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Die Erfindung betrifft Verfahren und entsprechende Steuereinheiten zur automatisierten Führung eines Fahrzeugs.
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Zur automatisierten Führung, insbesondere Quer- und/oder Längsführung, eines Fahrzeugs erfolgt typischerweise eine Trajektorienplanung, unter Berücksichtigung von zeitlich veränderlichen Beschränkungen aus einem Umfeldmodell des Umfelds des Fahrzeugs (z.B. ein maximal zulässiger Seitenabstand), sowie unter Berücksichtigung von physikalischen Fahrzeugbeschränkungen (z.B. eine maximal zulässige Krümmungsänderung, die durch das Fahrzeug umgesetzt werden kann). Im Rahmen der Trajektorienplanung kann eine endliche, geplante Zieltrajektorie für die Längs- und/oder die Querführung bereitgestellt werden.
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Des Weiteren kann ein Trajektorienfolgeregler für die Längs- und/oder Querführung bereitgestellt werden, durch den bewirkt werden soll, dass das Fahrzeug einer geplanten Zieltrajektorie folgt. Zu diesem Zweck wird als Eingang eines Trajektorienfolgereglers die Differenz zwischen dem (durch die geplante Zieltrajektorie vorgegebenen) Soll-Zustand des Fahrzeugs und dem gemessenen Ist-Zustand des Fahrzeugs betrachtet, und es wird als Ausgang des Trajektorienfolgereglers eine von dem Fahrzeug zu erbringende Beschleunigung (für die Längsführung) bzw. Krümmung (für die Querführung) als Stellgröße ermittelt.
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Ferner wird zur Bereitstellung einer automatisierten Längs- und/oder Querführung typischerweise ein Fahrzeugführungssystem (in diesem Dokument auch als CVM (Central Vehicle Management)-Modul bezeichnet) verwendet, das die geforderte Krümmung (für die Querführung) bzw. Beschleunigung (für die Längsführung) auf die jeweiligen Fahrzeugeingänge (z.B. Antrieb, Bremse, Lenkwinkel, etc.) übersetzt und dynamische und/oder durch eine Reibwertänderung der Straße verursachte Effekte des Fahrzeugverhaltens mit einer internen Krümmungs- und/oder Beschleunigungsregelung weitgehend kompensiert.
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Aufgrund der Trennung zwischen Trajektorienplanung und Trajektorienfolgeregelung kann nicht immer sichergestellt werden, dass die im Rahmen der Trajektorienfolgeregelung ermittelte Krümmung bzw. Beschleunigung auch tatsächlich durch das Fahrzeug kollisionsfrei umgesetzt werden können.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe, eine Trajektorienfolgeregelung für ein Fahrzeug bereitzustellen, durch die in ressourceneffizienter Weise eine zuverlässige und kollisionsfreie Umsetzung von Krümmungs- bzw. Beschleunigungsvorgaben gewährleistet wird.
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Die Aufgabe wird durch jeden der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ kann im Rahmen des Dokuments ein Fahren mit automatisierter Längs- oder Querführung oder ein autonomes Fahren mit automatisierter Längs- und Querführung verstanden werden. Bei dem automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens oder Rangierens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst ein automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind ein assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes oder vollautomatisiertes Fahren. Diese Automatisierungsgrade wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) definiert (siehe BASt-Publikation „Forschung kompakt“, Ausgabe 11/2012). Beim assistierten Fahren führt der Fahrer dauerhaft die Längs- oder Querführung aus, während das System die jeweils andere Funktion in gewissen Grenzen übernimmt. Beim teilautomatisierten Fahren (TAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum und/oder in spezifischen Situationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (HAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber in einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (VAF) kann das System für einen spezifischen Anwendungsfall das Fahren in allen Situationen automatisch bewältigen; für diesen Anwendungsfall ist kein Fahrer mehr erforderlich. Die vorstehend genannten vier Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Level 1 bis 4 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Beispielsweise entspricht das hochautomatisierte Fahren (HAF) Level 3 der Norm SAE J3016. Ferner ist in der SAE J3016 noch der SAE-Level 5 als höchster Automatisierungsgrad vorgesehen, der in der Definition der BASt nicht enthalten ist. Der SAE-Level 5 entspricht einem fahrerlosen Fahren, bei dem das System während der ganzen Fahrt alle Situationen wie ein menschlicher Fahrer automatisch bewältigen kann; ein Fahrer ist generell nicht mehr erforderlich. Die in diesem Dokument beschriebenen Aspekte können für einen Automatisierungsgrad „assistiertes Fahren“ und höher verwendet werden.
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Gemäß einem Aspekt wird ein Verfahren zur automatisierten Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs (insbesondere eines Kraftfahrzeugs) auf Basis eines Systemmodells des Fahrzeugs beschrieben. Dabei ist das Systemmodell bevorzugt zeitlich invariant und/oder linear, um eine ressourceneffiziente Ausführung des Verfahrens zu ermöglichen. Das Systemmodell kann eine Prädiktion einer bestimmten Anzahl von Zustandsgrößen bzw. Zustandskomponenten des Systems über ein bestimmtes Zeitintervall (dem sogenannten Planungshorizont) ermöglichen. Insbesondere kann es das Systemmodell ermöglichen, ausgehend von einem Anfangszustand rekursiv die Prädiktion der Zustandsgrößen bzw. Zustandskomponenten an aufeinander folgenden Zeitpunkten bzw. Zeitschritten zu ermöglichen. Ein solches Systemmodell wird in diesem Dokument auch aus ein rekursives Systemmodell bezeichnet.
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Dabei kann das Systemmodell des Fahrzeugs ein erstes Teilmodell umfassen, das eine Approximation des Verhaltens des Fahrzeugführungssystems des Fahrzeugs darstellt, mit dem die automatisierte Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs umgesetzt wird. Das Fahrzeugführungssystem kann z.B. eine automatisierte Lenkvorrichtung, einen automatisierten Antrieb und/oder eine automatisierte Bremsvorrichtung umfassen. Des Weiteren kann das Systemmodell ein zweites Teilmodell umfassen, das die Bewegung und/oder die Kinematik des Fahrzeugs beschreibt.
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Insbesondere kann das Systemmodell eine Systemmatrix umfassen, die einen Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Zustandsgrößen an einem Zeitpunkt k und einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 beschreibt. Des Weiteren kann das Systemmodell einen Eingangsvektor umfassen, der einen Einfluss einer Stellgröße des Systems auf die unterschiedlichen Zustandsgrößen beschreibt. Ferner kann das Systemmodell eine Ausgangsmatrix bzw. einen Ausgangsvektor umfassen, die bzw. der es ermöglicht, aus den Zustandsgrößen an einem bestimmten Zeitpunkt k eine Ausgangsgröße des Systems zu ermitteln.
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Das Verfahren kann (an einem Zeitpunkt k) umfassen, das Ermitteln einer Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von einer (im Rahmen der Trajektorienplanung geplanten) Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße als erste Zustandskomponente. Mit anderen Worten, es kann ein Wert einer ersten Zustandskomponente als eine Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von einer Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße ermittelt werden. Die erste Zustandskomponente kann als Regelfehler bzw. als Teil eines Regelfehlers betrachtet werden. Wie bereits oben dargelegt, kann das Systemmodell eingerichtet sein bzw. die Eigenschaft aufweisen, auf Basis der ersten Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k (unter Verwendung der Systemmatrix) und auf Basis einer Stellgröße an dem Zeitpunkt k (unter Verwendung des Eingangsvektors) die erste Zustandskomponente an einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 zu prädizieren (durch Verwendung der Systemmatrix und/oder des Eingangsvektors). Mit anderen Worten, die Zustandsgröße des Fahrzeugs kann über das Systemmodell von einer Stellgröße abhängig sein.
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Außerdem umfasst das Verfahren das Ermitteln von zeitlich variablen Beschränkungen der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße für N Zeitpunkte ab dem Zeitpunkt k, mit N > 1 (typischerweise N = 5, 8, 10 oder mehr). Insbesondere kann eine Beschränkung für die Zeitpunkte k, k + 1, k + 2, .., k + N - 1 bereitgestellt werden. Direkt aufeinander folgende Zeitpunkte können dabei gemäß einer Abtastrate zeitlich voneinander beabstandet sein (z.B. um 100ms, 50ms, 20ms oder weniger).
