dieser Stoff bei dem bekannten Verfahren nur in einer sekundären Reaktion erhalten
werden kann. Wenn auch bei dem vorliegenden Verfahren nach Zugabe von Basen und
Eisenoxydulsulfat mit Kohlensäure behandelt wird, so ist dieser nachher ,eintretende
Schritt nicht mit der Verwendung einer Mineralsäure nach dem bekannten Verfahren
zu vergleichen; außerdem benutzt das vorliegende Verfahren eine Behandlung mit einer
Erdalkaliverbindung nach Abtrennung von Berliner Blau, welcher Schritt bei dem bekannten
Verfahren fehlt. Es wird nach dem vorliegenden. Verfahren unmittelbar ein handelsfähig
verwendbares Produkt erhalten, was bei dem bekannten Verfahren nicht möglich ist.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung ist im wesentlichen dadurch
gekennzeichnet, daß in einer ersten Phase die cyanidhaltigen, mit einem Alkali-
oder Erdalkalihydroxyd und Eisenoxydulsulfat versetzten Wässer durch Kohlensäuregas
sauer gemacht werden. Es tritt eine Fällung von Eisenferrocyanid ein, welche nach
dem Absetzen in Form eines blauen Schlammes zu den Filterapparaten gelangt. In einer
zweiten Phase werden dio kohlensäurehaltigen Wässer, die von dem. blauen Schlamm
getrennt sind, mit einer Erdalkaliverbindung, vorteilhaft Bariumhydroxyd, oder einem
anderen koagulierenden Stoffe, der durch Kohlensäure gefällt wird, behandelt, um
die letzten Spuren von Eisenferrocyanid, die in dem kohlensäurehaltigen Wasser zurückgehalten
sein können, zu entfernen.
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Die so behandelten Wässer werden dekantiert, um sie von dem in der
zweiten Phase gebildeten Niederschlage zu trennen.
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Wenn die cyanidhaltigen Wässer Phenole und Kohlenwasserstoffe enthalten,
so werden diese durch den Unterschied in der Dichte vor oder nach der Zugabe des
Reagenzes oder der Reagenzien in der ersten Phase getrennt und in eine geschlossene
Reaktionskammer geleitet, in welche man einen Strom von Luft oder einem anderen
zu carburierenden Gase einleitet, während die cyanidhaltigen Wässer von der Dekantation
der Phenole und Kohlenwasserstoffe zu den zü behandelnden cyanidhaltigen Wässern
zurückgeleitet werden.
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Die beiden Phasen des Verfahrens können nacheinander in dem gleichen
Apparat ausgeführt werden. Man kann auch eine Phase des Verfahrens in einem Apparat
und die andere Phase in einem zweiten Apparat ausführen. Man kann auch mehrere Apparate
für die einzelnen Phasen anwenden und eine genügende Anzahl vorsehen, um eine kontinuierliche
Ausführung des Verfahrens zu ermöglichen.
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Die Einzelheiten der Erfindung und die Ausführungsform werden nachstehend
unter Bezugnahme auf die beiliegende Zeichnung beschrieben, die schematisch eine
Einrichtung zur kontinuierlichen Reinigung cyanidhaltiger Abwässer, die gleichzeitig
Phenole und Kohlenwasserstoffe enthalten, veranschaulicht.
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Als Reagenz in der ersten Phase verwendet man Kalkwasser, Eisenoxydulsulfat
und Kohlensäure, als Reagenz in der zweiten Phase Bariumhydroxyd. Die Reaktionen,
welche die Grundlagen des vorliegenden Verfahrens bilden, sind bei der Behandlung
von Wasser, welches beispielsweise freie Cyanwasserstoffsäure enthält, die folgenden:
Erste Phase: a) Zugabe von Kalkwasser und Eisenoxydulsulfat 6 HCy -j- 3 Ca (0H)2
- 3 CaCy2 -E- 6 HZ 0 3 CaCy2 + Fe S04 - Cal Fe Cye + Ca S09, b) Einleiten von Kohlensäureanhydrid-
und Luft oder eines anderen Kohlensäureanhydrid enthaltenden Gases und freien Sauerstoffs
2 FeS04 -i- 2 Ca (OH), - 2 Fe(OH)2 + z CaSO9 2 Fe(OH)2'-h 0 -f- H20 - Fe2(OH)e.
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Caleiumhydroxyd verwandelt das Eisenoxydulsulfat in Eisenhydroxydul.
Dieses wird oxydiert und gibt Eisenhydroxyd.
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Das Eisenhydroxyd wirkt auf das Calciumferrocyanid und verwandelt
dasselbe in Berliner Blau.
