DE10331956B3 - Hörhilfegerät sowie Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegerätes mit einem Mikrofonsystem, bei dem unterschiedliche Richtcharakteistiken einstellbar sind - Google Patents
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Abstract
Bei einem Hörhilfegerät mit einem Richtmikrofonsystem (1, 2, 3) soll die Klangqualität insbesondere in einer leisen Hörumgebung verbessert werden. Die Erfindung schlägt hierzu vor, die Signalverzögerung bei wenigstens einem Mikrofonsignal (R1, R2) derart zu vergrößern, dass in dem Frequenzgang des Mikrofonsystems (1, 2, 3) eine Anhebung der Übertragungsfunktion erfolgt, wodurch sich auch das Signal-Rausch-Verhältnis verbessert, indem der Anteil des Mikrofonrauschens in dem Mikrofonausgangssignal (RA) abnimmt. Die Erfindung bietet dadurch den Vorteil, dass insbesondere in einer leisen Hörumgebung das Mikrofonrauschen reduziert wird.
Description
- Die Erfindung betrifft Hörhilfegeräte sowie Verfahren zum Betrieb von Hörhilfegeräten mit einem Mikrofonsystem zur Aufnahme eines akustischen Eingangssignals und Abgabe eines Mikrofonausgangssignals, einer Signalverarbeitungseinheit und einem Ausgangswandler zur Abgabe eines Ausgangssignals.
- In modernen Hörhilfegeräten finden Einrichtungen zur Klassifikation von Hörsituationen Verwendung. Je nach Hörsituation werden die Übertragungsparameter des Hörhilfegerätes automatisch variiert. Dabei kann die Klassifikation u.a. Einfluss haben auf die Wirkungsweise von Störgeräuschunterdrückungsalgorithmen als auch auf das Mikrofonsystem. So wird beispielsweise je nach erkannter Hörsituation gewählt (diskret umgeschaltet bzw. kontinuierlich übergeblendet) zwischen einer omnidirektionalen Richtcharakteristik (Richtcharakteristik nullter Ordnung) und einer deutlichen Richtwirkung des Mikrofonsystems (Richtcharakteristik erster oder höherer Ordnung). Zur Erzeugung der Richtcharakteristik werden Gradientenmikrofone verwendet oder mehrere omnidirektionale Mikrofone elektrisch miteinander verschaltet. Derartige Mikrofonsysteme zeigen ein frequenzabhängiges Übertragungsverhalten, bei dem ein deutlicher Abfall zu tiefen Frequenzen zu verzeichnen ist. Das Rauschverhalten der Mikrofone ist dagegen frequenzunabhängig und gegenüber einem omnidirektionalen Mikrofon geringfügig verstärkt. Zum Erreichen eines natürlichen Klangeindrucks muss der Hochpassfrequenzgang des Mikrofonsystems durch Verstärkung der tiefen Frequenzen ausgeglichen werden. Dabei wird das im tiefen Frequenzbereich vorhandene Rauschen ebenfalls verstärkt und unter Umständen deutlich und störend. hörbar, während leise Geräusche vom Rauschen verdeckt werden.
- Aus der
DE 101 14 101 A1 ist ein Verfahren zum Verarbeiten eines Eingangssignals in einer Signalverarbeitungseinheit eines Hörgerätes bekannt. Das bekannte Hörgerät weist in einer Ausführungsform zwei Mikrofone auf, wobei an ein Mikrofon ein Verzögerungselement angeschlossen ist, dessen Verzögerung in Abhängigkeit von dem Ergebnis einer Modulationsanalyse eingestellt wird, um die Signalverarbeitung und die Störgeräuschreduktion zu verbessern. - Aus der WO 00/76268 A2 ist ein Hörhilfegerät bekannt mit einer Signalverarbeitungseinheit und mindestens zwei Mikrofonen, die zur Bildung von Richtmikrofonsystemen unterschiedlicher Ordnung miteinander verschaltbar sind, wobei die Richtmikrofonsysteme ihrerseits in von der Frequenz der von den Mikrofonen abgegebenen Mikrofonsignale abhängiger Gewichtung miteinander verschaltbar sind. In Abhängigkeit des Ergebnisses einer Signalanalyse kann die Grenzfrequenz zwischen benachbarten Frequenzbändern, bei denen eine unterschiedliche Gewichtung der Mikrofonsignale vorgesehen ist, eingestellt werden.
