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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung eines Fahrzeugs oder eines Fahrzeuggespanns, welches eine elektronisch steuerbare und/oder regelbare Bremsanlage mit druckmittelbetätigbaren Radbremsen und eine Verzögerungsregelung aufweist. Zudem betrifft die Erfindung eine Bremsanlage zur Durchführung dieses Verfahrens.
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Fahrzeuge oder Fahrzeuggespanne, welche mit einer elektronisch steuer- und/oder regelbaren Bremsanlage ausgerüstet sind, können willkürlich von einem Fahrer durch die Betätigung eines Bremspedals oder automatisiert von einer elektronischen Steuereinheit durch ein aktiviertes Fahrerassistenzsystem abgebremst werden. Hierzu ist jeweils die Erzeugung eines elektronischen Bremswertes erforderlich, welcher von der Bremsanlage, zum Beispiel durch die Einstellung diesbezüglicher Bremsdrücke in den Radbremsen des Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns, in eine entsprechende Fahrzeugverzögerung umgesetzt wird.
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Ein Fahrer kann einen Bremsvorgang auslösen und die Bremsverzögerung beeinflussen, indem er das Bremspedal gegen die Rückstellkraft mindestens eines Federelementes mehr oder weniger weit in Richtung zum Bodenblech der Fahrerkabine drückt. Die Auslenkung des Bremspedals wird mittels eines Stellwegsensors gemessen und in der Steuereinheit in einen zugeordneten Bremswert umgewandelt. Wenn die Bremsanlage aus Redundanzgründen, nämlich zur Nutzung bei Ausfall der elektronischen Steuerung, auch eine Hauptbremsleitung eines Bremskreises aufweist, in welche über ein durch das Bremspedal betätigbares Fußbremsventil ein Bremsdruck eingesteuert wird, kann der in dieser Bremsleitung anliegende Bremsdruck auch mittels eines Drucksensors gemessen und in der Steuereinheit in einen entsprechenden Bremswert umgewandelt werden.
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Bei einem aktivierten Fahrerassistenzsystem, wie einem Abstandsregelsystem oder einem automatischen Notbremssystem, wird ein Bremsvorgang automatisch ausgelöst, wenn zum Beispiel mittels mindestens einem an der Fahrzeugfront angeordneten Umfeldsensor, bei dem es sich beispielsweise um einen Infrarotsensor, Lasersensor, photooptischen Sensor, Radarsensor oder Ultraschallsensor handeln kann, bei der Annäherung an ein in derselben Fahrspur vor dem Fahrzeug langsamer fahrendes oder an stehendes anderes Fahrzeug oder an ein Hindernis ein für die Fahrsicherheit kritischer Abstand erreicht oder unterschritten wird. Dann wird von dem in der Steuereinheit ablaufenden Steuerungsprogramm des Fahrerassistenzsystems ein Bremswert generiert und das Fahrzeug oder Fahrzeuggespann eine Kollision verhindernd entsprechend abgebremst.
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Dem jeweils ermittelten Bremswert ist eine bestimmte Fahrzeugverzögerung zugeordnet, welche jedoch bei den meisten Bremsvorgängen zumindest nicht sofort erreicht wird, sondern abhängig von den aktuellen Betriebs- und Fahrbedingungen des Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns, wie der Fahrzeugbeladung, der Ladungsverteilung auf die Fahrzeugachsen, dem Verschleißzustand der Bremsanlage, insbesondere der Bremsbeläge, der Bremstrommeln oder der Bremsscheiben, sowie dem Zustand der Reifen (Profiltiefe, Reifenluftdruck, Reifentemperatur) und der Fahrbahndecke (Rauigkeit, Feuchtigkeit, Verschmutzungsgrad) beziehungsweise den Haftbedingungen zwischen Reifen und Fahrbahn, von der durch den Bremswert vorgegebenen Soll-Verzögerung zSoll nach oben oder unten abweichen kann. Die tatsächlich vorliegende Ist-Verzögerung zIst wird üblicherweise aus den Sensorsignalen von am Fahrzeug vorhandenen Raddrehzahlsensoren und/oder eines Längsbeschleunigungssensors bestimmt. Daher weisen elektronische Bremsanlagen zumeist eine Verzögerungsregelung (DC) auf, mittels welcher während eines Bremsvorgangs die eingesteuerten hydraulischen oder pneumatischen Bremsdrücke in den Radbremsen derart korrigiert werden, dass die Ist-Verzögerung zIst an die Soll-Verzögerung zSoll angeglichen und idealerweise mit dieser in Übereinstimmung gebracht wird.
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In einer bekannten ersten Variante einer Verzögerungsregelung DC_zReg ist ein Korrekturwert kDC vorgesehen, welcher das Verhältnis der Soll-Verzögerung zSoll zu der Ist-Verzögerung zIst während des aktuellen Bremsvorgangs beschreibt (kDC = zSoll / zIst) und aus dem Produkt von zwei Korrekturwerten, nämlich einem dynamischen Korrekturwert kAct und einem statischen Korrekturwert kPerf, gebildet ist (kDC = kAct ∗ kPerf).
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Der auch als Performancefaktor bezeichnete statische Korrekturwert kPerf wird aus den Verhältnissen der Soll-Verzögerung zSoll zu der Ist-Verzögerung zIst bei einer festgelegten Anzahl größer Eins unmittelbar vorausgegangener Bremsvorgänge nB bestimmt, zum Beispiel durch eine Mittelwertbildung (kPerf = 1/nB ∗ Σ (zSoll / zIst) i, i = 1 - nB) unmittelbar zuvor erfolgter Bremsvorgänge.
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Der dynamische Korrekturwert kAct dient während eines aktuellen Bremsvorgangs als dynamisch wirkende Stellgröße zur Einstellung der Ist-Verzögerung zIst hin zu einem Wert der Soll-Verzögerung zSoll. Nach einem Bremsvorgang dient der dynamische Korrekturwert kAct zur Anpassung des statischen Korrekturwertes kPerf an das bei dem unmittelbar zurückliegenden Bremsvorgang vorhandene Verhältnis der Soll-Verzögerung zSoll zu der Ist-Verzögerung zIst und weist daher üblicherweise einen Wert nahe Eins auf. Der dynamische Korrekturwert kDC kann beispielsweise derart verwendet werden, dass der aktuelle Bremsdruck pB_akt durch Multiplikation mit dem Korrekturwert kDC korrigiert, also erhöht oder verringert wird (pB_neu = pB_akt ∗ kDC), um die Ist-Verzögerung zIst des Fahrzeugs beziehungsweise des Fahrzeuggespanns an die durch den Bremswert vorgegebene Soll-Verzögerung zSoll anzugleichen oder mit dieser in Übereinstimmung zu bringen.
