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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Kurbelgehäuses sowie eine Vorrichtung zur Lagergassenbearbeitung.
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Zur Bearbeitung von Lagergassen von z. B. Kurbelgehäusen von Verbrennungsmotoren werden unter anderem Bohrstangen eingesetzt. Derartige Bohrstangen weisen in der Regel einen länglichen Grundkörper auf, welcher ein oder mehrere umfänglich angeordnete Schneideelemente zur radialen und/oder axialen Bearbeitung der Lager der Lagergasse aufweist. Aufgrund der geometrischen Verhältnisse sowie angesichts der hohen geforderten Bearbeitungsgenauigkeit geht eine derartige Lagergassenbearbeitung mit einer Reihe von Herausforderungen einher, welche insbesondere die Führung der Bohrstange sowie die Verstellung der Schneidelemente betreffen. Eine insbesondere radiale Verstellung der Schneidelemente ist zum einen nötig, um einem etwaigen Verschleiß der Schneidelemente entgegenzuwirken. Bei der Bearbeitung axialer Lagerflächen dient die Verstellung zudem auch der radialen Zustellung des Werkzeugs. Ein entsprechender Mechanismus ist beispielsweise in der
DE 10 2014 019 175 A1 offenbart, welche ein Planschieberwerkzeug betrifft, wobei die aufwendige technische Gestaltung deutlich wird. Hinsichtlich der Führung der Bohrstange wird gemäß der
DE 197 11 317 A1 eine Lagerung der Bohrstange an deren beiden Enden vorgeschlagen, da damit eine Radialauslenkung der Bohrstange gegenüber einer frei auskragenden Bohrstange erheblich verringert werden könne. Ein derartiges System bedingt aber eine speziell gestaltete Werkzeugmaschine, welche hinsichtlich des hohen Investitionsaufwandes Nachteile mit sich bringt.
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung eines Kurbelgehäuses sowie eine Vorrichtung zur Lagergassenbearbeitung anzugeben, welche die vorhandenen Ansätze weiterbilden und ein schnelles und exaktes Herstellen bzw. Bearbeiten von Lagergassen, insbesondere von Kurbelgehäusen, ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 sowie durch eine Vorrichtung gemäß Anspruch 6 gelöst. Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie der Beschreibung und den beigefügten Figuren.
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Erfindungsgemäß umfasst ein Verfahren zur Herstellung eines Kurbelgehäuses die Schritte:
- - Bereitstellen eines Kurbelgehäuses sowie einer Bohrstange, wobei die Bohrstange zwei oder zumindest zwei Bearbeitungselemente aufweist;
- - Einstellen der Bearbeitungselemente auf ein Bearbeitungsmaß zum beidseitigen axialen Bearbeiten eines Hauptlagers des Kurbelgehäuses;
- - Positionieren der Bohrstange in der Lagergasse des Kurbelgehäuses in einer Anfangsposition;
- - Bearbeiten des Hauptlagers und radiales Verfahren der Lagergasse und/oder der Bohrstange bis in eine Endposition dabei;
- - Abstützen der Bohrstange an zumindest einem Nebenlager in der Endposition.
