DE19944776C2 - Verfahren zur Tritiumdekontamination der ersten Wand einer Einrichtung zur Durchführung von Kernfusionen - Google Patents
Verfahren zur Tritiumdekontamination der ersten Wand einer Einrichtung zur Durchführung von KernfusionenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Tritiumdekontamination
der ersten Wand einer Einrichtung zur Durchführung von Kernfu
sionen gemäß dem ersten Patentanspruch.
Die mechanisch belasteten Strukturen der ersten Wand einer
Kernfusionseinrichtung sind gekühlt und zum Schutz gegen hohe
thermische Belastung mit Kacheln aus Graphit oder CFC (carbon
fibre composites) geschützt. Die Kacheln sind ausgelegt für die
kurzzeitige Erhitzung der Oberfläche auf Temperaturen von
= 1200°C. An Stellen hoher Teilchenflußdichte können während des
Betriebes Temperaturen bis zu 1600°C auftreten. An diesen Stel
len wird Kohlenstoff abgetragen; die Tritiumkontamination ist
an diesen Oberflächen aus diesem Grund vernachlässigbar gering.
Die Deposition von Tritium und Tritiumverbindungen, insbeson
dere Tritium-Kohlenstoffe, erfolgt dagegen in Gebieten geringe
rer Leistungsdichte und damit geringerer Temperatur. Letzteres
trifft für den größten Teil der ersten Wand zu.
Diese Effekte haben zur Folge, daß mit jeder Plasmaentladung
das im Torus der Kernfusionseinrichtung immobilisierte Tritium
inventar unerwünschterweise zunimmt.
Es ist bekannt, daß das Tritiuminventar hauptsächlich in den
äußersten Oberflächenbereichen der ersten Wand deponiert ist.
Dies ergibt sich zum einen aus entsprechenden Versuchen, aber
auch aus dem sogenannten Knudsen-Effekt, gemäß dem Wasserstoff
atome oder -moleküle entsprechend der Wurzel des Temperatur
verhältnisses zwischen der hohen und der niedrigen Temperatur
in Richtung zunehmender Temperatur diffundieren. Für eine ef
fektive Tritiumdekontamination ist es daher ausreichend, die
äußerste Schicht der ersten Wand zu dekontaminieren.
Aus der DE 197 37 891 A1 ist ein Verfahren zur Entsorgung eines
mit einem Radiotoxikum kontaminierten Gegenstandes bekannt. Der
kontaminierte Gegenstand kann beispielsweise der Kohlenstoffmo
derator eines stillgelegten Kernreaktors sein. Als ein Beispiel
für ein Radiotoxikum wird Tritium genannt. Bei dem beschriebe
nen Verfahren wird das Radiotoxikum durch Aufheizen des konta
minierten Gegenstandes aus diesem entfernt und an anderer
Stelle wieder aufgefangen. Die Druckschrift beschäftigt sich
jedoch in keiner Weise mit Problemen der Kernfusion, insbeson
dere der Tritiumdekontamination der ersten Wand.
Weitere Methoden zur Tritiumdekontamination von Oberflächen
sind aus der GB 2 242 060 und der US 4 836 900 A bekannt.
Die erstgenannte Druckschrift befasst sich mit der Tritiumde
kontamination von Beton-Oberflächen. Hier wird Tritium durch
Verdampfen von Wasser aus der Oberfläche entfernt, indem die
Oberfläche mit Mikrowellen bestrahlt wird.
Die US-Patentschrift lehrt ein Verfahren zur Tritiumdekontami
nation von Metallteilen, indem die Metallteile in einer Elek
trolysezelle als negativer Pol geschaltet werden.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur
Tritiumdekontamination der ersten Wand einer Einrichtung zur
Durchführung von Kernfusionen vorzuschlagen.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das im ersten Patentan
spruch beschriebene Verfahren gelöst. Der Unteranspruch gibt
eine besonders bevorzugte Ausgestaltung des Verfahrens an.
Die Erfindung betrifft die Tritiumdekontamination der ersten
Wand einer Einrichtung zur Durchführung von Kernfusionen. Unter
Tritium mit dem Symbol T wird das überschwere Isotop des Was
serstoffs mit der Masse 3 verstanden. Tritiumdekontamination
bedeutet in diesem Zusammenhang, daß Tritium sowohl in elemen
tarer Form als auch in Form seiner Verbindungen wie z. B. Was
ser und Kohlenwasserstoffe, aus der ersten Wand entfernt wird.
Unter Einrichtungen zur Durchführung von Kernfusionen werden
insbesondere entsprechende Versuchsstände, aber auch Fusionsre
aktoren verstanden.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann in-situ im Torus oder ex-
situ durch Behandlung der Kacheln in ausgebautem Zustand durch
geführt werden.