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Bei einer bekannten zweiten Variante einer Verzögerungsregelung DC_Kappa ist nur ein Korrekturwert Kappa vorgesehen, welcher das Verhältnis zwischen der vorgegebenen Soll-Verzögerung zSoll und der tatsächlich vorliegenden Ist-Verzögerung zIst bei dem aktuellen Bremsvorgang wiedergibt (kDC = Kappa = zSoll / zIst). Auch bei dieser Variante der Verzögerungsregelung kann der Korrekturwert kDC derart verwendet werden, dass der aktuelle Bremsdruck pB_akt durch Multiplikation mit dem Korrekturwert kDC korrigiert, also erhöht oder verringert wird (pB_neu = pB_akt ∗ kDC), um die Ist-Verzögerung zIst des Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns an die durch den Bremswert vorgegebene Soll-Verzögerung zSoll anzugleichen beziehungsweise mit dieser in Übereinstimmung zu bringen.
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Andere Varianten von Verzögerungsregelungen sowie andere Definitionen und Anwendungen ihrer Korrekturwerte kDC sind möglich, werden hier jedoch nicht berücksichtigt.
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Bei Fahrerassistenzsystemen, wie einem automatischen Notbremssystem oder einem Abstandsregelsystem, ist die Kenntnis der unter den aktuellen Betriebs- und Fahrbedingungen maximal möglichen Bremsverzögerung eines Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns für die Ausführung von Bremsvorgängen erforderlich, welche von einer elektronischen Steuereinheit durch die Auswertung von Sensordaten ausgelöst werden. Durch die Kenntnis der maximal möglichen Bremsverzögerung eines Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns kann bei der Annäherung an ein auf derselben Fahrspur langsamer vorausfahrendes oder stehendes Fahrzeug der Zeitpunkt zur Auslösung eines Bremsvorgangs und zur Steuerung des Ablaufs des Bremsvorgangs ermittelt werden.
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So ist beispielsweise aus der
DE 10 2015 205 673 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Bremsassistenten in einem Kraftfahrzeug bekannt, bei dem der Zeitpunkt des Beginns eines Bremsvorgangs, der aufgrund eines von einer Sensoreinrichtung detektierten Hindernisses durch den Bremsassistenten eingeleitet und von der Bremsanlage ausgeführt wird, in Abhängigkeit von bestimmten Betriebsparametern ermittelt wird. Zu den Betriebsparametern zählen die Entfernung des Kraftfahrzeugs zu dem Hindernis, die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Kraftfahrzeug und dem Hindernis, die Zeitdauer bis zum Auftreffen des Kraftfahrzeugs auf das Hindernis und der Reibwert zwischen den Reifen des Kraftfahrzeugs und der befahrenen Fahrbahn. Bei verringertem Reibwert wird der Zeitpunkt des Bremsbeginns vorgezogen und die Höhe der von dem Bremsassistenten angeforderten Bremsverzögerung auf ein notwendiges Maß reduziert. Der Bremsvorgang wird durch den Bremsassistenten derart gesteuert, dass die maximal mögliche Bremsverzögerung des Kraftfahrzeugs nicht überschritten wird. Wenn ein kritischer Abstand zwischen dem Fahrzeug und dem Hindernis, ab dem ein Ausweichen des Fahrzeugs ohne eine Kollision mit dem Hindernis nicht mehr möglich ist, unterschritten ist, wird von dem Bremsassistenten die maximal mögliche Bremsverzögerung angefordert.
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Ebenso ist die Kenntnis der momentan maximal möglichen Bremsverzögerung von Fahrzeugen oder Fahrzeuggespannen zur Festlegung der Abstände zwischen den Fahrzeugen oder Fahrzeuggespannen, welche elektronisch gekoppelt in geringem Abstand in einer Fahrzeugkolonne (Platoon) hintereinander herfahren, von großem Vorteil. Zur Reduzierung des Luftwiderstands um bis zu 30% fahren die Fahrzeuge eines Platoons mit einem Abstand im Bereich zwischen 15 Meter und 21 Meter, welcher den gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von 40 Meter bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h deutlich unterschreitet und daher besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert. So bestimmt das Fahrzeug mit der geringsten maximal möglichen Bremsverzögerung zumindest den Abstand zu dem innerhalb der Fahrzeugkolonne vorausfahrenden Fahrzeug, möglicherweise auch die Reihenfolge der Fahrzeuge innerhalb der Fahrzeugkolonne, den Abstand zwischen allen Fahrzeugen der Fahrzeugkolonne und/oder die Fahrgeschwindigkeit der Fahrzeugkolonne.
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In einem Verfahren zur Ermittlung eines dynamischen Fahrzeugabstandes zwischen einem Folgefahrzeug und einem Vorderfahrzeug eines Platoons gemäß der
DE 10 2016 011 325 A1 ist vorgesehen, dass der dynamische Fahrzeugabstand in Abhängigkeit von der Übertragungszeit für die Information einer Notbremsung des Vorderfahrzeugs und der aktuellen Bremswegdifferenz der beiden Fahrzeuge ermittelt wird. Die Bremswegdifferenz wird aus der maximal möglichen Bremsverzögerung des Vorderfahrzeugs und der maximal möglichen Bremsverzögerung des Folgefahrzeugs bestimmt.
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In der
DE 10 2017 004 885 A1 ist ein Verfahren zur Schätzung der erreichbaren Gesamtbremskräfte, also der maximal möglichen Bremsverzögerung, eines Nutzfahrzeugs beschrieben, bei dem Schätzbremsungen mit relativ niedriger angeforderter Bremsverzögerung in einer vorgegebenen Reihenfolge jeweils nur über eine von mehreren Bremseinheiten, wie den Radbremsen einer Fahrzeugachse oder einer Gruppe von Fahrzeugachsen, durchgeführt werden. Bei jeder dieser Schätzbremsungen wird die erzielte Fahrzeugverzögerung sensorisch ermittelt und ein Bremsenkennwert der aktiven Bremseinheit als Verhältnis der erzielten Teilbremskraft und dem dafür eingestellten Bremsdruck bestimmt. Die erreichbaren Gesamtbremskräfte werden durch die Aufsummierung der Teilbremskräfte bestimmt. Wenn eine höhere Teilbremskraft als eine zuvor für die betreffende Bremseinheit erzielte Teilbremskraft angefordert wird, wird die jeweilige Schätzbremsung unterlassen oder abgebrochen. Da die Schätzbremsungen meistens mit einer geringeren als mit der jeweiligen Bremseinheit maximal möglichen Bremsverzögerung durchgeführt werden, ist nicht ersichtlich, wie aus den ermittelten Teilbremskräften die maximal mögliche Bremsverzögerung des Nutzfahrzeugs bestimmt werden soll.