- Aus der
EP 0 942 627 A2 ist ein Hörgerät mit Richtmikrofon-System mit einer Signalverarbeitungseinrichtung, einem Hörer und mehreren Mikrofonen bekannt, deren Ausgangssignale zur Erzeugung einer individuellen Richtmikrofoncharakteristik über Verzögerungseinrichtungen und die Signalverarbeitungseinrichtung in unterschiedlicher Gewichtung miteinander verschaltbar sind. Bei dem Richtmikrofon-System kann die bevorzugte Empfangsrichtung (Hauptrichtung) in Anpassung an eine vorliegende Hörsituation individuell eingestellt werden. - Aus der
US 5,524,056 ist ein Hörgerät mit einem omnidirektionalen Mikrofon und einem direktionalen Mikrofon erster oder höherer Ordnung bekannt. Das Mikrofonsignal des direktionalen Mikrofons wird im Bereich niedriger Signalfrequenzen in seiner Amplitude verstärkt und dem Mikrofonsignal des omnidirek tionalen Mikrofons angeglichen. Sowohl das Mikrofonsignal des omnidirektionalen Mikrofons als auch das Mikrofonsignal des direktionalen Mikrofons sind einer Umschalteinheit zugeführt. In einer ersten Schaltstellung der Umschalteinheit ist das omnidirektionale Mikrofon und in einer zweiten Schaltstellung der Umschalteinheit das direktionale Mikrofon mit einem Hörgeräte-Verstärker verbunden. Die Umschalteinheit kann in Abhängigkeit des Signalpegels eines Mikrofonsignals automatisch umschalten. - Nachteilig bei den bekannten Hörhilfegeräten mit einem Richtmikrofonsystem ist, dass in bestimmten Hörsituationen entweder die Richtwirkung des Mikrofonsystems nicht optimal verwendet wird oder dass ein hoher Grad an Richtwirkung zu einer deutlich hörbaren Verschlechterung der Klangqualität führt. Insbesondere verschlechtert sich bei einem niedrigen Pegel des akustischen Eingangssignals das Signal-Rausch-Verhältnis, was sich bei einem Hörhilfegeräteträger in ruhiger Umgebung durch ein störendes Mikrofonrauschen bemerkbar macht.
- Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Klangqualität eines Hörhilfegerätes mit einem Richtmikrofonsystem zu verbessern.
- Diese Aufgabe wird gelöst durch Hörhilfegeräte mit den Merkmalen gemäß den Ansprüchen 1 oder 2. Ferner wird die Aufgabe gelöst durch Verfahren zum Betrieb von Hörhilfegeräten mit den Merkmalen gemäß den Ansprüchen 3 oder 4.
- Das erfindungsgemäße Hörhilfegerät umfasst ein Mikrofonsystem mit mindestens zwei Mikrofonen, um Richtcharakteristiken nullter und erster Ordnung realisieren zu können. Vorzugsweise sind jedoch mehr als zwei Mikrofone vorhanden, so dass auch Richtcharakteristiken zweiter und höherer Ordnung möglich sind. Weiterhin umfasst das Hörhilfegerät eine Signalverarbeitungseinheit zur Verarbeitung und frequenzabhängigen Verstärkung des von dem Mikrofonsystem erzeugten Mikrofonsignals. Die Signalausgabe erfolgt üblicherweise durch ein akustisches Ausgangssignal mittels eines Hörers. Es sind aber auch andere, z.B. Vibrationen erzeugende Ausgangswandler bekannt.
- Als Richtcharakteristik nullter Ordnung im Sinne der Erfindung ist eine omnidirektionale Richtcharakteristik zu verstehen, die beispielsweise von einem einzelnen, nicht mit weiteren Mikrofonen verschalteten omnidirektionalen Mikrofon hervorgeht. Eine Mikrofoneinheit mit einer Richtcharakteristik erster Ordnung (Richtmikrofon erster Ordnung) kann beispielsweise durch ein einzelnes Gradientenmikrofon oder die elektrische Verschaltung zweier omnidirektionaler Mikrofone realisiert werden. Mit Richtmikrofonen erster Ordnung ist ein theoretisch erreichbarer Maximalwert des Direktiviti-Index (DI) von 6 dB (Hyperniere) zu erreichen. In der Praxis erhält man am KEMAR (einer Standardforschungspuppe) bei optimaler Lage der Mikrofone und bestem Abgleich der von den Mikrofonen erzeugten Signale DI-Werte von 4–4,5 dB. Richtmikrofone zweiter und höherer Ordnung weisen DI-Werte von 10 dB und mehr auf, die beispielsweise für eine bessere Sprachverständlichkeit vorteilhaft sind. Enthält ein Hörhilfegerät ein Mikrofonsystem mit beispielsweise drei omnidirektionalen Mikrofonen, so können auf dieser Basis durch geeignete Verschaltung der Mikrofone gleichzeitig Mikrofoneinheiten mit Richtcharakteristiken nullter bis zweiter Ordnung realisiert werden.