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Bei den Bearbeitungselementen handelt es sich gemäß einer Ausführungsform um zwei oder zumindest zwei, ggf. zueinander orientierte, Seitendrehmeißel, welche auf das, insbesondere finale, Bearbeitungsmaß eingestellt sind. Ein oder mehrere Bearbeitungselemente können in Umfangsrichtung aber auch mit einem Versatz angeordnet sein, was hinsichtlich des Laufverhaltens der Bohrstange vorteilhaft sein kann. Bei dem Bearbeitungsmaß handelt es sich insbesondere um einen Abstand der axialen Lagerflächen des Haupt- bzw. Führungslagers eines bzw. des Kurbelgehäuses. Ein typischer Wert beträgt hier beispielsweise etwa 20 mm. Die Lagergasse erstreckt sich entlang einer Mittellinie bzw. definiert eine solche, wobei die Mittellinie einer Dreh- oder Rotationsachse der Kurbelwelle entspricht. Zweckmäßigerweise erfolgt das Anordnen bzw. Hineinführen der Bohrstange in die Lagergasse (bzw. umgekehrt) exzentrisch zu der Mittellinie. Dadurch ist sichergestellt, dass die, insbesondere umfänglich an der Bohrstange angeordneten, Bearbeitungselemente beim Einführen in die Lagergasse nicht mit dieser kollidieren. Die (axiale) Anordnung ist dann abgeschlossen, wenn die Bearbeitungselemente sich im Bereich des zu bearbeitenden Hauptlagers befinden. Diese Position kann als die Anfangsposition bezeichnet werden. Bei der eigentlichen Bearbeitung wird die Bohrstange nicht mehr axial verfahren, sondern lediglich radial, nämlich von der Anfangsposition in die Endposition, wobei es sich bei der Anfangsposition auch um die Position der Bohrstange handeln kann, bei welcher die Bearbeitungselemente gerade das erste Mal die axialen Lagerflächen des Hauptlagers berühren. Alternativ kann auch das Kurbelgehäuse bzw. die Lagergasse axial bzw. radial verfahren werden, beispielsweise indem ein Tisch bzw. allgemein eine Aufspannstelle, auf welcher das Kurbelgehäuses gespannt ist, entsprechend verfahren wird. Entscheidend ist, dass sich die Bohrstange in der Endposition an dem zumindest einen Nebenlager abstützt. Dadurch wird nämlich ein Bearbeiten, insbesondere ein Drehen, der axialen Lagerflächen des Hauptlagers in nur einem Schritt ermöglicht. Die Bohrstange bewegt sich während der Bearbeitung exzentrisch zur Mittellinie der Lagergasse, wobei sie sich mit Vorteil in der Endposition an dem zumindest einen Nebenlager abstützt, wodurch eine sehr hohe Bearbeitungsgenauigkeit erzielt werden kann, obwohl die Bohrstange nur an einem Ende gehalten bzw. gelagert ist, mit anderen Worten also frei auskragend ausgebildet ist. Die Exzentrizität nimmt beim Übergang von der Anfangs- in die Endposition zu, wobei sie, wie bereits erwähnt, durch ein Verfahren der Bohrstange und/oder auch durch ein Verfahren des zu bearbeitenden Bauteils realisiert werden kann. Eine Rotationsachse der Bohrstange rotiert sozusagen um die Mittellinie der Lagergasse bzw. umgekehrt. Zusätzlich ist die Bohrstange zweckmäßigerweise ausgelegt, um ihre eigene Rotationsachse zu rotieren. Nach dem Erreichen der Endposition wird wieder in die Anfangsposition zurückgefahren. Gemäß einer Ausführungsform wird hierbei gegenüber dem radialen Hinausfahren z. B. mit doppeltem bis dreifachem Vorschub gefahren.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Abstützen der Bohrstange an zwei Nebenlagern.
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Bevorzugt erfolgt die Abstützung an den beiden unmittelbaren bzw. nächstliegenden Nebenlagern des Hauptlagers. Durch diese kurze Abstützweite kann die Genauigkeit der Bearbeitung noch weiter gesteigert werden.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Einstellen der Bearbeitungselemente auf ein Endmaß.
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Mit Vorteil ist dadurch kein aufwändiger Verstellmechanismus nötig. Auf ein axiales Nachstellen der Bearbeitungselemente, ggf. sogar während der Rotation der Bohrstange, kann mit Vorteil verzichtet werden. In der Folge wird ein äußerst stabiler Prozess erreicht, welcher ein Bearbeiten der axialen Lagerflächen in einem Schritt ermöglicht.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Schwingungsdämpfen der Bohrstange an deren freien Ende.
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Es hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen, am freien Ende der Bohrstange einen Schwingungsdämpfer vorzusehen. Damit wird insbesondere auch beim radialen Verfahren von der Anfangsposition in die Endposition ein sehr guter Rundlauf der Bohrstange erzielt.
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Zweckmäßigerweise wird das Verfahren auf einem Bearbeitungszentrum durchgeführt. Ein großer Vorteil besteht darin, dass das Verfahren keine Sondermaschine bzw. keine spezielle Werkzeugmaschine notwendig macht, sondern auf einem „herkömmlichen“ Bearbeitungszentrum eingesetzt werden kann. Dabei ist während der Bearbeitung kein weiteres manuelles Zustellen erforderlich, da das Einstellen der Bearbeitungselemente, beispielsweise der Schneidplatten, auf das Endmaß, zu Beginn der Bearbeitung erfolgt. Entsprechend sind auch während der Bearbeitung kein aufwändiges Nachmessen und keine Korrektur der Position der Bearbeitungselemente notwendig.