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In einem ähnlichen Verfahren zur Bestimmung der durch die Betätigung von Radbremsen erreichbaren Gesamtverzögerungswerte, also die maximal und minimal erzielbare Bremsverzögerung, eines Nutzfahrzeugs ist gemäß der
DE 10 2017 005 816 A1 vorgesehen, dass bei Teilbremsungen, also Bremsvorgängen mit relativ niedriger angeforderter Bremsverzögerung, die Abbremsung des Nutzfahrzeugs in einer vorgegebenen Reihenfolge jeweils über eine von mehreren Bremseinheiten, wie den Radbremsen einer Fahrzeugachse oder einer Gruppe von Fahrzeugachsen, erfolgt. Die bei diesen Teilbremsungen jeweils erzielte Bremsverzögerung wird als Teilverzögerungswert der jeweiligen Bremseinheit abgespeichert. Die Gesamtverzögerungswerte werden durch Aufsummieren der Teilverzögerungswerte bestimmt. Dabei werden die maximalen Teilverzögerungswerte, die aufsummiert die maximal mögliche Bremsverzögerung des Nutzfahrzeugs ergeben, an der Schlupfgrenze der Fahrzeugräder der jeweils aktiven Bremseinheit erfasst. Da die meisten Bremsvorgänge mit Teilbremsungen unterhalb der Schlupfgrenze erfolgen, sind entsprechend viele Teilbremsungen erforderlich, um die maximal mögliche Bremsverzögerung des Nutzfahrzeugs zu bestimmen.
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Die beiden zuletzt genannten Verfahren weisen die Nachteile auf, dass relativ viele Schätz- oder Teilbremsungen erforderlich sind, um die maximal mögliche Bremsverzögerung zu bestimmen, und dass bei den Schätz- oder Teilbremsungen eine geringere dynamische Achslastverlagerung in Fahrtrichtung nach vorne als bei einer Vollbremsung vorliegt, welches beides zu einer relativ ungenauen Bestimmung der unter den aktuellen Betriebsbedingungen maximal möglichen Bremsverzögerung führt. Zudem weisen diese beiden Verfahren den gravierenden Nachteil auf, dass der Fahrer während der Schätz- oder Teilbremsungen aufgrund der dabei wechselnd betätigten Bremseinheiten jeweils ein anderes Bremsverhalten beziehungsweise eine andere Fahrstabilität des Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns wahrnimmt, welches zu einer starken Verunsicherung des Fahrers führen kann.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung eines Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns vorzustellen, welches die vorgenannten Nachteile der bekannten Verfahren nicht aufweist. Zudem soll eine Bremsanlage eines Fahrzeugs vorgestellt werden, mit welcher das erfindungsgemäße Verfahren betreibbar ist.
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Die Lösung der verfahrensbezogenen Aufgabe wird mit einem Verfahren erreicht, welches die Merkmale des Anspruchs 1 aufweist. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen definiert. Ein unabhängiger Vorrichtungsanspruch gibt diejenigen Merkmale an, welche zur Lösung der vorrichtungsbezogenen Aufgabe notwendig sind.
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Demnach betrifft die Erfindung zunächst Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung eines Fahrzeugs oder eines Fahrzeuggespanns, welches eine elektronisch steuerbare und/oder regelbare Bremsanlage mit druckmittelbetätigbaren Radbremsen und eine Verzögerungsregelung DC aufweist.
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Zur Lösung der verfahrensbezogenen Aufgabe ist bei diesem Verfahren vorgesehen, dass die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act aus einer während der Fahrzeugentwicklung unter Normbedingungen ermittelten und in einem Datenspeicher einer elektronischen Steuereinheit der Bremsanlage abgespeicherten maximalen Normbremsverzögerung zMax_norm und einem Korrekturwert kDC* der Verzögerungsregelung für einen aktuellen Bremsvorgang oder gemittelt über eine vorgegebene Anzahl größer als Eins zurückliegender Bremsvorgänge nB bestimmt wird, wobei die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act durch die Division der Normbremsverzögerung zMax_norm mit dem Korrekturwert koc* ermittelt wird (zMax_act = zMax_norm / kDC*).
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Bei diesem Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act wird ein Fahrzeug vorausgesetzt, beispielsweise ein Nutzfahrzeug oder ein Fahrzeuggespann, welches eine elektronisch steuerbare und/oder regelbare Bremsanlage mit druckmittelbetätigbaren Radbremsen und eine Verzögerungsregelung DC aufweist.
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Das Verfahren geht davon aus, dass das Verhältnis von der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act zu der maximalen Normbremsverzögerung zMax_norm dem Kehrwert des Korrekturwertes koc* der Verzögerungsregelung DC entspricht, wobei dieser Korrekturwert koc* das Verhältnis der Soll-Verzögerung zSoll zu der Ist-Verzögerung zIst bei dem aktuellen Bremsvorgang oder gemittelt oder gefiltert über mehrere zurückliegende Bremsvorgänge bedeuten kann.
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Hierbei ist es vorteilhaft, wenn der Korrekturwert koc* der Verzögerungsregelung für einen aktuellen Bremsvorgang mit Werten von Bremsvorgängen der letzten, unmittelbar vorhergehenden Fahrt ermittelt wird. Dabei können die Werte der letzten Bremsvorgänge der unmittelbar vorhergehenden Fahrt unterschiedlich stark gewichtet berücksichtigt werden, wobei die in der Reihenfolge zuletzt erfolgten Bremsvorgänge stärker berücksichtigt werden als zeitlich weiter in der Vergangenheit liegende Bremsvorgänge. Beispielsweise werden die letzten zehn Bremsvorgänge berücksichtigt, wobei die Werte des letzten Bremsvorgangs mit 30% gewichtet werden, die Werte des vorletzten Bremsvorgangs mit 20% und die restlichen Bremsvorgänge mit jeweils 10% Gewichtung.
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Um Schwankungen der Bremsverläufe bei einzelnen Bremsvorgängen auszugleichen, ist bei Anwendung einer Verzögerungsregelung DC mit zwei Korrekturwerten kAct, kPerf vorgesehen, dass ein statischer Korrekturwert kPerf als Korrekturwert koc* zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act verwendet wird (koc* = kPerf, zMax_act = zMax_norm / kPerf). Der auch als Performancefaktor bezeichnete statische Korrekturwert kPerf wird aus den Verhältnissen der Soll-Verzögerung zSoll zu der Ist-Verzögerung zIst bei einer festgelegten Anzahl unmittelbar vorausgegangener Bremsvorgänge nB bestimmt, zum Beispiel durch eine Mittelwertbildung (kPerf = 1/nB ∗ Σ (zSoll / zIst)i, i = 1 - nB).
