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Gebiet der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich im Allgemeinen auf Kollisionssituationen zweier Fahrzeuge bzw. zwischen Fahrzeugen und/oder Objekten in einer Abbiegesituation. Dabei stehen insbesondere Verfahren und Systeme zur Vermeidung einer räumlichen Kollision basierend auf einer minimalen Bremseinwirkung auf ein Ego-Fahrzeug im Vordergrund.
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Hintergrund der Erfindung
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Aus dem Stand der Technik sind Verfahren zur Erkennung von kritischen Fahrsituationen von Kraftwagen im Straßenverkehr bekannt, deren Notbremsfunktionen mit einer maximalen Verzögerung der Fahrgeschwindigkeit bis hin zum Stillstand bei Geradeausfahrt des Ego-Fahrzeugs arbeiten.
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US 10 486 707 B2 zeigt ein System sowie ein Verfahren zur Vorhersage eines Fahrervorhabens an einer Kreuzung. Dabei wird abgeschätzt, ob ein Fahrer eines eigenen-Fahrzeugs oder eines entfernten Fahrzeugs beabsichtigt, nach links oder rechts abzubiegen oder geradeaus eine Kreuzung zu überqueren, bevor beide die Kreuzung erreichen. Die Abschätzung stützt sich auf ein Wahrscheinlichkeitsmodell unter Verwendung eines dynamischen Bayes'schen Netzes. Dabei werden externe Parameter an einer Kreuzung, wie Position und Geschwindigkeit des entfernten Fahrzeugs, und interne Hinweise zum Betrieb des eigenen Fahrzeugs ermittelt. Die Methode prognostiziert sodann eine Abbiegeabsicht des eigenen Fahrzeugs und/oder des entfernten Fahrzeugs an der Kreuzung unter Verwendung des Modells basierend auf den externen Parametern und den internen Hinweisen anhand des Modells.
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Die aus dem Stand der Technik bekannten Systeme und Verfahren zur Erkennung von kritischen Fahrsituationen von Kraftwagen im Straßenverkehr zeigen jedoch eine Bandbreite an Nachteilen und Schwierigkeiten. Im Regelfall ist die Einsatzmöglichkeit bekannter Notbremsassistenten AEB (Automatic-Emergency-Braking) sehr begrenzt. Zumeist sind sie nur dazu in der Lage, auf vorausfahrende bzw. geparkte Fahrzeuge zu reagieren. Neben noch immer nicht oder zu spät erkannten Gefahrensituationen greifen derartige automatisierte Bremssysteme nicht in Abbiegeszenarien ein, sondern bremsen nur bei Geradeausfahrt des Ego-Fahrzeugs ab. Fahrzeughersteller sind daher zunehmend daran interessiert, Notbremsassistenten in weiteren Verkehrssituationen einzusetzen.
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Zudem wird hierbei häufig zu früh und/oder zu stark abgebremst, um eine inhärente Kollision zu vermeiden. Infolgedessen werden sämtliche am Bremsvorgang des Fahrzeugs beteiligten Bauteile wie Bremsen, Bremsbeläge, Reifen etc. verfrüht verschlissen. Hieraus ergeben sich nicht nur erhöhte Instandhaltungskosten für das betreffende Fahrzeug, sondern gegebenenfalls sogar ein verkürzter Produktlebenszyklus. Fehlauslösungen derartiger Verfahren und Systeme sowie ein verstärktes bzw. verfrühtes Abbremsen bis hin zum Stillstand führen außerdem zu einem vermeidbaren erhöhten Kraftstoff- bzw. Energieverbrauch, der nicht nur auf einer Betätigung des Bremssystems an sich beruht, sondern zusätzlich auf einer an den Bremsvorgang anschließenden, erneut notwendigen Beschleunigung des Fahrzeugs, um die Gefahrensituation zu verlassen. Dazu kommt ein für den Fahrer sowie für mögliche weitere Passagiere unkomfortables Fahrverhalten des eigenen Fahrzeugs durch zu abruptes, ruckartiges und massenträgheitsbedingtes Verringern der Fahrgeschwindigkeit. Weiterhin beeinträchtigen derartige Fahrmanöver, insbesondere wenn sie als „falscher Alarm“ und damit möglicherweise unnötig ausgeführt wurden, den laufenden Verkehr sowohl in der Stadt, als auch auf dem Land. Stau und etwaige Auffahrunfälle sind die Folge.
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Aufgabe der Erfindung
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die oben beschriebenen sowie weitere Nachteile von existierenden Systemen und Verfahren zur Erkennung von kritischen Fahrsituationen zu überwinden. Insbesondere steht eine Prädiktion des Kollisionspunktes zwischen einem Ego-Fahrzeug und einem Objekt in einer Abbiegesituation sowie eine Vermeidung dieser Kollision durch Verzögerungseingriff im Ego-Fahrzeug im Vordergrund, welche zu einem Stillstand desselbigen führt.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Die oben genannte Aufgabe und weitere Probleme werden durch ein Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs nach den Ansprüchen 1 oder 2 gelöst. Die Unteransprüche beziehen sich auf bevorzugte Ausführungen der Erfindung.
