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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Führen eines Fahrzeuges, sowie ein zugehöriges Fahrzeugführungssystem.
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Es sind Funktionen und Verfahren zur Detektion einer Fahruntüchtigkeit eines Fahrers eines Fahrzeuges während des Fahrbetriebs bekannt. Vorhandene Systeme erfassen die Verkehrssituation sowie die Reaktion des Fahrers. Ebenso werden Körperreaktionen, wie Lidschluss, Puls, Sitzposition und Lenkbewegung ausgewertet. Sobald ein Aufmerksamkeitsverlust des Fahrers detektiert wird (Lidschluss, kein Puls, keine Lenkbewegung, ...) geht das Fahrzeug von einer Fahruntüchtigkeit aus und führt ein Nothaltemanöver aus.
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Ein Nachteil solcher Systeme zur Erkennung der Fahruntüchtigkeit des Fahrers ist jedoch, dass diese nicht in der Lage sind, alle Arten der Fahruntüchtigkeit zu detektieren bzw. zu erkennen. Insbesondere Krampfstarren und epileptische Anfälle des Fahrers sind dadurch nicht detektierbar, sodass bei einer derartigen Fahruntüchtigkeit das Fahrzeug auch kein Nothaltemanöver ausübt.
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Anders als die „übliche“ Fahruntüchtigkeit, die das Fahrzeug an fehlenden Reaktionen des Fahrers identifiziert bzw. an Messgrößen wie Augen-Lidschluss oder Puls, äußert sich die Fahruntüchtigkeit bei Krampfstarre oder Epilepsie beispielsweise durch nicht determinierte Eingriffe des Fahrers (Verharren in einer gewissen Stellung). Aktuelle Verfahren, Systeme und Fahrzeuge erkennen diese Situation nicht als Fahruntüchtigkeit, weil keine fehlende Reaktion des Fahrers vorliegt. In diesem Fall wertet das Fahrzeugsystem die Tätigkeit des Fahrers fälschlicher Weise als Überstimmung eines Fahrerassistenzsystems bzw. als bewusste Handlung, sodass der Fahrer unbewusst oder ungewollt die Komfortfunktionen und/oder Sicherheitsfunktionen des Fahrzeugsystems überstimmt, sodass es zu einer Gefahrensituation und/oder einer Kollision des Fahrzeuges kommen kann.
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Die
DE 10 2015 205 558 A1 offenbart ein Verfahren zur Durchführung eines Ausweichmanövers bei einem Kraftfahrzeug, welches unabhängig von der Reaktion eines Fahrers des Kraftfahrzeugs auf die bevorstehende Kollision durchgeführt wird.
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Die
DE 10 2017 011 724 A1 beschreibt ein Verfahren zum Betrieb einer Sicherheitsvorrichtung für ein Fahrzeug, welches bei einer erfassten dem Fahrzeug bevorstehenden Kollision mit einem ungeschützten Verkehrsteilnehmer ein Bremseingriff automatisch einleitet, auch bei einer erfassten, gegenteiligen Aktion eines Fahrzeugnutzers.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und ein Fahrzeugführungssystem bereitzustellen, die es ermöglichen, bei einer Fahruntüchtigkeit des Fahrers, insbesondere durch ein Krampfstarren oder durch einen epileptischen Anfall, weiterhin einen sicheren Fahrzeugzustand des Fahrzeuges zu gewährleisten.
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Die Aufgabe wird durch den Gegenstande des unabhängigen Patentanspruchs gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind durch die abhängigen Patentansprüche, die folgende Beschreibung sowie die Figuren beschrieben.
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Durch die Erfindung ist ein Verfahren zum Führen eines Fahrzeuges bereitgestellt. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
- - Erfassen von Umgebungsdaten einer Fahrzeugumgebung des Fahrzeuges mittels einer Umgebungssensorvorrichtung des Fahrzeuges;
- - Identifizieren eines sicheren Korridors in der Fahrzeugumgebung basierend auf den Umgebungsdaten mittels wenigstens einer Recheneinheit des Fahrzeuges, wobei innerhalb des sicheren Korridors ein sicherer Fahrbetrieb gemäß wenigstens einem vorgegebenen Sicherheitskriterium möglich ist;
- - Erfassen von zumindest einem Ist-Fahrzeugparameter des Fahrzeuge, welcher durch zumindest eine Handlung eines Fahrers des Fahrzeuges gesteuert ist;
- - Prädizieren einer Fahrzeugtrajektorie basierend auf dem zumindest einen Ist-Fahrzeugparameter mittels der wenigstens einen Recheneinheit des Fahrzeuges;
- - Übernehmen des Fahrbetriebes und Steuern des zumindest einen Ist-Fahrzeugparameters durch ein Fahrzeugführungssystem des Fahrzeuges, sodass die zumindest eine Handlung des Fahrers durch das Fahrzeugführungssystem überstimmt wird, unter einer notwendigen Bedingung, dass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors befindet und der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter ein vorgegebenes Übernahmekriterium erfüllt.
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Insbesondere wird das Verfahren während des Fahrbetriebs des Fahrzeuges durchgeführt, wobei sich das Fahrzeug in einer sich stetig ändernden bzw. dynamischen Fahrzeugumgebung bewegt. Die Fahrzeugumgebung kann hierbei in regelmäßigen Abständen, insbesondere in Echtzeit, mittels der Umgebungssensorvorrichtung erfasst werden.
