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Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie ein System zur Verbesserung der Fahrstabilität eines Kraftfahrzeugs, wobei eine zu erwartende Gefahrensituation vorausschauend erkannt wird.
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Moderne Kraftfahrzeuge sind vielfach mit Fahrdynamikregelsystemen wie ESC (Electronic Stability Control) ausgestattet, welche das Fahrverhalten eines Kraftfahrzeugs gezielt beeinflussen können. Um die Fahrstabilität zu bewahren, d.h. sicherzustellen, dass das Fahrzeug den Vorgaben des Fahrers folgt, können hierbei automatische radindividuelle Bremskräfte erzeugt und/oder das Antriebsmoment reduziert werden. Der Regeleingriff wird unmittelbar abgeleitet von den Eingaben des Fahrers (Lenken, Bremsen, Gasgeben) und geschieht in einer reaktiven Art und Weise, womit ein Eingriff der Fahrdynamikregelung erst dann erfolgt, wenn das Fahrverhalten um einen messbaren Betrag vom anhand eines Fahrzeugmodells berechneten Fahrerwunsch abweicht. Ein aktives Fahrdynamikregelsystem ist beispielsweise aus der
EP 0 792 229 B1 bekannt.
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Aktuell werden Ansätze zur frühzeitigen Warnung des Fahrers vor potenziell gefährlichen Kurvensituationen (CSW: Curve Speed Warning) erprobt. Anhand digitaler Karten werden Informationen über eine vorausliegende Kurve ermittelt, wie z.B. die geometrische Charakteristik. Hierbei wird die eigene Position des Fahrzeugs (Ego-Position) anhand von Satellitennavigation (GPS: Global Positioning System) allein oder in Verbindung mit Inertialsensorik bzw. Trägheitsnavigation durch ein elektronisches Steuergerät (IPC: Inertial and Position Cluster) bestimmt. Derartige CSW-Systeme warnen den Fahrer, falls er sich zu schnell einer Kurve nähert.
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Für CSW-Systeme bzw. allgemein für Fahrdynamikregelsysteme ist der Reibwert zwischen Straße und Reifen ein entscheidender Parameter. So bestimmt er die maximale Geschwindigkeit, mit der eine Kurve durchfahren werden kann, da er die übertragbaren Kräfte begrenzt. Der Reibwert hängt von der genauen Paarung Reifen-Straße und somit von den momentanen Umgebungsbedingungen ab, und ist daher im Allgemeinen nicht bekannt. Eine fehlerhafte Schätzung des Reibwerts - oder gar die grundsätzliche Annahme eines hohen Reibwerts - resultieren in einem qroßen Risiko für den Fahrzeughersteller bzw. Zulieferer, denn eine zu hohe empfohlene (nicht angewarnte) Geschwindigkeit kann zu Regressforderungen aus der Produkthaftung führen. Es ist daher aus der
DE 10 2012 212 616 A1 bekannt, den Reibwert vom Fahrer des Kraftfahrzeugs selbst, über eine Mensch-Maschine Schnittstelle, vorgeben zu lassen. Dabei können jedoch durch den Fahrer zu hohe Werte gesetzt werden, wodurch es zu kritischen Fahrsituation oder sogar Unfällen kommen kann.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Verbesserung der Fahrstabilität eines Kraftfahrzeugs anzugeben, welches die obigen Nachteile vermeidet.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Verbesserung der Fahrstabilität eines Kraftfahrzeugs, bei dem eine zu erwartende Gefahrensituation vorausschauend erkannt wird. Das bedeutet, dass bereits zu einem Zeitpunkt to eine Gefahrensituation zu einer Zeit t > to erkannt wird. Die Vorausschauzeit, das heißt die Zeit für die im Voraus das Vorliegen einer erwarteten Gefahrensituation überprüft wird, kann dabei insbesondere im Bereich von 0 bis einer Minute, bevorzugt bis 10 Sekunden liegen. Die entsprechende Distanz, welche auf das Vorliegen einer Gefahrensituation überprüft wird, kann entsprechend basierend auf der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit berechnet werden.