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Insbesondere wird ein Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs vorgesehen, das Folgendes aufweist:
- a) Erfassen, Filtern und Aufarbeiten von Sensordaten bezüglich des Ego-Fahrzeugs und eines entgegenkommenden Objekts;
- b) Bestimmen, dass für das Ego-Fahrzeug eine Abbiegesituation mit dem entgegenkommenden Objekt vorliegt;
- c) Analysieren und Bewerten, ob eine kritische Abbiegesituation vorliegt, mittels:
- i) Analysieren der Fahreraufmerksamkeit im Ego-Fahrzeug;
- ii) Detektieren eines Abbiegemanövers des Ego-Fahrzeugs; und
- iii) Bewerten der Bewegung des Objektes;
wobei, falls unzureichende Sensordaten vorliegen, die Schritte a) und/oder b) wiederholt werden; und
wobei, falls eine kritische Abbiegesituation vorliegt, weiterhin folgende Schritte ausgeführt werden: - d) Prädizieren der jeweiligen Bewegung des Ego-Fahrzeugs und des Objekts;
- e) Durchführen einer Überschneidungsanalyse;
wobei, falls kein Kollisionskurs detektiert wird, die Schritte a) bis e) ganz oder teilweise wiederholt werden; und
wobei, falls ein Kollisionskurs detektiert wird, das Verfahren weiterhin Folgendes aufweist:
- f) Bestimmen und Analysieren eines Restabstandes zum Bremsen des Ego-Fahrzeugs; und
- g) Initiieren eines automatischen Notbremsassistenten, falls der Restabstand größer als ein notwendiger Bremsweg ist; oder
- h) Ausgeben einer Warnung und Einleiten einer Prefill-Funktion, falls der Restabstand kleiner als der notwendige Bremsweg ist.
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Darüber hinaus wird ein Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs vorgesehen, das Folgendes aufweist:
- a) Erfassen, Filtern und Aufarbeiten von Sensordaten bezüglich des Ego-Fahrzeugs und eines entgegenkommenden Objekts;
- b) Bestimmen, dass für das Ego-Fahrzeug eine Abbiegesituation mit dem entgegenkommenden Objekt vorliegt;
- c) Analysieren und Bewerten, ob eine kritische Abbiegesituation vorliegt, mittels:
- i) Analysieren der Fahreraufmerksamkeit im Ego-Fahrzeug;
- ii) Detektieren eines Abbiegemanövers des Ego-Fahrzeugs; und
- iii) Bewerten der Bewegung des Objektes;
wobei, falls unzureichende Sensordaten vorliegen, die Schritte a) und/oder b) wiederholt werden; und
wobei, falls eine kritische Abbiegesituation vorliegt, weiterhin folgende Schritte ausgeführt werden: - d) Prädizieren der jeweiligen Bewegung des Ego-Fahrzeugs und des Objekts;
- e) Durchführen einer Überschneidungsanalyse;
wobei, falls kein Kollisionskurs detektiert wird, die Schritte a) bis e) ganz oder teilweise wiederholt werden; und
wobei, falls ein Kollisionskurs detektiert wird, das Verfahren weiterhin Folgendes aufweist:
- f) Bestimmen und Analysieren eines Restabstandes zum Bremsen des Ego-Fahrzeugs; und
- g) Initiieren eines automatischen Notbremsassistenten, falls der Restabstand kleiner als ein notwendiger Bremsweg ist; oder
- h) Ausgeben einer Warnung und Einleiten einer Prefill-Funktion, falls der Restabstand größer als der notwendige Bremsweg ist.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel können die bezüglich des Ego-Fahrzeugs und/oder des Objekts erfassten Sensordaten wenigstens eines der Folgenden sein: Geschwindigkeit und/oder Bewegungsrichtung des Ego-Fahrzeugs, Gierrate des Ego-Fahrzeugs, Lenkradwinkel des Ego-Fahrzeugs, Lenkradwinkelgeschwindigkeit des Ego-Fahrzeugs, Geschwindigkeit und/oder Bewegungsrichtung des Objekts, longitudinaler Abstand zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem Objekt, lateraler Abstand zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem Objekt und einem Winkel, der zwischen einer Bewegungsrichtung des Objekts und eine Strecke zwischen einem Stoßstangenmittelpunkt des Ego-Fahrzeugs und einem vom Ego-Fahrzeug aus betrachtet frontal-mittig gelegenen Punkt des Objekts aufgespannt wird.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel ist das Objekt ein Gegenstand, ein Fahrzeug mit wenigstens einem Rad oder ein Mensch.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel ist das Objekt ein Fahrzeug mit Stoßstange, und der frontal-mittig gelegene Punkt ist ein Stoßstangenmittelpunkt.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel können die Sensordaten vektoriell aufgearbeitet werden.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel erfolgt das Prädizieren im zweidimensionalen Raum.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Prädizieren im zweidimensionalen Raum ein Prädizieren einer Bewegung des Mittelpunktes der Hinterachse über der Zeit auf.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist der Schritt des Prädizierens einen Schritt des Vorausberechnens von Fahrtrichtungen und/oder Bewegungswegen des Ego-Fahrzeugs und des Objekts auf.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel liegt die verfügbare Strecke in eindimensionalen Daten vor.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist der Schritt i) des Analysierens der Fahreraufmerksamkeit im Ego-Fahrzeug Analysieren einer überwachten Brems- und Gaspedalinteraktion auf.
