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Verfahren zur selektiven Entfernung von Zinn aus Werkblei oder zinnhaltigen
Bleilegierungen Bei der Bleiraffination auf trockenem Wege zur Entfernung der Metalle
As, Sb, Sn und Zn aus einer diese Metalle als Verunreinigung enthaltenden Bleischmelze
wird bei den in Anwendung stehenden oder vorgeschlagenen Verfahren die unterschiedliche
Affinität dieser Metalle zum Sauerstoff gegenüber der Affinität des Sauerstoffs
zum Blei benutzt.
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Die klassische Bleiraffination im Flammofen läßt Luft über eine ruhende
Badfläche streichen und benutzt das an der Oberfläche des Bleibades sich bildende
Bleioxyd als Sauersto-ffüberträger für die in der Grenzschicht der Badoberfläche
befindlichen Verunreinigungen. Dieses Verfahren führt auf Grund der verschiedenen
Sauerstoffaffinitäten nur dann zu einer selektiven Entfernung der verunreinigenden
Metalle, wenn deren Diffusionsgeschwindigkeiten vom Badinnern zur Oberfläche mit
ihren Oxydationsgeschwindigkeiten übereinstimmen. Die Oxydationsgeschwindigkeit
ist weitgehend von der angewandten Temperatur abhängig, während die Diffusion außer
von der Temperatur noch von den vorhandenen Konzentrationen der Verunreinigungen
im Bleibad und von der Zähigkeit des Bades abhängt. Man erreicht daher eine selektive
Entfernung der Verunreinigungen nur durch langsame Prozeßführung und durch Einhaltung
von für die verschiedenen Metalle spezifischen Temperaturen.
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Es hat daher nicht an Bemühungen gefehlt, diese klassische Raffinationsmethode,
die wegen ihrer zeitraubenden Durchführung teuer und daher bei extrem hohen Konzentrationen
der verunreinigenden Metalle unwirtschaftlich wird, dadurch zu beschleunigen, daß
man einmal intensivere Sauerstoffüberträger als das träge Bleioxyd in Anwendung
brachte und andererseits die beim klassischen Verfahren notwendige Diffusion der
zu entfernenden Verunreinigungen zur Badoberfläche durch Einrühren des Sauerstoffüberträgers
in das Bad oder durch Durchpumpen desselben durch das Bad oder umgekehrt vermied.
Als Sauerstoffüberträger stehen dabei in Anwendung oder sind vorgeschlagen worden:
Luft und Wasserdampf, Salpeter und Ätznatron oder ein Gemisch dieser beiden bzw.
Bleioxyd enthaltende Schmelzen oder Bleiaschen, Chloride des Zinks und des Bleies
oder Gemische dieser Metallchloride mit den Oxyden dieser Metalle sowie Gemische
von Schwefel und Ätznatron.
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Alle diese letztgenannten in Anwendung stehenden oder vorgeschlagenen
Verfahren erreichen bekanntlich eine intensive Beschleunigung der Oxydation der
verunreinigenden Metalle und damit ihre rasche Entfernung aus dem Bleibad. Sie können
jedoch eine gewisse Vermischung der zu entfernenden Metalle in den erzeugten Produkten
nicht vermeiden. Diese Vermischung ist dabei um so intensiver, je ungünstiger die
Konzentrationsverhältnisse der verunreinigenden Metalle untereinander sind. So besitzen
die aus Erzen, bleiischen Produkten oder Altmaterialien erschmolzenen Werkbleisorten
meistens eine gegenüber Zinn hohe Konzentration an Antimon, so daß ein Teil des
Sb gemeinsam mit dem Sn entfernt wird und sich folglich im Sn-Produkt wiederfindet.
Es müssen deshalb teure und umständliche Trennungsmethoden auf trockenem oder nassem
Wege angewandt werden, um diese beiden Metalle aus dem Raffinationsprodukt getrennt
zu gewinnen. Besonders schwierig, zeitraubend und mit hohen Antimonverlusten ist
daher z. B. die getrennte Gewinnung des Zinns aus Rohhartbleiprodukten verbunden.