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3 Ca. Fe Cye + z Fee (0H)8 Fe4 (Fe Cye)s -E- 6 Ca (0H)2. Das Kohlensäureanhydrid
führt das Calciumhydroxyd in Bicarbonat über .entsprechend der Gleichung Ca (0H)2
-k- 2 C02 - Ca (HCO,)2 Das Berliner Blau fällt aus dem kohlensäurehaltigen Wasser,
zweite
Phase: Nachdem das Berliner Blau aus den behandelten Wässern abgeschieden ist, neutralisiert
die Zugabe von Bariumhydroxyd zu den sauren kohlensäureenthaltenden Wässern diese
und bewirkt die Bildung eines Niederschlages von Bariumcarbonat und- Calciumcarbonat
Ca (HC03)2 + Ba (0H)2 J Ba CO, + Ca C03 -}- 2 H20. Der Niederschlag reißt die letzten
Spuren von Berliner Blau mit -sich.
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Bei der Ausführung des Verfahrens in der veranschaulichten Einrichtung
werden die zu reinigenden cyanidhaltigen Wässer in einen Behälter i gesammelt und
durch eine Pumpe 2 und die Leitung 3 in die Reaktionskammer A1 gehoben.
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Durch einen Zweig 31 der Leitung 3 werden die zu reinigenden Wässer
in gleicher Weise in eine analoge Reaktionskammer A2 gehoben, deren Zweck weiter
unten ,erörtert wird. Die Reagenzien, das Kalkwasser und die Lösung von Eisenoxydulsulfat
werden in Behältern q. und 5 zubereitet und in die Kammer Al durch die bezüglichen
Leitungen 6 und 7 geführt, die mit drei Weghähnen 81 und 822 versehen sind, die
untereinander durch die wagerechte Leitung 9 derartig verbunden sind, daß die Reagenzien
gleichzeitig oder gesondert nacheinander in die Kammer A1 und ebenso in die Kammer
A'= geführt werden können.
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Nach Zugabe der Reagenzien - nach Zugabe des Eisenoxydulsulfates oder
nach Zugabe von Eisenoxydulsulfat und Kalkwasser -läßt man absetzen. Die Phenole
und die Kohlenwasserstoffe sammeln sich an der Oberfläche. -Die oben schwimmende
Flüssigkeit wird in eine geschlossene Kammer io durch eine Leitung i r geführt,
die' über dem Niveau der Flüssigkeit der Kammer A1 angeordnet ist und mit einem
Ventil i-- versehen ist.
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Wenn die Dekantation beendet ist,--- so schließt man das Ventil -
12 und leitet in die Flüssigkeit der geschlossenen 'Kammer i o einen Strom Luft
oder eines anderen zu carburierenden Gases durch die Leitung 13. Die Luft oder das
andere Gas haben eine passende Temperatur und treten mit Phenolen und Kohlenwasserstoffen
beladen durch eine Leitwng r q. aus. Das carburierte Gas; welches aus dem geschlossenen
Gefäße iö durch die Leitung 14 austritt, kann in einen Ofen, um dort verbrannt zu
werden, geleitet werden, während das von den carburierenden Stoffenbefreite Wasser,
welches noch Cyanide enthält, zu der Grube i durch das Ventil 30 und. die
Leitung 31 geführt wird.
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Gleichzeitig mit der Carburierung leitet man in die cyanidhaltigen
Wässer der Kammer Al einen Strom von Kohlensäure, indem man das Ventil i 5 einer
Leitung 16 öffnet. Nach einer gewissen Zeit, welche von dem Volumen der zu behandelnden
Wässer und von ihrem Gehalte an Cyanidverbindungen abhängt, wird der Niederschlag
von Eisenferrocyanid oder Berliner Blau gebildet, und man sperrt den Zutritt von
Kohlensäure ab, indem man das Ventil 15 schließt, worauf man absetzen läßt. Der
Niederschlag an Eisenferrocyanid sammelt sich am Boden der Kammer A1 als blauer
Schlamm, den man durch hin Ventil 17 in einen Behälter 18 entleert, von wo er zu
den Filtern i 9 gelangt. Das saure Filtrat von den Filtern i g fließt durch eine
Leitung 2o zu dem Absetzbehälter B, wo es sich -mit den sauren Wässern der Kammer
Al, die von dem blauen Schlamm befreit sind, und nach Öffnung des Ventils 2¢ durch
die Leitung 23 mischen kann. Der Zutritt von den Leitungen 2o und 23 zu dem Absetzgefäß
B kann, so geregelt werden, daß er konstant und unveränderlich ist. Die in 2.1 hergestellte
Lösung von Bariumhydroxyd wird in dem Absetzbehälter, indem die Lösung durch die
Leitung 22 kommt, mit den sauren Wässern gemischt. Das Bariumhydroxyd reagiert mit
dem Calciumbicarbonat der Wässer und .gibt eine Mischung der Carbonate des Calciums
und Bariums, die sich als unlöslicher Niederschlag am Boden ansammeln, indem die
letzten Spuren von Eisenferrocyanid aus dem Wasser mitgerissen werden. Die klaren,
von Cyaniden, Phenolen und Kohlenwasserstoff vollständig freien Wässer treten nach
25 über und werden durch eine Leitung 25 zu dem Abfluß 27 entleert, während der
am Boden des Absetzgefäßes angesammelte Niederschlag durch die Leitung 28 aufsteigt
und in eine Grube 29 gelangt, wo er gesammelt und je nach Wunsch behandelt werden
kann.