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Die erste Zustandskomponente und/oder die Stellgröße können somit jeweils eine Beschränkung aufweisen, die sich mit der Zeit verändern kann. Beispielsweise kann die Abweichung der Querablage des Fahrzeugs von der geplanten Querablage abhängig von der aktuellen Umgebungssituation des Fahrzeugs variieren. Die zeitlich variable Beschränkung der ersten Zustandskomponente kann somit auf Basis von Sensordaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren (z.B. einer Kamera, einem Radarsensor, einem Ultraschallsensor, einem LIDAR-Sensor, etc.) des Fahrzeugs ermittelt werden. Dabei können die Sensordaten ein Umfeld des Fahrzeugs beschreiben.
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Das Verfahren umfasst ferner das Approximieren der zeitlich variablen Beschränkung der ersten Zustandskomponente (oder ggf. der Stellgröße) durch ein (rekursives) Beschränkungsmodell mit ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten. Dabei kann das Beschränkungsmodell eingerichtet sein, die ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 auf Basis der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k zu ermitteln. Des Weiteren kann zumindest eine zweite Zustandskomponente die approximierte Beschränkung der ersten Zustandskomponente anzeigen. Das Beschränkungsmodell ist dabei bevorzugt linear und zeitinvariant. Insbesondere kann das Beschränkungsmodell bevorzugt durch eine zeitinvariante Beschränkungsmatrix beschrieben werden. Es kann somit ermöglicht werden, durch Definieren von ein oder mehreren zusätzlichen (zweiten) Zustandskomponenten eine zeitlich variable Beschränkung in linearer und zeitinvarianter Weise zu approximieren. Dabei kann ausgehend von einem Anfangszustand die zeitlich variable Beschränkung rekursiv mittels des Beschränkungsmodells (insbesondere mittels einer Beschränkungsmatrix) beschrieben werden. So können Beschränkungen einer Zustandsgröße und/oder einer Stellgröße in ressourceneffizienter Weise im Rahmen einer Trajektorienfolgeregelung berücksichtigt werden.
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Mit anderen Worten, es können Werte von ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten eines Beschränkungsmodells an dem Zeitpunkt k derart ermittelt werden, dass die ermittelten, zeitlich variablen Beschränkungen der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße durch Werte von zumindest einer zweiten Zustandskomponente an den N Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt k approximiert werden. Zu diesem Zweck kann ein lineares und zeitinvariantes Beschränkungsmodell verwendet werden. Das Beschränkungsmodell kann dabei eine zeitinvariante Beschränkungsmatrix aufweisen.
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Insbesondere kann ein Systemmodell des Fahrzeugs durch ein Beschränkungsmodell einer zeitlich variablen Beschränkung ergänzt werden. Es kann somit ein (rekursives) Gesamtmodell bereitgestellt werden, das sowohl das Systemmodell des Fahrzeugs als auch ein Beschränkungsmodell der Beschränkung der ersten Zustandskomponente (und/oder der Stellgröße) umfasst. So kann eine besonders ressourceneffiziente automatisierte Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs (unter Berücksichtigung von Umfeldbedingungen und/oder technischen Beschränkungen) ermöglicht werden.
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Die durch das Beschränkungsmodell bewirkte approximierte Beschränkung der ersten Zustandskomponente (und/oder der Stellgröße) stellt bevorzugt an jedem der N Zeitpunkte eine gleiche oder stärkere Beschränkung dar, als die zeitlich variable Beschränkung der ersten Zustandskomponente (und/oder der Stellgröße). Mit anderen Worten, die approximierte Beschränkung ist bevorzugt an keinem Zeitpunkt großzügiger als die ursprüngliche zeitlich variable Beschränkung. So kann eine zuverlässige automatisierte Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs ermöglicht werden.
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In einem bevorzugten Beispiel ist die durch das Beschränkungsmodell bewirkte approximierte Beschränkung eine lineare Approximation der zeitlich variablen Beschränkung. Die Verwendung einer linearen Approximation ermöglicht eine besonders ressourceneffiziente automatisierte Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs.
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Das Verfahren umfasst ferner das Ermitteln eines Wertes der Stellgröße an dem Zeitpunkt k, auf Basis des Wertes der ersten Zustandskomponente und des Wertes der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer vordefinierten Funktion. Dabei ist die vordefinierte eingerichtet, unterschiedlichen Wertekombinationen der ersten Zustandskomponente und der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten jeweils einen (ggf. unterschiedlichen) Wert der Stellgröße zuzuweisen. Die vordefinierte Funktion kann z.B. in Form einer Look-Up Tabelle bereitgestellt werden. Alternativ oder ergänzend kann die vordefinierte Funktion als stückweise affine Funktion bereitgestellt werden.
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Die vordefinierte Funktion kann z.B. für eine Wertekombination der ersten Zustandskomponente und der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten, Koeffizienten bzw. Gewichte anzeigen, mit denen die erste Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k und die ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k zu multiplizieren sind, um über die gewichtete Summe den Wert der Stellgröße an dem Zeitpunkt k zu ermitteln.
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Die vordefinierte Funktion kann dabei eine explizite modellprädiktive Regelung ermöglichen (mit einem Planungshorizont der zeitlichen Länge N). Des Weiteren kann die vordefinierte Funktion von dem (rekursiven) Systemmodell und/oder von dem (rekursiven) Beschränkungsmodell abhängig sein. Ferner kann die vordefinierte Funktion von einem Kostenfunktional abhängig sein, das einen Term bezüglich der ersten Zustandskomponente an den N Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt k umfasst.
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Die vordefinierte Funktion kann im Vorfeld mittels eines Optimierungsverfahrens ermittelt worden sein. Dabei kann ein Kostenfunktional verwendet worden sein, das z.B. darauf ausgelegt ist, die Sequenz von Werten der Stellgröße an den N Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt k zu ermitteln, durch die das Kostenfunktional optimiert wird. Das Kostenfunktional kann dabei z.B. darauf ausgelegt sein, die (quadratische oder absolute) Summe der Werte der ersten Zustandskomponente an den N Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt k zu reduzieren, insbesondere zu minimieren. Dabei kann im Rahmen des Optimierungsverfahrens die approximierte Beschränkung der ersten Zustandskomponente (und/oder der Stellgröße) als Nebenbedingung berücksichtigt werden. Die Verwendung eines Beschränkungsmodells zur Beschreibung der approximierten Beschränkung ermöglicht dabei die Verwendung der multiparametrischen Programmierung zur Ermittlung der vordefinierten Funktion, und somit zur Ermittlung eines optimalen Wertes der Stellgröße.
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Die vordefinierte Funktion kann somit derart im Vorfeld zu der Ausführung des Verfahrens ermittelt worden sein, dass der für die Wertekombination aus der ersten Zustandskomponente und der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k angezeigte Wert der Stellgröße für den Zeitpunkt k ein bestimmtes Kostenfunktional unter Berücksichtigung der zeitlich variablen Beschränkung der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße optimiert, insbesondere minimiert. Dabei kann das Kostenfunktional ein Kostenfunktional im Sinne der modellprädiktiven Regelung sein.
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Außerdem umfasst das Verfahren das Betreiben des Fahrzeugführungssystems zur automatisierten Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße. Insbesondere kann der ermittelte Wert der Stellgröße, der als Regelungsanteil der Stellgröße betrachtet werden kann, mit einem Vorsteueranteil der Stellgröße kombiniert werden, um einen Gesamtwert der Stellgröße zu ermitteln. Der Gesamtwert der Stellgröße kann dann als Eingangsgröße des Fahrzeugführungssystems des Fahrzeugs verwendet werden.
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Das beschriebene Verfahren ermöglicht es somit, zeitlich variable Beschränkungen einer Zustandskomponente eines Zustandsvektors des Fahrzeugs im Rahmen der Traj ektorienfolgeregelung zu berücksichtigen. So kann in effizienter Weise eine zuverlässige, ausführbare und kollisionsfreie automatisierte Längs- und/oder Querführung ermöglicht werden.
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Das Verfahren wird typischerweise an einer Sequenz von Zeitpunkten k wiederholt, um die Stellgröße an der Sequenz von Zeitpunkten k zu ermitteln, und um das Fahrzeugführungssystem an der Sequenz von Zeitpunkten k zu betreiben. So kann eine zeitlich andauernde Trajektorienfolgeregelung bewirkt werden.