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Weiterhin ist es gemäß der deutschen Patentschrift 241 483 bekannt,
bei der Bleiraffination, und zwar zum Entzinken von Bleibädern, Bleiaschen zu verwenden,
die auf Grund ihres Gehaltes an Bleioxyd die Oxydation vor sich gehen lassen. Diese
Oxydation wird durch den Gehalt an neutralen Salzen, beispielsweise durch Blei-
oder Zinkchloride, begünstigt, indem nämlich diese neutralen Salze als Zwischenträger
oder als Katalysator wirken, d. h. letzten Endes nicht verändert werden und wieder
in der ursprünglichen Form zurückgewonnen werden können. Auf dem gleichen Gedanken
beruht ein weiteres Verfahren zur Entzinnung gemäß der USA.-Patentschrift 2 235
423. Hier dienen nur geringe Spuren an neutralen Salzen, wie Bleichlorid und eventuell
Zusätze von Bleioxyd, zur Begünstigung der Oxydation, die bei diesem Verfahren durch
beliebige Mittel, wie beispielsweise Durchblasen von Luft oder auch durch innig
mit der Schmelze zu vermischende Oxydationsmittel bekamiter
Art,
wie z. B. Salpeter od. dgl., vorgenommen wird.
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Erfindungsgemäß wurde nun gefunden, daß sich eine selektive Entzinnung
derartiger Bleibäder unter Verwendung von oxydierenden Stoffen, wie z. B. Pb 0 und
P1) Cl" und mittels eines Rührwerkes durchführen läßt, indem das flüssige Metallbad
mit an sich bei der Bleiraffination bekannten Flugaschen in Form von Pb-Zn-Cl-S-haltigen
Aschen, deren Metalle untergeordnet als Oxyde und Sulfate, vorwiegend jedoch als
Chloride und Oxychloride vorliegen, sowie mit einem Zusatz von Soda oder Kalk und
Soda bei Temperaturen von 500° C durchgeführt wird.
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Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, daß das Metallbad auf je 1 kg
des darin vorhandenen Zinns mit etwa 1 bis 1,5 kg Bleiflugstaub und 0,1 bis 0,15
kg Soda bzw. eines Gemisches von Soda und Kalk behandelt wird. Insbesondere kann
das Verfahren bei höherem Zinngehalt im Blei mehrstufig durchgeführt ,werden. Die
Mito xydation von Blei wird vorzugsweise dadurch begrenzt, daß der erzeugte Zinnabstrich
unabhängig vom Zinngehalt des Bleibades mehr als 25% Zinn enthält.
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Die besonders gute Wirkung und schnelle Entfernung des Zinns läßt
sich dadurch erklären, daß durch den basischen Zusatz von Soda oder Kalk und Soda
die Bildung und Stabilität des basischen Salzes, nämlich des Bleioxydchlorids, begünstigt
wird. Dieses Bleioxy dchlorid beeinflußt die Zinnoxydation, bei welcher der Sauerstoff
des Bleioxyds der Flugasche letzten Endes als Sauerstofflieferant dient, dahingehend,
daß das Zinn sehr viel schneller und intensiver quantitativ aus dem Bad entfernt
wird. Außerdem wird fernerhin erreicht, daß das Arbeiten an den Schmelzkesseln weniger
gesundheitsschädlich ist, da sich nach anfänglicher Schmelzbildung ein stets das
gesamte Bad abdeckender, krümeliger und zuletzt lockerer, trockener Abstrich bildet.
Dieser lockere, trockene Abstrich schützt weiterhin das Bad gegen zu starken Luftzutritt,
welcher mitoxydierend auf die Metallbadoberfläche wirken kann.
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Es ist nun gefunden worden, daß man das Zinn bis auf jede gewünschte
Grenze quantitativ und `sehr schnell aus dem Bad entfernen kann, und zwar unter
Anwendung von Gemischen von Zink, Blei sowie Alkalien in Form von Sulfaten, Chloriden,
Oxyden und Oxychloriden - wie sie bei oxydierend geführten Metallverflüchtigungsprozessen,
z. B. bei entbleiendem Klinkern von Blei, Zink und chlorhaltigen Oxyden, anfallen
- und unter Zugabe von Soda und Kalk. Hierbei greift überraschend der Sauerstoff
der Oxychoride und der Luftsauerstoff nicht das Antimon des Bades an, bevor das
Zinn bis auf Spuren, d. h. etwa 10 g/t, als Zinnoxyd entfernt ist. Unabhängig von
jedem Konzentrationsverhältnis des Zinns zum Antimon - bis zu Antimongehalten eines
Hartbleies von 20% Sb - tritt keine Vermischung des Antimons im Zinnprodukt oder
umgekehrt ein.