- Ein einzelnes omnidirektionales Mikrofon stellt für sich eine Mikrofoneinheit nullter Ordnung dar. Wird bei zwei omnidirektionalen Mikrofonen das Mikrofonsignal eines Mikrofons verzögert und von dem Mikrofonsignal des anderen Mikrofons subtrahiert, so entsteht eine Mikrofoneinheit erster Ordnung. Wird wiederum bei zwei Mikrofoneinheiten erster Ordnung das Mikrofonsignal einer Mikrofoneinheit verzögert und von dem Mikrofonsignal der zweiten Mikrofoneinheit erster Ordnung subtrahiert, so ergibt sich eine Mikrofoneinheit mit Richtcharakteristik zweiter Ordnung. Auf diese Weise lassen sich – abhängig von der Anzahl omnidirektionaler Mikrofone – Mikrofoneinheiten beliebiger Ordnung realisieren.
- Umfasst ein Mikrofonsystem Mikrofoneinheiten unterschiedlicher Ordnung, so kann zwischen unterschiedlichen Richtcharakteristiken umgeschaltet werden, z.B. durch An- oder Ausschalten eines oder mehrerer Mikrofone. Weiterhin können durch eine geeignete elektrische Verschaltung der Mikrofoneinheiten auch beliebige Mischformen zwischen den Richtcharakteristiken unterschiedlicher Ordnung erzeugt werden. Hierzu werden die Mikrofonsignale der Mikrofoneinheiten unterschiedlich gewichtet und addiert, bevor sie in der Signalverarbeitungseinheit des Hörhilfegerätes weiter verarbeitet und verstärkt werden. So kann auch ein kontinuierlicher, gleitender Übergang zwischen unterschiedlichen Richtcharakteristiken realisiert werden, wodurch sich störende Artefakte beim Umschalten vermeiden lassen.
- Bei zwei omnidirektionalen Mikrofonen, die zur Bildung einer Mikrofoneinheit mit einer Richtcharakteristik erster Ordnung verschaltet sind, wird gewöhnlich bei einem der von den Mikrofonen ausgehenden Mikrofonsignale die Verzögerung des Mikrofonsignals so eingestellt, dass die Laufzeit eines akustischen Eingangssignals zwischen den Schalleintrittsöffnungen der Mikrofone ausgeglichen wird. In der Regel wird die Verzögerung kleiner oder gleich dieser Laufzeit gewählt. Ist die Verzögerung kleiner als die externe Laufzeit zwischen den Schalleintrittsöffnungen der Mikrofone, man spricht hierbei auch von einem "endfire array", so lässt sich am KEMAR (einem standardisierten Kunstkopf) z.B. mit einer Mischform von erster und zweiter Ordnung ein mit dem Artikulierungsindex gewichteter Richtungswert (AI-DI) von bis zu 6,5 dB erreichen. Erhöht man dieses Verhältnis zwischen interner Verzögerung und externer Laufzeit deutlich über 1, so sinkt dieser AI-DI-Wert zunächst rapide ab und verharrt dann aber sehr robust gegenüber Bauteiltoleranzen der Mikrofone und einer weiteren Erhöhung der Verzögerungszeit bei Werten von 4,5–5 dB. Mit zunehmender Verzögerung verändert sich jedoch das Signalübertragungsverhalten der betreffenden Mikrofoneinheit in Bezug auf aus der Hauptrichtung in die Mikrofoneinheit einfallender Schallsignale. Dabei stimmt die Hauptrichtung in der Regel zumindest näherungsweise bei getragenem Hörhilfegerät mit der Geradeaus-Blickrichtung des Hörhilfegeräteträgers überein. Der Frequenzgang der Mikrofoneinheit in Bezug auf derartige akustische Eingangssignale kann in etwa durch die Funktion beschrieben werden. Bei einer Verdoppelung der Summe aus der externen Laufzeit und der internen Verzögerung Dext + Dint ergibt sich dadurch im Bereich niedriger Signalfrequenzen z.B. bei einem Richtmikrofon erster Ordnung eine Zunahme des Mikrofonausgangssignals um ca. 6 dB, bei einem Richtmikrofon zweiter Ordnung eine Zunahme um ca. 12 dB usw. Dabei bleibt das von den Mikrofonen erzeugte Mikrofonrauschen in etwa gleich. Somit lässt sich mit Hilfe der internen, einstellbaren Verzögerungszeit das Signal-Rausch-Verhältnis im Richtmikrofonbetrieb steuern. Wird diese Anpassung in Abhängigkeit von dem Signalpegel des akustischen Eingangssignals adaptiv geregelt, so lässt sich in einer ruhigen Umgebung ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis mit für diese Pegel ausreichenden AI-DI-Werten von 4,5–5 dB erreichen. Steigt der Signalpegel des akustischen Eingangssignals an, kann ein niedrigeres Signal-Rausch-Verhältnis akzeptiert werden, da das dadurch bedingte höhere Mikrofonrauschen von dem akustischen Eingangssignal überdeckt wird. So ist mit Hilfe der situationsgesteuerten Einstellung der Verzögerung ein veränderbarer AI-DI-Wert möglich, wodurch bei einem lauten akustischen Eingangssignal eine bessere Unterdrückung eines von der Seite oder von hinten einfallenden Störsignals erreicht wird.