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Die Umgebungssensorvorrichtung kann beispielsweise als Sensorvorrichtung verstanden werden, die dazu in der Lage ist, Sensordaten oder Sensorsignale zu erzeugen, welche eine Umgebung der Umgebungssensorvorrichtung abbilden, darstellen oder wiedergeben. Insbesondere ist die Fähigkeit, elektromagnetische oder sonstige Signale aus der Umgebung zu erfassen, nicht hinreichend, um eine Sensorvorrichtung als Umgebungssensorvorrichtung zu erachten. Beispielsweise können Kameras, Radarsysteme, Lidarsysteme oder Ultraschallsensorsysteme als Umgebungssensorvorrichtungen aufgefasst werden.
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Die Umgebungsdaten beschreiben zumindest ein mit der Sensorvorrichtung erfasstes Objekt in dem Fahrzeugumgebung. Beispielsweise kann die relative Lage zwischen dem Fahrzeug und dem Objekt erfasst werden. Anhand dieser Abstandsdaten können die Umgebungsdaten bestimmt werden.
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Der sichere Korridor kann insbesondere eine, vorzugsweise längliche, Fläche oder ein Volumen in der Fahrzeugumgebung sein. Die Fläche bzw. die Grundfläche des Volumens kann dabei ein Bereich einer Fahrbahnoberfläche sein und/oder jede andere für das Fahrzeug befahrbare Untergrundfläche. Die Fläche weist eine Breite auf, die zumindest genauso breit, vorzugsweise breiter ist, als eine Breite des Fahrzeuges. Die Höhe des Volumens weist gegebenenfalls eine Höhe auf, die zumindest genauso hoch, vorzugsweise höher ist als eine Höhe des Fahrzeuges. Die Länge der Fläche kann insbesondere ein Vielfaches einer Länge des Fahrzeuges betragen. Insbesondere kann die Fläche gekrümmte, seitliche Ränder aufweisen oder geradlinig ausgebildet sein. Die flächige bzw. räumliche Ausdehnung des Korridors berücksichtigt insbesondere Fahrzeugeigenschaften des Fahrzeuges, wie beispielsweise die Ausmaße des Fahrzeuges, einen Radabstand des Fahrzeuges, einen Kurvenradius oder eine maximale Auslenkung einer Lenkachse des Fahrzeuges, sodass es dem Fahrzeug möglich ist, sich innerhalb des sicheren Korridors zu bewegen.
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Der sichere Korridor ist insbesondere ein Bereich, indem sich das Fahrzeug kollisionsfrei bzw. risikoarm bewegen kann. Ein sicherer Fahrbetrieb ist insbesondere dann gegeben, wenn das wenigstens eine vorgegebene Sicherheitskriterium erfüllt ist. Das wenigstens eine Sicherheitskriterium kann beispielsweise durch einen Sicherheitsgrenzwert definiert sein. Wenn eine basierend auf den Umgebungsdaten und den Fahrzeugeigenschaften errechnete Sicherheitskenngröße den Sicherheitsgrenzwert unterschreitet, ist das wenigstens eine Sicherheitskriterium beispielsweise nicht erfüllt. Vorzugsweise kann das Sicherheitskriterium nur dann erfüllt sein, wenn sich keine Objekte, mit denen das Fahrzeug kollidieren könnte, wie beispielsweise weitere Verkehrsteilnehmer oder Fahrbahnbegrenzungen, im sicheren Korridor befinden. Insbesondere kann das Sicherheitskriterium durch einen Grenzwert für eine Kollisionswahrscheinlichkeit definiert sein. Ist eine basierend auf den Umgebungsdaten und den Fahrzeugeigenschaften berechnete Kollisionswahrscheinlichkeit unterschritten, so kann beispielsweise das Sicherheitskriterium erfüllt sein .
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Der sichere Korridor wird mittels bzw. durch die zumindest ein Recheneinheit identifiziert bzw. berechnet. Unter einer Recheneinheit kann insbesondere ein Datenverarbeitungsgerät verstanden werden, das einen Verarbeitungsschaltkreis enthält. Die Recheneinheit kann also insbesondere Daten zur Durchführung von Rechenoperationen verarbeiten. Darunter fallen gegebenenfalls auch Operationen, um indizierte Zugriffe auf eine Datenstruktur, beispielsweise eine Umsetzungstabelle durchzuführen. Die zumindest eine Recheneinheit kann eine Komponente des Fahrzeugführungssystems sein.
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Insbesondere können mehr als ein sicherer Korridor, insbesondere mehrere sichere Korridore identifiziert werden.
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Insbesondere ist der sichere Korridor ein virtueller Korridor. Innerhalb des virtuellen Korridors können sich zumindest eine oder vorzugsweise mehrere (virtuelle oder potentielle) Fahrzeugtrajektorien befinden, die einen sicheren, also vorzugsweise kollisionsfreien bzw. risikoarmen, Fahrbetrieb des Fahrzeuges ermöglichen.
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Unter der Handlung des Fahrers kann insbesondere eine physische Aktion verstanden werden, die steuernd bzw. betätigend auf eine Steuervorrichtung bzw. Betätigungsvorrichtung des Fahrzeuges einwirkt, sodass der wenigstens eine Ist-Fahrzeugparameter im Wesentlichen konstant gehalten oder verändert wird. Dies kann sich vorzugsweise in einem Beibehalten bzw. einer Änderung einer Lenkbewegung und/oder einer Beschleunigung oder Verzögerung des Fahrzeuges auswirken.