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Es wurde des weiteren gefunden, daß man. gute Ergebnisse erhält, wenn
man das Verhältnis des in Anwendung gebrachten Mischoxydes zu Soda und Kalk so einstellt,
daß das erzeugte zinnoxydhaltige Produkt in staubförmigem oder körnigem Zustand
auf dem Bleibad anfällt. Dabei findet bei der Durchführung der an sich leichter
schmelzenden komplexen Bleioxyde, -chloride und -oxychloride - bedingt durch chemische
Umsetzung der Soda oder des Kalks zu höher schmelzenden Oxyden, wie Pb
0 und besonders Zn O sowie zu Na Cl bzw. Ca C12 - eine Vergrößerung der mit
dem Zinn reagierenden Oberfläche des Oxydationsmittels statt. Etwa noch anhaftendes
metalllisches Pb wird dadurch leicht von dem zinnoxydhaltigen Produkt abtrennbar.
Dadurch kann man Sn-Gehalte im anfallenden Zinnoxydprodukt unabhängig von dem Sn-Gehalt
des Bleibades auf eine gewünschte Höhe zwischen 20 und 40% bringen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ergibt gegenüber allen bekannten Verfahren,
die mit Gemischen von Metalloxyden und -chloriden arbeiten, den Vorteil, daß die
vorhandenen oder durch chemische Umsetzung gebildeten leicht flüchtigen Metallchloride
durch die zugesetzte Soda zu Oxyden und Kochsalz umgesetzt werden, so daß Verluste
an Metall und eine Belästigung der Ofenbedienung vermieden werden.
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Die Aufarbeitung des anfallenden zinnoxydhaltigen Produktes kann in
bekannter Weise in einem Kurztrommelofen unter Zuschlag von Reduktionsmitteln und
Soda erfolgen. Es kann dabei eine Zinn-Blei-Legierung und eine zinnarme Schlacke
erzeugt werden, wobei das im zinnoxydhaltigen Produkt enthaltene Kochsalz in Verbindung
mit überschüssiger Soda, wie an sich bekannt, die Erzeugung einer dünnflüssigen
Schlacke unterstützt.
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Zur Ausführung des Verfahrens gemäß der Erfindung wird dem in einem
Kessel befindlichen Bleibad nach in bekannter Weise durchgeführter Entkrätzung und
Entkupferung bei einer Temperatur von etwa 500 bis 530° C und laufendem Rührwerk
je kg Zinn eine Mischoxydmenge von z. B. 1 bis 1,5 kg mit einem Gehalt von etwa
45% Pb, 10% Zn, 10 bis 15% Cl, 2'% S und 0,1 bis 0,15 kg Soda oder ein Gemisch von
Soda und Kalk zugesetzt. Es gelingt bei dieser Arbeitsweise, das Zinn mit der hohen
Geschwindigkeit von etwa 10 bis 20 kg Sn/m2 Kesselfläche/h zu entfernen, also mit
einer höheren Geschwindigkeit als die der bekannten Verfahren. Dadurch werden wesentliche
Einsparungen an Brennstoff und Löhnen sowie eine erhöhte Ausnutzung der bestehenden
Anlagekapazität erreicht.
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Der anfallende Zinnabstrich schwankt in seiner Konzentration zwischen
20, und 40'°/o Sn neben 30 bis 501/e Pb, 50 bis 80 g/t Ag, 5 bis 81/o Zn, 5 bis
10% Cl und 3 bis 5% Alkali und Erdalkali mit geringen Gehalten von etwa 0,5 bis
1,5% Sb. Bei der Raffination von Hartblei kann dabei im Zinnabstrich durch das diesem
gegebenenfalls noch anhaftende Hartblei noch ein etwas höherer Gehalt an Antimon
auftreten. Der Zinngehalt des Produktes ist abhängig von der Höhe der Zinnkonzentration
im zu raffinierenden Blei und kann durch Repetition auf jede gewünschte Höhe bis
zu 45% Sn gesteigert werden. Es ist vorteilhaft, wenn stets die gesamte Menge an
Zusätzen, berechnet für jeweils 0,4 bis 0,5% Sn im Blei, auf einmal zugegeben wird.