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Zur Erkennung einer erwarteten Gefahrensituation wird ein aktueller Fahrer des Kraftfahrzeugs aus einer Gruppe von möglichen Fahrern ermittelt und basierend auf dem aktuellen Fahrer eine dem Fahrer zugeordnete Reibwertinformation ermittelt. Diese Reibwertinformation kann direkt ein Reibwert zwischen Reifen und Straße sein. Alternativ kann aus der Reibwertinformation und gegebenenfalls weiteren Daten, wie etwa Wetterdaten, Alter, Zustand und Art der Reifen des Kraftfahrzeugs etc. ein Reibwert ermittelt werden, der dem weiteren Verfahren zugrunde gelegt wird. Der Fahrer muss daher nicht selbstständig einen Reibwert auswählen, wodurch die Fehleranfälligkeit des Verfahrens verringert wird.
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Außerdem wird ein vorausliegender erwarteter Fahrstreckenverlauf des Fahrzeugs bestimmt. Der vorausliegende erwartete Fahrstreckenverlauf beschreibt die zu erwartende Trajektorie oder Fahrlinie des Fahrzeugs. Der vorausliegende erwartete Fahrstreckenverlauf kann beispielsweise anhand eines eingegebenen Ziels aus einem Navigationssystem und dessen Kartendaten bestimmt werden. Alternativ kann ohne eingegebenes Ziel basierend auf Kartendaten die wahrscheinlichste Strecke bestimmt werden, wobei insbesondere Informationen über die Aktivierung eines Fahrtrichtungsanzeigers mit einbezogen werden können. Dabei kann die aktuelle Fahrzeugposition, beispielsweise mittels eines satellitengestützten Positionsbestimmungssystems (GPS, Galileo, GLONASS...) ermittelt werden. Es ist auch möglich mittels einer Kamera, welche den vorausliegenden Fahrbahnabschnitt erfasst, die zu erwartende Fahrlinie und damit den vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf zu bestimmen. Außerdem wird eine aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit des Fahrzeugs gemessen. Diese Daten können beispielsweise von einem Raddrehzahlsensor gemessen werden oder aus den satellitengestützt ermittelten Positionsdaten bestimmt werden. Die Reihenfolge der Ermittlung dieser Informationen ist im Allgemeinen nicht relevant, nur insofern es logisch notwendig ist, einen Schritt vor einem anderen auszuführen. Beispielsweise kann die Länge des vorausliegenden Fahrstreckenverlaufs, welcher bestimmt werden soll, basierend auf der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit festgelegt werden. Diese wird dann entsprechend vorher bestimmt.
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Basierend zumindest auf dem vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf, der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit und der Reibwertinformation wird dann bestimmt, ob in dem vorausliegenden Fahrstreckenverlauf eine Gefahrensituation erwartet wird. Dabei kann insbesondere der kleinste Kurvenradius in dem vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf mit beachtet werden.
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Bei Vorliegen einer zu erwartenden Gefahrensituation wird eine Warnung an den Fahrer ausgegeben und/oder ein fahrerunabhängiger automatischer Fahreingriff durchgeführt. Unter einem Fahreingriff ist insbesondere ein Bremseingriff und/oder ein Eingriff in das bereitgestellte Antriebsmoment zu verstehen. Auch kann ein Lenkeingriff als Fahreingriff durchgeführt werden. Für die Ausgabe einer Warnung an den Fahrer des Kraftfahrzeugs kann beispielsweise eine Anzeige vorgesehen sein, die eine entsprechende visuelle Warnung ausgibt oder ein Warnton mittels eines Lautsprechers erzeugt werden. Auch ist es möglich ein aktives Gaspedal vorzusehen, welches dem Fahrer eine Rückstellkraft entgegensetzt, wobei die dem Fahrer entgegenwirkende Rückstellkraft bei Vorliegen einer erwarteten Gefahrensituation verstärkt wird.