- Der Frequenzgang eines Mehrmikrofonsystems gemäß der Erfindung verhält sich im Richtwirkungsbetrieb in der Regel derart, dass bei niedrigen Pegeln des akustischen Eingangssignals die Höhen stärker betont werden, während bei lauter Umgebung wie bei einer AGC (automatic gain control) die Verstärkung der Höhen automatisch zurückgenommen wird. Beispielsweise trifft dies bei einer üblichen Mischform aus Richtwirkungen erster und zweiter Ordnung zu. Bei Bedarf kann bei einem Hörhilfegerät gemäß der Erfindung auch ein Ausgleichsfilter vorgesehen werden, mit dem sich die durch die Erfindung hervorgerufene AGC-Wirkung kompensieren lässt.
- Die Anpassung der internen Verzögerungszeit bzw. der internen Verzögerungszeiten in Abhängigkeit wenigstens eines Mikrofonsignals gemäß der Erfindung kann in diskreten Schritten erfolgen. Vorzugsweise erfolgt die Anpassung jedoch kontinuierlich mit gleitenden Übergängen, so dass durch die Regelung keine Umschalt-Artefakte verursacht werden.
- Eine Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die Einstellung der Verzögerung eines Mikrofonsignals gemäß der Erfindung nicht direkt durch den Signalpegel eines akustischen Eingangssignals gesteuert wird, sondern durch den Signalpegel des Mikrofonausgangssignals. Liegt nämlich z.B. eine Umgebungssituation vor, bei der kein oder nahezu kein Nutzsignal aus der Blickrichtung eines Hörgeräteträgers vorhanden ist, jedoch ein verhältnismäßig lautes Störgeräusch von der Seite oder von hinten einfällt, so würde bei einem Hörhilfegerät gemäß der Erfindung bei ausschließlicher Betrachtung des von einem omnidirektionalen Mikrofon aufgenommenen akustischen Eingangssignals eine verhältnismäßig starke Richtwirkung mit einem damit verbundenen erhöhten Mikrofonrauschen eingestellt werden. Da in der beschriebenen Situation durch die hohe Richtwirkung das Störsignal nahezu ausgeblendet wird, kann dem Hörhilfegeräteträger ein als störend empfundenes erhöhtes Mikrofonrauschen zugeführt werden. Im Falle einer Berücksichtigung des von dem Mikrofonsystem tatsächlich abgegebenen Mikrofonsignals würde dann die Richtwirkung gemäß der Erfindung so weit zurückgenommen werden, bis das Mikrofonrauschen durch das dann weniger stark unterdrückte akustische Störsignal zumindest teilweise verdeckt wird.
- Die Erfindung bietet den Vorteil, dass durch diese adaptive Steuerung der internen Verzögerung eines Mikrofonsignals das Signal-Rausch-Verhältnis des Mehrmikrofonsystems höherer Ordnung (n ≥ 1) in Abhängigkeit des Signalpegels des akustischen Eingangssignals und gegebenenfalls auch in Abhängigkeit der Einfallsrichtung des akustischen Eingangssignals gesteuert wird. Dadurch lässt sich insbesondere bei leisen Eingangssig nalen ein als störend empfundenes, hohes Mikrofonrauschen vermeiden.