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Der Ist-Fahrzeugparameter ist insbesondere ein tatsächlicher und zum erfassten Zeitpunkt vorherrschender Fahrzeugparameter des Fahrzeuges. Ein Fahrzeugparameter kann insbesondere eine Stellung oder ein Zustand einer Steuervorrichtung bzw. Betätigungsvorrichtung des Fahrzeuges sein. Es kann vorgesehen sein, dass genau ein Ist-Fahrzeugparameter oder mehr als ein Fahrzeugparameter erfasst wird. Vorzugsweise werden mehrere Ist-Fahrzeugparameter erfasst.
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Der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter kann durch zumindest ein jeweilige Sensoreinheit des Fahrzeuges bzw. des Fahrzeugführungssystems gemessen werden.
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Basierend auf dem einen Ist-Fahrzeugparameter oder den mehreren Ist-Fahrzeugparametern wird die Fahrzeugtrajektorie prädiziert bzw. vorhergesagt.
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Eine Fahrzeugtrajektorie ist im weitesten Sinne ein sogenannter Fahrschlauch bzw. ein Fahrzeugweg bzw. eine Fahrzeugbewegung, den ein Fahrzeug entlangfährt oder voraussichtlich entlang fahren wird. Insbesondere kann die Fahrzeugtrajektorie einen voraussichtlichen Ort des Fahrzeuges über die Zeit in der Zukunft aufzeigen.
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Unter einem Fahrzeugführungssystem kann ein elektronisches System verstanden werden, das dazu eingerichtet ist, ein Fahrzeug vollautomatisch oder vollautonom zu führen, insbesondere ohne dass ein Eingriff in eine Steuerung durch einen Fahrer erforderlich ist. Das Fahrzeug führt alle erforderlichen Funktionen, wie Lenk, Brems- und/oder Beschleunigungsmanöver, die Beobachtung und Erfassung des Straßenverkehrs sowie entsprechende Reaktionen automatisch durch. Insbesondere kann das elektronische Fahrzeugführungssystem einen vollautomatischen oder vollautonomen Fahrmodus des Kraftfahrzeugs nach Stufe 5 der Klassifizierung gemäß SAE J3016 implementieren. Unter einem elektronischen Fahrzeugführungssystem kann auch ein Fahrerassistenzsystem (englisch: „advanced driver assistance system“, ADAS) verstanden werden, welches den Fahrer beim teilweise automatisierten oder teilautonomen Fahren unterstützt. Insbesondere kann das elektronische Fahrzeugführungssystem einen teilweise automatisierten oder teilautonomen Fahrmodus nach den Stufen 1 bis 4 gemäß der SAE J3016-Klassifizierung implementieren. Hier und im Folgenden bezieht sich „SAE J3016“ auf die entsprechende Norm in der Version vom Juni 2018.
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Die wenigstens teilweise automatische Fahrzeugführung kann es daher beinhalten, das Fahrzeug gemäß eines vollautomatischen oder vollautonomen Fahrmodus der Stufe 5 nach SAE J3016 zu führen. Die wenigstens teilweise automatische Fahrzeugführung kann auch beinhalten, das Fahrzeug gemäß eines teilweise automatisierten oder teilautonomen Fahrmodus nach den Stufen 1 bis 4 nach SAE J3016 zu führen.
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Unter einem Übernehmen des Fahrbetriebes durch das Fahrzeugführungssystem kann insbesondere verstanden werden, dass das Fahrzeugführungssystem die vollständige Kontrolle über den Fahrbetrieb des Fahrzeuges übernimmt, also insbesondere über die Lenkung, Beschleunigung und Verzögerung des Fahrzeuges.
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Unter Überstimmen durch das Fahrzeugführungssystem kann hierbei verstanden werden, dass selbst bei einer Handlung des Fahrers zum Steuern des zumindest einen Ist-Fahrzeugparameters, wobei die Handlung insbesondere widersprüchlich bzw. entgegengesetzt zu einem Steuern des zumindest einen Ist-Fahrzeugparameters durch das Fahrzeugführungssystems sein kann, der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter und damit auch das Fahrzeug durch das Fahrzeugführungssystem gesteuert wird. Die Handlung des Fahrers wirkt sich somit zumindest nach erfolgter Übernahme nicht mehr auf die Steuerung des Fahrzeuges aus.
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Neben der notwendigen Bedingung könnten auch noch zusätzliche notwendige Bedingungen zum Übernehmen des Fahrbetriebes und Steuern des zumindest einen Ist-Fahrzeugparameters durch ein Fahrzeugführungssystem vorgesehen sein. Es kann sich in manchen Ausführungsformen jedoch auch um eine notwendige und hinreichende Bedingung handeln.
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Insbesondere besteht die notwendige Bedingung aus einer ersten und einer zweiten notwendigen Bedingung.
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Die erste notwendige Bedingung ist, dass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors befindet. Mit anderen Worten ist der Teil der prädizierten Fahrzeugtrajektorie außerhalb des sicheren Korridors nicht notwendigerweise sicher und kann somit das vorgegebene Sicherheitskriterium nicht erfüllen. Beispielsweise ist dadurch eine Kollision des Fahrzeuges wahrscheinlich oder unvermeidlich.
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Insbesondere kann die erste notwendige Bedingung in einem weiteren Verfahrensschritt ermittelt werden, wobei ein Prüfen mittels einer Recheneinheit vorgenommen wird, ob sich die die prädizierte Fahrzeugtrajektorie innerhalb des sicheren Korridors befindet oder zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors befindet.