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Durch die fahrerspezifische Auswahl der Reibwertinformation wird sichergestellt, dass Warnungen und Fahreingriffe an die Bedürfnisse des Fahrers mit seinen persönliche Fähigkeiten angepasst sind. Somit werden einerseits störende, überflüssige Warnungen und Fahreingriffe vermieden und gleichzeitig eine hohe Fahrsicherheit gewährleistet.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird der aktuelle Fahrer des Kraftfahrzeugs anhand eines verwendeten Fahrzeugschlüssels ermittelt, wobei die dem Fahrer zugeordnete Reibwertinformation auf dem Fahrzeugschlüssel gespeichert ist. Die Ermittlung des aktuellen Fahrers des Kraftfahrzeugs aus einer Gruppe von möglichen Fahrern und die Ermittlung der dem Fahrer zugeordneten Reibwertinformation basierend auf dem aktuellen Fahrer werden dabei durch das Identifizieren des Fahrers am Fahrzeug mittels eines Fahrzeugschlüssels und der Übertragung des Reibwerts aus dem Fahrzeugschlüssel an das Fahrzeug umgesetzt. Dadurch wird ermöglicht, besonders einfach die Reibwerte für verschiedene Fahrer setzen zu können. Beispielsweise kann ein Fahranfänger in einer Familie einen Schlüssel erhalten, in dem ein niedriger Reibwert gespeichert ist, wodurch bereits frühzeitig Warnungen und/oder Fahreingriffe ausgelöst werden, um keine auch nur annähernd gefährliche Situation entstehen zu lassen. Ein weiterer Fahrer, der gegebenenfalls bereits mehr Fahrpraxis mit dem Fahrzeug hat, besitzt einen Fahrzeugschlüssel auf dem ein höherer Reibwert gespeichert ist. Damit kann er das Fahrzeug sehr sportlich fahren, ohne dass bereits frühzeitig Warnungen und/oder Fahreingriffe stattfinden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die Gruppe der möglichen Fahrer in einer dem Kraftfahrzeug zugeordneten Speichereinrichtung, insbesondere im Kraftfahrzeug, gespeichert. Dabei ist den Fahrern, insbesondere jedem Fahrer, zumindest eine Identifikationsinformation und eine Reibwertinformation zugeordnet, wobei der aktuelle Fahrer basierend auf der Identifikationsinformation ermittelt und die zugehörige Reibwertinformation ausgewählt wird. Die Gruppe von möglichen Fahrern kann als Liste im Kraftfahrzeug abgelegt sein, wobei die Liste als Identifikationsinformation beispielsweise eine Schlüssel-ID, eine Fahrzeugsitzstellung, ein Erscheinungsbild des Fahrers, ein Fahrverhaltensprofil, und andere Informationen aufweisen kann. Dabei kann eine entsprechende Identifikationsinformation des aktuellen Fahrers bestimmt und mit den jeweiligen Identifikationsinformationen in der Liste mit der Gruppe möglicher Fahrer verglichen und der zugehörige Fahrer ausgewählt werden. Dabei kann auch ein Eintrag vorgesehen sein, welcher bei einem unbekannten Fahrer ausgewählt wird, beispielsweise wenn keine Identifikationsinformation in der Liste der Gruppe der möglichen Fahrer mit dem festgestellten Wert des aktuellen Fahrers übereinstimmt. Der unbekannte Fahrer kann außerdem genutzt werden, wenn verschiedenartige Identifikationsinformationen zu verschiedenen Fahrern in der Liste zugeordnet werden und so nicht klar ist, welcher der Fahrer tatsächlich der aktuelle Fahrer ist. Für den unbekannten Fahrer kann eine Reibwertinformation vorgesehen sein, welche einem besonders niedrigen Reibwert entspricht.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst die Identifikationsinformation zumindest eine Fahrzeugschlüssel-ID und der aktuelle Fahrer des Kraftfahrzeugs wird anhand der Fahrzeugschlüssel-ID eines verwendeten Fahrzeugschlüssels ermittelt. Eine derartige Umsetzung ist besonders einfach und somit kostengünstig.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist zumindest ein Masterschlüssel und zumindest ein Slaveschlüssel vorgesehen und bei Identifizierung mittels des zumindest einen Masterschlüssels wird eine Festlegung der zugeordneten Reibwertinformation für den zumindest einen Slaveschlüssel zugelassen. Mit anderen Worten kann die Reibwertinformation für einen Fahrer festgelegt werden, dessen Identifikationsinformation eine Fahrzeugschlüssel-ID des Slaveschlüssels aufweist. Dazu kann beispielsweise eine Mensch-Maschine-Schnittstelle vorgesehen sein, mittels der eine Eingabe einer Reibwertinformation ermöglicht wird.