DE19630905A1 - Wäßrige Dispersionen, ihre Herstellung und Verwendung als Lackbindemittel - Google Patents
Wäßrige Dispersionen, ihre Herstellung und Verwendung als LackbindemittelInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft neue wäßrige Dispersionen von Polyurethan
polyharnstoffen zur Herstellung von ethanolfesten Beschichtungen.
Polyurethanpolyharnstoffe, die durch organische Lösungsmittelsysteme aufgetragen
wurden, zeichnen sich durch herausragende Eigenschaften, wie z. B. Chemikalien
beständigkeit, Abriebfestigkeit, Zähigkeit, Zugfestigkeit und Elastizität, aus. Sie
werden daher in einer Vielzahl kommerzieller Anwendungen, wie z. B. als Kleb
stoffe oder Beschichtungsmittel für diverse Substrate, wie Textilien, Kunststoffe,
Holz, Glasfasern, Leder und Metallen, eingesetzt. Beim Trocknen der Beschich
tungen treten jedoch Probleme auf, die durch die Emission der organischen Lö
sungsmittel verursacht werden.
Daher wurde versucht, das Polyurethanpolyharnstoff-Bindemittelsystem in Form
von wäßrigen Dispersionen in lösemittelfreier Form oder mit nur niedrigem Gehalt
an organischen Lösungsmitteln anzubieten.
Zur Herstellung stabiler Dispersionen der Polyurethanpolyharnstoff-Polymeren
(vgl. US 2 968 575) können externe Emulgatoren verwendet werden. Die Verwen
dung von externen Emulgatoren verschlechtert jedoch die Wasser- und Ethanol
festigkeit der erhaltenen Beschichtungen dramatisch.
Eine Verbesserung konnte z. B. dadurch erreicht werden, daß in die Polymerkette
Gruppen mit Emulgatorfunktion eingebaut wurden. Diese sogenannten internen
Emulgatoren sind entweder ionischer und/oder nichtionischer Natur. Beispiele für
ionische interne Emulgatoren sind in der US 3 479 310 und Beispiele für nicht
ionische Emulgatoren u. a. in den Patentschriften US 3 905 929 und US 4 190 566
beschrieben. Der Einsatz von internen Emulgatoren führt zu Dispersionen mit
verbesserten Stabilitäten und reduziertem Gehalt an hydrophilen Aufbaukomponen
ten. Die resultierenden Beschichtungen zeichnen sich durch eine verbesserte
Wasserbeständigkeit und einen geringeren Verlust an mechanischer Stabilität im
gequollenen Zustand aus. Aber auch diese Dispersionen erfüllen die Anforderung
nach einer chemikalienfesten Beschichtung und insbesondere einer Beschichtung
mit guter Ethanolfestigkeit in keiner Weise.
Beschichtungen mit hoher Chemikalienbeständigkeit auf Basis wäßriger Polyure
than-Dispersionen werden erhalten, wenn die in Wasser dispergierten Polymeren
noch funktionelle Gruppen aufweisen. Diese können dann, wie in der EP 0 669
352 beschrieben, durch Zusatz eines geeigneten Co-Harzes für Vernetzungsreak
tionen verwendet werden. Solche Zweikomponentensysteme sind in der Praxis nur
mit erheblichem Aufwand zu formulieren und zeigen eine begrenzte Topfzeit.
Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen, die bereits nach der physikalischen Trock
nung Filme mit einer verbesserten Chemikalienbeständigkeit liefern, sind laut
DE-OS 39 36 794 auf Basis von Polycarbonatdiolen aufgebaut. Allerdings sind
Polycarbonatdiole sehr teure Ausgangsmaterialien, und die Beschichtungen werden
durch Ethanol bei einer Prüfung gemäß DIN 68861 verändert bzw. zerstört, so daß
durch alleinigen Einsatz dieser Bindemittel ausreichende Beständigkeiten nicht
erreicht werden.
Vergleichbare Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen auf Basis preisgünstigerer
Ausgangsmaterialien, wie z. B. Polyesterpolyolen, konnten durch den Einbau von
speziellen dimeren Fettsäuren hergestellt werden. Solche Dispersionen werden z. B.
in der EP 0 643 734 beschrieben. Die Chemikalienbeständigkeiten konnten im
Vergleich zu den Dispersionen auf Polycarbonatdiolbasis jedoch nur geringfügig
verbessert werden. Problematisch ist ferner, daß die dimeren Fettsäuren Versprö
dung der Beschichtungen verursachen können.
