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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Sichtteils, d.h. einer eine sichtbare Oberfläche ausbildenden Komponente, beispielsweise einer Sichtblende oder einer Handhabe eines Bedienelements. Sichtteile im KFZ-Bereich, die insbesondere Bedienelemente umgeben, sollen nicht nur ein attraktives, dem Zeitgeschmack entsprechendes Aussehen aufweisen, sondern müssen vielfältige Anforderungen erfüllen. So müssen die Sichtteile die im Kraftfahrzeug regelmäßig vorkommenden Temperaturschwankungen und insbesondere intensive Bestrahlung mit Sonnenlicht ohne Beschädigung überstehen können. Ferner unterliegen sie starker Beanspruchung bei Berührung durch reibenden Hautkontakt und durch die damit einhergehende Einwirkung von Körperschweiß und Körperfett. Dazu kommt, dass in allen Bereichen Kunststoff zunehmend Metall als Material für diese Sichtteile ersetzt hat. Dies hat gute Gründe: Kunststoffe sind leicht und korrosionsbeständig. Hinzu kommt, dass die Teile in formgebenden Verfahren, wie in Spritzgussverfahren, viel günstiger hergestellt werden können.
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Für das Metallisieren von Kunststoffen kamen bisher überwiegend sogenannte galvanische Verfahren zur Anwendung, wie sie aus der
DE 10 2011 075 787 B3 und der
DE 20 2015 001 879 U1 bekannt sind. In einem elektrolytischen Bad werden dabei Metall-Ionen auf die Kunststoffteile abgeschieden. Der nasschemische Prozess verwendet jedoch ökologisch bedenkliche Substanzen wie Chromderivate oder Nickel. Eine andere Möglichkeit der metallischen Beschichtung ist die physikalische Gasphasenabscheidung auch kurz PVD-Beschichtung genannt, die ökologisch unbedenklicher und ressourcenschonender ist. Es hat sich aber gezeigt, dass bei Strukturen, die durch Vertiefungen mit einer mittleren Tiefe von einigen Dekaden Mikrometer ausgebildet werden, die Gefahr einer ungleichmäßigen Verteilung der im PVD-Verfahren aufgebrachten metallischen Schicht besteht. Diese Ungleichmäßigkeit führt einerseits zu einer geringen Abriebfestigkeit der metallischen Schicht aber auch zu einer aus optischen Gründen unerwünschten Erscheinung der ursprünglich aufgebrachten Struktur. Die Probleme werden im Wesentlichen auf den Haftvermittler zurückgeführt. Einerseits ist nämlich ein dünner Auftrag erwünscht, um die aus optischen und haptischen Gründen vorgesehene Struktur nicht übermäßig zu verfüllen. Andererseits sorgt die Oberflächenspannung des bei der Aufbringung flüssigen Haftvermittlers für eine Anhäufung des Haftvermittlers an den durch die Vertiefungen vorgegebenen Kanten, was insgesamt betrachtet zu einer Verrundung der Strukturen mit dem Aufbringen des Haftvermittlers führt. Diese Verrundung wird auch haptisch als nachteilig empfunden.
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Es besteht daher Bedarf nach einem Verfahren zur Herstellung eines Sichtteils im Schichtaufbau mit verbesserter Haltbarkeit des Schichtaufbaus und verbessertem optischem und haptischem Erscheinungsbild, was gleichzeitig ressourcenschonend und ökologisch unbedenklich in der Durchführung ist. Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind jeweils Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Es ist darauf hinzuweisen, dass die in den Patentansprüchen einzeln aufgeführten Merkmale in beliebiger, technologisch sinnvoller Weise miteinander kombiniert werden können und weitere Ausgestaltungen der Erfindung aufzeigen. Die Beschreibung, insbesondere im Zusammenhang mit den Figuren, charakterisiert und spezifiziert die Erfindung zusätzlich.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Sichtteils im Schichtaufbau mit den folgenden Schritten: In einem Erzeugungsschritt wird in einem formgebenden Verfahren aus wenigstens einem Kunststoff ein Träger unter Ausbildung einer strukturierten Oberfläche erzeugt. Die Oberfläche ist zur einem Bediener zugewandten Anordnung bestimmt. In einem zeitlich nachfolgenden Schritt und zeitlich vor einem metallischen PVD-Beschichten wird eine Haftvermittlerschicht, auch Primer genannt, auf die strukturierte Oberfläche aufgebracht. Beispielsweise wird der Haftvermittler im Sprühverfahren aufgebracht. Beispielsweise handelt es sich um einen UV-härtenden Haftvermittler.
