-
Verfahren zur schnellen Differenzierung
-
und Identifizierung von Mikroorganismen Die Erfindung betrifft ein
Verfahren zur schnellen Differenzierung und Identifizierung von Mikroorganismen,
wie z. B.
-
Bakterien, Pilze und Viren, welche als Reinkulturen oder Mischkulturen
bestimmten Nährmedien oder aber direkt dem Infektionsherd entnommen werden.
-
In der Chemotherapie steht eine Vielzahl von Chemotherapeutika aus
verschiedenen Präparatgruppen zur Verfügung, um einen nachgewiesenen Erreger gezielt
zu bekämpfen. Trotz zweifellos großer Fortschritte auf dem Gebiet mikrobiologischer
Nachweisverfahren stellt dennoch die Weiter- bzw. Neu-Entwicklung schneller, leistungsfähiger,
präziser, automatisierter und kostengünstiger Verfahren auch heute noch eine gesundheits-und
wissenschaftspolitische Aufgabe ersten Ranges dar. Denn erst der schnelle Nachweis
pathogener Erreger und ihre sichere Identifizierung ermöglicht eine frühzeitig einsetzende
und gezielte Therapie und vermag dadurch die überlebenschancen der Patienten erheblich
zu verbessern.
-
Zur Identifizierung pathogener Mikroorganismen bedient man sich in
der Regel physiologischer Methoden, wobei versucht wird, mit einer möglichst geringen
Zahl einfacher und schnell erfaßbarer Merkmale auszukommen. Ein aktueller überblick
über Trends in der Taxonomie und Bakterienidentifizierung ist u. a. über den im
GIT-Verlag Darmstadt erschienenen Tagungsbericht der Frühjahrstagung der deutschen
Sektion der American Society of Microbiology, 17. - 20. 3. 1982, Darmstadt, erhältlich.
-
In den letzten 10 Jahren sind für die Differenzierung und Identifizierung
von Bakterien zahlreiche miniaturisierte Fertigsysteme entwickelt worden, deren
Anwendung im medizinischen Bereich für die Identifizierung verschiedener Bakteriengruppen,
wie z. B. Enterobacteriaceen, Streptokokken und Staphylokokken, möglich ist. Andere,
eher physikalisch-chemisch orientjerte Verfahren (z.B. chromatographische und massenspektroskopische)
bedingen nach wie vor aufwendige Aufbereitungen der Erregerproben und einen hohen
Aufwand an Erstinvestitionen, an Zeit und Material.
-
Hoher Zeitaufwand und Unsicherheiten bei der Identifikation von Problemkeimen,
wie z. B. hauptsächlich gram-negativer Stäbchen (Pseudomonaden, Proteus spec., Klebsiellen,
Enterobacteriaceae)sowie Anaerobiern der Gattung Bacteroides und Clostridium spielen
auch heute noch eine die Diagnose und Therapie wesentlich beschränkende Rolle.
-
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Differenzierung
und Identifizierung von Mikroorganismen gemäß der eingangs erwähnten Art so weiterzuentwickeln,
daß die erwähnten Nachteile und Beschränkungen des Standes der Technik überwunden
werden und die Möglichkeit geschaffen wird, unterschiedliche Erreger auf einheitliche
Weise und mit großer Sicherheit und bei geringem Zeitaufwand voneinander zu differenzieren
bzw. zu identifizieren. Das erfindungsgemäße Verfahren soll in der Praxis der mikrobiologischen
Laboratorien im Routinebetrieb effektiv einsetzbar sein.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die im Kennzeichen des Patentanspruchs
1 angegebenen Maßnahmen gelöst. Vorteilhafte Weiterentwicklungen des erfindungsgemäßen
Verfahrens ergeben sich aus den Unteransprüchen.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht in überraschender Weise
mit Hilfe der Infrarotspektroskopie die Differenzierung und - sofern Referenzdaten
vorliegen - auch die Identifizierung ganzer Mikroorganismen. Auf diese Weise
ist
ein sicheres, insbesondere aber schnelleres Diagnostizieren als beim jetzigen Stand
der Technik u. a. auch automatisch möglich.