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Die Zustandsgröße und/oder die Stellgröße können Werte relativ zu einer Referenzkurve bzw. zu einem Referenzverlauf anzeigen. Dabei kann die Referenzkurve insbesondere entlang einer von dem Fahrzeug befahrenden Fahrbahn verlaufen (z.B. entlang der Mitte einer Fahrspur). Das Verfahren kann insbesondere in einem entkrümmten Koordinatensystem bzw. in einem Frenet-Koordinatensystem durchgeführt werden (insbesondere für die automatisierte Querführung des Fahrzeugs). So können die Ressourceneffizienz und die Genauigkeit des Verfahrens weiter erhöht werden.
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Das Verfahren kann umfassen, das Ermitteln von zeitlich variablen Beschränkungen der Stellgröße für N Zeitpunkte ab dem Zeitpunkt k, mit N > 1. Dabei kann die zeitlich variable Beschränkung der Stellgröße auf Basis der aktuellen (Längs-)Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs (an dem Zeitpunkt k) ermittelt werden. Alternativ oder ergänzend kann die zeitlich variable Beschränkung der Stellgröße auf Basis einer technischen Beschränkung der Lenkvorrichtung, der Antriebsvorrichtung und/oder der Bremsvorrichtung des Fahrzeugs ermittelt werden.
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Außerdem kann das Verfahren umfassen, das Approximieren der zeitlich variablen Beschränkung der Stellgröße durch ein weiteres (rekursives) Beschränkungsmodell mit ein oder mehreren dritten Zustandskomponenten. Dabei kann das weitere Beschränkungsmodell eingerichtet sein, die ein oder mehreren dritten Zustandskomponenten an dem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 auf Basis der ein oder mehreren dritten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k zu ermitteln, wobei zumindest eine dritte Zustandskomponente die approximierte Beschränkung der Stellgröße anzeigt. Es kann somit (alternativ oder ergänzend) eine (approximierte) zeitlich variable Beschränkung der Stellgröße mit in das Gesamtmodell aufgenommen werden. So kann in effizienter Weise gewährleistet werden, dass eine durch die Trajektorienfolgeregelung gestellte Stellgröße auch tatsächlich durch das Fahrzeug umgesetzt werden kann. Es wird somit eine zuverlässige Trajektorienfolgeregelung ermöglicht.
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Die Stellgröße an dem Zeitpunkt k kann auch auf Basis der ein oder mehreren dritten Zustandskomponenten ermittelt werden, wobei die vordefinierte Funktion zu diesem Zweck eingerichtet sein kann, unterschiedlichen Wertekombinationen der ersten Zustandskomponente, der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten und der ein oder mehreren dritten Zustandskomponenten jeweils einen unterschiedlichen Wert der Stellgröße zuzuweisen.
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Für die automatisierte Querführung des Fahrzeugs kann die Zustandsgröße den Quotienten aus der Querabweichung des Fahrzeugs relativ zu der Referenzkurve bzw. zu einem Referenzverlauf und der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs umfassen. Alternativ oder ergänzend kann die Stellgröße für die automatisierte Querführung des Fahrzeugs das Produkt aus der Krümmung der von dem Fahrzeug zu fahrenden Trajektorie und der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs umfassen. So kann in effizienter und präziser Weise ein lineares zeitinvariantes Systemmodell bereitgestellt werden. Dies ermöglicht wiederum eine ressourceneffiziente und zuverlässige Trajektorienfolgeregelung eines Fahrzeugs.
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Das Verfahren kann umfassen, das Ermitteln einer Abweichung eines Ist-Wertes einer weiteren Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von der Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der weiteren Zustandsgröße als weitere Zustandskomponente. Die weitere Zustandsgröße kann dabei einen Fahrtrichtungswinkel des Fahrzeugs umfassen (z.B. relativ zu der Referenzkurve). Das Systemmodell kann eingerichtet sein, auf Basis der weiteren Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k die erste Zustandskomponente an einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 zu prädizieren. Durch die Berücksichtigung von mehreren Zustandsgrößen kann die Güte der Trajektorienfolgeregelung weiter erhöht werden.
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Für die automatisierte Längsführung des Fahrzeugs kann die Zustandsgröße eine Position des Fahrzeugs entlang der Längsrichtung des Fahrzeugs umfassen. Des Weiteren kann die Stellgröße für die automatisierte Längsführung eine Beschleunigung des Fahrzeugs in Längsrichtung umfassen.
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Es sei darauf hingewiesen, dass die Nummerierung der unterschiedlichen Zustandsgrößen bzw. Zustandskomponenten (d.h. der „ersten“, der „zweiten“ und der „dritten“ Zustandskomponenten) nur zur Identifikation von unterschiedlichen Zustandsgrößen bzw. Zustandskomponenten dient und insbesondere keine Reihenfolge anzeigen soll. Die unterschiedlichen Zustandskomponenten können z.B. in beliebiger Reihenfolge bzw. Anordnung in einem Zustandsvektor zusammengefasst werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird eine Steuereinheit zur automatisierten Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs auf Basis eines (rekursiven) Systemmodells des Fahrzeugs beschrieben. Die Steuereinheit kann eingerichtet sein (an einem Zeitpunkt k), eine Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von einer Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße als Wert einer ersten Zustandskomponente zu ermitteln. Dabei kann das Systemmodell eingerichtet sein bzw. die Eigenschaft aufweisen, auf Basis der ersten Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer Stellgröße an dem Zeitpunkt k die erste Zustandskomponente an einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 zu prädizieren. Mit anderen Worten, die Zustandsgröße des Fahrzeugs kann über das Systemmodell von einer Stellgröße abhängig sein.
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Die Steuereinheit ist ferner eingerichtet, eine zeitlich variable Beschränkung bzw. zeitlich variable Beschränkungen der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße für N Zeitpunkte ab dem Zeitpunkt k, mit N > 1, zu ermitteln.
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Außerdem ist die Steuereinheit eingerichtet, die zeitlich variable Beschränkung der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße durch ein (rekursives) Beschränkungsmodell mit ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten zu approximieren. Dabei kann das Beschränkungsmodell eingerichtet sein, die ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 auf Basis der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k zu ermitteln. Zumindest eine zweite Zustandskomponente zeigt dabei die approximierte Beschränkung der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße an. Mit anderen Worten, die Steuereinheit kann eingerichtet sein, Werte von ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten eines Beschränkungsmodells an dem Zeitpunkt k derart zu ermitteln, dass die zeitlich variablen Beschränkungen der ersten Zustandskomponente und/oder der Stellgröße durch Werte von zumindest einer zweiten Zustandskomponente an den N Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt k approximiert werden.
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Des Weiteren ist die Steuereinheit eingerichtet, auf Basis des Wertes der ersten Zustandskomponente und des Wertes der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer vordefinierten Funktion, die eingerichtet ist, unterschiedlichen Wertekombinationen der ersten Zustandskomponente und der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten jeweils einen (ggf. unterschiedlichen) Wert der Stellgröße zuzuweisen, einen Wert der Stellgröße an dem Zeitpunkt k zu ermitteln. Ein Fahrzeugführungssystem des Fahrzeugs kann dann in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße betrieben werden, um eine automatisierte Längs- und/oder Querführung entlang der geplanten Zieltrajektorie zu bewirken.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur automatisierten Querführung eines Fahrzeugs auf Basis eines (rekursiven) Systemmodells des Fahrzeugs beschrieben. Die in diesem Dokument beschriebenen Aspekt sind auch für dieses Verfahren anwendbar.
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Das Verfahren umfasst (an einem Zeitpunkt k), das Ermitteln einer Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von einer Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße als erste Zustandskomponente. Mit anderen Worten, es kann ein Wert einer ersten Zustandskomponente als die Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von einer Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße ermittelt werden. Das Systemmodell kann dabei eingerichtet sein bzw. die Eigenschaft aufweisen, auf Basis der ersten Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer Stellgröße an dem Zeitpunkt k die erste Zustandskomponente an einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 zu prädizieren. Mit anderen Worten, die Zustandsgröße des Fahrzeugs kann über das Systemmodell von einer Stellgröße abhängig sein.