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Zeitlich danach erfolgt ein metallisches Beschichten der Haftvermittlerschicht mittels physikalischer Gasphasenabscheidung. Erfindungsgemäß ist die strukturierte Oberfläche vollflächig mit einer mittleren Rauheit im Bereich von 5,0 bis 80,0 µm, bevorzugt 10,0 bis 40,0 µm mikrostrukturiert. Ferner sind in der Oberfläche mehrere längliche Vertiefungen mit die jeweilige mittlere Rauheit übersteigender Tiefe eingebracht. Die Flanken der Vertiefungen sind entsprechend ebenfalls mikrostrukturiert. Erfindungsgemäß wird eine solche Struktur dadurch erreicht, dass das formgebende Werkzeug zur Erzeugung des Trägers in seiner den Träger aufnehmenden Kavität eine Oberfläche ausbildet, die das Negativ dieser Oberfläche ausbildet. Erfindungsgemäß ist die der strukturierten Oberfläche im Wesentlichen deckungsgleiche Negativstruktur so gestaltet, dass der Auswurf des Trägers aus dem Werkzeug nicht behindert ist. Erfindungsgemäß werden die Winkel der Flanken so gewählt, dass deren Betrag bezüglich der Auswurfrichtung größer 3° ist. Beispielsweise wird die Struktur durch ein abrasives Verfahren, wie Lasern, Ätzen, Strichpolieren oder Bürsten oder Kombinationen daraus, in eine Oberfläche der Kavität eingebracht. Beispielsweise wird in einem ersten Schritt die Oberfläche mit einem Laser bearbeitet, um eine Negativstruktur auszubilden, die nach der Formgebung die Vertiefungen ausbildet, und in einem zweiten Schritt vollflächig einer Ätzbearbeitung unterzogen, um so die Mikrostrukturierung mit einer mittleren Rauheit von 5,0 bis 80,0 µm auszubilden.
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Die erfindungsgemäße Vorgehensweise, insbesondere das Einbringen der Mikrostruktur in die Oberfläche und damit in die in der Oberfläche eingebrachten länglichen Vertiefungen sorgt für verbesserte Verteilung des Haftvermittlers und damit eine gleichmäßigere Verteilung der PVD-Schicht bei der physikalischen Gasphasenabscheidung. Es hat sich nämlich gezeigt, dass es ohne die besagte Mikrostruktur zu lokalen Anhäufungen und Ausdünnungen des Haftvermittlers kommt. Beispielsweise ist im Bereich zwischen den Vertiefungen aufgrund der Oberflächenspannung sowie im Bereich des Grunds der Vertiefung mit einer oder mehreren Anhäufungen des Haftvermittlers zu rechnen, während es an den Flanken der Vertiefung jeweils zu Ausdünnungen kommt. Diese Ungleichmäßigkeiten beim Haftvermittler-Auftrag werden durch die Mikrostruktur vermieden, da damit die Benetzungseigenschaften des Haftvermittlers in Bezug auf die Oberfläche des Trägers verbessert sind. Ansonsten kommt es nicht nur zu einem ästhetisch nachteiligen Erscheinungsbild, sondern es wird auch, insbesondere im Bereich der Ausdünnungen, die Haltbarkeit der PVD-Beschichtung gefährdet. Es hat sich gezeigt, dass durch eine die Vertiefungen durchziehende Mikrostrukturierung mit einer mittleren Rauheit im Bereich von 5,0 bis 80 µm, von bevorzugt 10,0 bis 40,0 µm, die zuvor genannten, nachteiligen Effekte eingedämmt bis verhindert werden können, da die Benetzungseigenschaften der Oberfläche des Trägers verbessert werden und letztlich eine höhere Gleichmäßigkeit betreffend den Haftvermittler und letztlich betreffend den Auftrag der PVD-Schicht und damit betreffend die Dicke der PVD-Schicht entlang des Oberflächenverlaufs erreicht wird. Der Mittenrauwert, auch mittlere Rauheit genannt, wird beispielsweise gemäß Norm DIN EN ISO 4287:2010-07. Geometrische Produktspezifikation (GPS): Tastschnittverfahren - Benennungen, Definitionen und Kenngrößen der Oberflächenbeschaffenheit bestimmt.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung wird nach dem metallischen Beschichten im PVD-verfahren eine transparente Deckschicht auf die strukturierte Oberfläche aufgebracht. Dadurch sind die Abriebfestigkeit und die optische Erscheinung der metallischen PVD-Schicht zusätzlich gesteigert bzw. verbessert. Beispielsweise handelt es sich bei der Deckschicht um eine UV-härtende Lackschicht.