- Die Erfindung kann bei allen bekannten Hörhilfegeräte-Typen mit einem einstellbaren Richtmikrofon angewendet werden, beispielsweise bei hinter dem Ohr tragbaren Hörhilfegeräten, in dem Ohr tragbaren Hörhilfegeräten, implantierbaren Hörhilfegeräten oder Taschenhörhilfegeräten. Weiterhin kann das Hörhilfegerät gemäß der Erfindung auch Teil eines mehrere Geräte zur Versorgung eines Schwerhörigen umfassenden Hörhilfegerätesystems sein, z.B. Teil eines Hörgerätesystems mit zwei am Kopf getragenen Hörhilfegeräten zur binauralen Versorgung oder Teil eines Hörgerätesystem, bestehend aus einem am Kopf tragbaren Gerät und einer am Körper tragbaren Prozessoreinheit.
- Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
-
1 das Blockschaltbild eines Hörhilfegerätes mit drei omnidirektionalen Mikrofonen und -
2 das Signalübertragungsverhalten eines Richtmikrofonsystems gemäß der Erfindung bei zwei unterschiedlichen Verzögerungszeiten. -
1 zeigt ein Prinzipschaltbild eines Hörhilfegerätes mit einem Richtmikrofonsystem gemäß der Erfindung. Das Mikrofonsystem umfasst drei omnidirektionale Mikrofone1 ,2 und3 . Das von dem Mikrofon2 ausgehende Mikrofonsignal wird in einer Verzögerungseinheit4A verzögert, durch einen Inverter5A invertiert und in einem Summierer6A zu dem von dem Mikrofon1 ausgehenden Mikrofonsignal R0 addiert. Durch die Invertierung und Addition wird letztendlich eine Subtraktion des von dem Mikrofon2 ausgehenden Mikrofonsignals von dem Mikrofonsignal, das von dem Mikrofon1 ausgeht, ausgeführt. Die beiden omnidirektionalen Mikrofone1 und2 bilden dadurch eine Mikrofoneinheit1 ,2 mit Richtcharakteristik erster Ordnung, von dem das Mikrofonsignal R1 ausgeht. Ebenso wird das von dem Mikrofon3 ausgehende Mikrofonsignal in einer Verzögerungseinheit4B verzögert, durch einen Inverter5B invertiert und in einem Summierer6B zu dem von dem Mikrofon2 ausgehenden Mikrofonsignal addiert. Auch die Mikrofone2 und3 bilden dadurch eine Mikrofoneinheit2 ,3 mit Richtcharakteristik erster Ordnung, dessen Mikrofonsignal am Ausgang des Summierers6B anliegt. Wird wiederum das von der Mikrofoneinheit2 ,3 ausgehende Mikrofonsignal in einer Verzögerungseinheit7 verzögert und in einem Inverter8 invertiert und in einem Summierer9 zu dem von der Mikrofoneinheit1 ,2 ausgehenden Mikrofonsignal R1 addiert, so entsteht aus den Mikrofonen1 ,2 und3 ein Mikrofonsystem1 ,2 ,3 mit Richtcharakteristik zweiter Ordnung, dessen Mikrofonsignal R2 am Ausgang des Summierers9 anliegt. - Die drei Mikrofonsignale R0, R1 und R2 sind schließlich einer Schaltungs- und Filtereinheit
10 zugeführt, in der zwischen den unterschiedlichen Mikrofonsignalen R0, R1 und R2 umgeschaltet werden kann oder in der die Mikrofonsignale R0, R1 und R2 unterschiedlich gewichtet und addiert werden. Das resultierende und am Ausgang der Schaltungs- und Filtereinheit10 abgegebene Mikrofonausgangssignal RA wird schließlich einer Signalverarbeitungseinheit11 zugeführt, in der die Weiterverarbeitung und frequenzabhängige Verstärkung des Mikrofonausgangssignals RA zum Ausgleich des individuellen Hörverlustes eines Hörhilfegeräteträgers erfolgt. Schließlich wird das verarbeitete Mikrofonsignal zur Abgabe in einen Gehörgang des Hörhilfegeräteträgers durch einen Hörer12 in ein akustisches Signal gewandelt. - Bei dem Hörhilfegerät gemäß dem Ausführungsbeispiel ist weiterhin eine Pegelmess- und Steuereinrichtung