Die erste Wand der Einrichtung zur Kernfusions wird zur Triti
umdekontamination unter Inertgas auf hohe Temperaturen erhitzt,
so daß Tritium und seine Verbindungen freigesetzt werden. Die
Oberflächentemperatur der Kacheln sollte mindestens 800°C
betragen; Temperaturen oberhalb von 2400°C sind in der Regel
unnötig. Eine Erhitzungszeit von wenigen, z. B. 1 bis 10 Sekun
den, ist dabei völlig ausreichend. Bei der in-situ Variante
sollte die Temperatur der Kacheln an der Rückseite 240°C nicht
übersteigen, um die dahinter liegenden Edelstahlstrukturmateri
alien nicht zu schädigen. Als Inertgas eignet sich insbesondere
Argon. Zur Erzeugung der hohen Temperatur wird ein Plasmabren
ner eingesetzt, wie er beispielsweise zum Schweißen von Metal
len verwendet wird. Unter diesen Umständen kann eine hohe De
kontamination mit Dekontaminationsfaktoren (Anfangsradioaktivi
tät/Endradioaktivität) bis zu 150 erreicht werden.
Bei einem Plasmabrenner wird die Elektrode von einem Argonstrom
umspült, um Schweißungen unter Sauerstoffausschluß zu ermögli
chen und die Elektrode selbst vor zu hohen Temperaturen zu
schützen. Zur Erhitzung der Kacheloberfläche müssen die Kacheln
in geeigneter, an sich bekannter Weise geerdet und der Brenner
in der Nähe der Oberfläche gehalten werden. Ein Abstand von ei
nigen Millimetern von den Kacheln, beispielsweise 1 bis 5 mm,
wird bevorzugt. Hierbei wird von den Kacheln eine Schicht von
wenigen Mikrometern abgetragen, die praktisch das gesamte auf
gespeicherte Tritiuminventar enthält, wodurch die Weiterverwen
dung der Kacheln gewährleistet ist.
Die Erfindung wird im folgenden anhand von Ausführungsbeispie
len und einer Figur näher erläutert.
Die Figur zeigt die Probenahme aus einer Kachel gemäß Bei
spiel 2
Zur Durchführung der Experimente wurde eine vormals in der Fu
sionsmaschine JET in Culham zum Schutz der ersten Wand einge
setzte rautenförmige CFC-Kachel (149 × 86,1 × 20 mm) gewählt,
welche an den Plasma-exponierten Oberflächen mit ko-deponiertem
Tritium beaufschlagt war. Von der Stirnseite dieser Kachel wur
den mehrere dünne Graphitproben entnommen, die nachweislich
Tritium enthielten. Eine dieser Proben (9 × 36.3 × 1 mm) wurde
in zwei etwa gleich große Hälften geteilt. Die eine Hälfte (Ge
wicht 716,6 mg) wurde in einer Strömungsapparatur mit feuchter
Luft bei ca. 850°C vollständig verbrannt. Das dabei vornehmlich
als Wasser, zum Teil aber auch als molekularer Wasserstoff und
Kohlenwasserstoff freigesetzte Tritium wurde katalytisch an
einem Cu/CuO-Katalysator bei der gleichen Temperatur vollstän
dig zu Wasser (H2O und HTO) oxidiert und in zwei hintereinander
geschalteten, jeweils 50 ml Wasser enthaltenden Waschflaschen
aufgefangen. Die in beiden Waschflaschen zurückgehaltene Triti
ummenge wurde konventionell mit der Methode der Flüssigszintil
lation bestimmt. Bezogen auf die eingewogene Graphitmenge be
trug die Tritiumkonzentration in der Graphitprobe 13935 Bq/g.
Die mittlere Oberflächenkonzentration des Tritiums auf der Ka
chel wurde außerdem mit einem kleinen, fensterlosen Proportio
nalzähler ("pin diode!) zu 422 ± 54 Bq/cm2 ermittelt.
Die Plasma-exponierte Oberfläche der zweiten Graphitproben
hälfte (Gewicht 652,2 mg) wurde für die Dauer von 5 Sekunden
mit einem Argon-Plasmabrenner (120 Amp, 9 l/min Argon) auf sehr
hohe Temperaturen erhitzt. Diese kurze Behandlung führte zu ei
nem geringen Gewichtsverlust von nur 5 mg entsprechend 0,8%.
Dabei bildete sich and der Oberfläche der CFC-Probe eine sehr
dünne, grau-weiße Schicht aus, die möglicherweise aus Metalloxiden
bestand. Der nach vollständiger Verbrennung der Probe
ermittelte Tritiumgehalt betrug nur noch 71 Bq/g. Daraus läßt
sich ein Dekontaminationsfaktor DF von etwa 100 abschätzen. Die
mit der "pin diode"-Methode gemessene restliche Oberflächenkon
zentration des Tritiums lag bei ca. 2 Bq/cm2 (DF 200).