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Bevorzugt liegt der Betrag der mittleren Tiefe der Vertiefungen im Bereich von 50,0 bis 300,0 µm, bevorzugt im Bereich von 100,0 bis 300,0 µm. Als Tiefe wird der relative Abstand zwischen Grund der jeweiligen Vertiefung im Material des Trägers bezogen auf den die die Vertiefung umgebenden mittleren Profilverlauf der mikrostrukturierten Oberfläche des Trägers verstanden.
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Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Figuren näher erläutert. Die Figuren sind dabei nur beispielhaft zu verstehen und stellen lediglich eine bevorzugte Ausführungsvariante dar. Es zeigen:
- 1 eine Schnittansicht durch ein nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in einer ersten Ausführungsform hergestelltes Sichtteil;
- 2 eine Schnittansicht durch ein gemäß einer zweiten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestelltes Sichtteil.
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1 zeigt einen Detailschnitt eines erfindungsgemäß hergestellten Sichtteils 10. Dieses weist einen Träger 1 aus einem Thermoplast auf, der in einem Spritzgussverfahren geformt ist. Neben seiner äußeren Form wurde dem Träger im selben formgebenden Schritt eine Oberflächenstruktur aufgeprägt. Dabei wurden mehrere längliche Vertiefungen 2 in eine dem Bediener zugewandten Oberfläche des Trägers 1 platziert und gleichzeitig vollflächig eine Mikrostruktur 3 eingebracht, die die Flanken der Vertiefungen 2 durchzieht. Die Mikrostruktur weist eine mittlere Rauheit im Bereich von 5,0 bis 80,0 µm, bevorzugt von 10,0 µm bis 40,0 µm auf. Die Vertiefungen 2 weisen bezogen auf den mittleren Profilverlauf 4 der die jeweilige Vertiefung 2 umgebenden Oberfläche des Trägers 1 eine Tiefe T auf. Die mittlere Tiefe der mehreren Vertiefungen 2 liegt im Bereich von 50,0 bis 300,0 µm, bevorzugt 100,0 µm bis 250,0 µm auf. Der Verlauf der länglichen Vertiefungen 2 ist so gewählt, dass sich eine optisch attraktive Bürststruktur ergibt. Auf der Oberfläche des Trägers 1 ist im Sprühverfahren ein Haftvermittler aufgebracht, der eine Haftvermittlerschicht 6 ausbildet. Der Haftvermittler ist UVgehärtet. In einem nachfolgenden Schritt wird im PVD-Verfahren unmittelbar auf die Haftvermittlerschicht 6 eine metallische Schicht 5 aufgebracht, deren Schichtdicke 10 µm nicht übersteigt. Es hat sich nämlich gezeigt, dass durch die vollflächige Mikrostrukturierung 3 der Oberfläche des Trägers 1 lokale Anhäufungen und Ausdünnungen der Haftvermittlerschicht 6 vermieden werden, also letztlich die Gleichmäßigkeit der Aufbringung der PVD-Schicht 5 verbessert werden kann. Insbesondere an den Flanken der Vertiefung 2 werden Ausdünnungen vermieden. Diese Ungleichmäßigkeiten beim Haftvermittlerauftrag werden durch die Mikrostruktur 3 vermieden und verhindern so nicht nur eine Beeinträchtigung des ästhetischen Erscheinungsbilds sondern verhindern eine Gefährdung der Haltbarkeit der metallischen PVD-Beschichtung 5 insbesondere im Bereich der Flanken der Vertiefung 2. Es hat sich gezeigt, dass durch eine die Vertiefungen 2 durchziehende Mikrostrukturierung 3 mit einer mittleren Rauheit im Bereich von 5,0 bis 80 µm die zuvor genannten, nachteiligen Effekte eingedämmt bis verhindert werden können, da die Benetzungseigenschaften der Oberfläche während der Beschichtung mit dem Haftvermittler verbessert werden und letztlich eine höhere Gleichmäßigkeit betreffend den Auftrag der PVD-Schicht 5 und damit betreffend deren Dicke entlang des Oberflächenverlaufs erreicht wird.