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens umfasst die Identifikationsinformation zumindest eine Sitzeinstellung, ein visuelles Erscheinungsbild, und/oder ein Fahrverhaltensprofil. Ein Fahrer kann seine persönliche Sitzeinstellung im Fahrzeug speichern und dadurch eine Zuordnung als Identifikationsinformation erzeugen. Zur Aufnahme eines visuellen Erscheinungsbilds kann eine Innenraumkamera vorgesehen sein, welche auf den Fahrer gerichtet ist und ein Bild vom Fahrer erstellt. Bei der Festlegung einer Reibwertinformation für den Fahrer kann ein Referenzbild als Identifikationsinformation gespeichert werden. Beispielsweise beim Starten des Fahrzeugs kann dann eine aktuelle Aufnahme der Innenraumkamera mit den gespeicherten Referenzbildern verglichen werden, um eine visuelle Identifikation des Fahrers vorzunehmen. Diese kann insbesondere als Gesichtserkennung umgesetzt sein.
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Ein Fahrverhaltensprofil kann beispielsweise bei einer Initialisierung durch den Fahrer aus einer Liste mit vordefinierten Fahrverhaltensprofilen ausgewählt werden. Auch ist es möglich ein passendes Fahrverhaltensprofil aus einer Liste mit Fahrverhaltensprofilen automatisch, anhand von für das Fahrverhaltensprofil charakteristischen Parametern bei einer Testfahrt auszuwählen. Alternativ kann während einer Testfahrt ein Satz von charakteristischen Parametern als Fahrverhaltensprofil erzeugt werden. Bei einer nachfolgenden Fahrt können dann gemessene charakteristische Parameter mit den charakteristischen Parametern des Fahrverhaltensprofils verglichen werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beruht die Bestimmung des Fahrers auf mehreren verschiedenartigen Identifikationsinformationen, also Identifikationsinformationen verschiedenen Typs. Bei uneindeutiger Fahrerzuordnung, beispielsweise wenn eine Identifikationsinformation ersten Typs auf einen ersten Fahrer hindeutet und eine Identifikationsinformation zweiten Typs auf einen zweiten Fahrer, wird der wahrscheinlichste Fahrer ausgewählt. Dazu können beispielsweise mehr als zwei Identifikationsinformationen vorgesehen sein und dann der Fahrer aus der Gruppe der möglichen Fahrer als aktueller Fahrer ermittelt werden, der die häufigste Zuordnung anhand der verschiedenen Identifikationsinformationen aufweist. Alternativ oder zusätzlich kann eine Gewichtung der Identifikationsinformationen vorgesehen sein. Beispielsweise kann eine Gesichtserkennung höher gewichtet sein, als eine Sitzeinstellung.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens beruht die Bestimmung des Fahrers auf mehreren Identifikationsinformationen und bei uneindeutiger Fahrerzuordnung wird der Fahrer mit dem niedrigsten aus der Reibwertinformation ableitbaren Reibwert ausgewählt. Dadurch wird immer die sicherste Variante gewählt und vermieden, dass beispielsweise durch das Vertauschen von Schlüsseln aus Versehen ein zu hoher Reibwert genutzt wird.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird über eine Mensch-Maschine-Schnittstellen eine zweite Reibwertinformation zur Verfügung gestellt und aus der dem Fahrer zugeordneten Reibwertinformation und der zweiten Reibwertinformation ein Reibwert ermittelt und der weiteren Ermittlung der zu erwartenden Gefahrensituation zu Grunde gelegt. Beispielsweise kann die dem Fahrer zugeordnete Reibwertinformation als Basisreibwert genutzt werden, die dann über die zweite Reibwertinformation (beispielsweise aus einem Fahrerlebnisschalter) nach oben oder nach unten angepasst werden kann. In einem einfachsten Fall kann das Minimum von zwei Reibwerten verwendet werden. Als zweite Reibwertinformation kann auch ein geschätzter Reibwert genutzt werden. Dann können durch das erfindungsgemäße Verfahren etwaige Ungenauigkeiten im geschätzten Reibwert ausgeglichen werden. Somit verbleibt jedem Fahrer noch eine Einstellmöglichkeit im Rahmen seiner zur Verfügung stehenden Reibwerte, um fahrtspezifisch einen passenden Reibwert auswählen zu können. Der geschätze Reibwert kann entweder durch einen Onboard Reibwertschätzer im eigenen Fahrzeug bestimmt werden oder ein extern bereitgestellter voraussichtlicher Reibwert, vorzugsweise der Reibwert oder die Reibwerte für den vorausliegenden Streckenabschnitt aus einer digitalen Reibwertkarte in einer Cloud, sein.