Ziel der vorliegenden Erfindung war es daher, Polyurethanpolyharnstoff-Dispersio
nen herzustellen, die nach der physikalischen Trocknung ohne den Zusatz von
Vernetzungsmitteln und als Alleinbindemittel Filme mit einer deutlich verbesserten
Chemikalien- und insbesondere einer verbesserten Ethanolbeständigkeit liefern.
Die gestellte Aufgabe konnte überraschenderweise durch Bereitstellung der nach
stehend näher beschriebenen erfindungsgemäßen Dispersionen gelöst werden,
wobei die besonders hervorstechende Ethanolbeständigkeit der resultierenden Be
schichtungen auf den Einsatz an und für sich bekannter Substanzen in einer
bevorzugten Mengenkombination zurückzuführen ist. Gegenstand der Erfindung
sind Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen, aufgebaut durch Polyaddition von:
- (A) 15 bis 50 Gew.-%, bevorzugt 20 bis 40 Gew.-%, eines linearen und/oder schwach verzweigten Polyesterpolyols mit einem Molekulargewicht von 500 bis 6000,
- (B) 2 bis 10 Gew.-%, bevorzugt 3 bis 7 Gew.-%, eines oder mehrerer Polyole mit einem Molekulargewicht < 500,
- (C) 1 bis 10 Gew.-% mindestens einer im Sinne der Isocyanatreaktion mono und/oder difunktionellen Verbindung, die zusätzlich anionische Gruppen bzw. in anionische Gruppen umwandelbare funktionelle Gruppen enthält,
- (D) 0 bis 15 Gew.-% eines hydrophilen, Ethylenoxideinheiten aufweisenden ein- oder zweiwertigen Alkohols des Molekulargewichtsbereiches 600 bis 3000,
- (E) 30 bis 70 Gew.-%, bevorzugt 40 bis 60 Gew.-%, eines oder mehrerer Polyisocyanate, wobei mindestens 70 Gew.-% der Polyisocyanatkomponente aus einem oder mehreren cycloaliphatischen Diisocyanaten besteht,
sowie anschließender Kettenverlängerung bzw. Vernetzung des resultierenden Pro
duktes aus (A) bis (E) mit
- (F) 0,5 bis 10 Gew.-% eines Gemisches eines oder mehrerer Diamine mit einem Polyamin der Funktionalität < 2, wobei mindestens 20 Gew.-% der Kompo nente (F) aus dem Polyamin der Funktionalität < 2 besteht.
Die Prozentangaben der Komponenten (A) bis (F) ergänzen sich zu 100%.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ferner die Verwendung der neuen
Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen als Lackbindemittel für die Beschichtung
von beliebigen Substraten.
Herstellungsverfahren für Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen sind an sich
bekannt (z. B. "Angewandte Chemie", D. Dieterich 82 53 (1970)).
Als Komponente A werden lineare und/oder schwach verzweigte Polyesterpolyole
mit einem Molekulargewicht von 500 bis 6000 und in einer besonders bevorzugten
Ausführungsform von 750 bis 3000 verwendet. Es handelt sich hierbei um Umset
zungsprodukte von niedermolekularen Polyolen mit niedermolekularen Polycarbon
säuren.
Geeignete Polyole bzw. Polyolgemische zum Aufbau hydroxygruppenhaltiger
Polyester sind beispielsweise Ethylenglykol, Propylenglykol, 1,4-Butandiol, 1,6-
Hexandiol, Diethylenglykol, Triethylenglykol, Neopentylglykol, 1,4-Bis(hydroxy
methyl)cyclohexan oder Dipropylenglykol. Als höherfunktionelle Polyole, die zum
Einbringen der Verzweigungen in das Polyestermolekül anteilig mitverwendet
werden können, sind zum Beispiel Glycerin, Trimethylolpropan oder Pentaerythrit
geeignet. Besonders bevorzugt sind 1,6-Hexandiol, Neopentylglykol und Trimethy
lolpropan.
Die Polycarbonsäuren können aliphatischer, cycloaliphatischer, aromatischer
und/oder heterocylischer Natur sein. Anstelle der freien Polycarbonsäuren können
auch entsprechende Polycarbonsäureanhydride oder Polycarbonsäureester mit nie
deren Alkoholen eingesetzt werden. Beispielhaft seien genannt: Bernsteinsäure,
Adipinsäure, Sebacinsäure, Azelainäure, Phthalsäure, Isophthalsäure, Phthalsäure
anhydrid, Tetrahydrophthalsäureanhydrid, Glutarsäureanhydrid, Maleinsäure, Male
insäureanhydrid, Fumarsäure oder Terephthalsäuredimethylester. Besonders bevor
zugt ist Adipinsäure.