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Die Erfindung richtet sich auch auf eine Vorrichtung zur Lagergassenbearbeitung, umfassend eine Bohrstange, welche zumindest zwei Bearbeitungselemente zur Bearbeitung der axialen Lagerflächen eines Lagers einer Lagergasse, insbesondere eines Haupt- oder Führungslagers eines Kurbelgehäuses, aufweist, wobei sich die Bohrstange von einer Einspannstelle zu einem freien Ende entlang einer Rotationsachse erstreckt, wobei die Vorrichtung ausgelegt ist, die Bohrstange und eine Lagergasse eines Kurbelgehäuses radial zueinander von einer Anfangs- in eine Endposition zu verfahren, und wobei die Bohrstange ausgelegt ist, sich in der Endposition an der Lagergasse radial abzustützen. Dadurch dass die Vorrichtung ausgelegt ist, die Bohrstange radial zu verfahren - und/oder auch das zu bearbeitende Bauteil -, kann auf eine aufwendige (radiale) Verstelleinrichtung der Bearbeitungselemente verzichtet werden. Dadurch dass die Bohrstange zusätzlich ausgelegt ist, sich in der Endposition an der Lagergasse radial abzustützen, kann zudem eine optimale Führung und Lagerung der Bohrstange realisiert werden, ohne dass auf eine aufwändige zweiseitige Einspannung der Bohrstange zurückgegriffen werden muss.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform weist die Bohrstange am freien Ende einen Schwingungsdämpfer auf. Damit kann insbesondere beim radialen Verfahren der Bohrstange die Bearbeitungsgenauigkeit noch weiter gesteigert werden.
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Gemäß einer Ausführungsform weist die Bohrstange zur Abstützung einen ersten Lagerbereich und einen zweiten Lagerbereich auf, welche bevorzugt derart positioniert sind, dass eine Abstützung an den beispielsweise zwei unmittelbaren Nebenlagern des zu bearbeitenden Lagers, beispielsweise des Hauptlagers, ermöglicht ist. Durch diese enge bzw. nahe Abstützung wird eine sehr steife Lagerung bzw. Führung der Bohrstange realisiert, welche eine hochgenaue Fertigung ermöglicht.
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Gemäß einer Ausführungsform ist der zweite Lagerbereich am freien Ende ausgebildet. Mit anderen Worten ist die Bohrstange ausgelegt, sich mit ihrem freien Ende an einem Nebenlager der Lagergasse abzustützen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist der zweite Lagerbereich beispielsweise als Wälzlager ausgebildet bzw. umfasst ein solches. Bei dem Wälzlager handelt es sich gemäß einer bevorzugten Ausführungsform um ein Nadellager. Alternativ oder zusätzlich kann auch der erste Lagerbereich als Wälzläger ausgebildet sein oder ein solches umfassen.
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Gemäß einer Ausführungsform ist der erste Lagerbereich als Gleitlagerfläche ausgebildet. Diese Ausgestaltung ermöglicht eine steife Abstützung und ist dabei kostenseitig interessant. Gemäß einer Ausführungsform ist hierzu ein Abschnitt der Bohrstange entsprechend geschliffen. Alternativ oder zusätzlich kann auch der zweite Lagerbereich als Gleitlagerfläche ausgebildet sein.
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Bei den Bearbeitungselementen handelt es sich gemäß einer Ausführungsform um zwei oder zumindest zwei zueinander orientierte Seitendrehmeißel, welche auf ein gewünschtes Bearbeitungsmaß einstellbar sind. Daneben können aber auch andere Bearbeitungselemente zum Einsatz kommen. Zweckmäßigerweise sind die Bearbeitungselemente derart gestaltet, ausgebildet und/oder orientiert, dass die Lagerflächen in der Endposition, zumindest möglichst, vollflächig bzw. vollständig bearbeitet werden können.
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Die im Zusammenhang mit dem Verfahren erwähnten Vorteile und Merkmale gelten analog und entsprechend auch für die Vorrichtung bzw. umgekehrt und untereinander.