-
Geeignet verwendbar im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
sind die in den letzten Jahren erfolgten meßtechnischen Weiterentwicklungen der
IR-Spektroskopie, insbesondere der Erhöhung ihrer Sensitivität, Wellenlängengenauigkeit
und Schnelligkeit und durch Digitalisierung aller spektralen Daten und der damit
gegebenen Computer-Kompatibilität.
-
Die Bestimmung der Mikroorganismen erfolgt vorzugsweise auf einem
Fourie-Transform-Infrarot (FT-IR) -Spektrometer aber auch konventionelle, d. h.
dispersive Gerätetypen, können erfolgreich eingesetzt werden. Es eignen sich Spektrometersysteme,
welche im MIR-Bereich und/oder - in Kombination - im NIR-, MIR- und FIR-Bereich
arbeiten. Eine spektrale Auflösung von 2 - 4 cm 1 erweist sich für die Differenzierungs-
und Identifikationsprobleme als ausreichend.
-
Die IR-Geräte können zum Zwecke der Spektrenspeicherung und des Spektrenvergleichs
mit verschiedenen, an sich bekannten elektronischen Speichermedien, ggf. auch mit
einem Rechneranschluß ausgerüstet sein. Beide Geräte-Typen - FT-IR und dispersive
IR-Spektrometer - können besonders effektiv genutzt werden, sofern zur Strahlfokussierung
"Beam-Kondensorten und/oder IR-Mikroskope zur Verfügung stehen.
-
Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden zunächst
in einem der genannten IR-Spektrometer-Typen die zur Identifikation notwendigen
Referenzdaten geschaffen.
-
Hierfür werden die Spektren der anfallenden, nach den an sich bekannten
Methoden der Mikrobiologie charakterisierten, Mikroorganismen bzw. Erreger unter
streng standardisierten Bedingungen registriert; die gewonnenen spektralen Daten
liefern nunmehr die Referenzdaten für zukünftige Identifikationen.
Es
können daher in jedem Einzelfall nur solche Mikroorganismen und Erreger identifiziert
werden, von denen standardisierte Referenzdaten vorliegen. Die Erreger selbst können
mit den an sich bekannten Methoden der Mikrobiologie dem Krankheitsherd entnommen
ggf. isoliert und angereichert und nach Kultivierung gewonnen werden.
-
Die Standardisierung erfordert insbesondere: - Festlegung der Meßtechnik,
d. h. Entscheidung für das Messen z. B. in Transmission, in äußerer bzw. innerer
Reflexion, in diffuser Reflexion und/oder mit Hilfe der photoakkustischen Spektroskopie
u.ä... Bewährt haben sich insbesondere die Transmissions-, die innere- und die-äußere
Reflexionsspekroskopie.
-
- Festlegung der optischen Materialien, mit denen gearbeitet werden
soll, d. h. z. B. Entscheidung für transmittierende optische Trägermaterialien bzw.
für reflektierende optische Spiegel.
-
Bewährt haben sich bislang Materialien wie KRS-5, ZnS, AgCl, AgBr,
Ge, ZnSe, BaF2, polierte Stahlplättchen, Alu- oder Silberfolien als Trägermaterialien.
-
- Festlegen der Meßparameter am Gerät.
-
- Festlegung der Kultivierungsbedingungen.
-
Die Erregerproben werden beispielsweise, bei Arbeiten in "Transmission"
nach den an sich bekannten Methoden der Mikrobiologie den Nährböden bzw. dem Infektionsherd
entnommen, auf vorgegebene IR-transparente optische Träger aufgetragen und vermessen.
Die optischen Träger sind vorzugsweise so gefertigt, daß ausschließlich durch festgelegte
Probenfenster das IR-Licht transmittiert wird. Alle anderen Bereiche bleiben ausgeblendet.
Je nach vorgegebenen Bedingungen (z.B. Spektren
skopieren mit oder
ohne Strahlkondensor bzw. mit IR-Mikroskop) können Substanzmengen zwischen 10 2
bis 10 6 mg Probensubstanz eingesetzt werden. Die Durchmesser der durchstrahlten
Probenfelder variieren dementsprechend, z. B. zwischen 3 mm und 50 ßm.