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Die Rückstände von der Herstellung der Reagenzien in den Behältern
,4 und 5 können durch die Leitungen 33 und 34 in das AbsetzgefäßB geleitet werden,
von wo sie auch zu der Grube 29 entleert werden können.
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Bei der kontinuierlichen Ausführung des Verfahrens mit der in der
Zeichnung beispielsweise veranschaulichten Einrichtung, wobei die Lösung von Bariumhydroxyd
regelbar und kontinuierlich in das Absetzgefäß B geleitet werden kann, erfolgen
die verschiedenen Operationen der ersten Phase abwechselnd in. den beiden Kammern
A1 und A'. Nach der Entleerung des blauen Schlammes aus der Kammer A1 zu dem Behälter
18 und während der langsamen Beschickung des Absetzgefäßes B mit den kohlensäurehaltigen
Wässern aus A1 unter Schließung des Ventils 17 und öffnung des Ventils 24 wird die
Kammer
A= beispielsweise mit den zu reinigenden, durch die Pumpe
2 gehobenen cyanidhaltigen Wässern gefüllt. Nach Zugabe des einen oder beider Reagenzien,
wie vorstehend beschrieben, wird die Flüssigkeit oben aus der Kammer A2 in die Kammer
i o durch die Leitung i i l mittels des Ventils i 21 dekantiert. Man läßt dann das
kohlensäurehaltige Gas in der Reaktionskammer A° und in der Kammer io einwirken.
Der Abfluß der mit Kohlensäure behandelten Wässer von A1 zu 1? geschieht sehr langsam,
um die kontimiierliche Arbeit des Absetzgefäßes B aufrechtzuerhalten. Der Ablauf
hört auf, wenn der Niederschlag des in A2 abgesetzten blauen Schlammes nach dem
Behälter 18 durch die Leitung 3 5 unter Öffnung des Ventils 171 entleert ist. Wenn
das Ventil 171 geschlossen und das Ventil 241 geöffnet ist, so folgt unmittelbar
auf die Entleerung der Kammer A1 der Abfluß der kohlensäurehaltigen Wässer von Az
zu dem Absetzgefäß. Man füllt dann die Kammer Al mit dem zu reinigenden cyanidhaltigen,
durch die Pumpe 2 gehobenen Wasser und fährt; so fort.
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Die Filtration des blauen Schlammes aus den Behältern 18 kann gleichfalls
kontinuierlich stattfinden. Die sauren Filtrate aus den Filtern i g werden dann
gleichfalls kontinuierlich durch die Leitung 2ö zu dem Absetzgefäß B geleitet.
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Bei der kontinuierlichen Ausführung des vorliegenden Verfahrens wird
dasselbe allgemein ;derartig geleitet, daß während der Füllung der einen von den
beiden Kammern A oder A2 und während der Ausführung der Operationen der ersten Phase
die andere Kammer entleert wird. Die zweite Phase wird dann kontinuierlich in B,
wo die Dekantierung stattfindet, ausgeführt.
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Die Entfernung der flüchtigen Stoffe aus der Flüssigkeit in dem geschlossenen
Gefäß io kann über 'den Zeitraum für die Carburierung in den Reaktionskammern A1
und 422 ausgedehnt werden, bis eine neue Dekantierung der carburierten Flüssigkeit,
die sich: oben auf dem Wasser abscheidet, eintritt.
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Die Erfindung ist nicht auf die dargestellte Einrichtung beschränkt;
beispielsweise kann die Kammer i o derartig groß sein, daß die Carburierung erst
nach zweimaliger oder noch öfteren Abfüllung der oberen Flüssigkeit von A1 oder
A2 stattfinden muß. Die Einführung von Luft oder von zu carburierendem Gase kann
regelmäßig ohne Unterbrechung stattfinden. Die Kammer i o kann mit irgendeiner Einrichtung
zur Beheizung der in ihr befindlichen Flüssigkeit versehen sein.