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird bei einer Gefahrensituation mit geringerer Kritikalität als ein Schwellwert eine Warnung ausgegeben und bei einer Gefahrensituation mit höherer Kritikalität als der Schwellwert ein fahrerunabhängiger automatischer Fahreingriff durchgeführt. Dazu kann beispielsweise aus der Reibwertinformation, und einem Kurvenradius einer Kurve in dem vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf eine mögliche Grenzgeschwindigkeit für die Kurve errechnet werden. Diese kann dann mit der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit verglichen werden. Ist die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit größer als die Grenzgeschwindigkeit kann von einer Gefahrensituation ausgegangen werden. Die Differenz der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit von der Grenzgeschwindigkeit kann als Kritikalität verwendet werden. Ist die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit nur geringfügig größer als die Grenzgeschwindigkeit wird zuerst von einer Gefahrensituation mit geringer Kritikalität ausgegangen. Überschreitet die so definierte Kritikalität einen festgelegten Schwellwert, wird ein Fahreingriff eingeleitet. Alternativ oder zusätzlich kann bei der Bestimmung der Kritikalität der Abstand des Fahrzeugs bis zu der betrachteten Kurve, insbesondere die Position des kleinsten Kurvenradius, mit einbezogen werden. Beispielsweise kann bei einem großen Abstand zur Kurve und nur geringfügig höherer Fahrzeuggeschwindigkeit als die Grenzgeschwindigkeit von niedriger Kritikalität ausgegangen werden. Dem Fahrer bleibt noch genug Zeit das Fahrzeug zumindest auf die Grenzgeschwindigkeit zu verlangsamen, bis der Scheitelpunkt der Kurve erreicht ist. Reagiert der Fahrer nicht auf die Warnung und nähert sich der Kurve mit einer weiterhin zu hohen Geschwindigkeit, wird die Gefahrensituation mit immer höherer Kritikalität eingestuft. Beispielsweise lässt sich aus der Grenzgeschwindigkeit, der aktuellen Geschwindigkeit und einem Abstand bis zum Scheitelpunkt der Kurve die nötige negative Beschleunigung ermitteln, welche benötigt wird, um das Fahrzeug noch rechtzeitig auf die Grenzgeschwindigkeit abzubremsen. Überschreitet die so definierte Kritikalität einen Schwellwert, wird ein Fahreingriff, beispielsweise ein Bremsmanöver durchgeführt.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein mögliches Beschleunigungspotential aus dem vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf, der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit und der Reibwertinformation ermittelt, und dem Fahrer mittels einer Anzeigeeinrichtung angezeigt. Der Fahrer kann dann entscheiden, ob er das Fahrzeug beschleunigt. Dies kann insbesondere auf abgeschlossenen Fahrstrecken, wie Rennstrecken genutzt werden, um die maximal mögliche Geschwindigkeit auszunutzen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein mögliches Beschleunigungspotential aus dem vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf, der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit und der Reibwertinformation ermittelt und das Fahrzeug fahrerunabhängig automatisch beschleunigt. Somit wird eine Fahrstecke automatisch mit der maximalst möglichen, sicheren Geschwindigkeit durchfahren.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird dem Fahrer mittels der Anzeigeeinrichtung eine maximale Kurvengeschwindigkeit für eine vorausliegende Kurve angezeigt.