-
Der zeitliche Ablauf unter diesen Bedingungen geht aus dem Blockschaltbild
der einzigen Figur der Zeichnung hervor: Im einzelnen impliziert der Vorgang die
folgenden Schritte: - Gewinnung der Mikroorganismen (A), z. B. Gewinnung der Reinkulturen
- Wahl der Meßtechnik (B), z. B. Aufnahme der Spektren in Transmission - Probenentnahme
(C), z. B. mit Hilfe einer Platinöse Die Probenpräparation kann - bei Messungen
in Transmission -über die folgenden alternativen (!) Wege erfolgen; die Identifikation
selbst setzt für jeden der eingeschlagenen Wege ein eigenes spezifisches System
von Referenzdaten voraus: - Auftragen der Probe(n) auf optische Träger der Küvette,
"Abdecken" der Probe(n) mit einer zweiten, optisch transparenten Platte (D I) oder
aber - Auftragen der Probe(n) auf optische Träger derKüvette (D II 1), Antrocknen
der Probe (n) im Vakuum oder bei Normaldruck über Trockenmittel, wie z. B. Silicagel
(D II 2) oder aber - Eingabe der Probe(n) in einen Tropfen (typischerwe-ise ca 5-10
ßl) physiologischer NaCl-Lösung (D III 1), Einspritzen der Probensuspension in Flüssigkeitsküvette
(D III 2).
-
An die Probenpräparation schließen sich an: - Transfer der Küvette
ins IR-Gerät (E) - Aufnahme der Spektren (Datengewinnung) (F) - Wahl des Vergleichsverfahrens
(G), z. B. Vergleich nach Quadrat der Differenzen der Spektren - Normierung der
Spekren (H) - Vergleich mit Referenzspektren (Referenzdaten) (I) - Ausgabe der Ergebnisse
(J) Dieser Vorgang erfordert beginnend bei B bis zur Identifikation typischerweise
1 bis 6 Minuten. Diese Zeiten werden insbesondere von 2 Faktoren beeinflußt: (i)
Meßzeit pro Erregerprobe, (ii) Zahl der Proben, welche auf eine optische Platte
auf tragbar sind und anschließend automatisch vermessen werden können, (iii) der
angewandten Auswertemethodik. Der erste Faktor kann günstig beeinflußt werden durch
Einsatz von Strahlenkondensoreni IR-Mikroskopen und schnell registrierenden Spektrometern,
der zweite durch geeignete technische Ausführungen der Proben-Küvetten.
-
Die Identifikation der Mikroorganismen (z.B. Erregernachweis) erfolgt
wesentlich durch Vergleich der gewonnenen spektralen Daten einer unbekannten Probe
mit den vorliegenden Referenzdaten (z.B. Vergleichsspektren). Für diesen Vergleich
eignen sich insbesondere elektronische und vollautomatische Verfahren mit Hilfe
eines in das Spektrometersystem voll integrierten Kleinrechners oder aber über ein
gekoppeltes externes Rechnersystem. Der Vergleich kann z. B. auf folgenden, an sich
bekannten Methoden und Algorithmen des Spektrenvergleichs basieren:
-
Vergleich der Differenzspektren und/oder der absoluten Differenzen oder der Quadrate
der Differenzen der Spektren, - Vergleich der 1. und höheren Ableitungen und/oder
der Quadrate der Differenzen dieser Ableitungen der Spektren, - Mathematische Vergleichsverfahren,
wie z. B. Korrespondenzanalyse, Kreuz-Korrelation, Faktorengruppenanalyse, - Vergleich
durch Aufsuchen einzelner charakteristischer Banden, Bandenkonturen, relativer Absorptionswerte
unterschiedlicher Banden etc., - oder aber visueller Vergleich durch graphisches
übereinanderlegen normierter Spektren ("Fingerprint").