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Die in 2 gezeigte Ausführungsform des Sichtteils 10 unterscheidet sich von der in 1 gezeigten ersten Ausführungsform im Wesentlichen dadurch, dass auf der metallischen PVD-Schicht 5 eine transparente Deckschicht 7 aufgebracht ist. Auch diese zweite, erfindungsgemäße Ausführungsform 10 weist einen Träger 1 aus einem Thermoplast auf, der in einem Spritzgussverfahren geformt ist. Neben seiner äußeren Form wurde dem Träger im selben formgebenden Schritt eine Oberflächenstruktur aufgeprägt. Dabei wurden mehrere längliche Vertiefungen 2 in eine dem Bediener zugewandten Oberfläche des Trägers 1 platziert und gleichzeitig vollflächig eine Mikrostruktur 3 eingebracht, die die Flanken der Vertiefungen 2 durchzieht. Die Mikrostruktur weist eine mittlere Rauheit im Bereich von 40,0 bis 80,0 µm auf, um die Vertiefungen 2 haptisch besonders ausgeprägt zu gestalten. Die Vertiefungen 2 weisen bezogen auf den mittleren Profilverlauf 4 der die jeweilige Vertiefung 2 umgebenden Oberfläche eine Tiefe T auf. Die mittlere Tiefe der mehreren Vertiefungen 2 liegt im Bereich von 150,0 bis 300,0 µm. Der Verlauf der länglichen Vertiefungen 2 ist so gewählt, dass sich eine optisch attraktive Bürststruktur ergibt. Im PVD-Verfahren ist auf die Oberfläche eine metallische Schicht 5 aufgebracht, deren Schichtdicke 10 µm nicht übersteigt. Es hat sich nämlich gezeigt, dass durch die vollflächige Mikrostrukturierung 3 der Oberfläche des Trägers 1 lokale Anhäufungen und Ausdünnungen in der Haftvermittlerschicht 5 vermieden werden, also die Gleichmäßigkeit der Aufbringung der PVD-Schicht 5 verbessert werden kann. Insbesondere an den Flanken der Vertiefung 2 werden Ausdünnungen vermieden. Diese Ungleichmäßigkeiten beim Haftvermittler-Auftrag werden durch die Mikrostruktur 3 vermieden und verhindern so nicht nur eine Beeinträchtigung des ästhetischen Erscheinungsbilds, sondern vermeiden darüber hinaus eine Gefährdung der Haltbarkeit der nachfolgend aufgebrachten, metallischen PVD-Beschichtung 5 insbesondere im Bereich der Flanken der Vertiefung 2. Es hat sich gezeigt, dass durch eine die Vertiefungen 2 durchziehende Mikrostrukturierung 3 mit einer mittleren Rauheit im Bereich von 5,0 bis 80 µm die zuvor genannten, nachteiligen Effekte eingedämmt bis verhindert werden können, da die Benetzungseigenschaften der Oberfläche verbessert werden und letztlich eine höhere Gleichmäßigkeit betreffend den Auftrag des Haftvermittlers und damit betreffend die Dicke der metallischen PVD-Schicht entlang des Oberflächenverlaufs erreicht wird. Auf die PVD-Schicht ist eine transparente Deckschicht 7 aufgebracht.