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Weiterhin sieht die vorliegende Erfindung optional im Schritt ii) des Detektierens des Abbiegemanövers des Ego-Fahrzeugs wenigstens einen der folgenden Schritte vor: Bestimmen des Beginns des Abbiegemanövers mittels Überwachen der Lenkradgeschwindigkeit und/oder einer Querbeschleunigung des Ego-Fahrzeugs; Bestimmen, ob das Abbiegemanöver stetig ist, mittels Überwachen des Lenkwinkels; Bestimmen eines Abbiegeradius; und Analysieren einer überwachten Blinkeraktivität des Ego-Fahrzeugs.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist der Schritt iii) des Bewertens des Zustandes des Objekts auf, eine konstante Geradeausbewegung des Objekts in der derzeitig bestimmten Bewegungsrichtung anzunehmen.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel kann der Schritt des Bestimmens und Analysierens der verfügbaren Strecke zum Bremsen des Ego-Fahrzeugs Folgendes aufweisen, eine erwünschte verbleibende und kollisionsvermeidende Distanz zum Objekt zu bestimmen.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel kann das Bestimmen der erwünschten verbleibenden und kollisionsvermeidenden Distanz unter Verwendung eines PT1-Gliedes oder eines PT2-Gliedes erfolgen.
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Als vorteilhaft im Sinne der vorliegenden Erfindung ist anzusehen, dass, im Gegensatz zu bekannten Verfahren und Systemen, zeitlich gesehen ein noch späterer Eingriff in das Fahrverhalten eines Ego-Fahrzeugs möglich ist, wodurch die Anzahl und das Risiko eventueller Fehleingriffe verringert wird.
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Durch einen nur geringen notwendigen Geschwindigkeitsabbau sinkt außerdem die Gefahr für Kollisionen mit dem rückwärtigen Verkehr. Daraus folgen wiederum ein geringeres Risiko aus Sicht der funktionalen Sicherheit sowie eine mögliche Kostenersparnis durch geringere Anforderungen von funktionaler Sicherheit bei gleichbleibender Systemperformance. Fehleingriffe sind für den Fahrer weniger abrupt, dadurch weniger erschreckend und führen dadurch zu verringerter Beeinträchtigung des Reaktionsverhaltens des Fahrers im weiteren Fahrverlauf.
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Eine derartige spätere Möglichkeit des Eingreifens, die zu einem geringeren Risiko von Fehleingriffen führt, ist dadurch insbesondere für Low-Cost-Systeme sinnvoll. Auf Grund häufig vorliegender Sensorikdefizite erkennen bekannte Low-Cost-Systeme, im Vergleich zu High-End-Systemen, etwaige Kollisionssituationen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erst verspätet oder aber bei (zu) geringerem Abstand zwischen den beteiligten Objekten. Dies wird häufig durch eine entsprechend große Messtoleranz der verbauten Sensorik bedingt. Da es gilt, eine grundlose Auslösung eines Autonomous Emergency Braking bzw. AEB-Assistenten, d.h. ein so genanntes „False Negative“-Signal eines Notbremsassistenten für Fahrzeuge, unbedingt zu vermeiden, musste bei bekannten Low-Cost-Systemen bislang hingenommen werden, dass diese ggf. einen AEB-Assistenten nicht oder nicht rechtzeitig auslösen, weil am letztmöglichen Auslösezeitpunkt bei gegebenen Geschwindigkeiten keine ausreichende Kollisionswahrscheinlichkeit vorlag. Wird allerdings die Notbremsstrategie der vorliegenden Erfindung berücksichtigt, so werden spätere Auslösezeitpunkte möglich, an denen auch Low-Cost-Systeme, entsprechend nachgerüstet, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit eine potentielle Kollision prädizieren.
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Vorzugsweise bauen darüber hinaus die bereits genannten Vorteile der Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs der vorliegenden Erfindung zumindest teilweise aufeinander auf bzw. bedingen einander in synergetischer Weise. Durch den Eingriff während einer Abbiegesituation ist es möglich, eine potentielle Kollision zu vermeiden, die sonst zu einem Frontalaufprall zweier Fahrzeuge bzw. Objekte geführt hätte. Die Erfindung kann zudem nicht nur für entgegenkommende Fahrzeuge, sondern auch für Motorräder, Radfahrer und Fußgänger angewendet werden.
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Figurenliste
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Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten und Vorteile derselben werden nachfolgend an bevorzugten Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Figuren erläutert. Es zeigen:
- 1A eine Draufsicht auf eine Abbiegesituation gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung;
- 1B eine weitere Draufsicht auf eine Abbiegesituation gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung;
- 2 ein Flussdiagramm eines Verfahrens zur Vermeidung einer räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung;
- 3 einen Mindestlenkwinkelverlauf für ein Abbiegemanöver;
- 4 einen beispielhaften Zustand der 2D-Prädiktion eines Ego-Fahrzeugs;
- 5 eine weitere Draufsicht auf eine Abbiegesituation gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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In der vorliegenden Beschreibung beziehen sich die Ausdrücke oben, unten, rechts und links sowie ähnliche Angaben auf die in den Figuren dargestellten Ausrichtungen bzw. Anordnungen und dienen nur zur Beschreibung der Ausführungsbeispiele. Diese Ausdrücke können bevorzugte Anordnungen zeigen, sind jedoch nicht im einschränkenden Sinne zu verstehen.
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Die vorliegende Offenbarung bezieht sich auf verschiedene Ausführungsformen von Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung während eines Abbiegevorgangs. In diesem Zusammenhang wird von folgenden Begrifflichkeiten ausgegangen:
- Ein Eingreifen eines automatischen Notbremsassistenten in diesem Zusammenhang bezeichnet allgemein ein erwünschtes Eingreifen oder auch Nichteingreifen des automatischen Notbremsassistenten. Weiterhin wird zwischen fehlerhaftem Eingreifen und einem Fehleingriff unterschieden. Bei fehlerhaftem Eingreifen greift ein Bremsassistent zu früh oder zu spät im Sinne des Optimierungspotentials der vorliegenden Offenbarung ein. Bei einem Fehleingriff identifiziert ein Bremsassistent eine vermeintliche Kollisionssituation falsch und greift ohne entsprechende Notwendigkeit ein.