Die Komponente (A) weist in der Regel eine mittlere Hydroxylfunktionalität von
2,0, d. h. 2 OH-Gruppen pro Molekül, auf. Durch den Einsatz oder die anteilige
Mitverwendung von schwach verzweigten Polyesterpolyolen kann die mittlere
Hydroxylfunktionalität bis auf einen Maximalwert von 2,5 gesteigert werden.
Bei den unter Punkt (B) genannten niedermolekularen Polyolen mit einem
Molekulargewicht von < 500 handelt es sich um aliphatische, cycloaliphatische,
aromatische und/oder heterocyclische Verbindungen, wie sie im wesentlichen unter
Punkt (A) zum Aufbau der Polyesterpolyole bereits genannt wurden. Besonders
bevorzugte Polyole sind Neopentylglykol und Trimethylolpropan.
Bei der Ausgangskomponente (C) handelt es sich in der Regel um mindestens eine
Hydroxycarbonsäure und/oder Aminocarbonsäure und/oder Aminosulfonsäure
und/oder Hydroxysulfonsäure. Diese Verbindungen werden über die gegenüber
Isocyanaten reaktiven Amino- und/oder Hydroxygruppen in das Präpolymer einge
baut. Durch Neutralisation der Carboxylgruppen und/oder der Sulfonsäuregruppen
mit organischen und/oder anorganischen Basen erhalten diese Verbindungen dis
pergierend wirkende Eigenschaften.
Exemplarisch seien als Vertreter für die Komponente (C) genannt: Apfelsäure,
Glykolsäure, Glycin, Taurin, Aminocapronsäure und 2-Amino-ethylaminosulfon
säure. Zu den bevorzugten Komponenten (C) gehören 2,2-Bis(hydroxymethyl)-al
kanmonocarbonsäuren mit insgesamt 5 bis 8 Kohlenstoffatomen, d. h. Verbindun
gen der allgemeinen Formel
in welcher R für einen Alkylrest mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen steht. Ganz beson
ders bevorzugte Aufbaukomponente (C) ist 2,2-Dimethylolpropionsäure.
Bei der Ausgangskomponente (D) handelt es sich um nichtionische, hydrophile
Polyethylenglykole, die eine oder zwei Hydroxylgruppen aufweisen. Vorzugsweise
handelt es sich um ein- oder zweiwertige Polyetheralkohole des Molekularge
wichtsbereiches von 600 bis 3000, wie sie in an sich bekannter Weise durch
Alkoxylierung von ein- oder zweiwertigen Alkoholen als Startermoleküle erhalten
werden, wobei als Alkylenoxide Ethylenoxid oder Gemische aus Ethylenoxid mit
bis zu 40 Gew.-% (bezogen auf das Gesamtgewicht der Alkylenoxide) an Pro
pylenoxid zum Einsatz gelangen. Auch die entsprechenden aminofunktionellen
Derivate, bekannt als Jeffamin M bzw. Jeffamin D-Reihe (Handelsprodukte der
Firma Huntsman), sind geeignete Komponenten (D).
Der Gehalt an Komponenten (C) und/oder Komponenten (D) muß so eingestellt
werden, daß die Dispergierbarkeit der Polyurethanpolyharnstoffe in Wasser
gewährleistet ist. In einem bevorzugten Herstellverfahren wird auf die Mitver
wendung von Komponente (D) ganz verzichtet und die für die Dispergierung
erforderliche Hydrophilie ausschließlich durch die Verwendung der Komponente
(C) sichergestellt. Die Menge an eingebauten anionischen Gruppen ist dabei so
bemessen, daß in dem letztlich erhaltenen Polyurethanpolyharnstoff maximal 100
Milliäquivalente pro 100 g Feststoff an ionischen Gruppen vorliegen.
Bei den für die Polyadditionsreaktion benötigten Verbindungen (E) handelt es sich
um aliphatische, cycloaliphatische und/oder aromatische Polyisocyanate.