-
Auf folgende Weise wurden z. B. die als ausgesprochene Problemkeime
eingestuften Bakterien Streptococcus pyogenes, serologische Gruppe A, und Streptococcus
agalactiae, serologische GruppeB, voneinander unterschieden und identifiziert: Spektroskopiert
wurde mit Hilfe der Transmissions-Technik auf IR-transparenten KRS-5-Probenträgern.
Ungefähr gleiche Probenmengen (ca 10 2 mg) der auf Blutagar kultivierten Streptokokken
der serologischen Gruppen A und B wurden mit einer Platinöse auf vorgegebene - durch
Aufreiben schwarzer, IR-intransparenter, fest haftender 0-Ringe (Durchmesser 3 mm)
markierte - runde Felder des IR-transparenten optischen Trägers aufgetragen, verstrichen,
ein 10 ßl-Tropfen aqua dest. zugegeben und anschließend im Vakuum über Silicagel
als Trockenmittel ca 2 Minuten zu dünnen Filmen angetrocknet. Von jedem Erreger
typ wurden jeweils eine "Kontrolle" und eine "Probe" auf getrennte Felder des optischen
Trägers aufgetragen. Der runde optische Träger mit einem Durchmesser von ca 30 mm
war Bestand teil einer drehbaren, luftdichten IR-Küvette, die so bewegt werden konnte,
daß aufeinanderfolgend per Hand oder mit einem Schrittmotor die Probenfelder in
den IR-Strahl hineingedreht werden konnten. Eine vorgeschaltete Irisblende garantierte
dafür, daß jeweils nur ein Probenfeld voll durchstrahlt wurde.
-
Die Proben- und Kontrollspektren wurden mit Hilfe eines FT-IR-Spektrometers
MX1-E der Firma Nicolet ohne zusätzliche Strahlfokussierung aufgenommen. Drei Minuten
Scan-Zeit bei einer Auflösung von 4 cm 1 waren zur Erlangung der einzelnen Spektren
ausreichend. Zum Spektrenvergleich wurden die Daten in binärem Format über eine
RS-232 Schnittstelle auf einen externen Prozeßrechner transferiert und verfügbar
gehalten.
-
Die "Kontroll"-Spektren dienten in diesem konkreten Fall zum einen
als Referenzspektren zur Erlangung der "Referenzdaten" für die Identifikation und
gleichzeitig als Kontrolle für die Reproduzierbarkeit, welche unter den gegebenen
Bedingungen erreicht werden konnte. überraschend war insbesondere, daß für die Differenzierung
und Identifizierung der Streptokokken lediglich ein, bzw. zwei beschränkte spektrale
Bereiche zwischen 1200 cm 1 und 1000 cm 1 resp. zwischen 1000 cm 1 und 400 cm 1
bereits hinreichend waren. Verg-ic1 und Identifikation erfolgten zunächst visuell
(d.h. ohne Zuhilfenahme computerisienter Differenz- und Derivativverfahren) nach
graphischem "übereinanderlegen" der Spektren. Die wichtigsten der für die Identifizierung
hinreichenden spektralen Unterschiedsmerkmale sind für die genannten Bereiche tabellarisch
wie folgt zusammengestellt:
Spektrale Lage charakteristischer Banden bzw. |
Bandenprofile (cml) |
Erreger |
1200 - 1000 985 850 535 |
Streptococcus pyogenes, keimspezifisches |
serologische Gruppe A Bandenprofil mit 1 schwach schwach mittel |
Maximum bei 1080 cm |
Halbwertsbreiteldes |
Profils 190 cm |
Streptococcus agalactiae, keimspezifisches sehr |
serologische Gruppe B Bandenprofil mit 1 -1 - sehr |
Maximum bei 1070 cm ~~ |
Halbwertsbreiteldes |
Profils 210 cm |
Das Identifikationsergebnis konnte anschließend mit Hilfe digitaler
Differenzbildung aller Kontroll- und Probenspektren untereinander verifiziert werden.
Lediglich die Differenzspektren der unterschiedlichen Streptokokken-Proben (serologische
Gruppen A und B) zeigten - bei weitgehender Variation der Differenzfaktoren - nicht
kompensierbare Banden bei ca 1100, 985, 850 und 535 cm
- Leerseite
-