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Die Bezeichnung „Ego-Fahrzeug“ wird im Folgenden für dasjenige Fahrzeug verwendet, in dem bzw. für das die beschriebenen Systeme bzw. Verfahren eingesetzt bzw. angewendet werden sollen. Demgegenüber steht ein vermeintlich oder potentiell kollidierendes Objekt bzw. ein „Target-Fahrzeug“.
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Weiterhin bezieht sich die vorliegende Offenbarung auf eine „räumliche“ Kollisionsvermeidung in Abbiegesituationen. Die Bezeichnung „räumliche“ Kollisionsvermeidung ist auf ein vollständiges Abbremsen des Ego-Fahrzeugs ausgerichtet, um durch räumliche Trennung dessen vom Target-Fahrzeug eine Kollisionsvermeidung zu garantieren.
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Der Ausdruck „Prädizieren“ bedeutet im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung ein Voraussagen, Berechnen oder Abschätzen.
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1 zeigt eine Draufsicht auf eine Abbiegesituation gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung. Im Falle der hier dargestellten, beispielhaften Kreuzungssituation kreuzt ein auf der gegenüberliegenden Spur entgegenkommendes Target-Fahrzeug den Abbiegepfad eines Ego-Fahrzeugs, während dieses nach links abbiegt. Bei Unaufmerksamkeit des Fahrers im abbiegenden Ego- Fahrzeug würde dies in häufigen Fällen zu einem Unfall und einem entsprechenden erheblichen Sach- und Personenschaden führen. Mit Hilfe des automatischen Notbremsassistenten zur räumlichen Kollisionsvermeidung der vorliegenden Offenbarung, auch als Junction-Turn-Assist bezeichnet, kann eine Abbremsstrategie in einer Abbiegesituation gewählt werden, die eine bevorstehende Kollision bestenfalls verhindert oder zumindest abschwächt. Das in 1 als entgegenkommend dargestellte Target-Fahrzeug steht beispielhaft für jedweden potentiell entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer, wie beispielsweise auch einen Radfahrer oder einen Fußgänger. Gleichermaßen kann es sich hierbei auch um ein lebloses Objekt ohne eigene Fortbewegungsintention handeln. Zudem ist auch die Darstellung des entgegenkommenden Objektes auf der Straße beispielhaft. Das gezeigte Objekt könnte vielmehr gleichermaßen auf einem Fuß-/oder Radweg oder auch aus einer Ausfahrt oder einem einer T-Kreuzung gegenüberliegenden Areal entgegenkommen.
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1B zeigt eine weitere Draufsicht auf eine Abbiegesituation gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung. Analog zu 1A ist hier ebenfalls eine beispielhafte Kreuzungssituation dargestellt, in der ein auf der gegenüberliegenden Spur entgegenkommendes Target-Fahrzeug den Abbiegepfad eines Ego-Fahrzeugs kreuzt, während das Ego-Fahrzeug nach links abbiegt. Zudem zeigt 1B diverse physikalische Parameter, die für die erfindungsgemäßen Verfahren und Systeme zur Vermeidung einer räumlichen Kollision heranziehbar sind. Im auf das dargestellte Ego-Fahrzeug bezogenen Koordinatensystem sind beispielhaft gezeigt: die Ego-FahrzeugGeschwindigkeit Vego, die Gierrate Ψ̇ego, der Lenkradwinkel αego als Lenkwinkelanforderung, die üblicherweise über ein Lenkrad mitgeteilt wird, die Lenkradwinkelgeschwindigkeit α̇ego, die Geschwindigkeit des entgegenkommenden Target-Fahrzeugs bzw. Objekts Vobj sowie der longitudinale Abstand Δx und laterale Abstand Δy zwischen den ebenfalls beispielhaft dargestellten Fahrzeugen. Dazu kommt außerdem der Winkel φ, der durch die Vektoren Vobj und einer Strecke zwischen einem Stoßstangenmittelpunkt des Ego-Fahrzeugs und einem vom Ego-Fahrzeug aus betrachtet frontal-mittig gelegenen Punkt des Objekts aufgespannt wird. Optional handelt es sich hierbei um den Abstand der Stoßstangenmittelpunkte zweier Fahrzeuge. Die genannten Parameter werden mit Hilfe einer am Ego-Fahrzeug verbauten Sensorik entweder direkt gemessen oder aus den gewonnenen Daten berechnet. Sie dienen als Grundlage für das Ego-Fahrzeug, um eine potentielle Gefahrensituation für das beschriebene Abbiegeszenario rechtzeitig zu erkennen und gegebenenfalls einen Notbremseingriff einzuleiten. Wird optional zusätzlich ein bereits eingeleitetes Abbremsen von Ego-Fahrzeugs und/oder entgegenkommendem Objekt im Sinne einer Negativbeschleunigung mitgemessen bzw. -berücksichtigt, so ergibt sich man gegebenenfalls auch ein späterer Auslösezeitpunkt einer (zusätzlichen) Notbremsung, was insbesondere Low-Cost-Systemen zu Gute kommt. Vorzugsweise kann auch nur eine aktuelle Geschwindigkeit Vobj des entgegenkommenden Objekts direkt, beispielsweise über Radar, gemessen werden. Eine entsprechende Beschleunigung des entgegenkommenden Objekts wäre in diesem Fall beispielsweise aus dem zeitlichen Verlauf der Geschwindigkeit ableitbar.