Nach anfänglicher Schmelzbildung entsteht nach kurzer Zeit ein stets das gesamte
Bad abdeckender krümeliger und zuletzt lockerer, trockener Abstrich. Durch diese
Arbeitsweise wird unterbunden, daß auch die Luft zu stark mit oxydierend auf die
Metallbadoberfläche wirkt. Bei höheren Zinngehalten im Blei kann das Verfahren vorteilhaft
mehrstufig durchgeführt werden.
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Betriebsmäßig durchgeführte Ausführungsbeispiele 1. Etwa 60 t entkupfertes
Werkblei mit 1,12% Sn und 1,6% Sb im Vorlauf wurden innerhalb 8 Stunden bei einem
Gesamtzusatz von 1000 kg komplexem Bleioxyd mit einem Gehalt von etwa 45% Pb, 10%
Zn, 15 % Cl, 2 % S und einer Mischung von 80 kg Soda und 40 kg Kalk in vier Stufen
mit einer jeweiligen Raffinationszeit von 2 Stunden auf 0,06% entzinnt.
Die
Kesseloberfläche betrug 8,3 qm. Die Oxydationsgeschwindigkeit errechnet sich auf
10 kg Sn/m2 - h. Die Konzentration des Zinns im erzeugten Abstrich lag bei 28% Sn,
0,7°/o Sb neben im Durchschnitt 45'% Pb.
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2. Etwa 60 t entkupfertes Werkblei mit 0,84% Sn und 1,2% Sb im Vorlauf
wurden zweistufig bei einer jeweiligen Raffinierzeit von 2 Stunden und einer Temperatur
von 500° C mit einem Zusatz von jeweils 400 kg Bleirohoxyd und einer Mischung von
20 kg Soda und 20, kg Kalk entzinnt. Bei einem Endgehalt von 0,02% Sn wurden in
der ersten Stufe 22,8 kg 5I1/m2 - h, bei der zweiten Stufe 6,9 kg Sn/m2 - h entfernt,
also im Durchschnitt 15 kg Sn/m2 - h. Der Sn-Gehalt im Abstrich lag bei 27 % neben
0,8% Sb.
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3. Etwa 60 t entkupfertes Werkblei wurden von 0,36% Sn neben 1,5%
Sb auf 0,009°/o Sn einstufig unter Zusatz von 300 kg Bleirohoxyd und 30 kg Soda
bei einer Raffinationszeit von 2 Stunden und einer Temperatur von 500° C entzinnt.
Der Abstrich hatte 20,3,1/o Zinn und nur 0,5% Sb; die Oxydationsgeschwindigkeit
lag bei 14,5 kg Sn/m2. h.
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4. Etwa 80 t Werkblei mit 0,6% Sn und 1,75% Sb wurden mit 700 kg zu
repetierendem Sn-Abstrich mit 16% Sn abgedeckt, der aus einem Blei mit 0,1% Sn unter
Zusatz von 150 kg Bleirohoxyd und 15 kg Soda erzeugt wurde. Nach dem Aufheizen des
Bleibades auf 500° C wurden zur Entzinnung noch 200 kg Bleirohoxyd und 20 kg Soda
zugesetzt. Innerhalb von 21/2 Stunden sank der Sn-Gehalt einstufig bis auf 0,01%
Sn im Blei. Die Konzentration des Zinns im Abstrich war von 16 auf 37% Sn neben
1,50/a Sb gestiegen, gleichzusetzen mit einer Oxydationsgeschwindigkeit von 22 kg
Sn/m2 Kesselfläche/h.
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5. Etwa 65 t Hartblei mit 20,2% Sb und 0,55% Sn wurden innerhalb von
61/2 Stunden dreistufig bis auf 0,005% Sn mit einem Gemisch von insgesamt 700 kg
Bleirohoxyd, 35 kg Soda und 35 kg Kalk entzinnt. Die Analyse des erzeugten Zinnabstrichs
lautete: 35,08% Pb, 23,06% Sn, 4,6% Sb.
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Die Oxydationsgeschwindigkeit lag bei 8,3 kg Sn/m2 Kesselfläche/h.