13 vorgesehen, der das Mikrofonsignal R0 des omnidirektionalen Mikrofons1 zugeführt wird. Durch dieses Mikrofonsignal wird der Signalpegel des aktuell in das Mikrofon1 einfallenden akustischen Eingangssignals erfasst. Aus diesem Signalpegel werden in der Pegelmess- und Steuereinrichtung13 Parameter zur Einstellung der Verzögerung in den Verzögerungseinheiten4A ,4B und7 erzeugt, wodurch gemäß der Erfindung die Richtwirkung beeinflusst und ggf. das Mikrofonrauschen reduziert werden kann. - Zur Beurteilung, ob und in welchem Maß ein Hörhilfegeräteträger in einer bestimmten Umgebungssituation ein Mikrofonrauschen wahrnimmt, werden vorzugsweise neben audiometrischen Daten des Hörhilfegeräteträgers (Ruhehörschwelle, Maskierungsschwelle) auch aktuelle Hörhilfegeräteeinstellungen berücksichtigt. Diese Einstellungen betreffen insbesondere auch das Mikrofonsystem. Liegt beispielsweise eine Umgebungssituation mit einem hohen Störschallanteil vor, so wird durch Auswertung des Mikrofonsignals R0 am Eingang des Mikrofonsystems ein hoher Signalpegel des akustischen Eingangssignals festgestellt. Es ist jedoch möglich, dass in dieser Umgebungssituation durch eine hohe, bei dem Mikrofonsystem eingestellte Richtwirkung das Störsignal weitgehend unterdrückt wird, wodurch dem Gehör des Hörhilfegeräteträgers nur ein verhältnismäßig leises Ausgangssignal zugeführt wird. An diesem Ausgangssignal kann das Mikrofonrauschen dann durchaus einen deutlich wahrnehmbaren Anteil einnehmen. Aus diesem Grund erfolgt die Einstellung der Verzögerungszeiten gemäß der Erfindung vorzugsweise auch unter Berücksichtigung der Mikrofonsignale, die von einer Mikrofoneinheit mit Richtwirkung ausgehen. Im Ausführungsbeispiel sind dies die Mikrofonsignale R1 und R2. Weiterhin ist auch die Auswertung des am Ausgang der Schaltungs- und Filtereinheit
10 anliegenden und der Signalverarbeitungseinheit11 zur Weiterverarbeitung zugeführten Mikrofonausgangssignals RA möglich. Aus diesem Signal kann unter Berücksichtigung der Hörhilfegeräteeigenschaften und -einstellungen direkt ermittelt werden, welcher Signalpegel dem Gehör des Hörhilfegeräteträgers bei dem aktuellen akustischen Eingangssignal tatsächlich zugeführt ist und welchen Anteil daran das Mikrofonrauschen einnimmt. - Durch die Auswertung sowohl eines von einem omnidirektionalen Mikrofon erzeugten Mikrofonsignals als auch der Mikrofonsignale von Mikrofoneinheiten mit Richtcharakteristik lässt sich die augenblickliche Umgebungssituation gut erkennen. Insbesondere lässt sich auch abschätzen, ob der Anteil des Mikrofonrauschens in dem zur Weiterverarbeitung in der Signalverarbeitungseinheit
11 vorgesehenen Mikrofonsignal unter den augenblicklichen Hörgeräteeinstellungen von dem Hörhilfegeräteträger wahrgenommen werden kann. Ein zu hoher Anteil des Mikrofonrauschens in dem Mikrofonausgangssignal führt dann dazu, dass durch die Pegelmess- und Steuereinrichtung13 bei wenigstens einer der Verzögerungseinheiten4A ,4B oder7 die eingestellte Verzögerung so weit erhöht wird, bis der Anteil des Mikrofonrauschens in dem Mikrofonausgangssignal einen als akzeptabel erachteten Wert erreicht. - Weist umgekehrt das Mikrofonausgangssignal einen hohen Signalpegel auf, an dem das Mikrofonrauschen nur einen geringen Anteil hat, so können bei allen drei Verzögerungseinheiten
4A ,4B bzw.7 verhältnismäßig kurze Verzögerungszeiten eingestellt werden, wodurch die Richtwirkung erhöht und der Störschallanteil in dem akustischen Eingangssignal unterdrückt wird. Insbesondere werden bei diesem Übergang auch die Tiefen abgesenkt und die Höhen angehoben. Um diesen Effekt zu vermeiden, wirkt die Pegelmess- und Steuereinrichtung13 auch auf die Schaltungs- und Filtereinheit10 , so dass durch geeignete Filtereinstellungen die zuletzt genannten Auswirkungen weitgehend kompensiert werden. - Insgesamt bietet die Erfindung somit eine Möglichkeit, in einer ruhigen Hörumgebung die Einstellung des Richtmikrofonsystems so zu verändern, dass ein deutlich hörbares und störendes Mikrofonrauschen verhindert wird. Andererseits werden jedoch in einer lauten Hörumgebung die Vorteile eines Richtmikrofonsystems höherer Ordnung voll ausgeschöpft.