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Die zweite notwendige Bedingung ist, dass der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter das vorgegebene Übernahmekriterium erfüllt. Bei mehreren Ist-Fahrzeugparametern kann vorgesehen sein, dass zumindest einer der mehreren Ist-Fahrzeugparameter das jeweilige Übernahmekriterium erfüllt oder eine bestimmten Anzahl der mehreren Ist-Fahrzeugparameter das jeweilige Übernahmekriterium erfüllt oder alle Ist-Fahrzeugparameter das jeweilige Übernahmekriterium erfüllt.
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Das Übernahmekriterium ist dem Verfahren vorgegeben bzw. ist vordefiniert. Insbesondere kann das Übernahmekriterium erfüllt sein, wenn der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter typisch ist für einen Ist-Fahrzeugparameter, der durch eine Handlung eines fahruntüchtigen Fahrers, insbesondere eines Fahrers mit einem Krampfstarren oder einem epileptischen Anfall, gesteuert wird.
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Insbesondere kann die zweite notwendige Bedingung in einem weiteren Verfahrensschritt ermittelt werden, wobei ein Prüfen vorgenommen wird, ob der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter das entsprechende, vorgegebene Übernahmekriterium erfüllt oder nicht.
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Bevor das Fahrzeugführungssystem den Fahrbetrieb übernimmt, kann insbesondere ein Signal an den Fahrer ausgegeben werden, beispielsweise in Form eines Signaltons und/oder Signallichtes. Insbesondere kann dem Fahrer dadurch eine gewisse Zeit eingeräumt werden, noch selbstständig das Fahrzeug in den sicheren Korridor zu führen, bevor das Fahrzeugführungssystem übernimmt.
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Durch die Erfindung ergibt sich zum Einen der Vorteil, dass eine Fahruntüchtigkeit des Fahrers infolge eines Krampfstarrens und/oder eines epileptischen Anfalls erkannt werden kann. Diese Arten von Fahruntüchtigkeiten können sogar erkannt werden, wenn eine Fahrersensorik zur Beobachtung des Fahrers die Fahruntüchtigkeit nicht erkennt. Zum Anderen ergibt sich der Vorteil, dass durch das Erkennen der Fahruntüchtigkeit, die sich durch ein bestimmtes Handeln des Fahrers auf eine Steuereinrichtung des Fahrzeuges und damit auf zumindest einen Ist-Fahrzeugparameter auswirkt, das fahruntüchtige Handeln durch das Fahrzeugführungssystem überstimmt werden kann, sodass eine Kollision oder eine Gefahr, ausgelöst durch dieses Handeln des Fahrers, vermieden werden kann.
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Insgesamt ergibt sich durch die vorliegende Erfindung der entscheidende Vorteil, dass die Sicherheit des Fahrers, sowie weiterer Insassen des Fahrzeuges, aber auch die Sicherheit aller weiterer Verkehrsteilnehmer in der Fahrzeugumgebung deutlich erhöht wird.
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Zu der Erfindung gehören auch Ausführungsformen, durch die sich zusätzliche Vorteile ergeben.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter eine Lenkradstellung eines Lenkrades des Fahrzeuges beinhaltet. Alternativ oder zusätzlich beinhaltet der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter bzw. ein weiterer Ist-Fahrzeugparameter eine Pedalstellung eines Pedals des Fahrzeuges. Bevorzugt entspricht das Pedal einem Fahrpedal des Fahrzeuges, auch Gaspedal oder Strompedal genannt. Es ist zumindest denkbar, dass das Pedal auch das Bremspedal sein kann.
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Vorzugsweise ist der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter die Lenkradstellung und/oder die Pedalstellung.
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Beispielsweise kann die Lenkradstellung in einer Geradeaus-Stellung sein, in der sich das Fahrzeug geradeaus bewegt. Diese Stellung wird insbesondere durch das Festhalten des Lenkrades durch den Fahrer eingestellt. Es kann sich darüber hinaus auch um jede andere Stellung des Lenkrades handeln.
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Beispielsweise kann die Fahrpedalstellung in einer durchgetretenen oder im Wesentlichen durchgetretenen Pedalstellung sein, in der das Fahrzeug beschleunigt oder zumindest seine Geschwindigkeit beibehält. Diese Stellung wird insbesondere durch das vollständige oder im Wesentlichen vollständige Durchtreten des Fahrpedals durch den Fahrer eingestellt. Es kann sich aber auch um eine andere Stellung des Fahrpedals handeln.
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Eine Geradeaus-Stellung des Lenkrades und/oder eine durchgetretene Pedalstellung des Fahrpedals durch die Handlung des Fahrers kann eine typisches Verhalten eines Fahrers bei einen Krampfstarren oder eines epileptischen Anfalls sein.
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Ein Vorteil besteht bei dieser Ausführungsform darin, dass das Erfassen der Ist-Fahrzeugparameters in Form einer Lenkradstellung und/oder Pedalstellung besonders einfach und ohne zusätzlichen Aufwand bzw. zusätzliche Vorrichtungen oder Verfahren gewährleistet werden kann, da diese Stellung bei Fahrzeugen im Stand der Technik ohnehin bereits erfasst werden, um das Fahrzeug steuern zu können. Insbesondere bei Drive-by-Wire-Systemen eines Fahrzeuges wird die Pedalstellung und die Lenkradstellung elektronisch erfasst und in elektrische Signale umgewandelt. Diese elektrischen Signale können sehr einfach durch das beschriebene Verfahren verwendet werden.