In weiteren Experimenten sollte der Nachweis erbracht werden,
daß mit einem Plasmabrenner das Tritium auch aus einer Kachel
effizient ausgetrieben werden kann. Für die Versuche wurde eine
rautenförmige Graphitkachel verwendet, die während der ersten
Deuterium/Tritium-Kampagnen (DTE1) im Torus der JET-Fusionsma
schine im Einsatz war. Vor den Detritiierungsversuchen wurde
die Oberflächenverteilung der Tritiumkonzentration auf der Ka
chel mit einem fensterlosen Proportionalzähler gemessen. Obwohl
mit einem solchen Zähler das Tritium nur in einer etwa 1 µm di
cken Schicht erfaßt werden kann, verdeutlichen die Ergebnisse,
daß das Tritium auf der Plasma-exponierten Seite der Kachel
nicht homogen verteilt ist. Die ungefähren Positionen, an wel
chen Proben entnommen wurden, können der Figur entnommen wer
den. Die jeweilige Probennummer ist in Fettschrift gekennzeich
net.
In einem nächsten Schritt wurden einige zylindrische Proben aus
der Kachel gebohrt (Proben 1 bis 4, siehe Figur) und von der
Plasma-exponierten Seite der zylindrischen Proben ca. 1 mm di
cke Scheiben gesägt. Diese wurden mit der in Beispiel 1 be
schriebenen Verbrennungsmethode auf ihren Tritiumgehalt hin un
tersucht. Danach wurden Zonen der Kachel kurzzeitig mit einem
Argonbrenner auf sehr hohe Temperaturen erhitzt, wobei darauf
geachtet wurde, daß die erhitzten Zonen im Durchmesser größer
waren als der Durchmesser der zylindrischen Proben. Aus der
Mitte der ausgeheizten Zonen wurden anschließend weitere zylin
drische Proben entnommen (Proben 5, 8, 9, 10, 11 und 12). Um zu
prüfen, inwieweit sich die thermische Behandlung auf ferner gelegene
Zonen der Kachel auswirkt, wurde darüber hinaus eine
Probe aus einer Zone entnommen, die im benachbarten Bereich zu
zwei Zonen der Kachel lag, die mit dem Plasmabrenner auf hohe
Temperaturen erhitzt worden waren (Probe 6). Eine Probenüber
sicht und die Ergebnisse der Tritiumbestimmungen sind in den
Tabellen I und II zusammengestellt.
Aus den bisherigen Ergebnissen geht hervor, daß mit der Leis
tung des Plasmabrenners die Tritium-Freisetzungsrate deutlich
zunimmt. Der in der Kachel feszustellende Temperaturanstieg,
wenn eine Zone der Kachel mit dem Plasmabrenner behandelt wird,
ist nicht hoch genug, um eine Tritiumfreisetzung aus benachbar
ten Zonen zu bewirken. Besonders effektiv erwies sich die wie
derholte Behandlung mit dem Plasmabrenner bei hoher Leistung
(155 Amp) über einen kurzen Zeitraum von nur 5 Sekunden. Die in
Tabelle II angegebenen Dekontaminationsfaktoren beziehen sich
auf eine an der Oberfläche der Kachel gemessene Tritiumkonzen
tration. Da die Konzentration des Tritiums an der Oberfläche
erheblichen Schwankungen unterliegt, sind diese Werte nur als
große Abschätzung zu betrachten.
Die gewonnenen Versuchsdaten belegen, daß mit einem Plasmabren
ner, der bei 140 bis 165 Amp und einem Argonfluß von 5 bis 15 l/min,
vorzugsweise 9 bis 10 l/min, betrieben wird, ein sehr
hoher Anteil des im Oberflächenbereich einer Kachel gebundenen
Tritiums freigesetzt werden kann. Für die Detritiierung ganzer
Kacheln innerhalb oder außerhalb der Fusionseinrichtung wird
die Verwendung einer breiten Plasma-Brennerbatterie vorgeschla
gen. Einzelne Kacheln können auch an einer aus mehreren kleinen
Plasmabrennern bestehenden Anordnung bei gleichbleibendem Ab
stand vorbeigezogen werden.
Claims (3)
1. Verfahren zur Tritiumdekontamination der ersten Wand einer
Einrichtung zur Durchführung von Kernfusionen, bei dem die
freie Oberfläche der ersten Wand unter Schutzgasatmosphäre
auf eine Temperatur erhitzt wird, bei der Tritium freige
setzt wird, wobei die Erhitzung durch einen Plasmabrenner
erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem eine Temperatur von
800°C bis 2400°C eingehalten wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem 1 bis 10 Sekunden
lang erhitzt wird.
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