- Bei dem Hörhilfegerät gemäß dem Ausführungsbeispiel besteht: weiterhin vorteilhaft eine elektrische Verbindung zwischen der Pegelmess- und Steuereinrichtung
13 und der Signalverarbeitungseinheit11 . So kann die Auswertung des Mikrofonsignals bzw. der Mirkofonsignale in der Pegelmess- und Steuereinrichtung13 auch zu einer automatischen Situationserkennung und damit einer adaptiven Steuerung der Signalverarbeitung in der Signalverarbeitungseinheit11 dienen. Weiterhin können bei der Signalverarbeitungseinheit11 ggf. auch Hörprogramme für unterschiedliche Hörumgebungen manuell eingestellt werden, wobei bei einem Teil dieser Hörprogramme eine Beeinflussung der Verzögerungszeiten gemäß der Erfindung vorgesehen ist, bei anderen jedoch nicht. Daher ist auch eine Signalübertragung von der Signalverarbeitungseinheit11 zu der Pegelmess- und Steuerungseinheit13 vorgesehen. - Die Signalverarbeitung bei dem Hörhilfegerät gemäß dem Ausführungsbeispiel kann in analoger, digitaler oder in kombinierter Schaltungstechnik erfolgen. Weiterhin kann die Signalverarbeitung auch parallel in aneinandergrenzenden Frequenzbändern (Kanälen) erfolgen. Vorzugsweise erfolgt auch die Einstellung der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems in Frequenzbändern.
- In
2 werden die Auswirkungen einer adaptiven Richtmikrofoneinstellung gemäß der Erfindung grafisch veranschaulicht. In einer ersten Kennlinie A ist das Signalübertragungsverhalten eines Richtmikrofonsystems bei einer bestimmten Einstellung der Signalverzögerung in den Verzögerungseinheiten des Richtmikrofonsystems dargestellt. Dabei ist die interne Verzögerung kleiner als die externe Laufzeit eines von vorne (Blicklichtung) in das Mikrofonsystem einfallenden akustischen Signals, wobei die Mikrofone (bzw. deren Schalleintrittsöffnungen) in Blickrichtung hintereinander angeordnet sind. Bei einer Mischform von Mikrofoneinheiten erster und zweiter Ordnung, deren Mikrofonsignale gemeinsam weiterverarbeitet werden, lässt sich damit ein mit dem Artiku lierungsindex gewichteter Richtwirkungswert AI-DI von bis zu 6,5 erreichen. -
- Dabei zeigt die Kennlinie das typische Hochpassverhalten eines Richtmikrofonsystems höherer Ordnung. Gemäß der Erfindung wird die Übertragungskennlinie A insbesondere in einer lauten Hörumgebung eingestellt.
- Sinkt der Signalpegel des akustischen Eingangssignals oder überwiegt in dem von dem Mikrofonsystems erzeugten Mikrofonausgangssignal der Anteil des Mikrofonrauschens, so wird bei wenigstens einem Mikrofonsignal des Richtmikrofonsystems die Signalverzögerung erhöht, was bei einer Verdoppelung der internen Verzögerung gegenüber der externen Laufzeit in etwa einen Übergang des Signalübertragungsverhaltens des Richtmikrofonsystems von der Kennlinie A hin zu der zweiten dargestellten Kennlinie B bewirkt. Diese ist gegenüber der Kennlinie A um ca. 6dB angehoben. Hingegen bleibt das Mikrofonrauschen in etwa konstant. Zwar nimmt durch die interne Signalverzögerung der AI-DI-Wert zunächst ab, er verharrt jedoch selbst bei einer weiteren Steigerung der internen Verzögerung bei Werten von 4,5–5dB, was immer noch eine verhältnismäßig gute Richtwirkung bedeutet. Insgesamt lässt sich damit mithilfe der internen, elektrisch einzustellenden Verzögerungszeiten das Signal-Rausch-Verhältnis im Richtmikrofonbetrieb steuern.