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Ein weiterer Vorteil dieser Ausführungsform ist es, dass die Fahruntüchtigkeit in Form eines Krampfstarrens oder eines epileptischen Anfalls indirekt über die Pedalstellung und/oder Lenkradstellung erkannt werden kann, auch wenn diese Form der Fahruntüchtigkeit nicht durch die Fahrersensorik erkannt werden kann.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass das Übernahmekriterium nur dann erfüllt ist, wenn die Lenkradstellung und/oder die Pedalstellung länger als eine vorgegebene Dauer im Wesentlichen konstant ist.
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Die jeweilige vorgegebene bzw. vordefinierte Dauer für die konstante Lenkradstellung und für die konstante Pedalstellung kann unterschiedlich oder gleich sein. Beispielsweise entspricht die Dauer einer Dauer, die ausgewählt ist aus einem Bereich von zwei Sekunden bis 20 Sekunden.
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Im Wesentlichen konstant bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine gewisse, vordefinierte Toleranz einer Änderung der jeweiligen Stellungen zulässig sein kann.
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Überschreitet die Zeit der konstanten Lenkradstellung und/oder der konstanten Pedalstellung die vorgegebene Dauer, dann ist das Übernahmekriterium erfüllt. Dadurch wäre zumindest eine Bedingung zum Übernehmen des Fahrbetriebes und Steuern der Lenkradstellung und/oder der Pedalstellung durch das Fahrzeugführungssystem des Fahrzeuges gegeben.
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Eine Stellung des Lenkrades und/oder des Pedals länger als eine vorgegebene Dauer durch die Handlung des Fahrers kann eine typisches Verhalten eines Fahrers bei einen Krampfstarren oder eines epileptischen Anfalls sein.
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Ein Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, dass die Fahruntüchtigkeit durch Krampfstarren oder einen epileptischen Anfalls noch zuverlässiger erkannt werden kann. Gerade in Verbindung mit der ersten notwendigen Bedingung, dass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors befindet, lässt sich mit einer signifikanten Wahrscheinlichkeit bzw. eindeutig darauf schließen, dass der Fahrer fahruntüchtig ist, sodass infolge das Fahrzeugführungssystem den Fahrbetrieb übernimmt und eine Kollision verhindert werden kann.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass das Übernahmekriterium nur dann erfüllt ist, wenn die Lenkradstellung länger als eine vorgegebene Dauer im Wesentlichen konstant ist und der Fahrer das Lenkrad mit einer messbaren Kraft festhält, die größer ist als eine vorgegebene Kraft.
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Insbesondere wird in einem Schritt die messbare Kraft gemessen, mit der der Fahrer das Lenkrad mit seinen Händen umgreift. Diese kann beispielsweise über Drucksensoren in den Greifelementen des Lenkrades gemessen werden.
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Vorzugsweise wird in einem Schritt die messbare Kraft gemessen, mit der der Fahrer das Lenkrad fest in einer Lenkradstellung konstant hält, sodass sich eine Lenkradstellung nicht ohne eine größere Kraft verstellen lässt. Ein solches Festhalten ist insbesondere bei einem Krampfstarren der Arme des Fahrers gegeben.
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Ein Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, dass die Fahruntüchtigkeit durch Krampfstarren oder einen epileptischen Anfalls noch zuverlässiger erkannt werden kann. Gerade in Verbindung mit der weiteren Bedingung, dass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors befindet, lässt eindeutig darauf schließen, dass der Fahrer fahruntüchtig ist, sodass infolge das Fahrzeugführungssystem den Fahrbetrieb übernimmt und eine Kollision verhindert werden kann.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass die messbare Kraft ein Gegenmoment zu einem Lenkmoment des Fahrzeugführungssystems auf das Lenkrad ausübt, sodass die Lenkradstellung im Wesentlichen konstant ist.
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Insbesondere kann das Fahrzeugführungssystem bis zur Übernahme des Fahrbetriebes als ein Fahrerassistenzsystem agieren. Erkennt beispielsweise das Fahrerassistenzsystem, dass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors befindet, erwartet das Fahrerassistenzsystem eine Handlung des Fahrers, beispielsweise in Form einer ausweichenden Lenkbewegung. Bleibt jedoch eine erwartete Lenkbewegung aus, kann das Fahrerassistenzsystem ein Lenkmoment ausüben, um eine Lenkbewegung zu initiieren, sodass eine Fahrzeugtrajektorie innerhalb des sicheren Korridors eingenommen wird.
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Wird jedoch das Lenkrad mit einer messbaren Kraft durch den Fahrer festgehalten, so übt diese Kraft ein Gegenmoment zum Lenkmoment aus, sodass die Lenkradstellung im Wesentlichen konstant bleibt. Dieses Gegenmoment kann insbesondere gemessen werden, sodass ein Rückschluss gezogen werden kann, mit welcher Kraft der Fahrer das Lenkrad festhält.
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Beispielsweise beträgt der Wert des Lenkmomentes, dass das Fahrerassistenzsystem aufbringen kann, drei Newtonmeter. Bleibt die Lenkradstellung trotz des Lenkmomentes konstant, beträgt der Wert des Gegenmomentes ebenfalls drei Newtonmeter.