Essentiell für die vorliegende Erfindung ist, daß mindestens 70 Gew.-% der Poly
isocyanatkomponente (E) aus cycloaliphatischen Diisocyanaten bestehen. In einem
besonders bevorzugten Herstellverfahren werden ausschließlich cycloaliphatische
Diisocyanate, wie Isophorondiisocyanat (IPDI), 4,4,-Dicyclohexylmethandiiso
cyanat und/oder 1,4- bzw. 1,3-Cyclohexan-diisocyanat, verwendet.
Beispiele für anteilig (bis zu 30 Gew.%) mitzuverwendende weitere Polyisocya
nate sind: 1,6-Hexamethylendiisocyanat (HDI), Tetramethylendiisocyanat, 2,3,3-
Trimethylhexamethylendi-isocyanat, 1,4-Phenylendiisocyanat, 2,6- und 2,4-Toluol
diisocyanat, 1,5 Naphthylendiisocyanat, 2,4′- und 4,4′-Diphenylmethandiisocyanat.
Es ist selbstverständlich auch möglich, die in der Polyurethanchemie an sich
bekannten höherfunktionellen Polyisocyanate oder auch an sich bekannte modi
fizierte, beispielsweise Carbodiimidgruppen, Allophanatgruppen, Isocyanuratgrup
pen, Urethangruppen und/oder biuretgruppenaufweisenden Polyisocyanate anteilig
mitzuverwenden.
Die Komponenten (A) bis (E) werden in einem Reaktor vorgelegt und unter
wasserfreien Bedingungen in einem Temperaturbereich von 30 bis 130°C zu einem
NCO-haltigen Präpolymeren umgesetzt. Das Äquivalentverhältnis von Isocyanat
gruppen zu gegenüber Isocyanatgruppen reaktiven Verbindungen beträgt 1,1 : 1
bis 3 : 1, bevorzugt 1,5 : 1 bis 2 : 1. Bei der Berechnung des Äquivalent
verhältnisses werden Carboxylgruppen, die beispielsweise durch Mitverwendung
von 2,2-Dimethylolpropionsäure in das Präpolymer eingebracht werden, nicht
berücksichtigt. Die Isocyanatpolyadditionsreaktion kann in Gegenwart von in der
Polyurethanchemie bekannten Katalysatoren, wie beispielsweise Organo-Zinn-
Verbindungen, erfolgen. Weiterhin kann vor, während oder nach der Präpolymer
herstellung ein organisches Lösungsmittel verwendet werden, um die Viskosität zu
kontrollieren.
Geeignete Lösungsmittel sind z. B. Aceton, 2-Butanon, Tetrahydrofuran, Dioxan,
Dimethylformamid, N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP), Ethylacetat, Alkylether von
Ethylen- und Propylenglykol und aromatische Kohlenwasserstoffe. Der Einsatz
von mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln ist bevorzugt. Werden niedrigsiedende
Lösungsmittel, wie z. B. Aceton, verwendet, so können diese aus den resultieren
den Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen durch Destillation entfernt werden, und
man erhält vollständig lösemittelfreie Dispersionen. Werden Lösungsmittel mit
höheren Siedepunkten als Wasser, wie z. B. NMP, eingesetzt, so verbleiben diese
Lösungsmittel in den Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen und beschleunigen als
Koaleszenzhilfsmittel die Filmbildung der dispergierten Teilchen.
Vor der Dispergierung des Präpolymeren in Wasser und der Kettenverlängerung
bzw. Vernetzung mit der Komponente (F) müssen die im Präpolymeren vorliegen
den potentiellen ionischen Gruppen durch Neutralisation in ionische Gruppen
umgewandelt werden. Zur Neutralisation werden, insbesondere bei der Verwen
dung von carboxylgruppenaufweisenden Aufbaukomponenten (C), bevorzugt terti
äre Amine eingesetzt. Derartige tertiäre Amine sind beispielsweise Triethylamin,
Tri-n-butylamin, N-Methylmorpholin, N,N-Dimethylethanolamin, N-Methylpi-peri
din, N-Methylpiperazin und Triethanolamin. Auch die Verwendung von anorgani
schen Basen, wie Natriumhydroxid oder Kaliumhydroxid als Neutralisationsmittel
ist, wenn auch weniger bevorzugt, möglich. Erwähnt sei auch die Möglichkeit, die
Komponente (C) bereits in neutralisierter Form bei der Präpolymerherstellung
einzusetzen. Durch die Neutralisation der potentiellen ionischen Gruppen wird,
eventuell mit zusätzlichen nichtionischen Aufbaukomponenten (D), dafür gesorgt,
daß die Bildung stabiler wäßriger Dispersionen gewährleistet ist. Im allgemeinen
werden mindestens 80%, bevorzugt jedoch 100%, der potentiellen ionischen
Gruppen durch Neutralisation in ionische Gruppen überführt. Die Neutralisations
reaktion erfolgt dabei in der Regel bei Temperaturen von unter 100°C und
bevorzugt im Temperaturbereich von 30 bis 80°C.