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2 zeigt ein Verfahren (100) zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs, wie beispielhaft in den 1A und 2A gezeigt, gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung. Das Verfahren (100) weist zunächst einen Schritt (101) des Erfassens, Filterns und Aufarbeitens von Sensordaten bezüglich des Ego-Fahrzeugs und eines entgegenkommenden Objekts auf. Die jeweiligen Zustände des Ego-Fahrzeugs weisen vorzugsweise physikalische Parameter des Ego-Fahrzeugs und des Objekts auf, können aber auch Informationen bezüglich des Fahrers sowie des Fahrverhaltens des Ego-Fahrzeugs, Informationen zum Bewegungsverhalten des Objekts und/oder Informationen zur Umgebung aufweisen.
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Basierend auf den erfassten, gefilterten und aufgearbeiteten Sensordaten aus Schritt (101) erfolgt ein Analysieren der vorliegenden Situation. Dies betrifft zunächst ein Bestimmen, dass für das Ego-Fahrzeug eine Abbiegesituation mit dem entgegenkommenden Objekt vorliegt. Falls eine solche vorliegt, erfolgt ein weiterer Schritt (102) des Analysierens und Bewertens, ob die vorliegende Abbiegesituation auch kritisch ist. Dies erfolgt mittels Analysieren der Fahreraufmerksamkeit im Ego-Fahrzeug, mittels Detektieren eines Abbiegemanövers des Ego-Fahrzeugs und mittels Bewerten der Bewegung des Objektes. Falls unzureichende Sensordaten vorliegen, werden bedarfsweise weitere Sensordaten bezüglich des Ego-Fahrzeugs und des entgegenkommenden Objekts erfasst, gefiltert und aufgearbeitet und/oder es wird, ebenfalls je nach Bedarf, erneut bestimmt, dass für das Ego-Fahrzeug eine Abbiegesituation mit dem entgegenkommenden Objekt vorliegt. Im Anschluss daran erfolgt ein erneutes Analysieren und Bewerten, ob die nunmehr vorliegende Abbiegesituation kritisch ist.
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Falls ermittelt wurde, dass eine kritische Abbiegesituation vorliegt, erfolgt ein Schritt (103) des Prädizierens der jeweiligen Bewegung des Ego-Fahrzeugs sowie des Objekts. Die entsprechende Bewegungsprädiktion kann optional als Prädiktion im zweidimensionalen Raum ausgelegt sein. Das Prädizieren im zweidimensionalen Raum kann außerdem optional ein Prädizieren einer Bewegung des Mittelpunktes der Hinterachse des Ego-Fahrzeugs über der Zeit aufweisen. Weiterhin kann das Prädizieren im Allgemeinen optional einen Schritt des Vorausberechnens von Fahrtrichtungen und/oder Bewegungswegen des Ego-Fahrzeugs und des Objekts aufweisen.
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Gemäß der jeweils prädizierten Bewegungen des Ego-Fahrzeugs und des entgegenkommenden Objekts erfolgt das Durchführen einer Überschneidungsanalyse in Schritt (104). Falls hierbei detektiert wird, dass kein Kollisionskurs vorliegt, so werden je nach Bedarf, wie 2 zeigt, die Schritte (101) bis (103) ganz oder teilweise wiederholt.
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Falls im Schritt (104) allerdings ein inhärenter Kollisionskurs detektiert wird, so erfolgt anschließend ein Schritt (105) zum Bestimmen und Analysieren eines Restabstandes zum Bremsen des Ego-Fahrzeugs. Der bestimmte Restabstand kann optional als verfügbare Strecke in eindimensionalen Daten vorliegen.
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Gemäß dem bestimmten und analysierten Restabstand ergeben sich nunmehr wenigstens zwei Varianten zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs:
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Variante I
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Es folgt entweder ein Schritt des Initiierens (106) eines automatischen Notbremsassistenten, falls der Restabstand größer als ein notwendiger Bremsweg ist, oder ein Schritt(107) des Ausgebens einer Warnung und des Einleitens einer Prefill-Funktion, falls der Restabstand kleiner als der notwendige Bremsweg ist. Die genannte Prefill-Funktion bezeichnet im Rahmen der vorliegenden Offenbarung den Aufbau von minimalem Druck im Bremssystem zum Anlegen der Bremsschreiben, um ein jeweiliges Lüftspiel der Bremsen zumindest teilweise zu reduzieren. Der entsprechende Betriebsmodus der Prefill-Funktion ist optional voreingestellt oder vom jeweiligen Fahrer einstellbar.
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Variante II
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Es folgt entweder ein Schritt des Initiierens (106) eines automatischen Notbremsassistenten, falls der Restabstand kleiner als ein notwendiger Bremsweg ist, oder ein Schritt (107) des Ausgebens einer Warnung und Einleiten einer Prefill-Funktion, falls der Restabstand größer als der notwendige Bremsweg ist.
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Diese genannten Varianten im Umgang mit einer Notbremsung in einer Abbiegesituation lassen, system- wie anwenderbedingt, grundsätzlich einen spätest- und/oder sanftestmöglichen Eingriff des erfindungsgemäßen automatischen Notbremsassistenten zu. Dadurch wird das Risiko für Fehleingriffe minimiert. Außerdem ist die notwendige Geschwindigkeitsreduktion geringer gestaltbar, so dass das Risiko potenzieller Folgekollisionen mit dem rückwärtigen Verkehr gesenkt wird, was für ein automatisches Notbremssystem als größtes Risiko aus Sicht der funktionalen Sicherheit gilt.