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Ein Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, dass die Kraft, mit der der Fahrer das Lenkrad festhält, einfach und zuverlässig über das ausgeübte Gegenmoment messbar ist.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass das Lenkmoment von einer Lenkassistenzvorrichtung des Fahrzeugführungssystems ausgeübt wird, wobei die messbare Kraft mittels der Lenkassistenzvorrichtung gemessen wird.
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Insbesondere umfasst die Lenkassistenzvorrichtung eine Servo-Aktorikeinrichtung, um die Lenkradstellung gezielt zu ändern. Vorzugsweise umfasst die Servo-Aktorikeinrichtung eine Sensoreinheit, um ein Gegenmoment, das der Fahrer auf das Lenkrad ausübt, zu bestimmen.
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Die Lenkassistenzvorrichtung kann insbesondere eine Komponente der Fahrerassistenzvorrichtung sein.
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Ein Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, dass die Kraft, mit der der Fahrer das Lenkrad festhält, einfach und zuverlässig über das ausgeübte Gegenmoment messbar ist.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass zusätzlich zumindest ein Soll-Fahrzeugparameter ermittelt wird, der den sicheren Fahrbetrieb innerhalb des sicheren Korridors ermöglicht. Bevorzugt wird der Soll-Fahrzeugparameter mit dem zumindest einen Ist-Fahrzeugparameter verglichen. Bevorzugt ist eine Abweichung des Ist-Fahrzeugparameters von dem Soll-Fahrzeugparameter eine zusätzliche Bedingung, insbesondere eine zusätzlich notwendige Bedingung, für die Übernahme des Fahrbetriebes durch das Fahrzeugführungssystem ist. Bevorzugt wird diese Abweichung in einem weiteren Verfahrensschritt geprüft.
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Der Soll-Fahrzeugparameter ist eine errechnete und somit keine tatsächliche Größe eines entsprechenden Fahrzeugparameters, wobei ein sicherer Fahrbetrieb innerhalb des sicheren Korridors möglich ist, wenn die errechnete Größe des Soll-Fahrzeugparameters der entsprechenden Messgröße des Ist-Fahrzeugparameters entspricht.
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Insbesondere können eine Vielzahl von Soll-Fahrzeugparametern bestimmt werden. Vorzugsweise können Bereiche von Soll-Fahrzeugparametern bestimmt werden, innerhalb dessen ein sicherer Fahrbetrieb möglich ist. Ist der Ist-Fahrzeugparameter außerhalb des Bereiches des entsprechenden Soll-Fahrzeugparameters, weicht der Ist-Fahrzeugparameter vom entsprechenden Soll-Parameter ab, wobei dadurch die zusätzliche Bedingung gegeben ist.
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Der Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, dass ein zusätzliches Prüfen auf unterschiedliche Art und Weise stattfindet, ob durch den/die erfassten Ist-Fahrzeugparameter ein sicherer Fahrbetrieb möglich ist, sodass diese Prüfung äußerst zuverlässig ist.
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Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die zusätzliche Bedingung die Schwelle erhöht wird, bei der das Fahrzeugführungssystem den Fahrbetrieb übernimmt und die Handlung des Fahrers überstimmt. Es wird also gewährleistet, dass lediglich in der Ausnahmesituation einer Fahruntüchtigkeit infolge eines Krampfstarrens oder eines epileptischen Anfalles die (fahruntüchtige) Handlung des Fahrers überstimmt wird.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass das Fahrzeugführungssystem das Fahrzeug selbstständig in einen sicheren Fahrzeugzustand überführt, wenn das Fahrzeugführungssystem den Fahrbetrieb übernommen hat.
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Vorzugsweise wechselt das Fahrzeugführungssystem bei der Übernahme des Fahrbetriebes von einem passiven Zustand oder von einem teilweise automatisierten oder teilautonomen Fahrmodus in einen vollautomatischen oder vollautonomen Fahrmodus. Bevorzugt wird die Steuerung wieder an den Fahrer übergeben, sobald eine geeignete Feststellung erfolgt, dass der Fahrer erneut fahrtüchtig ist.
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Eine Ausführungsform sieht vor, dass das Fahrzeugführungssystem aktiv eine Kollision des Fahrzeuges vermeidet. Alternativ oder zusätzlich wird einen Nothaltemanöver oder ein Rechtsran-Fahrmanöver durchführt, um das Fahrzeug in den sicheren Fahrzeugzustand zu überführen.
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Dies hat den Vorteil, dass die Sicherheit des Fahrers und der Fahrzeuginsassen, aber auch die Sicherheit alle weiterer Verkehrsteilnehmer weiter erhöht wird.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Fahrzeugführungssystem, das dazu ausgebildet ist, ein Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche durchzuführen, wobei das Fahrzeugführungssystem die Umgebungssensorvorrichtung und wenigstens eine erste Recheneinheit umfasst, sowie gegebenenfalls die Lenkassistenzvorrichtung umfasst.
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Für Anwendungsfälle oder Anwendungssituationen, die sich bei dem Verfahren ergeben können und die hier nicht explizit beschrieben sind, kann vorgesehen sein, dass gemäß dem Verfahren eine Fehlermeldung und/oder eine Aufforderung zur Eingabe einer Nutzerrückmeldung ausgegeben und/oder eine Standardeinstellung und/oder ein vorbestimmter Initialzustand eingestellt wird.