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Die Zustandsgröße kann eine mit der (Längs-) Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs modulierte Basis-Zustandsgröße (z.B. die Querabweichung des Fahrzeugs) umfassen. Alternativ oder ergänzend kann die Stellgröße eine mit der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs modulierte Basis-Stellgröße (z.B. die Krümmung einer von dem Fahrzeug zu fahrenden Trajektorie) umfassen. Das Modulieren kann dabei durch Multiplikation und/oder durch Division erfolgen.
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Insbesondere kann die Zustandsgröße den Quotienten aus der (relativen) Querabweichung des Fahrzeugs relativ zu einer Referenzkurve bzw. zu einem Referenzverlauf und der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs (in Längsrichtung) umfassen bzw. entsprechen. Des Weiteren kann die Stellgröße das Produkt aus der (relativen) Krümmung einer von dem Fahrzeug zu fahrenden Trajektorie und der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs (in Längsrichtung) umfassen bzw. entsprechen.
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Durch die Wahl einer mit der Fahrgeschwindigkeit modulierten Zustandsgröße und/oder Stellgröße wird die Formulierung eines zeitinvarianten und linearen Systemmodells ermöglicht, was wiederum eine ressourceneffiziente automatisierte Querführung eines Fahrzeugs ermöglicht.
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Das Verfahren umfasst ferner das Ermitteln eines Wertes der Stellgröße an dem Zeitpunkt k, auf Basis des Wertes der ersten Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer vordefinierten Funktion, die eingerichtet ist, unterschiedlichen Werten der ersten Zustandskomponente jeweils einen (ggf. unterschiedlichen) Wert der Stellgröße zuzuweisen. Das Fahrzeugführungssystem des Fahrzeugs kann dann zur automatisierten Querführung des Fahrzeugs in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße betrieben werden, um das Fahrzeug entlang der Zieltrajektorie zu führen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird eine Steuereinheit zur automatisierten Querführung eines Fahrzeugs auf Basis eines (rekursiven) Systemmodells des Fahrzeugs beschrieben. Die Steuereinheit kann eingerichtet sein (an einem Zeitpunkt k), eine Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs von einem von einer Zieltrajektorie abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße als Werte einer ersten Zustandskomponente zu ermitteln. Dabei kann das Systemmodell eingerichtet sein, auf Basis der ersten Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer Stellgröße an dem Zeitpunkt k die erste Zustandskomponente an einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 zu prädizieren. Mit anderen Worten, die Zustandsgröße des Fahrzeugs kann über das Systemmodell von einer Stellgröße abhängig sein.
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Die Zustandsgröße kann eine mit der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs modulierte Basis-Zustandsgröße umfassen und/oder die Stellgröße kann eine mit der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs modulierte Basis-Stellgröße umfassen. Die Zustandsgröße umfasst bevorzugt den Quotienten aus einer Querabweichung des Fahrzeugs relativ zu einer Referenzkurve bzw. zu einem Referenzverlauf und einer Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs. Des Weiteren umfasst die Stellgröße bevorzugt das Produkt aus einer Krümmung einer von dem Fahrzeug zu fahrenden Trajektorie und der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs.
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Des Weiteren kann die Steuereinheit eingerichtet sein, auf Basis der ersten Zustandskomponente an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer vordefinierten Funktion, die eingerichtet ist, unterschiedlichen Werten der ersten Zustandskomponente jeweils einen (ggf. unterschiedlichen) Wert der Stellgröße zuzuweisen, einen Werte der Stellgröße an dem Zeitpunkt k zu ermitteln. Außerdem kann die Steuereinheit eingerichtet sein, ein Fahrzeugführungssystem des Fahrzeugs zur automatisierten Querführung des Fahrzeugs in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße zu betreiben.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Kraftfahrzeug (insbesondere ein Personenkraftwagen oder ein Lastkraftwagen oder ein Bus oder ein Motorrad) beschrieben, das die in diesem Dokument beschriebene Steuereinheit umfasst.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einem Steuergerät eines Fahrzeugs) ausgeführt zu werden, und um dadurch eines der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch eines der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Des Weiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
- 1 eine beispielhafte geplante Trajektorie für einen Spurwechsel;
- 2a ein beispielhaftes Blockdiagramm einer Trajektorienfolgeregelung;
- 2b einen beispielhaften Signalflussplan der Regelstrecke;
- 3 eine beispielhafte vordefinierte Funktion zur Ermittlung des Wertes einer Stellgröße;
- 4a einen beispielhaften Regelkreis;
- 4b einen beispielhaften Regelkreis mit modifizierten Zustands- und Stellgrößen;
- 5 eine beispielhafte lineare Approximation einer zeitlich variablen Beschränkung;
- 6 ein Blockdiagramm einer beispielhaften Trajektorienfolgeregelung unter Verwendung von zusätzlichen Zustandskomponenten für zeitlich variable Beschränkungen;
- 7a ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur automatisierten Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs; und
- 7b ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur automatisierten Querführung eines Fahrzeugs.
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der Bereitstellung einer zuverlässigen Trajektorienfolgeregelung, durch die Stell- bzw. Sollgrößen zur Steuerung eines Fahrzeugs vorgegeben werden, die durch das Fahrzeug tatsächlich umgesetzt werden können, und durch die Kollisionen mit Umgebungsobjekten zuverlässig vermieden werden können. Im Folgenden wird eine Trajektorienfolgeregelung für die Querführung eines Fahrzeugs beschrieben. Die dabei beschriebenen Aspekte sind in entsprechender Weise für die Längsführung anwendbar.
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1 zeigt ein Fahrzeug 100 (dargestellt durch ein Rechteck), das auf einer (entkrümmten) Fahrbahn 101 fährt. Zur Führung des Fahrzeugs 100 kann eine Referenz-bzw. Zieltrajektorie 103 (relativ zu einer bestimmten Referenzkurve 102, etwa der Mitte der benachbarten Fahrspur) vorgegeben werden. Die Referenz- bzw. Zieltrajektorie 103 kann derart in Abhängigkeit von Sensordaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren 111 des Fahrzeugs 100 ermittelt werden, dass durch eine Fahrt des Fahrzeug 100 entlang der Referenz- bzw. Zieltrajektorie 103 Kollisionen mit ein oder mehreren detektierten Umfeldobjekten (z.B. anderen Verkehrsteilnehmern, Fahrbahnrändern, etc.) vermieden werden. Die Zieltrajektorie 103 kann im Rahmen einer Trajektorienplanung ermittelt werden.
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Aus
1 ist ersichtlich, dass durch die Referenz- bzw. Zieltrajektorie
103 eine bestimmte geplante Krümmung κ* vorgegeben wird, während die von dem Fahrzeug
100 tatsächlich gefahrene Trajektorie eine bestimmte gefahrene Ist-Krümmung κ
ist aufweist. Ferner kann im Rahmen der Trajektorienplanung ein geplanter relativer Fahrrichtungswinkel
und/oder eine geplante relative Querabweichung
relativ zu der Referenzkurve
102 ermittelt werden. Das Fahrzeug
100 kann abweichend dazu einen tatsächlichen bzw. aktuellen Fahrrichtungswinkel θ
r und/oder eine tatsächliche bzw. aktuelle relative Querabweichung d
r aufweisen. Aufgabe der Trajektorienfolgeregelung ist es, die Abweichung zwischen der geplanten Zieltrajektorie
103 und der tatsächlich gefahrenen Trajektorie zu reduzieren, insbesondere zu minimieren. Zu diesem Zweck können im Rahmen der Trajektorienfolgeregelung der Regelfehler Δθ =
des relativen Fahrtrichtungswinkels und/oder der Regelfehler
der relativen Querabweichung reduziert, insbesondere minimiert, werden.