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Grundsätzlich stehen bei der Abwägung, ob eher ein Verfahren gemäß Variante I oder II zu wählen ist, unterschiedliche Fokussierungen im Vordergrund. Liegt beispielsweise ein besonderes Interesse an der Art des kollidierenden Objekts vor und handelt es sich dabei eher um einen ungeschützten Verkehrsteilnehmer, d.h. beispielsweise um einen Fußgänger, einen Motorrad- oder Fahrradfahrer, so wird zumeist ein möglichst früher Einsatz des Notbremsassistenten bevorzugt. Stehen allerdings Überlegungen und Abwägungen zum Ausmaß einer potentiellen Kollision im Vordergrund, so ist davon auszugehen, dass grundsätzlich ein Front-zu-Front-Zusammenstoß einem Front-zu-Seiten-Zusammenstoß vorzuziehen ist, wobei hier insbesondere die Seite eines entgegenkommenden Target-Fahrzeugs gemeint ist. Dies gilt auch dann, wenn die Kollisionsenergie bei einem Front-zu-Front-Zusammenstoß aufgrund einer möglicherweise verzögerten Bremsung höher wäre. In letzterem Fall wird somit ein möglichst später Einsatz des Notbremsassistenten bevorzugt. Darüber hinaus kann aber auch der Wunsch im Vordergrund stehen, einen grundsätzlich vorhandenen Notbremsassistenten insbesondere dann nicht automatisch wirken zu lassen, wenn eine Kollision nicht mehr vermieden werden kann. Dies wäre mitunter der Fall, wenn die Folgen für die Insassen des jeweiligen Ego-Fahrzeugs und/oder des Target-Fahrzeugs durch einen Einsatz eines Notbremsassistenten kurz vor der Kollision noch verschlimmert würden verglichen mit einem Aufprall ohne Einsatz eines derartigen Notbremsassistenten. Eine entsprechende Gefahr besteht beispielsweise bei einem potentiellen Seitenaufprall, und zwar des Ego- oder des Target-Fahrzeugs.
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Wie bereits dargelegt, weist das in 2 dargestellte Verfahren (100) im Schritt (102) des Analysierens und Bewertens, ob die vorliegende Abbiegesituation kritisch ist, unter anderem ein Analysieren der Fahreraufmerksamkeit im Ego-Fahrzeug auf. Dieser Schritt umfasst optional das Überwachen und Analysieren von Fahrereingaben wie beispielsweise Brems- und Gaspedal-Interaktion.
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Wie ebenfalls bereits dargelegt, weist das in 2 dargestellte Verfahren (100) im Schritt (102) des Analysierens und Bewertens, ob die vorliegende Abbiegesituation kritisch ist, unter anderem ein Detektieren eines Abbiegemanövers des Ego-Fahrzeugs auf. Dieser Detektionsvorgang kann optional wenigstens einen der folgenden Schritte aufweisen: Bestimmen des Beginns des Abbiegemanövers mittels Überwachen der Lenkradgeschwindigkeit und/oder einer Querbeschleunigung des Ego-Fahrzeugs, Bestimmen, ob das Abbiegemanöver stetig ist, und, mittels Überwachen des Lenkwinkels, Bestimmen eines Abbiegeradius. Hierbei ist optional folgende Untersuchung und Erkennung eines potentiellen Abbiegewunsches des Fahrers des Ego-Fahrzeugs vorgesehen:
- Für eine entsprechende Untersuchung und Erkennung des Abbiegemanövers werden der Lenkradwinkel αego, die Lenkradwinkelgeschwindigkeit α̇ego und die Gierrate Ψ̇ego herangezogen.
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Um den Beginn des Abbiegemanövers korrekt zu bestimmen, wird zunächst durch Beobachtung der Lenkradwinkelgeschwindigkeit α̇
ego sichergestellt, dass sich das Ego-Fahrzeug eingangs in einer Geradeausfahrt befand. Dazu wird die Lenkradwinkelgeschwindigkeit α̇
ego für eine parametrierbare Zeit t
min_straight mit einem vorbestimmten Schwellenwert amin verglichen. Der Schwellenwert amin wird dabei je nach Fahrzeug und Anforderungen an das Ansprechverhalten eines Systems entwicklerseitig vorbestimmt. Um sicher zu stellen, dass sich das Fahrzeug nicht in einem dynamischen Grenzbereich bewegt, wird außerdem die Querbeschleunigung α
y des Ego-Fahrzeugs untersucht und mit einem weiteren vorbestimmten Schwellenwert α
y_min verglichen. Ein beispielhafter dynamischer Grenzbereich liegt in jenen kritischen Fahrsituationen vor, in denen zu Grunde gelegte Modelle, wie beispielsweise ein Einspurmodell, gegebenenfalls nicht mehr gelten. Die Querbeschleunigung α
y kann dabei mit Hilfe der Formel
aus der Gierrate Ψ̇
ego und der Ego-Fahrzeuggeschwindigkeit bestimmt werden.
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Anschließend wird das potentielle Abbiegemanöver anhand der Gierrate Ψ̇ego und des Lenkwinkels αego bewertet.
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Über die Ego-Fahrzeuggeschwindigkeit V
ego und die Gierrate Ψ̇
ego kann weiterhin der derzeitige Abbiege- bzw. Kurvenradius r mit Hilfe der Formel
angenähert werden. Ist dieser größer als ein weiterer vorbestimmter Schwellenwert r
min, so kann davon ausgegangen werden, dass sich das Ego-Fahrzeug derzeitig in einer Kurvenfahrt befindet.