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Bei Anwendung einer Verzögerungsregelung DC mit nur einem Korrekturwert Kappa ist zum Ausgleich von Schwankungen der Bremsverläufe bei einzelnen Bremsvorgängen vorgesehen, dass ein in einem Filterungsverfahren der Werte vorausgegangener Bremsvorgänge nB bestimmter Korrekturwert als Korrekturwert kDC* zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act verwendet wird (kDC* = Kappam, zMax_act = zMax_norm / Kappam).
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Dieses Filterungsverfahren ist beispielsweise ein gewichtetes Mittelwertbildungsverfahren. Bei diesem kann vorgesehen sein, dass die Werte der letzten Bremsvorgänge der letzten, unmittelbar vorhergehenden Fahrt unterschiedlich stark gewichtet berücksichtigt werden, wobei die in der Reihenfolge zuletzt erfolgten Bremsvorgänge stärker berücksichtigt werden als zeitlich weiter in der Vergangenheit liegende Bremsvorgänge
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Nachfolgend wird zur Vereinfachung anstelle von koc* oder Kappam nur noch der oben erläuterte Performancefaktor kPerf als Korrekturwert verwendet.
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Bei einer Druckluftbremsanlage eines Nutzfahrzeuges kann der aktuelle Vorratsdruck pV_act zwischen einem minimalen Vorratsdruck von zum Beispiel pV_Ein = 7,6 × 105 Pa, bei dessen Erreichen von einem höheren Vorratsdruck kommend von einem Druckregler ein Kompressor der Druckluftversorgungsanlage eingeschaltet wird, und einem maximalen Vorratsdruck von beispielsweise pv_Nenn = 8,5 × 105 Pa, bei welchem der Kompressor von dem Druckregler abgeschaltet wird, schwanken. Zur Berücksichtigung der Auswirkung des variablen Vorratsdruckes pV_act auf die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act wird diese gemäß einer ersten Weiterbildung des Verfahrens, mittels welcher die Genauigkeit der Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act erhöht wird, mit einer während der Fahrzeugentwicklung unter Normbedingungen und maximalem Vorratsdruck pV_Nenn ermittelten und in dem Datenspeicher der Steuereinheit abgespeicherten maximalen Normbremsverzögerung zMAXmax_norm, deren Division mit dem Performancefaktor kPerf und der Multiplikation mit dem Verhältnis des aktuellen Vorratsdruckes pV_act zu dem maximalen Vorratsdruck pV_Nenn bestimmt (zMax_act = zMAXmax_norm / kPerf * pV_act / pV_Nenn).
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Alternativ dazu kann vorgesehen sein, dass die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act zur Berücksichtigung eines zwischen einem minimalen Vorratsdruck pV_Ein und einem maximalen Vorratsdruck pV_Nenn schwankenden Vorratsdruckes pV_act mit einer während der Fahrzeugentwicklung unter Normbedingungen und minimalem Vorratsdruck pV_Ein ermittelten sowie in dem Datenspeicher der Steuereinheit abgespeicherten Wert einer maximalen Normbremsverzögerung zMAXmin_norm, deren Division mit dem Performancefaktor kPerf und der Multiplikation mit dem Verhältnis des aktuellen Vorratsdruckes pV_act zu dem minimalen Vorratsdruck pV_Ein bestimmt wird (zMax_act = zMAXmin_norm / kPerf * pV_act / jV_Ein).
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Die Radbremsen von Druckluftbremsanlagen benötigen üblicherweise einen Ansprech- oder Anlegedruck von etwa pAn = 0,35 × 105 Pa, mittels dem die Bremsbeläge an die Bremstrommeln oder Bremsscheiben angelegt werden, ohne dass dadurch eine nennenswerte Bremswirkung erzielt wird. Zur Berücksichtigung dieses Effektes ist gemäß einer zweiten Weiterbildung des Verfahrens, mit welcher die Genauigkeit der Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act erhöht wird, vorgesehen, dass die Vorratsdrücke pV_act, pV_Ein, pV_Nenn bei der Berechnung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act jeweils um den Ansprechdruck pAn der Radbremsen reduziert werden (zMax_act = zMAXmax_norm / kPerf * (pV_act - pAn) / (pV_Nenn - pAn); zMax_act = zMAXmin_norm / kPerf * (pV_act - pAn) / (pV_Ein - pAn)).
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Gemäß einer dritten Weiterbildung des Verfahrens, mit der die Genauigkeit der Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act erhöht wird, ist vorgesehen, dass der verwendete Korrekturwert kPerf zur Anpassung an die Nichtlinearität des bremsdruckabhängigen Verhältnisses von Soll-Verzögerung zSoll und Ist-Verzögerung zIst der Verzögerungsregelung mit einem Trimmfaktor kTrimm korrigiert wird, welcher während der Fahrzeugentwicklung über viele normale Bremsvorgänge nB_n als Mittelwert des Verhältnisses der Soll-Verzögerung zSoll zur Ist-Verzögerung zIst ermittelt (kTrimm = 1/nB_n ∗ Σ (zSoll / zIst) i, i = 1 - nB_n) und in dem Datenspeicher der Steuereinheit 14) abgespeichert wurde, wobei der korrigierte Korrekturwert kPerf_korr aus dem Korrekturwert kPerf durch die Addition des Wertes Eins und die Subtraktion des Trimmfaktors kTrimm bestimmt wird (kPerf_korr = kPerf + 1 - kTrimm).
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Weiter kann vorgesehen sein, dass die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act zur Berücksichtigung eines zwischen einem minimalen Vorratsdruck pV_Ein und einem maximalen Vorratsdruck pV_Nenn schwankenden Vorratsdruckes pV_act mit der während der Fahrzeugentwicklung unter Normbedingungen und maximalem Vorratsdruck pV_Nenn ermittelten und in dem Datenspeicher der Steuereinheit abgespeicherten maximalen Normbremsverzögerung zMAXmax_norm, deren Division mit dem korrigierten Performancefaktor kPerf_korr sowie der Multiplikation mit dem Verhältnis des aktuellen Vorratsdruckes pV_act zu dem maximalen Vorratsdruck pV_Nenn bestimmt wird (zMax_act = zMAXmax_norm / kPerf_korr ∗ pV_act / pV_Nenn).