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Das Fahrzeug 100 umfasst typischerweise zumindest eine Steuereinheit 110, die eingerichtet ist, auf Basis der Sensordaten der ein oder mehreren Umfeldsensoren 111 eine Zieltrajektorie 103 zu ermitteln. Des Weiteren können auf Basis der Sensordaten der ein oder mehreren Umfeldsensoren 111 und/oder auf Basis der Sensordaten von ein oder mehreren Fahrzeugsensoren (z.B. einem Geschwindigkeitssensor, einem Gierratensensor, einem Inertialsensor, etc.) die Ist-Werte der ein oder mehreren Zustandsgrößen (z.B. der tatsächliche bzw. aktuelle Fahrrichtungswinkel θr und/oder die tatsächliche bzw. aktuelle relative Querabweichung dr ) ermittelt werden. Außerdem kann auf Basis des Regelfehlers im Rahmen der Trajektorienfolgeregelung ein Wert einer Stellgröße (z.B. der Krümmung κsoll der von dem Fahrzeug 100 zu fahrenden Trajektorie) ermittelt werden. Eine Steuervorrichtung 112 (z.B. eine Antriebsvorrichtung, eine Bremsvorrichtung und/oder eine Lenkvorrichtung) des Fahrzeugs 100 kann dann in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße angesteuert werden, um eine automatisierte Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 100 zu ermöglichen.
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2a zeigt ein Blockdiagramm eines beispielhaften Trajektorienfolgereglers
200. In der Planungseinheit
202 können unter Berücksichtigung der aktuellen Referenz
201,
102 eine geplante Zieltrajektorie
103, insbesondere eine geplante Krümmung κ*, ein geplanter Fahrtrichtungswinkel
und/oder eine geplante Querabweichung
ermittelt werden. In einer Vorsteuereinheit
203 kann eine Kompensation des zu regelnden Fahrzeugführungssystems
206 erfolgen. Zu diesem Zweck ist eine Inversion der Übertragungsstrecke G
csm(s) des zu regelnden Fahrzeugführungssystems
206 erforderlich. Das Fahrzeugführungssystem
206 kann typischerweise durch ein PDT4-Übertragungsglied und mit ausreichender Genauigkeit durch ein Modell 3
ter Ordnung modelliert und/oder approximiert werden. Um die Inversion eines solchen Modells zu ermöglichen, kann durch Verwendung eines Doppelintegrators die Nennerordnung des Modells erhöht, und das Modell dadurch invertierbar gemacht werden. Als Eingangsgröße der Vorsteuerreinheit
203 kann dann die zweite Ableitung der geplanten Krümmung κ*, d.h. der geplante Querruck κ̈*, betrachtet werden. Die Vorsteuereinheit
203 kann dann als Übertragungsfunktion eine Kombination aus einem Doppelintegrator und dem invertierten Modell (3
ter Ordnung) von G
csm(s) aufweisen. Durch die Vorsteuereinheit
203 wird ein Vorsteueranteil κ
ν, der zu fahrenden (Soll-) Krümmung κ
soll (d.h. der Stellgröße) bereitgestellt. Die Soll-Krümmung κ
soll ergibt sich dabei aus dem Vorsteueranteil κ
ν, und dem Regelungsanteil κ
r.
-
Die Soll-Krümmung κsoll wird durch das Fahrzeugführungssystem 206 (das z.B. eine elektrische Servolenkung als Steuervorrichtung 112 umfasst) umgesetzt. Wie bereits oben dargelegt, kann das Fahrzeugführungssystem 206 durch ein CVM-Modell Gcsm(s) beschrieben werden. Dabei können (typischerweise unbekannte) Störungen zκ, auf die Krümmung einwirken (wie z.B. ein Seitenwind). Es ergibt sich als Ausgang des Fahrzeugführungssystems 206 die von dem Fahrzeug 100 tatsächlich gefahrene Ist-Krümmung κist. Mittels eines kinematischen Modells 207 zur Beschreibung der Fahrzeugquerbewegung Gkin(s) können aus der Ist-Krümmung κist der Ist-Fahrrichtungswinkel θr und/oder die Ist-Querabweichung dr ermittelt werden. Dabei können der Fahrrichtungswinkel θ und/oder die Querabweichung d jeweils als Zustandsgröße des Systemmodells des Fahrzeugs 100 betrachtet werden.
-
Das kinematische Modell
207 ist beispielhaft in
2b dargestellt. Dabei sind κ
ref die Krümmung der Referenzkurve
102, θ
ref der Fahrrichtungswinkel der Referenzkurve
102, ν die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs
100,
ein (einfacher) Integrator und sin die Sinus-Funktion. Das CVM-Modell G
csm(s) kann dabei in einen Anteil G
eps(s) für die elektrische Servolenkung und einen Anteil G
fzg(s) für die Querdynamik des Fahrzeugs
100 aufgeteilt werden.
-
Auf Basis der Regelfehler Δθ und Δd kann mittels eines Reglers 204, 205 der Regelungsanteil κr der Soll-Krümmung (d.h. der Stellgröße) ermittelt werden. Dabei kann in der Regelungseinheit 204 eine explizite modellprädiktive Regelung (EMPC) erfolgen. Die zur Durchführung einer derartigen Zustandsregelung erforderlichen Zustände bzw. Zustandskomponenten xΔcvm des zu regelnden Systems 206 können über eine Parallelmodelleinheit 205 aus dem Regelungsanteil κr ermittelt werden. Dabei entsprechen die Zustände bzw. Zustandskomponenten xΔcvm dem durch den Regelungsanteil κr der Soll-Krümmung bewirkten Zustandsanteil (was durch das Δ Symbol angezeigt werden soll). Des Weiteren kann in der Regelungseinheit 204 der Vorsteueranteil κν, der Soll-Krümmung berücksichtigt werden.
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Die Übertragungsfunktion G
csm(s) des CVM-Modells (d.h. des Modells des Fahrzeugführungssystems
206) kann durch ein PDT4-Glied, d.h. durch ein Modell 4
ter Ordnung, beschrieben werden. Es kann gezeigt werden, dass auch ein reduziertes Modell 3
ter Ordnung weiterhin eine relativ gute Approximation der Übertragungsfunktion liefert. Diese Übertragungsfunktion für die Ordnung l = 3 kann wie folgt angegeben werden:
-
Dabei können die Werte der unterschiedlichen Parameter des Modells auf Basis von Messungen an einem bestimmten Fahrzeug
100 bzw. Fahrzeug-Typ ermittelt werden. Aus der o.g. Übertragungsfunktion ergibt sich eine Modellbeschreibung im (kontinuierlichen) Zustandsraum:
-
Dabei ist κ
Δist der durch den Regelungsanteil κ
r der Soll-Krümmung bewirkte Anteil der Ist-Krümmung κ
ist. Die Matrix
stellt die Systemmatrix des Systemmodells des Fahrzeugführungssystems
206 dar, der Vektor
stellt den Eingangsvektor des Systemmodells des Fahrzeugführungssystems
206 dar, und der Vektor
stellt den Ausgangsvektor des Systemmodells des Fahrzeugführungssystems
206 dar. Bei der o.g. Darstellung des Systemmodells handelt es sich um eine kontinuierliche Zustandsdarstellung, die durch bekannte Verfahren der Diskretisierung in eine zeitdiskrete (rekursive) Zustandsdarstellung überführt werden kann.
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Anhand des o.g. Systemmodells (insbesondere anhand einer zeitdiskreten Version des Systemmodells) können innerhalb der Parallelmodelleinheit 205 die Zustände xΔcvm des zu regelnden Systems 206 an einer Sequenz von Zeitpunkten ermittelt werden.
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Die Regelungseinheit 204 kann eingerichtet sein, eine modellprädiktive Regelung (englisch, model predictive control, MPC) durchzuführen. Die modellprädiktive Regelung ist ein digitaler Regelungsalgorithmus, bei dem ein zeitlicher Verlauf der Stellgröße (z.B. des Regelungsanteils κr der Soll-Krümmung) durch Lösen eines Optimierungsproblems ermittelt wird. Die Optimierung basiert auf einem Systemmodell, das die Streckendynamik beschreibt, sodass der zeitliche Verlauf der ein oder mehreren Systemzustände bzw. Zustandskomponenten in Abhängigkeit von einem zeitlichen Verlauf der Stellgrößen vorhergesagt werden kann.
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Welche Zustandsverläufe dabei optimal sind, wird im Allgemeinen anhand eines linearen oder quadratischen Gütekriteriums definiert und in einem Kostenfunktional festgehalten. Um die optimale Stellgrößenfolge zu berechnen, wird das formulierte Kostenfunktional für einen endlichen Prädiktionshorizont (von N Zeitschritten) mit numerischen Optimierungsverfahren minimiert. Das System wird dabei ausgehend von einem Anfangszustand in einen gewünschten Endzustand überführt (der sich z.B. aus der Referenz- bzw. Zieltrajektorie 103) ergibt.