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Darüber hinaus kann der Lenkradwinkel αego mit einem weiteren vorbestimmten Schwellenwert αmin(t) verglichen werden, der einem wie in 3 dargestellten, geforderten Mindestwinkelverlauf αmin(t) entspricht. Dadurch wird sichergestellt, dass sich das Ego-Fahrzeug tatsächlich in einem stetigen Abbiegemanöver befindet und dass so das Risiko eines möglichen Fehleingriffs in einem ungewollten Szenario minimiert wird.
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Der beschriebene Detektionsvorgang im Schritt (102) kann weiterhin optional ein Analysieren einer überwachten Blinkeraktivität des Ego-Fahrzeugs aufweisen. Dies kann, je nach Funktionsanforderung, über einen hierfür einstellbaren Parameter erfolgen. In einem beispielhaften Szenario mit Rechtsverkehr und entsprechenden Abbiegemanöver nach links bedeutet dies beispielsweise, dass ein nicht aktiver Linksblinker je nach Anforderung dazu führen kann, dass keine Notbremsung ausgelöst wird, sondern beispielsweise nur eine Warnung ausgegeben und eine Prefill-Funktion des Bremssystems eingeleitet wird. Dem liegt folgende optionale Überlegung im Hinblick auf die tatsächliche Abbiegeabsicht eines Fahrers zugrunde, falls kein Blinker gesetzt wurde: Hierbei soll insbesondere gleichermaßen ein Fehleingriff wie ein fehlerhafter Eingriff im Sinne der vorliegenden Offenbarung vermieden werden, falls ein Ego-Fahrzeug beispielsweise vor einem Rechtsabbiegemanöver bewusst nach links ausschwenkt oder um ein Hindernis herumfährt.
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Wie ebenfalls bereits dargelegt, weist das in
2 dargestellte Verfahren (100) im Schritt (102) des Analysierens und Bewertens, ob die vorliegende Abbiegesituation kritisch ist, unter anderem ein Bewerten der Bewegung des Objektes auf. Bei der erfindungsgemäßen Analyse des Objekts wird optional geprüft, um welche Art Verkehrsteilnehmer es sich handelt (Fußgänger, Fahrerfahrer, PKW/LKW, Motorradfahrer), um gegebenenfalls auf unterschiedliche Verkehrsteilnehmer unterschiedlich reagieren zu können. Optional werden die Bewegungsrichtung des Objekts (z.B. kreuzend, entgegenkommend etc.) und/oder die Objektgeschwindigkeit V
obj gemäß der Formel
eingestuft, wobei es sich bei den Geschwindigkeiten V
p_min und V
p_max um vordefinierte Schwellenwerte handelt.
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Außerdem kann ein absoluter Abstand z zwischen Ego-Fahrzeug und Objekt optional mit Hilfe der Formel
mit den ebenfalls vordefinierten Grenzwerten z
p_min bzw. z
p_max verglichen werden, wobei Δx den longitudinale Abstand und Δy den lateralen Abstand zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem Objekt bezeichnen.
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Wie bereits im Zusammenhang mit 2 dargelegt, so erfolgt der Schritt (103) des Prädizierens der jeweiligen Bewegung des Ego-Fahrzeugs sowie des Objekts, falls ein Abbiegemanöver samt kritischer Abbiegesituation vorliegt. Die Dauer einer derart prädizierten Bewegung des Ego-Fahrzeugs lässt sich optional durch einen Parameter tp_predict einstellen.
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Ein erfindungsgemäßes Modell zur Prädiktion der Ego-Fahrzeug-Bewegung basiert auf folgenden Annahmen:
- - Die Geschwindigkeit Vego des Ego-Fahrzeugs ist konstant.
- - Die Gierrate Ψ̇ego des Ego-Fahrzeugs ist konstant.
- - Die Hinterachse des Ego-Fahrzeugs rollt ideal auf dem Untergrund ab, so dass kein Schlupf entsteht. Folglich befindet sich der entsprechende Momentanpol, wie in 4 dargestellt, für jeden Berechnungszeitschritt auf Höhe der Hinterachse des Ego-Fahrzeugs.
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4 zeigt in diesem Zusammenhang einen initialen Zustand einer beispielhaften 2D-Prädiktion des Ego-Fahrzeugs, wobei R den Abbiegeradius des Ego-Fahrzeugs bezeichnet, und zwar ausgehend vom Momentanpol.
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Dadurch lässt sich die Bewegung des Mittelpunktes der Hinterachse über der Zeit hinreichend genau vorhersagen und auf Grundlage dessen können alle weiteren Fahrzeugpunkte berechnet werden. Zur Bestimmung einer potentiellen Kollision lassen sich die Fahrzeuge und/oder Objekte vereinfacht durch Rechtecke annähern. Für die Bewegung des Objekts wird optional eine konstante Geradeausfahrt entlang der derzeitigen Fahrtrichtung angenommen werden.
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In einer im Schritt (105) beispielhaft ausgeführten Kollisionsanalyse wird abschließend der Abstand der Rechtecke untereinander berechnet. Für den Fall, dass diese sich im Laufe der Zeit schneiden, kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer Kollision kommen wird.