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Alternativ dazu kann vorgesehen sein, dass die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act zur Berücksichtigung eines zwischen einem minimalen Vorratsdruck pV_Ein und einem maximalen Vorratsdruck pV_Nenn schwankenden Vorratsdruckes pV_act mit der während der Fahrzeugentwicklung unter Normbedingungen und minimalem Vorratsdruck pV_Ein ermittelten sowie in dem Datenspeicher der Steuereinheit abgespeicherten maximalen Normbremsverzögerung zMAXmin_norm, deren Division mit dem korrigierten Performancefaktor kPerf_korr und der Multiplikation mit dem Verhältnis des aktuellen Vorratsdruckes pV_act zu dem minimalen Vorratsdruck pV_Ein bestimmt wird (zMax_act = zMAXmin_norm / kPerf_korr * pV_act / jV_Ein).
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Auch mit dem korrigierten Korrekurwert k
Perf_korr kann die Genauigkeit der Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung z
Max_act erhöht werden, indem die Vorratsdrücke p
V_act, p
V_Ein, p
V_Nenn bei der Berechnung der maximal möglichen Bremsverzögerung z
Max_act jeweils um den Ansprechdruck p
An der Radbremsen reduziert werden
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Zur Durchführung des vorbeschriebenen Verfahrens ist eine Bremsanlage eines Fahrzeugs oder Fahrzeuggespanns vorgesehen, welche elektronisch steuerbar und/oder regelbar ist und druckmittelbetätigbare Radbremsen sowie eine elektronische Steuereinheit mit einem Datenspeicher, einer Verzögerungsregelung, einem Steuerungsprogramm zur automatischen Generierung eines Bremswertes und einem Steuerungsprogramm zur Generierung einer von dem Bremswert abhängigen Soll-Verzögerung zSoll sowie mindestens einen als Bremswertgeber wirksamen Sensor zur Erzeugung eines von der Auslenkung eines Fahrpedals abhängigen Bremswertes, mindestens einen Sensor zur Erfassung der aktuellen Bremsverzögerung zIst und einen Sensor zur Erfassung des aktuellen Vorratsdruckes pV_act aufweist. Diese Bremsanlage ist derartig ausgebildet, dass mit dieser das erwähnte Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act durchführbar ist.
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Dieses Verfahren wird nachstehend anhand eines in der beigefügten Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. In der Zeichnung zeigt
- 1 die Verläufe der Soll-Verzögerung, der Ist-Verzögerung und eines Korrekturwertes einer Verzögerungsregelung bei Bremsvorgängen eines Fahrzeugs mit unterschiedlichen Bremsdrücken in einem Diagramm,
- 2 die Verläufe der maximal möglichen Bremsverzögerungen eines Fahrzeugs unter maximalem Vorratsdruck, minimalem Vorratsdruck und einem zwischen diesen liegenden aktuellen Vorratsdruck bei Bremsvorgängen mit unterschiedlichen Korrekturwerten einer Verzögerungsregelung in einem Diagramm,
- 3 die Verläufe der maximal möglichen Bremsverzögerungen eines Fahrzeugs unter maximalem Vorratsdruck, minimalem Vorratsdruck und einem unter dem minimalen Vorratsdruck liegenden aktuellen Vorratsdruck bei Bremsvorgängen mit unterschiedlichen Korrekturwerten einer Verzögerungsregelung in einem Diagramm, und
- 4 eine Bremsanlage eines Fahrzeugs zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens in einer schematischen Ansicht.
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Ein in 4 abgebildetes Fahrzeug 2, bei dem es sich um ein Nutzfahrzeug handeln soll, weist eine einfachbereifte Vorderachse 4 mit zwei Rädern 6a, 6b und eine doppeltbereifte Hinterachse 8 mit insgesamt vier Rädern 10a, 10a', 10b, 10b' auf.
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Die Bremsanlage 12 des Fahrzeugs 2 ist als eine Druckluftbremsanlage und elektronisch steuerbar ausgebildet. Die Bremsanlage 12 umfasst neben einer elektronischen Steuereinheit 14 eine Druckluftversorgungseinrichtung 16, ein mittels eines Bremspedals 18 betätigbares Fußbremsventil 20 mit einem als Stellwegsensor ausgeführten Bremswertgeber 22 sowie druckmittelbetätigbare, als Reibungsbremsen ausgeführte Radbremsen 26a, 26b, 28a, 28b. Der Bremswertgeber 22 des Fußbremsventils 20 ist über eine elektrische Sensorleitung 24 mit der Steuereinheit 14 verbunden. An den Rädern 6a, 6b der Vorderachse 4 und den Radpaaren 10a, 10a'; 10b, 10b' der Hinterachse 8 ist jeweils ein Raddrehzahlsensor 30a, 30b, 34a, 34b angeordnet, welche über jeweils eine elektrische Sensorleitung 32a, 32b, 36a, 36b an die Steuereinheit 14 angeschlossen ist.
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Die Druckluftversorgungsanlage 16 weist einen Kompressor 38, einen Druckregler 40 und ein Mehrkreisschutzventil 42 auf. Von dem Kompressor 38, der von einem nicht abgebildeten Antriebsmotor antreibbar ist, wird Druckluft über den Druckregler 40 und das Mehrkreisschutzventil 42 in zwei Bremskreise 44, 46 der Bremsanlage 12 gefördert.
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Der erste Bremskreis 44 weist eine erste Vorratsleitung 48 und einen daran angeschlossenen Druckspeicher 50 auf. Die erste Vorratsleitung 48 führt von dem Mehrkreisschutzventil 42 zu dem Fußbremsventil 20 und einem ersten Achsventilmodul 54 an der Hinterachse 8. Von dem Fußbremsventil 20 verläuft eine erste Achsbremsleitung 52, in die abhängig von der Betätigung des Bremspedals 18 ein Bremsdruck eingesteuert wird, zu dem ersten Achsventilmodul 54. Das erste Achsventilmodul 54 umfasst ein erstes Relaisventil 54c und jeweils eine ABS-Ventilanordnung 54a, 54b pro Radpaar 10a, 10a'; 10b, 10b' der Hinterachse 8. Von den beiden ABS-Ventilanordnungen 54a, 54b des ersten Achsventilmoduls 54 ist jeweils eine Radbremsleitung 56a, 56b an die jeweils zugeordnete Radbremse 28a, 28b der Hinterachse 8 geführt. Die beiden ABS-Ventilanordnungen 54a, 54b umfassen jeweils ein ABS-Einlassventil und ein ABS-Auslassventil sowie einen Drucksensor, welche nicht gesondert dargestellt sind. Diese ABS-Einlassventile und ABS-Auslassventile sind jeweils über eine elektrische Steuerleitung 58a, 58b an die Steuereinheit14 angeschlossen. Die Drucksensoren sind an die jeweilige Radbremsleitung 56a, 56b angeschlossen und über jeweils eine elektrische Sensorleitung 60a, 60b mit der Steuereinheit 14 verbunden.