Die Überführung der neutralisierten NCO-haltigen Präpolymeren in wäßrige Dis
persionen erfolgt nach den in der Polyurethanchemie bekannten Methoden. Eine
Möglichkeit besteht in der Zugabe des Dispergierwassers, welches die Kompo
nente (F) enthält, zum Präpolymeren. Bei diesem Verfahren bildet das organische
Präpolymer zunächst die kontinuierliche Phase. Bei weiterer Zugabe von Wasser
findet eine Phasenumkehr statt, und das Wasser wird zur kontinuierlichen Phase.
Bei der zweiten Möglichkeit der Dispergierung wird das neutralisierte Präpolymer
zum Dispergierwasser gegeben. Die Komponente (F) kann dabei im Dispergier
wasser vorgelegt sein oder alternativ erst nach der Dispergierung des Präpolyme
ren zugesetzt werden.
Der Dispergierschritt erfolgt bevorzugt in einem Temperaturbereich von 20 bis
40°C. Dabei kann die Dispergierbarkeit der Präpolymeren in Wasser durch den
zusätzlichen Einsatz von externen Emulgatoren verbessert werden.
Die Komponente (F) besteht aus einem Gemisch eines oder mehrerer Diamine mit
einem Polyamin der Funktionalität < 2. Die Diamine führen zu einer Kettenverlän
gerung der Präpolymeren, während durch das Polyamin mit der Funktionalität < 2
zusätzlich Vernetzungsstellen in das Molekül eingebaut werden. Da die Umsetzung
des Präpolymeren mit den Bestandteilen der Komponente (F) im wäßrigen Me
dium stattfindet, zeichnen sich die Verbindungen der Komponente (F) durch eine
weitaus höhere Reaktivität gegenüber Isocyanatgruppen aus als Wasser. Die
Menge an zu verwendender Komponente (F) hängt von den noch vorhandenen,
nicht umgesetzten Isocyanatgruppen des Präpolymeren ab.
Geeignete Diamine sind beispielsweise 1,2-Diaminoethan, 1,6-Diaminohexan,
Piperazin, 2,5-Dimethylpiperazin, 1-Amino-3-aminomethyl-3,5,5-trimethylcyclo
hexan, 4,4,-Diaminodicylo-hexylmethan, 1,4-Diaminocyclohexan und/oder 1,2-Pro
pylendiamin. Als Kettenverlängerer geeignet sind auch Hydrazin, Aminosäurehy
drazide, Bishydrazide und Bis-semicarbazide.
Beispiele für Polyamine mit einer Funktionalität von < 2 sind Diethylentriamin,
Triethylentetramin, Tetraethylenpentamin, Pentaethylen-hexamin, Polyethylenimine
und Melamin.
Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen, die die erfindungsgemäße Zusammenset
zung aufweisen und nach den beschriebenen Verfahren hergestellt wurden, sind
sehr feinteilig, lagerstabil und weisen pH-Werte im Bereich von 6 bis 9 auf. Die
Festkörpergehalte liegen zwischen 20 und 60 Gew.-%, insbesondere zwischen 25
und 45 Gew.-%. Der Gehalt an organischen Lösungsmitteln beträgt maximal 15
Gew.-%. Die erfindungsgemäßen Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen liefern
nach der physikalischen Trocknung Überzüge mit sehr guter Chemikalien- und ins
besondere einer sehr guten Ethanolbeständigkeit.
Die neuen Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen lassen sich als Lackbindemittel
für die Beschichtung von beliebigen Substraten einsetzen. Hierzu zählen orga
nische und anorganische Materialien, wie Glas, Holz, Metalle, Kunststoffe, Leder
und Papier.