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Die Idee der modellprädiktiven Regelung besteht darin, das Optimierungsproblem zyklisch auf einem fortschreitenden Horizont zu lösen. Dabei wird in jedem Zeitschritt k typischerweise ausschließlich das erste Intervall der Stellgrößenfolge als Stellgröße zur Steuerung des Systems verwendet. Die Stellgröße im darauffolgenden Zeitschritt k + 1 wird unter Berücksichtigung der gemessenen Zustandsrückführung (Ausgangszustand) neu berechnet. Die fortlaufende Optimierung zur Laufzeit bietet die Möglichkeit, durch Anpassungen des Prädiktionsmodells auf Parameterschwankungen bzw. auf ein nichtlineares zeitvariantes Verhalten der Regelstrecke zu reagieren.
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Ein weiterer Vorteil der MPC ist die Fähigkeit, physikalische und/oder leistungsorientierte Beschränkungen der Regelstrecke zu berücksichtigen. Zum einen kann eine Begrenzung der Stellgröße in die Regelungsaufgabe einbezogen werden. Zum anderen ist es möglich, durch die Beschränkung von ein oder mehreren Systemzuständen bzw. Zustandskomponenten unerwünschtes Überschwingen zu unterbinden und/oder sicherheitskritische Zustände zu vermeiden.
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Aufgrund der Tatsache, dass bei einer modellprädiktiven Regelung die Stellgröße über eine Optimierung ermittelt wird, fällt zur Laufzeit ein relativ hoher Rechenaufwand an. Um diesen Rechenaufwand zu reduzieren wird in der Regelungseinheit 204 bevorzugt eine explizite modellprädiktive Regelung verwendet.
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Ein beispielhaftes Kostenfunktional für eine modellprädiktive Regelung ist
wobei U ein Vektor der zu ermittelnden Stellgrößenfolge u(k) für k = 0, ... , N - 1, ist, wobei x(k) der Systemzustand zum Zeitpunkt k ist, und wobei x(0) der Anfangszustand ist, und wobei Q und R eine Wichtungsmatrix bzw. ein Wichtungsskalar sind. Der Systemzustand x(k) umfasst typischerweise eine Vielzahl von Zustandskomponenten. Die Systemdynamik des Gesamtmodells und der Anfangszustand können durch eine zeitdiskrete Zustandsdarstellung wie folgt beschrieben werden
und das Kostenfunktional kann in Abhängigkeit von Beschränkungen für die Stellgröße und/oder für die einzelnen Zustandskomponenten optimiert, insbesondere minimiert, werden,
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Bei der modellprädiktiven Regelung kann das o.g. linear-quadratische Optimierungsproblem online gelöst werden, um ausgehend von einem gemessenen Anfangszustand x(0) eine optimale Stellgrößenfolge U und insbesondere einen optimalen zu verwendenden Wert u(0) der Stellgröße zu ermitteln. Durch den relativ hohen Rechenaufwand zur Laufzeit ist der Einsatz insbesondere für die Regelung eines Fahrzeugführungssystems 206, bei dem die Lösung in relativ kurzer Zeit (z.B. in wenigen Millisekunden) ermittelt werden muss, begrenzt.
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Für die Regelung linearer zeitinvarianter Systeme mit (zeitlich) konstanten Beschränkungen lässt sich durch einen expliziten Entwurf der modellprädiktiven Regelung der Rechenaufwand während des Betriebs eines Fahrzeugs 100 deutlich reduzieren, ohne dass auf die positiven Eigenschaften der modellprädiktiven Regelung verzichtet werden muss. Der Hauptgedanke der expliziten modellprädiktiven Regelung besteht darin, das quadratische Programm als multiparametrisches quadratisches Programm zu formulieren, um dieses mit Methoden der multiparametrischen (MP) Optimierung bereits im Vorfeld offline zu lösen. Wird davon ausgegangen, dass die möglichen Anfangszustände x(0) in einem festgelegten Wertebereich liegen, so können diese als freie parametrische Variablen in einem MP-Optimierungsproblem definiert werden. Demzufolge wird durch die Optimierung das Minimum des quadratischen Kostenfunktionals bzw. die optimale Stellgröße u(0) in Abhängigkeit des festgelegten Wertebereichs von Anfangszuständen x(0) vorberechnet.
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Dabei wird mithilfe der sogenannten KKT (Karush-Kuhn-Tucker)-Optimalitätsbedingungen eine stückweise affine Funktion entwickelt, die über polyhedrische Partitionen des zulässigen Zustandsraumes definiert ist. Der zur Laufzeit anfallende Rechenaufwand wird dadurch, ähnlich wie bei einer Lookup-Tabelle, auf einen Mengenzugehörigkeitstest reduziert, sodass die Regelung auf Steuergeräten 110 eines Fahrzeugs 100 in Echtzeit ausgeführt werden kann.
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Die Komplexität der expliziten MPC bzw. der affinen Funktion ist von der verwendeten Systemordnung des Systemmodells und dem Optimierungshorizont N abhängig. Mit jeder System ordnung steigt die Dimensionalität der Polyeder, während die Anzahl der Partitionen in der Regel exponentiell mit der Länge des Optimierungshorizonts N ansteigt.
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Es kann gezeigt werden, dass das o.g. Optimierungsproblem in folgendes multiparametrisches Optimierungsproblem überführt werden kann,
Dabei repräsentiert z die oben genannte stückweise affine Funktion, die im Zuge der Optimierung über polyhedrische Partitionen definiert wird. „uBv.“ steht für „unter der Bedingung von“. Insbesondere gilt
mit
sowie
-
Des Weiteren gilt
und für die Beschränkungen der Stellgröße
sowie für die Beschränkungen der einzelnen Zustandskomponenten
Des Weiteren sind I
N und I
nN Einheitsmatrizen der Größe N bzw. nN, wobei n die Systemordnung des Gesamtmodells (d.h. die Anzahl der Zustandskomponenten) ist.
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Unter der Voraussetzung, dass das betrachtete Gesamtmodell und die Beschränkunken zeitinvariant sind, kann somit das o.g. multiparametrische Optimierungsproblem für unterschiedliche Anfangszustände x(0) gelöst werden, um eine stückweise affine Funktion zu ermitteln, die für unterschiedliche Anfangszustände x(0) jeweils einen Wert der Stellgröße u(0) anzeigt.
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Für ein vereinfachtes Gesamtmodell mit den Zuständen bzw. Zustandskomponenten Querabweichung Δd und Kurswinkelfehler Δθ kann die in 3 dargestellte stückweise affine Funktion 300 ermittelt werden. Wie aus 3 ersichtlich, kann aus dem Anfangszustand x(0) in Bezug auf die Querabweichung Δd und Kurswinkelfehler Δθ („theta“) direkt die Krümmung κ („kappa“) als Funktionswert ermittelt werden.
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Weiter oben wurde bereits eine Beschreibung des CVM-Modells im Zustandsraum angegeben. Zur Prädiktion der relativen Fahrzeugbewegung entlang einer vorgegebenen Trajektorie, kann das CVM-Modell mit den Zuständen bzw. Zustandskomponenten x
Δcvm um die Zustände bzw. Zustandskomponenten der Querabweichung Δd(t) und des Kurswinkelfehlers Δθ(t) erweitert werden. Dabei gilt (wie aus
2b ersichtlich)
Unter Berücksichtigung der Linearisierung der Sinus-Funktion für relativ kleine Werte von Δθ(t) ergibt sich daraus das lineare zeitvariante System
und zusammengefasst für das Gesamtsystem bzw. für das Gesamtmodell (in kontinuierlicher Zustandsdarstellung)
Dieses Gesamtmodell ist aufgrund der Abhängigkeit von der (typischerweise nicht konstanten) Fahrgeschwindigkeit ν(t) zeitvariant. Um ein zeitinvariantes Gesamtsystem bereitzustellen, kann anstelle der Krümmung κ
r(t) die mit der Fahrgeschwindigkeit ν(t) multiplizierte Krümmung κ
r(t), d.h.
betrachtet werden. Die modifizierte Stellgröße κ̃
r(t) des modifizierten Reglers kann als (zeitlicher Verlauf der) Gierrate betrachtet werden. Außerhalb der Regelung kann dann durch Rücksubstitution auf Basis der ermittelten modifizierten Stellgröße κ̃
r(t) und auf Basis der Fahrgeschwindigkeit ν(t) der Regelungsanteil κ
r(t) der Soll-Krümmung κ
soll(t) ermittelt werden.