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Das Relaisventil 54c des ersten Achsventilmoduls 54 wird primär in Abhängigkeit des von dem Bremswertgeber 22 des Fußbremsventils 20 erzeugten Bremswert elektronisch gesteuert. Hierzu ist das Relaisventil 54c über eine elektrische Steuerleitung 62 mit der elektronischen Steuereinheit 14 verbunden. Im Redundanzfall, also bei ausgefallener elektronischer Steuerung, wird das Relaisventil 54c des Achsventilmoduls 54 in Abhängigkeit des in der Achsbremsleitung 52 anliegenden Bremsdruckes pneumatisch gesteuert.
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Der zweite Bremskreis 46 weist eine zweite Vorratsleitung 64 mit einem zweiten Druckspeicher 66 auf, welche von dem Mehrkreisschutzventil 42 zu dem Fußbremsventil 20 und einem zweiten Achsventilmodul 70 an der Vorderachse 4 geführt ist. Von dem Fußbremsventil 20 verläuft eine zweite Achsbremsleitung 68, in die abhängig von der Betätigung des Bremspedals 18 ein Bremsdruck eingesteuert wird, zu dem zweiten Achsventilmodul 70. Das zweite Achsventilmodul 70 umfasst ein Relaisventil 70c und jeweils eine ABS-Ventilanordnung 70a, 70b pro Rad 6a, 6b der Vorderachse 4. Von den beiden ABS-Ventilanordnungen 70a, 70b des zweiten Achsventilmoduls 70 ist jeweils eine Radbremsleitung 72a, 72b an die zugeordnete Radbremse 26a, 26b der Vorderachse 4 geführt. Die beiden ABS-Ventilanordnungen 70a, 70b umfassen jeweils ein ABS-Einlassventil und ein ABS-Auslassventil sowie einen Drucksensor, welche nicht gesondert dargestellt sind. Die ABS-Einlassventile und ABS-Auslassventile sind jeweils über eine elektrische Steuerleitung 74a, 74b an die Steuereinheit 14 angeschlossen. Die Drucksensoren sind an die jeweilige Radbremsleitung 72a, 72b angeschlossen und über jeweils eine elektrische Sensorleitung 76a, 76b mit der Steuereinheit 14 verbunden.
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Das Relaisventil 70c des zweiten Achsventilmoduls 70 wird ebenfalls primär in Abhängigkeit des von dem Bremswertgeber 22 des Fußbremsventils 20 erzeugten Bremswert elektronisch gesteuert und ist hierzu über eine elektrische Steuerleitung 78 mit der elektronischen Steuereinheit 14 verbunden. Im Redundanzfall wird das Relaisventil 70c des zweiten Achsventilmoduls 70 in Abhängigkeit des in der Achsbremsleitung 68 anliegenden Bremsdruckes pneumatisch gesteuert.
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In einer Blockierschutzfunktion, welche als Steuerungsprogramm in einem Programmspeicher der Steuereinheit 14 abgespeichert ist, werden während eines Bremsvorgangs das Stellwegsignal des Bremswertgebers 22, die Drehzahlsignale der Raddrehzahlsensoren 30a, 30b, 34a, 34b und die Drucksignale der Drucksensoren der ABS-Ventileinrichtungen 54a, 54b, 70a, 70b sowie weitere Informationen, wie zum Beispiel die aktuelle Fahrgeschwindigkeit, der aktuelle Lenkwinkel und der aktuelle Beladungszustand, ausgewertet. Bei einer ermittelten Annäherung eines Rades 6a, 6b beziehungsweise eines Radpaares 10a, 10a'; 10b, 10b' an seine Schlupfgrenze wird über die Ansteuerung des jeweiligen ABS-Einlassventils und ABS-Auslassventils der betreffenden ABS-Ventilanordnung 54a, 54b, 70a, 70b der Bremsdruck in der zugeordneten Radbremse 26a, 26b, 28a, 28b in einer Art Stotterbremsung geregelt.
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In der Steuereinheit 14 können aktivierte Steuerungsprogramme, wie diejenigen eines Abstandsregelsystems oder eines automatischen Notbremssystems, ablaufen, mittels denen ein Bremsvorgang auch automatisch ausgelöst werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn über an der Fahrzeugfront angeordnete und über Sensorleitungen 86a, 86b an die Steuereinheit 14 angeschlossene Umfeldsensoren 84a, 84b, bei denen es sich beispielsweise um Infrarotsensoren, Lasersensoren, photooptische Sensoren, Radarsensoren oder Ultraschallsensoren handeln kann, bei der Annäherung an ein in derselben Fahrspur vor dem Fahrzeug langsamer fahrendes oder stehendes Fahrzeug oder Hindernis ein kritischer Abstand erreicht oder unterschritten wird. Dann wird von dem in der Steuereinheit 14 ablaufenden Steuerungsprogramm des Fahrerassistenzsystems ein Bremswert generiert und das Fahrzeug oder Fahrzeuggespann entsprechend abgebremst. Dabei ist die Kenntnis der unter den aktuellen Betriebs- und Fahrbedingungen maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act des Fahrzeugs 2 erforderlich, um den Beginn und den weiteren Verlauf eines automatisch ausgelösten Bremsvorgangs optimal steuern zu können.
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Hierzu ist jedem ermittelten Bremswert eine Soll-Verzögerung zsoll des Fahrzeugs 2 zugeordnet, welche über die Einstellung eines entsprechenden Bremsdruckes pB in den Radbremsen 26a, 26b, 28a, 28b mittels des jeweiligen Relaisventils 54c, 70c erreicht werden soll. Im Rahmen einer in der Steuereinheit 14 ablaufenden Verzögerungsregelung (DC) wird die tatsächlich vorliegende Ist-Verzögerung zist mit der Soll-Verzögerung zSoll verglichen und über eine Änderung der mittels der Relaisventile 54c, 70c eingesteuerten Bremsdrücke pB derart korrigiert, dass die Ist-Verzögerung zIst des Fahrzeugs 2 an die durch den Bremswert vorgegebene Soll-Verzögerung zSoll angeglichen und idealerweise mit dieser in Übereinstimmung gebracht wird. Die tatsächlich vorliegende Ist-Verzögerung zIst wird hierzu mittels der Sensorsignale der Raddrehzahlsensoren 30a, 30b, 34a, 34b und/oder mittels einem über eine Sensorleitung 82 an die Steuereinheit 14 angeschlossenen, nahe der Fahrzeuglängsachse 88 angeordneten Längsbeschleunigungssensor 80 erfasst.