Die erfindungsgemäßen Polyurethanpolyharnstoff-Dispersionen können als alleini
ges Bindemittel eingesetzt werden. Es besteht aber die Möglichkeit, mit anderen
Dispersionen, wie Polyvinylacetat-, Polyethylen-, Polystyrol-, Polybutadien-,
Polyvinylchlorid-, Polyacrylat- und Copolymerisat-Kunststoffdispersionen zu ver
schneiden. Ferner können die in der Lacktechnologie üblichen Hilfsstoffe und
Additive, wie Pigmente, Füllstoffe, Weichmacher, Mattierungsmittel, Koaleszenz
mittel, Wachse, Entschäumer und Netzmittel, in die erfindungsgemäßen Dispersio
nen eingearbeitet werden.
Die Applikation der Lacke erfolgt nach den üblichen Methoden der Lack
technologie, beispielsweise durch Spritzen, Gießen, Tauchen oder Walzen.
Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung erläutern, ohne sie zu beschrän
ken.
In einem 1-l-Reaktionsgefäß mit Rühr-, Kühl- und Heizvorrichtung werden 56,0 g
Desmophen 1200 (schwach verzweigtes Polyesterpolyol der Firma Bayer;
OH-Gehalt = ca. 5 Gew.-%), 8,3 g Neopentylglykol, 2,0 g Trimethylolpropan, 15,0 g
Polyethylenglykolmonomethylether mit einem Molekulargewicht von 750, 5,0 g
Dimethylolpropionsäure und 95,9 g 4,4′-Diiso-cyanatdicyclohexylmethan (= Des
modur W) bei Raumtemperatur eingewogen und in 78,7 g N-Methylpyrrolidon
(NMP) gelöst. Anschließend werden 0,18 g Dibutylzinndilaurat zugegeben und der
Ansatz auf 65°C erwärmt und 5 Stunden bei dieser Temperatur gerührt. Dann wird
der Ansatz auf Raumtemperatur abgekühlt, wobei bei ca. 45°C 3,7 g Triethylamin
zur Neutralisation der Dimethylolpropionsaure zugesetzt werden. Die erhaltene
Präpolymerlösung wird unter kräftigem Rühren bei ca. 25°C in 250 g Wasser
dispergiert. Zur gebildeten Dispersion wird abschließend ein in 25 g Wasser
gelöstes Gemisch von 3,6 g Ethylendiamin und 4,1 g Diethylentriamin gegeben.
Die erhaltene Dispersion besitzt einen Festkörpergehalt von 34,7 Gew.-% und
einen NMP-Gehalt von 14,5 Gew.-%. Der pH-Wert liegt bei 7,6, und die
Auslaufzeit (gemessen im DIN-4-Becher) beträgt 18 s.
In einem 1-l-Reaktionsgefäß mit Rühr-, Kühl- und Heizvorrichtung werden 81,5 g
Desmophen 1695 (lineares Polyesterpolyol der Firma Bayer; OH-Gehalt = ca.
3,4 Gew.-%), 9,7 g Neopen-tylglykol, 3,0 g Trimethylolpropan, 11,5 g Dimethylol
propionsäure und 123,4 g 4,4,-Diisocyanatdicyclohexylmethan (= Desmodur W)
bei Raumtemperatur eingewogen und in 98,4 g N-Methylpyrrolidon (NMP) gelöst.
Anschließend werden 0,23 g Dibutylzinndilaurat zugegeben und der Ansatz auf
75°C erwärmt und 3 Stunden bei dieser Temperatur gerührt. Dann wird der Ansatz
auf Raumtemperatur abgekühlt, wobei bei ca. 45°C 8,6 g Triethylamin zur Neutra
lisation der Dimethylolpropionsäure zugesetzt werden. Die erhaltene Präpolymer
lösung wird unter kräftigem Rühren bei ca. 25°C in 315 g Wasser dispergiert. Zur
gebildeten Dispersion wird abschließend ein in 30 g Wasser gelöstes Gemisch von
4,6 g Ethylendiamin und 5,3 g Diethylentriamin gegeben. Die erhaltene Dispersion
besitzt einen Festkörpergehalt von 34,6 Gew.-% und einen NMP-Gehalt von 14,2
Gew.-%. Der pH-Wert liegt bei 7,7, und die Auslaufzeit (gemessen im DIN-4-
Becher) beträgt 20 s.