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Die Aufgabe wird außerdem gelöst durch ein System zur Regelung der Fahrstabilität, in dem ein Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche implementiert ist.
- 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einem erfindungsgemäßen System,
- 2 zeigt schematisch ein Funktionsdiagramm des erfindungsgemäßen Systems;
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Das in 1 dargestellte Fahrzeug 1 weist vier Räder 3 auf, von denen zwei durch eine Antriebseinheit 6 angetrieben werden. Außerdem werden zwei Räder 3 durch eine Bremseinheit 4 gebremst. Typischerweise werden alle vier Räder 3 durch die Bremseinheit 4 gebremst (nicht dargestellt). Die Bremseinheit 4 ist dazu eingerichtet, auch fahrerunabhängig durch eine Steuereinheit 7 angesteuert zu werden. Die Steuereinheit 7 kontrolliert außerdem die Antriebseinheit 6 des Fahrzeugs 1. Ein Zündschloss 8 übermittelt Daten eines Schlüssels, insbesondere eine Schlüssel-ID, an die Steuereinheit 7. Eine Umgebungskamera 10a ist an der Front des Fahrzeugs 1 angeordnet, um den vorausliegenden Streckenverlauf zu beobachten. Eine weitere Kamera ist als Innenraumkamera 10b im Innenraum des Fahrzeugs 1 angeordnet und auf das Gesicht des Fahrers gerichtet. Im Innenraum des Fahrzeugs 1 ist außerdem eine Warnleuchte 9 angeordnet, die den Fahrer vor einer zu erwarteten Gefahrensituation warnen kann.
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Der Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens nach einer Ausführungsform wird anhand der 2 erläutert. Das Fahrzeug 1 empfängt Daten zur Bestimmung der eigenen Position von einem Satelliten, beispielsweise GPS Daten 11. Aus der eigenen Position und Kartendaten 12 wird in einer Fahrstreckenermittlung 14 die vorausliegende Route bestimmt. Durch zusätzliche Aufnahmen der Umgebungskamera 10, welche als Umgebungsdaten 13 der Fahrstreckenermittlung 14 ebenfalls zur Verfügung gestellt werden, kann der vorausliegende erwartete Fahrstreckenverlauf 25 genau ermittelt werden.