Claims (13)
- Hörhilfegerät mit einem Mikrofonsystem zur Aufnahme eines akustischen Eingangssignals und Abgabe eines Mikrofonausgangssignals, einer Signalverarbeitungseinheit (
11 ) und einem Ausgangswandler (12 ) zur Abgabe eines Ausgangssignals, wobei das Mikrofonsystem wenigstens ein erstes omnidirektionales Mikrofon (1 ), von dem ein erstes Mikrofonsignal (R0) ausgeht, und ein zweites omnidirektionales Mikrofon (2 ), von dem ein zweites Mikrofonsignal ausgeht, umfasst, wobei die omnidirektionalen Mikrofone zur Bildung einer Mikrofoneinheit (1 ,2 ) mit einer Richtcharakteristik elektrisch miteinander verschaltet sind und wobei zum Einstellen der Richtcharakteristik wenigstens eines der Mikrofonsignale zeitlich verzögerbar ist, gekennzeichnet durch Mittel zum Einstellen der Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels des akustischen Eingangssignals. - Hörhilfegerät mit einem Mikrofonsystem zur Aufnahme eines akustischen Eingangssignals und Abgabe eines Mikrofonausgangssignals, einer Signalverarbeitungseinheit (
11 ) und einem Ausgangswandler (12 ) zur Abgabe eines Ausgangssignals, wobei das Mikrofonsystem wenigstens drei omnidirektionale Mikrofone (1 ,2 ,3 ) umfasst, wobei wenigstens zwei omnidirektionale Mikrofone (2 ,3 ) zu einer Mikrofoneinheit (2 ,3 ) mit einer Richtcharakteristik, von der ein Mikrofonsignal ausgeht, verschaltet sind, wobei die Mikrofoneinheit (2 ,3 ) mit wenigstens einem weiteren Mikrofon oder einer weiteren Mikrofoneinheit (1 ,2 ) des Mikrofonsystems elektrisch verschaltet ist und wobei zum Einstellen der Richtcharakteristik das von der Mikrofoneinheit (2 ,3 ) ausgehende Mikrofonsignal zeitlich verzögerbar ist, gekennzeichnet durch Mittel zum Einstellen der Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels des akustischen Eingangssignals. - Verfahren zum Betriebe eines Hörhilfegerätes mit einem Mikrofonsystem zur Aufnahme eines akustischen Eingangssignals und Abgabe eines Mikrofonausgangssignals, das wenigstens zwei omnidirektionale Mikrofone (
1 ,2 ,3 ) umfasst, von denen jeweils ein Mikrofonsignal ausgeht, wobei zum Erzeugen einer Richtcharakteristik eines der beiden Mikrofonsignale verzögert und von dem zweiten Mikrofonsignal subtrahiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels des akustischen Eingangssignals eingestellt wird. - Verfahren zum Betriebe eines Hörhilfegerätes mit einem Mikrofonsystem zur Aufnahme eines akustischen Eingangssignals und Abgabe eines Mikrofonausgangssignals, das wenigstens drei omnidirektionale Mikrofone (
1 ,2 ,3 ) umfasst, von denen wenigstens zwei zur Bildung einer Mikrofoneinheit (2 ,3 ) mit einer Richtcharakteristik elektrisch miteinander verschaltet sind und wobei das von der Mikrofoneinheit (2 ,3 ) ausgehende Mikrofonsignal verzögert und von dem Mikrofonsignal (R1) eines omnidirektionalen Mikrofons oder einer weiteren Mikrofoneinheit (1 ,2 ) subtrahiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels des akustischen Eingangssignals eingestellt wird. - Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung der Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels eines von einem omnidirektionalen Mikrofon (
1 ) ausgehenden Mikrofonsignals (R0) erfolgt. - Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung der Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels eines von einer Mikrofoneinheit (
1 ,2 ) ausgehenden Mikrofonsignals (R1) erfolgt. - Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Ein stellung der Verzögerung in Abhängigkeit des Signalpegels des von dem Mikrofonsystem (
1 ,2 ,3 ) ausgehenden Mikrofonausgangssignals (RA) erfolgt. - Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerung mit abnehmenden Signalpegel vergrößert wird.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerung bei einer Veränderung des Signalpegels stufenweise geändert wird.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerung bei einer Veränderung des Signalpegels kontinuierlich geändert wird.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass bei einem niedrigen Signalpegel bei wenigstens einer Mikrofoneinheit (
1 ,2 ;2 ,3 ;1 ,2 ,3 ) eine Verzögerung eingestellt wird, die die Laufzeit eines akustischen Eingangssignals zwischen den omnidirektionalen Mikrofonen der Mikrofoneinheit (1 ,2 ;2 ,3 ;1 ,2 ,3 ) um einen Faktor übersteigt. - Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Faktor im Bereich zwischen 1,5 und 5 liegt.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass eine mit zunehmender Verzögerung auftretende Höhenanhebung in dem Mikrofonausgangssignal (RA) ausgeglichen wird.
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