In einem 1-l-Reaktionsgefäß mit Rühr-, Kühl- und Heizvorrichtung werden 85,4 g
Oxyester T 1136 (lineares Polyesterpolyol der Firma Hüls; OH-Zahl = 107 mg
KOH/g Polyester), 13,2 g Neopentylglykol, 11,5 g Dimethylolpropionsäure und
123,4 g 4,4′-Diisocyanatdicyclohexylmethan (= Desmodur W) bei Raumtemperatur
eingewogen und in 84,5 g N-Methylpyrrolidon (NMP) gelöst. Anschließend wer
den 0,23 g Dibutylzinndilaurat zugegeben und der Ansatz auf 75°C erwärmt und 3
Stunden bei dieser Temperatur gerührt. Dann wird der Ansatz auf Raumtemperatur
abgekühlt, wobei bei ca. 45°C 8,6 g Triethylamin zur Neutralisation der
Dimethylolpropionsäure zugesetzt werden. Die erhaltene Präpolymerlösung wird
unter kräftigem Rühren bei ca. 25°C in 335 g Wasser dispergiert. Zur gebildeten
Dispersion wird abschließend ein in 30 g Wasser gelöstes Gemisch von 4,6 g
Ethylendiamin und 5,3 g Diethylentriamin gegeben. Die erhaltene Dispersion
besitzt einen Festkörpergehalt von 34,7 Gew.-% und einen NMP-Gehalt von
12 Gew.-%. Der pH-Wert liegt bei 7,7, und die Auslaufzeit (gemessen im DIN-4-
Becher) beträgt 17 s.
Bei diesem Vergleichsbeispiel wird auf die Mitverwendung der Komponente (B)
verzichtet.
In einem 1-l-Reaktionsgefäß mit Rühr-, Kühl- und Heizvorrichtung werden 100 g
Desmophen 1200 (schwach verzweigtes Polyesterpolyol der Firma Bayer; OH-Ge
halt = ca. 5 Gew.-%), 10,0 g Polyethylenglykolmonomethylether mit einem Mole
kulargewicht von 750, 10,0 g Dimethylolpropionsäure und 95,9 g 4,4′-Diiso
cyanatdicyclohexylmethan (= Desmodur W) bei Raumtemperatur eingewogen und
in 92,5 g N-Methylpyrrolidon (NMP) gelöst. Anschließend werden 0,18 g Dibutyl
zinndilaurat zugegeben und der Ansatz auf 65°C erwärmt und 5 Stunden bei dieser
Temperatur gerührt. Dann wird der Ansatz auf Raumtemperatur abgekühlt, wobei
bei ca. 45°C 7,5 g Triethylamin zur Neutralisation der Dimethylolpropionsäure
zugesetzt werden. Die erhaltene Präpolymerlösung wird unter kräftigem Rühren
bei ca. 25°C in 290 g Wasser dispergiert. Zur gebildeten Dispersion wird
abschließend ein in 25 g Wasser gelöstes Gemisch von 3,6 g Ethylendiamin und
4,1 g Diethylentriamin gegeben. Die erhaltene Dispersion besitzt einen Festkörper
gehalt von 35 Gew.-% und einen NMP-Gehalt von 14,5 Gew.-%. Der pH-Wert
liegt bei 7,2, und die Auslaufzeit (gemessen im DIN-4-Becher) beträgt 20 s.
Es handelt sich hier um kommerziell erhältliche Polyurethan-Dispersionen, die
nach Angaben der Hersteller auf der Basis von Polyesterpolyolen hergestellt
wurden. Im einzelnen wurden folgende Produkte mit den erfindungsgemäßen Dis
persionen verglichen:
NeoRez R-961 und NeoRez R-974 (Handelsprodukte der Firma Zeneca) sowie U 710 und U 910 (Handelsprodukte der Firma Alberdingk Boley).
NeoRez R-961 und NeoRez R-974 (Handelsprodukte der Firma Zeneca) sowie U 710 und U 910 (Handelsprodukte der Firma Alberdingk Boley).
Zusätzlich wurde noch mit NeoRez R-985 (Handelsprodukt der Firma Zeneca)
eine Polyurethan-Dispersion auf Basis eines Polycarbonatdiols in die Untersu
chungen miteinbezogen.
Die Chemikalienbeständigkeiten wurden auf Holz (Esche) ausgeprüft. Zu diesem
Zweck wurde die Holzoberfläche mit einem Schleifpapier leicht vorgeschliffen und
der Schleifstaub abgewischt. Mittels eines Kastenrakels wurden dann von den
abzuprüfenden Dispersionen Aufzüge mit 120 µm Naßfilmdicke auf die Holz
prüffläche aufgezogen. Anschließend wurden die Naßfilme 24 Stunden bei 50°C
getrocknet. Die Lackoberflächen wurden dann geschliffen und der Schleifstaub
entfernt. Dann erfolgte ein zweiter Aufzug mit 120 µm Naßfilmdicke. Es wurde
erneut 24 Stunden bei 50°C getrocknet.