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Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung einer Ausführungsform einer Vorrichtung bzw. eines Verfahrens mit Bezug auf die beigefügten Figuren.
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Es zeigen:
- 1: eine schematische Ansicht einer Ausführungsform einer Bohrstange, angeordnet in einer Lagergasse;
- 2: die aus 1 bekannte Anordnung der Bohrstange in der Lagergasse beim Verfahren in radialer Richtung;
- 3: die aus den 1 und 2 bekannte Anordnung der Bohrstange in einer Endposition.
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1 zeigt eine Lagergasse 10, umfassend vier Nebenlager 14 sowie ein Haupt- bzw. Führungslager 12. Mit dem Bezugszeichen 20 ist eine schematisch dargestellte Bohrstange 20 bezeichnet, welche sich entlang einer Rotationsachse R erstreckt und eine Einspannstelle 21 sowie ein freies Ende 22 aufweist. Über die Einspannstelle 21 ist die frei auskragende Bohrstange z. B. mit einem Bearbeitungszentrum verbunden. Die Bohrstange 20 umfasst einen ersten Lagerbereich 31 sowie einen zweiten Lagerbereich 32. Dazwischenliegend sind zwei Bearbeitungselemente 26 angeordnet, welche der Bearbeitung der axialen Lagerflächen bzw. Bearbeitungsstellen 13 des Hauptlagers 12 dienen. Die Bearbeitungselemente 26 sind hierzu auf ein Bearbeitungsmaß x eingestellt, wobei es sich hierbei zweckmäßigerweise um ein Endmaß handelt. Während der Bearbeitung muss eine Position der Bearbeitungselemente 26 entlang der Rotationsachse R also nicht korrigiert bzw. justiert werden. Zweckmäßigerweise ist im zweiten Lagerbereich 32 ein Schwingungsdämpfer 24 vorgesehen bzw. angeordnet. Deutlich zu erkennen ist, dass die Rotationsachse R der Bohrstange 20 zu einer Mittellinie M der Lagergasse 10 versetzt ist. Die Skizze zeigt, dass dieser Versatz notwendig ist, um die Bohrstange 20 entlang der Mittellinie M kollisionsfrei in die Lagergasse 10 einzuführen. Zum Bearbeiten der Lagerflächen 13 wird nun die Bohrstange 20 um die Rotationsachse R gedreht sowie entlang einer Verfahrrichtung V, vgl. 2, verfahren. Alternativ kann auch die Lagergasse 10 entsprechend verfahren werden. Daneben erfolgt zweckmäßigerweise auch, mit zunehmenden Exzentrizität, ein Rotieren der Rotationsachse R der Bohrstange 20 um die Mittellinie M.
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2 zeigt die aus 1 bekannte Anordnung, sodass auf eine wiederholte Darstellung der Bezugszeichen weitgehend verzichtet wurde. Die Darstellung soll insbesondere zeigen, dass entlang der Verfahrrichtung V, wie durch den Pfeil skizziert, ein Verfahren der Bohrstange 20 erfolgt.
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3 zeigt nun eine Endposition der Bohrstange 20, wobei deutlich zu sehen ist, dass sich die Bohrstange 20 über die erste Lagerstelle 31 sowie über die zweite Lagerstelle 32 in bzw. an der Lagergasse 10, insbesondere an den Nebenlagern 14 abstützt, wodurch eine optimale Führung der Bohrstange 20 realisiert ist, obwohl diese nur an einem Ende, nämlich an der Einspannstelle 21, vgl. 1, gelagert ist. Zweckmäßigerweise sind die Bearbeitungselemente 26 derart gestaltet, dass die Lagerflächen 13 in der Endposition vollflächig bearbeitet werden bzw. bearbeitbar sind.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Lagergasse
- 12
- (Haupt-, Führungs-)Lager
- 13
- Lagerfläche
- 14
- Nebenlager
- 20
- Bohrstange
- 21
- Einspannstelle
- 22
- freies Ende
- 24
- Schwingungsdämpfer
- 26
- Bearbeitungselement
- 31
- erster Lagerbereich
- 32
- zweiter Lagerbereich
- R
- Rotationsachse
- M
- Mittellinie
- x
- Bearbeitungsmaß
- V
- Verfahrrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102014019175 A1 [0002]
- DE 19711317 A1 [0002]