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Eine durch das Zündschloss 8 ermittelte Schlüssel-ID 15 sowie ein Bild 16 des Fahrers, welches durch die Innenraumkamera 10b aufgenommen wird, werden einer Fahrerermittlung 17 zugeführt. Die Fahrerermittlung 17 umfasst eine Liste der Gruppe der möglichen Fahrer des Fahrzeugs. Jedem Fahrer in der Liste ist dabei sowohl eine Fahrzeugschlüssel-ID als auch ein entsprechendes Referenzbild zugeordnet. Durch die übermittelte Fahrzeugschlüssel -ID 15 und das Bild 16 des Fahrers wird in der Fahrerermittlung 17 der aktuelle Fahrer ermittelt. Weisen Fahrzeugschlüssel-ID 15 und Bild 16 des Fahrers auf den gleichen Fahrer hin, ist dieser eindeutig identifiziert. In der Fahrerermittlung 17 ist für den Fahrer ein zugehöriger Reibwert hinterlegt, welcher an die Gefahrensituationsermittlung 19 übertragen wird. Bei einer Diskrepanz zwischen einem ersten, durch die Fahrzeugschlüssel-ID 15 ermittelten, Fahrer und einem zweiten, durch das Bild 16 ermittelten, Fahrer, wird überprüft, ob dem ersten oder dem zweiten Fahrer ein niedrigerer Reibwert zugeordnet ist und der Fahrer mit dem niedrigeren Reibwert ausgewählt. Der Reibwert dieses Fahrers wird der Gefahrensituationsermittlung 19 zugeführt.
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Die Gefahrensituationsermittlung 19 empfängt außerdem den in der Fahrstreckenermittlung 14 ermittelten vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf 25 sowie eine Fahrzeuggeschwindigkeit 18, welche durch den Raddrehzahlsensor 5 ermittelt wird.
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Aus dem ermittelten vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf 25 wird der kleinste Kurvenradius bestimmt. Aus dem Kurvenradius und dem Reibwert wird eine Grenzgeschwindigkeit berechnet, mit der die Kurve maximal durchfahren werden kann. Liegt die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit 18 höher als die berechnete Grenzgeschwindigkeit, wird ein Anzeigesignal an die Anzeigeeinrichtung 9 gesendet und dadurch eine Warnung an den Fahrer des Kraftfahrzeugs 1 ausgegeben. Es wird außerdem bestimmt, um welchen Betrag die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit über der Grenzgeschwindigkeit liegt. Überschreitet die Differenz einen vorher festgelegten Schwellwert, wird durch die Gefahrensituationsermittlung eine Antriebsvorgabe 20 an die Antriebseinheit 6 gesendet, welche einer niedrigeren Antriebsleistung oder sogar keiner Antriebsleistung entspricht. Außerdem kann eine Bremsvorgabe 22 an die Bremseinheit 4 gesendet werden und das Fahrzeug gezielt auf eine Geschwindigkeit kleiner oder gleich der Grenzgeschwindigkeit abgebremst werden. Somit wird verhindert, dass in der Kurve, insbesondere an der Stelle mit dem kleinsten Kurvenradius, eine Gefahrensituation tatsächlich auftritt und das Fahrzeug die Spur verlässt. Anstelle der Ermittlung einer Grenzgeschwindigkeit und Vergleich mit einer aktuellen Geschwindigkeit kann auch aus dem vorausliegenden erwarteten Fahrstreckenverlauf und der aktuellen Geschwindigkeit ein benötigter Reibwert bestimmt werden, der mit dem fahrerspezifischen Reibwert verglichen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- System
- 3
- Räder
- 4
- Bremseinheit
- 5
- Raddrehzahlsensor
- 6
- Antriebseinheit
- 7
- Steuereinheit
- 8
- Zündschloss
- 9
- Anzeigeeinrichtung
- 10a
- Umgebungskamera
- 10b
- Fahrerkamera
- 11
- GPS-Daten
- 12
- Kartendaten
- 13
- Umgebungsdaten
- 14
- Fahrstreckenermittlung
- 15
- Schlüssel-ID
- 16
- Innenraumkamerabild
- 17
- Fahrerermittlung
- 18
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- 19
- Gefahrensituationsermittlung
- 20
- Antriebsvorgabe
- 21
- Anzeigedaten
- 22
- Bremsvorgabe
- 23
- Reibwertinformation
- 24
- Gruppe möglicher Fahrer
- 25
- Vorausliegender erwarteter Fahrstreckenverlauf
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0792229 B1 [0002]
- DE 102012212616 A1 [0004]