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Zu der Erfindung gehören auch Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Fahrzeugführungssystems, die Merkmale aufweisen, wie sie bereits im Zusammenhang mit den Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben worden sind. Aus diesem Grund sind die entsprechenden Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Fahrzeugführungssystems hier nicht noch einmal beschrieben.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, den Figuren und der Figurenbeschreibung. Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in den Figuren gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen können nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen von der Erfindung umfasst sein. Es können insbesondere auch Ausführungen und Merkmalskombinationen von der Erfindung umfasst sein, die nicht alle Merkmale eines ursprünglich formulierten Anspruchs aufweisen. Es können darüber hinaus Ausführungen und Merkmalskombinationen von der Erfindung umfasst, die über die in den Rückbezügen der Ansprüche dargelegten Merkmalskombinationen hinausgehen oder von diesen abweichen.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung beschrieben. Hierzu zeigt:
- 1 ein Ablaufdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einer bevorzugten Ausführungsform;
- 2 eine schematische Darstellung eines Fahrzeuges mit einem Fahrzeugführungssystem gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung;
- 3 eine schematische Darstellung einer Fahrzeugumgebung eines Fahrzeuges mit einem Fahrzeugführungssystem gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.
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Bei den im Folgenden erläuterten Ausführungsbeispielen handelt es sich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung. Bei den Ausführungsbeispielen stellen die beschriebenen Komponenten jeweils einzelne, unabhängig voneinander zu betrachtende Merkmale der Erfindung dar, welche die Erfindung jeweils auch unabhängig voneinander weiterbilden und damit auch einzeln oder in einer anderen als der gezeigten Kombination als Bestandteil der Erfindung anzusehen sind. Des Weiteren sind die beschriebenen Ausführungsbeispiele auch durch weitere der bereits beschriebenen Merkmale der Erfindung ergänzbar.
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1 zeigt ein Ablaufdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einer bevorzugten Ausführungsform. Im ersten Schritt S1 werden Umgebungsdaten einer Fahrzeugumgebung 2 eines Fahrzeuges 1 mittels einer Umgebungssensorvorrichtung 3 des Fahrzeuges erfasst. In einem zweiten Schritt S2 wird ein sicherer Korridor 4, 7 in der Fahrzeugumgebung 2 basierend auf den Umgebungsdaten mittels zumindest einer Recheneinheit 5 des Fahrzeuges 1 identifiziert, wobei innerhalb des sicheren Korridors 4 ein sicherer Fahrbetrieb gemäß einem vorgegebenen Sicherheitskriterium möglich ist. In einem dritten Schritt wird zumindest ein Ist-Fahrzeugparameter des Fahrzeuges 1 erfasst, welcher durch zumindest eine Handlung eines Fahrers des Fahrzeuges 1 gesteuert ist. In einem vierten Schritt S4 wird eine Fahrzeugtrajektorie 6 basierend auf dem zumindest einen Ist-Fahrzeugparameter mittels der zumindest einen Recheneinheit 5 des Fahrzeuges 1 prädiziert. In einem fünften Schritt S5 wird der Fahrbetrieb durch das Fahrzeugführungssystem übernommen. In einem sechsten Schritt S6 wird der zumindest einen Ist-Fahrzeugparameter durch das Fahrzeugführungssystem 9 des Fahrzeuges 1 gesteuert, sodass die zumindest eine Handlung des Fahrers durch das Fahrzeugführungssystem 9 überstimmt wird, vorausgesetzt, dass eine notwendige Bedingung 8 erfüllt wird.
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Der erste und zweite Schritt S1, S2, sowie der dritte und vierte Schritt S3, S4 können beispielsweise parallel durchgeführt werden. Vorzugsweise werden diese Schritte S1, S2, S3, S4 ständig und in Echtzeit durchgeführt.
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Die notwendige Bedingung 8 für den fünften Schritt S5 und für den sechsten Schritt S6 ist die, dass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie 6 zumindest teilweise außerhalb des sicheren Korridors 4, 7 befindet und der zumindest eine Ist-Fahrzeugparameter ein vorgegebenes Übernahmekriterium erfüllt.
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2 zeigt eine schematische Darstellung des Fahrzeuges 1 mit einem Fahrzeugführungssystem 9 gemäß einer bevorzugten Ausführungsform. Das Fahrzeugführungssystem 9 umfasst zumindest eine Umgebungssensorvorrichtung 3, die zumindest eine Recheneinheit 5 und eine Lenkassistenzvorrichtung 10. Vorteilhafterweise umfasst das Fahrzeugführungssystem auch eine Vorrichtung zum Verzögern und/oder Beschleunigen des Fahrzeuges 1, sowie gegebenenfalls weitere Subsysteme, die für ein Fahrzeugführungssystem 9 üblich sind. Die Komponenten 3, 5, 10 des Fahrzeugführungssystems 9 können insbesondere über eine Schnittstelle 13 signaltechnisch verbunden sein.
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3 zeigt eine schematische Darstellung einer Fahrzeugumgebung 2 des Fahrzeuges 1 mit einem Fahrzeugführungssystem 9 gemäß einer bevorzugten Ausführungsform. Beispielsweise stellt sich die Fahrzeugumgebung 2 als eine T-Kreuzung dar, wobei das Fahrzeug 1 in der Darstellung von unten auf die T-Kreuzung zufährt. In der Fahrzeugumgebung 2 befinden sich in diesem Beispiel weitere Fahrzeuge 11, sowie Passanten 12. Insbesondere wird die gesamte Fahrzeugumgebung 2 in Form der T-Kreuzung, sowie die weiteren Fahrzeuge 11 und die Passanten 12 von der Umgebungssensorvorrichtung 3 in Form von Umgebungsdaten erfasst.