-
Des Weiteren kann anstelle der Querabweichung Δd(t) der modifizierte Zustand bzw. die modifizierte Zustandskomponente Δd̃(t), mit
betrachtet werden. Es ergibt sich dann das zeitinvariante modifizierte Gesamtmodell (in kontinuierlicher Zustandsdarstellung)
-
Wie bereits oben dargelegt, kann das o.g. Gesamtmodell durch Diskretisierung in ein (rekursives) zeitdiskretes Gesamtmodell überführt werden.
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Die 4a und 4b zeigen den ursprünglichen Regler (mit einem zeitvarianten Gesamtmodell) und den modifizierten Regler (mit einem zeitinvarianten Gesamtmodell).
-
Die von einem Fahrzeug
100 umsetzbare Krümmung hängt typischerweise von einem beschränkten Lenkwinkelbereich des Fahrzeugs
100 und der maximal realisierbaren Querbeschleunigung des Fahrzeugs
100 ab. Die maximal realisierbare Querbeschleunigung hängt wiederum von der Fahrgeschwindigkeit v(k) des Fahrzeugs
100 an einem Zeitpunkt k ab. Für den maximal bzw. minimal zulässigen Regelungsanteil der Soll-Krümmung (d.h. der zu ermittelten Stellgröße) gilt somit:
Dabei sind
Grenzwerte für die zulässige (gesamte) Soll-Krümmung.
-
Auf der Zustandsseite ist typischerweise die zulässige maximale (d.h. linksseitige) Querabweichung bzw. minimale (d.h. rechtsseitige) Querabweichung aufgrund von sich ändernden Situationen im Umfeld des Fahrzeugs
100 zeitlich variabel, d.h.
Für die oben definierten modifizierten Größen ergibt sich
Somit ergibt sich für die zu berücksichtigenden Nebenbedingungen bzw. Beschränkungen
Dabei beschreiben die konstanten Vektoren
(zeitlich konstante) Beschränkungen für die Zustände bzw. Zustandskomponenten x
Δcvm des CVM-Modells.
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Die zeitlich veränderlichen Beschränkungen können durch eine Funktion mit ein oder mehreren Funktionsparametern approximiert werden. Insbesondere können die zeitlich veränderlichen Beschränkungen jeweils durch eine lineare Funktion approximiert werden. Die Approximation kann dabei derart erfolgen, dass die Approximation immer einschränkender und/oder zumindest nicht weniger einschränkend ist als die ursprüngliche zeitlich veränderliche Beschränkung.
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5 zeigt den zeitlichen Verlauf der Beschränkung 503 einer Variable 502 (z.B. einer Stellgröße oder einer Zustandskomponente) als Funktion der Zeit 501. Des Weiteren zeigt 5 die Approximation 504 der Beschränkung 503 durch eine lineare Funktion.
-
Bei Verwendung einer linearen Approximation ergibt sich für die vorliegenden Variablen
502 (d.h. für die modifizierte Zustandskomponente und für die modifizierte Stellgröße)
mit
Für die Steigungen ergibt sich
sowie
Die approximierten, zeitlich veränderlichen Beschränkungen können in Zustandsform beschrieben und dadurch in dem Gesamt-Zustandsmodell berücksichtigt werden,
-
Dabei kann die Matrix Aa als (zeitinvariante) Beschränkungsmatrix bezeichnet werden, durch die ein (rekursives) Beschränkungsmodell zur Beschreibung der ein oder mehreren Beschränkungen bereitgestellt wird. Es wird somit ermöglicht, eine zeitinvariante Beschränkung einer Stellgröße und/oder einer Zustandskomponente mittels eines linearen und zeitinvarianten Beschränkungsmodells zu beschreiben.
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Als Gesamtmodell inklusive der approximierten zeitvarianten Beschränkungen ergibt sich dann (in einer zeitdiskreten Zustandsdarstellung)
Dabei ist
die zeitdiskretisierte Version der Matrix
ist die zeitdiskretisierte Version von B
ges.
-
6 stellt den sich unter Verwendung der expliziten modellprädiktiven Regelung ergebenden Regelkreis
600 dar. Über die CVM-Parallelmodelleinheit
205 werden die Zustände bzw. Zustandskomponenten
604 x
Δcvm(k) des CVM-Modells an einem bestimmten Zeitpunkt k bereitgestellt. Bei Verwendung eines CVM-Modells der Ordnung l = 3 weist der Zustandsvektor x
Δcvm(k) vier Zustandskomponenten
604 auf. Des Weiteren ergibt sich über die Messung der Ist-Querabweichung d
r(k) und über die Messung des Ist-Fahrtrichtungswinkel θ
r(k) unter Berücksichtigung der Fahrgeschwindigkeit v(k) und dem geplanten Fahrtrichtungswinkel
sowie der geplanten Querabweichung
der modifizierte Fahrdynamik-Zustandsvektor
mit zwei Zustandsgrößen bzw. zwei (ersten) Zustandskomponenten
601. Außerdem können die zeitabhängigen Beschränkungen für die (modifizierte) Stellgröße und/oder für die (modifizierte) Querabweichung durch acht zusätzliche (zweite) Zustandskomponenten
603 x
a(k) geschrieben werden. Es ergibt sich somit ein Gesamtzustandsvektor x(k) mit 14 Zustandskomponenten. Die Werte
611,
612,
613,
614 der (zweiten) Zustandskomponenten
603 x
a(k) an einem bestimmten Anfangszeitpunkt können durch Approximation der zeitabhängigen Beschränkungen ermittelt werden.
-
Innerhalb der Regelungseinheit 204 kann der Anfangszustand x(0), d.h. der aktuelle Zustand an einem bestimmten Zeitpunkt k, ermittelt werden. Der Anfangszustand zeigt dabei die Werte (d.h. eine Wertekombination) der unterschiedlichen Zustandskomponenten 601, 603 an dem bestimmten Zeitpunkt k (d.h. an dem Anfangszeitpunkt) an. Auf Basis der im Vorfeld ermittelten stückweise affinen Funktion 300 (z.B. in Form einer Look-Up Tabelle) kann dann ein entsprechender Wert für die modifizierte Stellgröße 602 κ̃r(0) an dem Zeitpunkt k ermittelt werden, die durch die aktuelle Fahrgeschwindigkeit v(0) geteilt werden kann, um den Regelanteil κr(0) der Soll-Krümmung κsoll(0) zu bestimmen.
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Der o.g. Prozess kann iterative für eine Sequenz von Zeitpunkten k wiederholt werden, um eine Trajektorienfolgeregelung bereitzustellen.
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In entsprechender Weise kann eine Trajektorienfolgeregelung für die Längsführung bereitgestellt werden. Als Stellgröße dient dabei die Längs-Beschleunigung ν̇(k), deren Beschränkungen von der aktuellen Fahrgeschwindigkeit v(k) abhängen. Das Zustandsmodell umfasst als Zustandskomponente die Positionsabweichung in Längsrichtung, welche Umgebungs-abhängigen Beschränkungen unterworfen ist. Die zeitabhängigen Beschränkungen können durch die in diesem Dokument beschriebene Approximation und/oder die Berücksichtigung der Funktionsparameter als Zustandskomponenten berücksichtigt werden. Das Modell der Fahrdynamik ist im Falle der Längsführung typischerweise bereits zeitinvariant, so dass eine Verwendung einer modifizierten Zustandskomponente und/oder einer modifizierten Stellgröße typischerweise nicht erforderlich sind.
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7a zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 700 zur automatisierten Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs 100 auf Basis eines (rekursiven) Systemmodells des Fahrzeugs 100. Das Verfahren 700 kann durch eine Steuereinheit 110 des Fahrzeugs 100 ausgeführt werden.