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In dem Diagramm der 1 sind ein typischer Verlauf der Ist-Verzögerung zIst eines Fahrzeugs 2 im Vergleich mit der linear mit dem eingesteuerten Bremsdruck pB ansteigenden Soll-Verzögerung zSoll abgebildet. In diesem Diagramm ist der Bremsdruck pB bezogen auf den maximal möglichen Bremsdruck pB_max angegeben, welcher dem in den beiden Vorratsleitungen 48, 64 beziehungsweise Druckspeichern 50, 66 der Bremsanlage 12 anliegenden Vorratsdruck pv entspricht. Der in diesem Diagramm dargestellte Verlauf der Ist-Verzögerung zIst in Bezug zur Soll-Verzögerung zSoll gilt für denjenigen Fall, in dem keine Verzögerungsregelung DC aktiv ist. Mit dem in 1 schraffiert dargestellten Bereich X ist derjenige Teilbremsbereich markiert, in dem nahezu alle normalen Bremsvorgänge eines Fahrzeugs ablaufen, also beispielsweise 90% aller Bremsvorgänge.
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Sofern jedoch eine Verzögerungsregelung aktiv ist, stellt sich ein ebenfalls in der 1 dargestellter Verlauf eines Korrekturwertes koc der Verzögerungsregelung ein, um zu bewirken, dass der Verlauf der Ist-Verzögerung zIst dem Verlauf der Soll-Verzögerung zsoll entspricht, im Idealfall also beide Verläufe deckungsgleich sind.
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Die Abweichung der Ist-Verzögerung zIst von der Soll-Verzögerung zSoll ist auf die Bremsdruck-, Temperatur- und Geschwindigkeitsabhängigkeit der Reibeigenschaften der Bremsbeläge und Bremstrommeln beziehungsweise Bremsscheiben der Radbremsen 26a, 26b, 28a, 28b sowie der Reifenoberflächen und der Fahrbahnoberfläche zurückzuführen. In dem Teilbremsbereich X der 1 liegt der Korrekturwert koc der Verzögerungsregelung DC in der Nähe von 0,9 (kDC ≈ 0,9), um zu bewirken, dass die Ist-Verzögerung zIst sich der Soll-Verzögerung zSoll angleicht.
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In dem vorliegenden Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Bremsverzögerung wird auf die im Rahmen der Fahrzeugentwicklung unter Normbedingungen ermittelte und in einem Datenspeicher der elektronischen Steuereinheit 14 abgespeicherte maximale Normbremsverzögerung zMax_norm sowie einen als Mittelwert über mehrere unmittelbar zurückliegende Bremsvorgänge bestimmten statischen Korrekturwert kPerf zurückgegriffen. Die Normbedingungen liegen dann vor, wenn das Fahrzeug 2 genau entsprechend dem zulässigen Gesamtgewicht beladen ist, die Ladung gleichmäßig auf der Ladefläche verteilt ist, eine vorschriftsmäßige und sich in einem normalen Zustand befindende neuwertige Bereifung der Fahrzeugräder 6a, 6b, 10a, 10a', 10b, 10b' vorliegt, der Zustand und die Betriebstemperatur der Radbremsen 26a, 26b, 18a, 28b optimal ist, und die Fahrbahn einen trockenen sowie normal griffigen Zustand aufweist.
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Bei einer wie hier vorliegenden Druckluftbremsanlage 12 kann der aktuelle Vorratsdruck pV_act zwischen einem minimalen Vorratsdruck von zum Beispiel pV_Ein = 7,6 × 105 Pa, bei welchem der Kompressor 38 der Druckluftversorgungsanlage 16 von dem Druckregler 40 eingeschaltet wird, und einem maximalen Vorratsdruck von beispielsweise pV_Nenn = 8,5 × 105 Pa, bei welchem der Kompressor 38 von dem Druckregler 40 abgeschaltet wird, schwanken. Daher wird vorliegend anstelle der vorratsdruckunabhängigen maximalen Normbremsverzögerung zMax_norm entweder die bei maximalem Vorratsdruck pV_Nenn gültige maximale Normbremsverzögerung zMAXmax_norm oder die bei minimalem Vorratsdruck pV_Ein gültige maximale Normbremsverzögerung zMAXmin_norm verwendet. Die unter den aktuellen Betriebsbedingungen maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act des Fahrzeugs 2 kann daher wahlweise entweder mit der Formel zMax_act = zMAXmax_norm / kPerf * pV_act / pv_Nenn oder mit der Formel zMax_act = zMAXmin_norm / kPerf ∗ pV_act / pV_Ein berechnet werden.
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Zur Berücksichtigung der in dem Diagramm der 1 erkennbaren Nichtlinearität des Verlaufes der Ist-Verzögerung zIst, welche fahrzeugtypspezifisch oder fahrzeugspezifisch unterschiedlich sein kann, kann der auch als Performancefaktor kPerf bezeichnete Korrekturwert der Verzögerungsregelung mit einem Trimmfaktor kTrimm gemäß der Formel kPerf_korr = kPerf +1 - kTrimm korrigiert werden. Hierdurch kann erreicht werden, dass das Diagramm der 1 für alle Fahrzeuge beziehungsweise Fahrzeugbauarten allgemeingültig ist. Der Trimmfaktor kTrimm wird während der Fahrzeugentwicklung über viele normale Bremsvorgänge nB_n als Mittelwert des Verhältnisses der Soll-Verzögerung zsoll zur Ist-Verzögerung zIst ermittelt (kTrimm = 1/nB_n ∗ Σ (zSoll / zIst) i, i = 1 - nB_n) und in dem Datenspeicher der Steuereinheit 14 abgespeichert.
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Zudem können die Vorratsdrücke pV_act, pV_Ein, pV_Nenn bei der Berechnung der maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act jeweils um den Ansprechdruck pAn der Radbremsen 26a, 26b, 28a, 28b reduziert werden. Mit diesen Erweiterungen des Verfahrens kann die maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act wahlweise entweder mit der Formel zMax_act = zMAXmax_norm / kPerf_korr * (pV_act - pAn) / (pV_Nenn - pAn) oder mit der Formel zMax_act = zMAXmin_norm / kPerf_korr * (pV_act - pAn) / (pV_Ein - pAn) berechnet werden.