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Basierend auf diesen Umgebungsdaten identifiziert die zumindest eine Recheneinheit 5 des Fahrzeuges 1 einen ersten sicheren Korridor 4 und einen zweiten sicheren Korridor 7, indem ein sicherer Fahrbetrieb möglich ist, wobei die Ränder der Korridore 4, 7 gestrichelt bzw. gepunktet dargestellt sind. In diesem Beispiel sind die Ränder jeweils gekrümmt.
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In beispielsweise einem parallelen Verfahrensschritt werden die Ist-Fahrzeugparameter des Fahrzeuges 1 erfasst und basierend darauf die Fahrzeugtrajektorie 6 prädiziert. Die virtuelle Fahrzeugtrajektorie 6 zeigt im Beispiel geradlinig gerade aus. Hierbei umfassen die Ist-Fahrzeugparameter beispielsweise eine Geradeaus-Lenkradhaltung durch den Fahrer und ein Betätigen des Fahrpedals durch den Fahrer.
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Dadurch, dass die Fahrzeugkorridore 4, 7 nach links bzw. rechts gekrümmt sind, erwartet das Fahrzeugführungssystem vorzugsweise eine Lenkbewegung durch den Fahrer nach links oder rechts. Im gezeigten Beispiel fährt der Fahrer weiterhin gerade aus, sodass sich die prädizierte Fahrzeugtrajektorie sich zumindest teilweise außerhalb der Korridore 4, 7 befindet. Somit könnte in diesem Beispiel die erste notwendige Bedingung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfüllt sein.
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Sollten nun die Ist-Fahrzeugparameter das vorgegebene Übernahmekriterium erfüllen, dann könnte auch die zweite notwendige Bedingung erfüllt sein. Gemäß einem solchen Beispiel würde das Fahrzeugführungssystem 9 den Fahrbetrieb übernehmen und die Ist-Fahrzeugparameter steuern.
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Vorzugsweise kann der Fahrer in der gezeigten Beispielsituation zunächst gewarnt mittels einer Warnvorrichtung des Fahrzeugführungssystem 9 gewarnt werden. Sollte der Fahrer nicht reagieren, indem er beispielweise vom Fahrpedal geht bzw. das Bremspedal betätigt oder einlenkt, dann könnte in diesem Beispiel das Fahrführungssystem 9 in einem letztmöglichen Zeitpunkt den Fahrbetrieb übernehmen, sodass der sichere Korridor 4 noch befahrbar wäre oder ein Ausweichmanöver oder ein Nothaltemanöver zur Verhinderung einer Kollision mit den Passanten 12 durchführbar wäre.
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Das vorgeschlagene erfindungsgemäße Verfahren erweitert bestehende Fahruntüchtigkeitsfunktionen derart, dass das Fahrzeug die Verkehrsumgebung erfasst und einen kollisionsfreien, risikoarmen Korridor identifiziert. Des Weiteren wird die Handlung des Fahrers (Lenkrad-Bewegung, Fahr-und Bremspedalbewegung) sensiert und mit dem Korridor abgeglichen.
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Das Fahrzeug kann nun beispielsweise ein Soll-Verhalten der Fahrers prädizieren, welches nötig ist, den kollisionsfreien Korridor zu durchfahren. Zusätzlich kann das Fahrzeug die Ist-Bewegung des Fahrers mit dem Soll abgleichen. Eine Abweichen von Soll und Ist wird dabei insbesondere nicht als bewusste Überstimmung des Fahrzeugs durch den Fahrer ausgewertet. In diesem Fall wird das Fahrzeugführungssystem höher priorisiert, wenn folgenden Bedingungen erfüllt werden: Der Fahrer hat eine Lenkradstellung und/oder Pedalstellung vorgegeben, die über eine längere Zeit konstant ist; der Fahrer hält das Lenkrad sehr kräftig in einer Position (diese Kraft kann gemessen werden über die Servo-Aktorik der Lenkunterstützung, wobei die Kraft ist höher als die Kraft des Lenkassistenzsystems ist); die Abweichung zwischen Soll- und Ist- Verhalten (Korridor) ist vorhanden. Als Reaktion kann das Fahrzeug selbständig (im Rahmen der Möglichkeiten der vorhanden Fahrerassistenzsysteme) die Fahrsituation in einen risikoarmen Zustand überführen, was ein Nothaltemanöver oder ein Rechtsran-Fahrmanöver beinhalten kann. Dazu kann auch ein aktives Vermeiden der prädizierten Korridors gehören, um Kollisionen zu vermeiden.
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Die Erfindung kann auch eingesetzt werden, um bestehende Systeme oder Verfahren derart zu erweitern, dass epileptische Anfälle oder Krampfstarren erkannt und ein sicherer Zustand herbei geführt werden kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Fahrzeugumgebung
- 3
- Umgebungssensorvorrichtung
- 4
- Sicherer Korridor
- 5
- Recheneinheit
- 6
- Prädizierte Fahrzeugtrajektorie
- 7
- Sicherer Korridor
- 8
- Bedingung
- 9
- Fahrzeugführungssystem
- 10
- Lenkassistenzvorrichtung
- 11
- Weiteres Fahrzeug
- 12
- Passanten, Kollisionsobjekte
- 13
- Schnittstelle
- S1
- erster Schritt
- S2
- zweiter Schritt
- S3
- dritter Schritt
- S4
- vierter Schritt
- S5
- fünfter Schritt
- S6
- sechster Schritt