Nach Abkühlen auf Raumtemperatur wurden für die Überprüfung der Chemika
lienbeständigkeiten auf die erhaltenen Prüfflächen ca. 1 × 1 × 1 cm große, mit dem
Prüfmittel getränkte Filzstücke gelegt und mit einem Schraubdeckel abgedeckt.
Nach einer definierten Belastungszeit wurde das Filzstück entfernt und die
Prüffläche mit einem Papiertuch gereinigt. Folgende Chemikalien wurden gemäß
DIN 68861 ausgeprüft:
- - Ethanol (48 Vol.%ig in entionisiertem Wasser, Belastungsdauer 1 Stunde)
- - Wasser (entionisiertes Wasser, Belastungsdauer 16 Stunden)
- - Ammoniak (10 gew.%ige Lösung in Wasser, Belastungsdauer 1 Stunde)
- - Dibutylphthalat (Belastungsdauer 16 Stunden)
- - Aceton (Belastungsdauer 10 s)
- - Kaffee (gelöster Pulverkaffee; Belastungsdauer 1 Stunde).
Die Prüfflächen wurden nach Lagerung von 24 Stunden nach folgender Notenskala
beurteilt:
Note 0: Keine sichtbaren Veränderungen.
Note 0: Keine sichtbaren Veränderungen.
Note 1: Eben erkennbare Änderungen in Glanz oder Farbe.
Note 2: Leichte Veränderungen in Glanz oder Farbe; die Struktur der Prüffläche
ist nicht verändert.
Note 3: Starke Markierungen sichtbar; die Struktur der Prüffläche ist jedoch
weitgehend unbeschädigt.
Note 4: Starke Markierungen sichtbar; die Struktur der Prüffläche ist verändert.
Note 5: Prüffläche stark verändert bzw. zerstört.
Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammen
gestellt. Es wird ersichtlich, daß die erfindungsgemäßen Polyurethanpolyharnstoff-
Dispersionen deutlich bessere Chemikalienbeständigkeiten aufweisen als die kom
merziell erhältlichen Polyurethan-Dispersionen auf Polyesterbasis. Auch die Be
ständigkeiten der Dispersion auf Basis des Polycarbonatdiols werden übertroffen.
Claims (4)
1. Polyurethanharnstoff-Dispersionen erhältlich durch Umsetzung von
- (A) 15 bis 50 Gew.-%, bevorzugt 20 bis 40 Gew.-%, eines linearen und/oder schwach verzweigten Polyesterpolyols mit einem Moleku largewicht von 500 bis 6000,
- (B) 2 bis 10 Gew.-%, bevorzugt 3 bis 7 Gew.-%, eines oder mehrerer Polyole mit einem Molekulargewicht < 500,
- (C) 1 bis 10 Gew.-% mindestens einer im Sinne der Isocyanatreaktion mono und/oder difunktionellen Verbindung, die zusätzlich anio nische Gruppen bzw. in anionische Gruppen umwandelbare funktio nelle Gruppen enthält,
- (D) 0 bis 15 Gew.-% eines hydrophilen, Ethylenoxideinheiten aufwei senden ein- oder zweiwertigen Alkohols des Molekulargewichtsbe reiches 600 bis 3000,
- (E) 30 bis 70 Gew.-%, bevorzugt 40 bis 60 Gew.-%, eines oder meh rerer Polyisocyanate, wobei mindestens 70 Gew.-% der Polyiso cyanatkomponente aus einem oder mehreren cycloaliphatischen Diisocyanaten besteht,
sowie anschließender Kettenverlängerung bzw. Vernetzung des resultierenden
Produktes aus (A) bis (E) mit
- (F) 0,5 bis 10 Gew.-% eines Gemisches eines oder mehrerer Diamine mit einem Polyamin der Funktionalität < 2, wobei mindestens 20 Gew.-% der Komponente (F) aus dem Polyamin der Funktionalität < 2 bestehen, wobei die Komponenten (A)-(F) in Summe stets 100% ergeben.
2. Verwendung von Polyurethanharnstoff-Dispersionen gemäß Anspruch 1 als
Lackbindemittel.
3. Beschichtungen, hergestellt mit Polyurethanharnstoff-Dispersionen gemäß
Anspruch 1.
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