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In dem Diagramm der 2 sind die Verläufe der unter idealen Betriebsbedingungen unter dem maximalen Vorratsdruck pV_Nenn maximal möglichen Bremsverzögerung zMAXmax und der unter idealen Betriebsbedingungen unter dem minimalen Vorratsdruck pV_Ein maximal möglichen Bremsverzögerung zMAXmin über dem mit einem Trimmfaktor kTrimm von 0,9 bestimmten korrigierten Korrekturwert kPerf_korr abgebildet. Zudem ist dort der Verlauf der unter den aktuellen Betriebsbedingungen und einem aktuellen Vorratsdruck von pV_act = 8 × 105 Pa maximal möglichen Bremsverzögerung zMax_act eingezeichnet.
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Die Kurvenverläufe von zMAXmax und zMAXmin sind während der Fahrzeugentwicklung gemessen worden, wogegen der Kurvenverlauf von zMax_act entsprechend einer der beiden vorgenannten Formeln berechnet wurde. Da die Normbedingungen bei einem korrigierten Performancefaktor kPerf_korr mit dem Wert 1,0 vorliegen, erreicht das Fahrzeug 2 bei diesem Wert seine maximale Normbremsverzögerung von zMAXmax_norm = 7,25 m/s2 bei einem maximalem Vorratsdruck von pV_Nenn = 8,5 × 105 Pa sowie von zMAXmin = 6,50 m/s2 bei einem minimalem Vorratsdruck von pV_Ein = 7,6 × 105 Pa. Die unter den aktuellen Betriebsbedingungen maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act wird bei einem aktuellen Vorratsdruck von pV_act = 8,0 × 105 Pa und einem beispielhaft angenommenen korrigierten Performancefaktor von kPerf_korr = 1,20 auf einen Wert von etwa zMax_act = 5,7 m/s2 bestimmt.
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In dem Diagramm der 3 wird bei gleichen Kurvenverläufen für zMAXmax und zMAXmin von einem sehr niedrigen aktuellen Vorratsdruck von pV_act = 6,5 × 105 Pa ausgegangen, welcher sich kurzzeitig nach mehreren wiederholten Bremsvorgängen einstellen kann. Bei einem beispielhaft angenommenen korrigierten Performancefaktor von kPerf_korr = 1,20 wird die unter den aktuellen Betriebsbedingungen maximal mögliche Bremsverzögerung zMax_act nun auf einen Wert von etwa zMax_act = 4,65 m/s2 bestimmt.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Fahrzeug, Nutzfahrzeug
- 4
- Fahrzeugachse, Vorderachse
- 6a, 6b
- Räder an der Vorderachse
- 8
- Fahrzeugachse, Hinterachse
- 10a, 10a'
- Räder an der Hinterachse
- 10b, 10b'
- Räder an der Hinterachse
- 12
- Bremsanlage, Druckluftbremsanlage
- 14
- Elektronische Steuereinheit
- 16
- Druckluftversorgungsanlage
- 18
- Bremspedal
- 20
- Fußbremsventil
- 22
- Bremswertgeber, Stellwegsensor
- 24
- Sensorleitung
- 26a, 26b
- Radbremsen, Reibungsbremsen
- 28a, 28b
- Radbremsen, Reibungsbremsen
- 30a, 30b
- Raddrehzahlsensoren
- 32a, 32b
- Sensorleitungen
- 34a, 34b
- Raddrehzahlsensoren
- 36a, 36b
- Sensorleitungen
- 38
- Kompressor
- 40
- Druckregler
- 42
- Mehrkreisschutzventil
- 44
- Erster Bremskreis
- 46
- Zweiter Bremskreis
- 48
- Erste Vorratsleitung
- 50
- Erster Druckspeicher
- 52
- Erste Achsbremsleitung
- 54
- Erstes Achsventilmodul
- 54a, 54b
- Erste ABS-Ventilanordnungen an der Hinterachse
- 54c
- Erstes Relaisventil
- 56a, 56b
- Radbremsleitungen
- 58a, 58b
- Steuerleitungen
- 60a, 60b
- Sensorleitungen
- 62
- Steuerleitung
- 64
- Zweite Vorratsleitung
- 66
- Zweiter Druckspeicher
- 68
- Zweite Achsbremsleitung
- 70
- Zweites Achsventilmodul
- 70a, 70b
- ABS-Ventilanordnungen an der Vorderachse
- 70c
- Zweites Relaisventil
- 72a, 72b
- Radbremsleitungen
- 74a, 74b
- Steuerleitungen
- 76a, 76b
- Sensorleitungen
- 78
- Steuerleitung
- 80
- Längsbeschleunigungssensor
- 82
- Sensorleitung
- 84a, 84b
- Umfeldsensoren
- 86a, 86b
- Sensorleitungen
- 88
- Fahrzeuglängsachse
- ABS
- Antiblockiersystem
- DC
- Deceleration Control, Verzögerungsregelung
- DC_Kappa
- Deceleration Control, Verzögerungsregelung (2. Variante)
- DC_ZReg
- Deceleration Control, Verzögerungsregelung (1. Variante)
- i
- Index
- kAct
- Dynamischer Korrekturwert der Verzögerungsregelung
- koc
- Korrekturwert der Verzögerungsregelung (Stand der Technik)
- koc*
- Korrekturwert der Verzögerungsregelung
- kPerf
- Statischer Korrekturwert, Performancefaktor
- kPerf_korr
- Korrigierter Performancefaktor
- kTrimm
- Trimmfaktor
- Kappa
- Korrekturwert der Verzögerungsregelung
- Kappam
- Mittelwert von nB Korrekturwerten
- nB
- Anzahl von Bremsvorgängen
- nB_n
- Anzahl normaler Bremsvorgänge
- X
- Teilbremsbereich
- pAn
- Ansprechdruck, Anlegedruck der Radbremsen
- pB
- Bremsdruck
- pB_max
- Maximaler Bremsdruck
- pV
- Vorratsdruck
- pV_act
- Aktueller Vorratsdruck
- pV_Ein
- Minimaler Vorratsdruck, Einschaltdruck
- pv_Nenn
- Maximaler Vorratsdruck, Abschaltdruck, Nenndruck
- z
- Bremsverzögerung
- zMax_act
- Maximal mögliche Bremsverzögerung
- zMax_norm
- Maximale Normbremsverzögerung
- zMAXmax_norm
- Maximale Normbremsverzögerung bei maximalem Vorratsdruck pV_Nenn
- zMAXmin_norm
- Maximale Normbremsverzögerung bei minimalem Vorratsdruck pV_Ein
- zIst
- Ist-Verzögerung
- zSoll
- Soll-Verzögerung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102015205673 A1 [0012]
- DE 102016011325 A1 [0014]
- DE 102017004885 A1 [0015]
- DE 102017005816 A1 [0016]