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Bezüglich der Bestimmung des zur Verfügung stehenden Bremsweges wird nun beispielhaft auf 5 verwiesen, die eine weitere Draufsicht auf eine Abbiegesituation gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Offenbarung zeigt. Hierfür wird ein Abstand b definiert, der als erwünschte verbleibende bzw. Restdistanz zum Target jenen seitlichen Versatz vom Objekt angibt, bei dem das Ego-Fahrzeug bestenfalls zum Stehen kommen soll und eine Kollision vermieden wird. Das Bestimmen der erwünschten verbleibenden und kollisionsvermeidenden Distanz im Rahmen einer Modellierung des Ego-Fahrzeug Bremssystems kann optional unter Verwendung eines PT1-Gliedes oder eines PT2-Gliedes erfolgen. Letzteres weist ein proportionales Übertragungsverhalten bei einer Verzögerung 2. Ordnung auf.
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Darüber hinaus wird eine parametrierbare Distanz Δs entlang des Ego-Fahrzeug Pfades definiert, die eventuelle Unsicherheiten durch die Sensorik bzw. etwaige im Vorfeld getroffene Modellannahmen im Sinne einer Toleranz für Prädiktionsfehler ausgleichen kann. Der verfügbare Bremsweg ergibt sich dann aus dem berechneten Weg entlang des Pfades des Ego Fahrzeugs s
ego bis zum Unterschreiten des Abstandes b zum Objekt gemäß der Formel
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Im Rahmen der vorliegenden Offenbarung ist anzumerken, dass nach einer Überprüfung, ob eine kritische Abbiegesituation mit einem entgegenkommenden Objekt vorliegt, grundsätzlich ein spätest möglicher Bremseingriff in den Stillstand für räumliche Kollisionsvermeidung angestrebt wird.
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Optional kann es sich beim sowohl beim entgegenkommenden Objekt entweder um ein Target-Fahrzeug, einen Gegenstand oder einen Fußgänger handeln. Weiterhin können sämtliche beschriebenen Verfahren 100 optional einen Schritt zum Bestimmen aufweisen, ob Rechtsverkehr oder Linksverkehr vorliegt.
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Weiterhin sind die erfindungsgemäßen Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs optional derart ausgelegt, dass der ebenfalls erfindungsgemäße automatische Notbremsassistent gekoppelt an ein elektronisches Stabilitätsprogramm auszulösen kann.
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Weiterhin sieht die vorliegende Erfindung ein Computerprogrammprodukt vor, das auf einem computerlesbaren Medium gespeichert ist und eine Software samt Instruktionen aufweist, die betreibbar sind, um die erfindungsgemäßen Verfahren zur räumlichen Kollisionsvermeidung im Rahmen eines Abbiegevorgangs eines Ego-Fahrzeugs auszuführen.
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Diese Software kann optional programmiert sein, um mit einem System für ein Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) zusammenzuarbeiten, das bei einem drohenden Ausbrechen eines Fahrzeuges einzelne Räder gezielt abbremst. Dabei werden sowohl ein Über- als auch ein Untersteuern des Fahrzeuges bei einer räumlichen Kollisionsvermeidung der vorliegenden Erfindung verhindert.
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Bei allen hier beschriebenen Ausführungsbeispielen wurde vereinfachend, falls nicht explizit anders gekennzeichnet, von Kollisionssituationen in der Ebene, aufgespannt durch einen zweidimensionalen Vektor in jeweils x- und y-Richtung eines als bekannt anzusehenden, kartesischen Koordinatensystems gesprochen. Für einen Fachmann ist es jedoch offensichtlich, dass die meisten alltäglichen Kollisionssituationen gleichermaßen eine Komponente im dreidimensionalen Raum besitzen, sobald die geografische Situation nicht mehr eben ist. Eine entsprechend vektorielle Anpassbarkeit des beanspruchten Verfahrens und Systems ist damit ebenfalls Teil der vorliegenden Offenbarung.
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Weiterhin wurden verschiedene Ausführungsbeispiele beschrieben, die eine optionale Verwendung vordefinierter Schwellenwerte einbeziehen. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass diese Schwellenwerte vom jeweiligen System sowie den spezifischen Eigenschaften eines Ego-Fahrzeugs abhängen und je nach beispielhaftem Einsatz in einem PKW oder einem LKW stark divergieren können.
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Weiterhin wird für die vorliegende Erfindung als bekannt vorausgesetzt, dass Kraftfahrzeuge mit entsprechenden Sensoren (z.B. Tachometer) und Mess- bzw. Überwachungsvorrichtungen serienmäßig ausgestattet sind, um Geschwindigkeiten und/oder Beschleunigungen am eigenen Fahrzeug zu messen und zu überwachen. Die hier beschriebenen Konzepte sehen zudem, falls nötig, Schnittstellen und Adaptionsmöglichkeiten zum Empfang von Daten und zur Datenübertragung nach außen vor (z.B. GPS, Connectivity-Systemen wie ConnectedDrive® etc.) vor. Grundsätzlich sind die hier beschriebenen Konzepte und Systeme gleichermaßen in Low-Cost-Systemen wie hochkomplexen, vernetzten Fahrzeugsystemen anwendbar.
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Die Erfindung wurde anhand bevorzugter Ausführungen beschrieben, wobei die einzelnen Merkmale der beschriebenen Ausführungen frei miteinander kombiniert werden können und/oder ausgetauscht werden können, sofern sie kompatibel sind. Ebenso können einzelne Merkmale der beschriebenen Ausführungen weggelassen werden, sofern sie nicht zwingend notwendig sind. Für den Fachmann sind zahlreiche Abwandlungen und Ausgestaltungen möglich und offensichtlich, ohne dass dadurch der Erfindungsgedanke verlassen wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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