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Das Verfahren
700 umfasst, an einem Zeitpunkt k, das Ermitteln
701 einer Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße (z.B. der relativen Querabweichung d
r) des Fahrzeugs
100 von einem von der Zieltrajektorie
103 abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße als Wert einer ersten Zustandskomponente
601 (insbesondere als Anfangswert der ersten Zustandskomponente
601). Das (zeitdiskrete) Systemmodell kann dabei eingerichtet sein bzw. die Eigenschaft aufweisen, auf Basis des Wertes der ersten Zustandskomponente
601 an dem Zeitpunkt k und auf Basis des Wertes einer Stellgröße
602 (z.B. des Regelungsanteils κ
r der Krümmung) an dem Zeitpunkt k den Wert der ersten Zustandskomponente
601 an einem nachfolgenden Zeitpunkt k+1 zu prädizieren. Das Systemmodell kann z.B. durch die Systemmatrix
und durch die Eingangsmatrix
beschrieben werden.
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Außerdem umfasst das Verfahren 700 das Ermitteln 702 von zeitlich variablen Beschränkungen 503 der ersten Zustandskomponente 601 und/oder der Stellgröße 602 für N Zeitpunkte ab dem Zeitpunkt k, mit N>1 (typischerweise N = 5, 8, 10 oder mehr). Die zeitlich variablen Beschränkungen 503 können auf Basis der Sensordaten der ein oder mehreren Umfeldsensoren 111 des Fahrzeugs 100 ermittelt werden. Alternativ oder ergänzend können die variablen Beschränkungen 503 auf Basis der (prädizierten) Fahrgeschwindigkeit v des Fahrzeugs 100 und/oder auf Basis einer technischen Beschränkung der Lenk- und/oder Antriebs- und/oder Bremsvorrichtung 112 des Fahrzeugs 100 ermittelt werden.
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Das Verfahren 700 umfasst ferner das Approximieren 703 der zeitlich variablen Beschränkungen 503 der ersten Zustandskomponente 601 und/oder der Stellgröße 602 durch ein rekursives (zeitdiskretes) Beschränkungsmodell (z.B. mit der System- bzw. Beschränkungsmatrix Aa) mit ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten 603. Dabei kann das Beschränkungsmodell eingerichtet sein bzw. die Eigenschaft aufweisen, einen Wert der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten 603 an dem nachfolgenden Zeitpunkt k+1 auf Basis der Werte der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten 603 an dem Zeitpunkt k zu ermitteln. Dabei zeigt zumindest eine zweite Zustandskomponente 603 die approximierte Beschränkung 504 der ersten Zustandskomponente 601 und/oder der Stellgröße 602 an. Das Beschränkungsmodell ist bevorzugt linear und zeitinvariant. Es wird somit durch die Verwendung eines linearen und zeitinvarianten (rekursiven) Beschränkungsmodells ermöglicht, eine (ggf. nichtlineare) zeitvariante Beschränkung 503 zu beschreiben.
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Mit anderen Worten, das Verfahren 700 kann umfassen, das Ermitteln 703 von Werten 611, 612, 613, 614 von ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten 603 eines Beschränkungsmodells an dem Zeitpunkt k derart, dass die ermittelten, zeitlich variablen Beschränkungen 503 der ersten Zustandskomponente 601 und/oder der Stellgröße 602 durch Werte von zumindest einer zweiten Zustandskomponente 603 an den N Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt k approximiert werden.
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Des Weiteren umfasst das Verfahren 700 das Ermitteln 704 eines Wertes der Stellgröße 602 an dem Zeitpunkt k, auf Basis des Wertes der ersten Zustandskomponente 601 und der Werte der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten 603 an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer vordefinierten Funktion 300, die eingerichtet ist, unterschiedlichen Wertekombinationen der ersten Zustandskomponente 601 und der ein oder mehreren zweiten Zustandskomponenten 603 jeweils einen (ggf. unterschiedlichen) Wert der Stellgröße 602 zuzuweisen. Das Verfahren 700 umfasst ferner das Betreiben 705 des Fahrzeugführungssystems 206 des Fahrzeugs 100 (insbesondere das Betreiben der Lenk- und/oder Antriebs- und/oder Bremsvorrichtung 112 des Fahrzeugs 100) in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße. So kann in ressourceneffizienter Weise eine robuste und präzise Trajektorienfolgeregelung entlang der geplanten Zieltrajektorie 103 ermöglicht werden.
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7b zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 710 zur automatisierten Querführung eines Fahrzeugs 100 auf Basis eines (zeitdiskreten) Systemmodells des Fahrzeugs 100. Das Verfahren 710 kann durch eine Steuereinheit 110 des Fahrzeugs 100 ausgeführt werden.
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Das Verfahren
710 umfasst (an einem Zeitpunkt k), das Ermitteln
711 einer Abweichung eines Ist-Wertes einer Zustandsgröße des Fahrzeugs
100 von einem von einer Zieltrajektorie
103 abhängigen geplanten Wert der Zustandsgröße als Wert einer ersten Zustandskomponenten
601. Dabei kann das Systemmodell eingerichtet sein bzw. die Eigenschaft aufweisen, auf Basis eines Wertes der ersten Zustandskomponente
601 an dem Zeitpunkt k und auf Basis eines Wertes einer Stellgröße
602 an dem Zeitpunkt k den Wert der ersten Zustandskomponente
601 an einem nachfolgenden Zeitpunkt k + 1 zu prädizieren. Das Systemmodell kann z.B. durch die Systemmatrix
und durch die Eingangsmatrix
beschrieben werden.
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Die Zustandsgröße kann eine mit der (Längs-)Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100 modulierte Basis-Zustandsgröße (z.B. die Querabweichung dr(k) des Fahrzeugs 100) umfassen. Die Stellgröße 602 kann eine mit der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100 modulierte Basis-Stellgröße (z.B. die Krümmung κr(k)) umfassen. Die Modulation kann dabei das Multiplizieren und/oder das Dividieren umfassen.
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Die Zustandsgröße ist bevorzugt der Quotient aus der Querabweichung dr(k) des Fahrzeugs 100 relativ zu einer Referenzkurve 102 und der Fahrgeschwindigkeit v(k) des Fahrzeugs 100 (insbesondere ist die erste Zustandskomponente bevorzugt Δd̃(k)). Des Weiteren ist die Stellgröße 602 bevorzugt das Produkt aus der Krümmung κr(k) einer von dem Fahrzeug zu fahrenden Trajektorie und der Fahrgeschwindigkeit v(k) des Fahrzeugs (insbesondere ist die Stellgröße 602 bevorzugt κ̃r(k)). So kann die Verwendung eines linearen und zeitinvarianten Systemmodells für die Regelung ermöglicht werden. Dies ermöglicht wiederum die Verwendung einer ressourceneffizienten expliziten modellprädiktiven Regelung.
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Das Verfahren 710 kann ferner umfassen, das Ermitteln 712 eines Wertes der Stellgröße 602 an dem Zeitpunkt k auf Basis des Wertes der ersten Zustandskomponente 601 an dem Zeitpunkt k und auf Basis einer vordefinierten Funktion 300, die eingerichtet ist, unterschiedlichen Werten der ersten Zustandskomponente 601 jeweils einen (ggf. unterschiedlichen) Wert der Stellgröße 602 zuzuweisen. Die vordefinierte Funktion 300 kann im Vorfeld durch multiparametrische Programmierung ermittelt worden sein.
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Außerdem umfasst das Verfahren das Betreiben 713 des Fahrzeugführungssystems 206 des Fahrzeugs 100 (insbesondere das Betreiben der Lenk- und/oder Antriebs- und/oder Bremsvorrichtung 112 des Fahrzeugs 100) in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der Stellgröße 602. Zu diesem Zweck kann der Wert der Stellgröße 602 an dem Zeitpunkt k anhand der Fahrgeschwindigkeit v(k) des Fahrzeugs 100 an dem Zeitpunkt k modifiziert werden, um den Regelungsanteil κr(k) der Stellgröße 602 zu ermitteln. Der Regelungsanteil kann dann mit einem Vorsteilanteil kombiniert werden, um den Gesamtwert der Stellgröße 602 zu ermitteln. Das Fahrzeugführungssystem 206 kann dann auf Basis des Gesamtwertes der Stellgröße 602 betrieben werden.
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So kann in ressourceneffizienter Weise eine robuste und präzise Trajektorienfolgeregelung entlang der geplanten Zieltrajektorie 103 ermöglicht werden.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.