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Stand der Technik
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Die Erfindung geht aus von einer elektronisch druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage nach den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 bzw. von einem Verfahren zur Steuerung einer elektronisch druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage nach den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 8.
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Elektronisch druckregelbare Fahrzeugbremsanlagen sind beispielsweise bekannt aus der
DE 10 2009 001 135 A1 .
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Diese bekannte Fahrzeugbremsanlage umfasst eine erste Aktuatorik, nachfolgend als Primäraktuatorik bezeichnet, in Form eines konventionellen ABS/ESP-Bremssystems zur radindividuellen Modulation des Bremsdrucks in Abhängigkeit der an den Rädern vorherrschenden Schlupfverhältnisse. Die Bremsdrücke der einzelnen Radbremsen sind unabhängig voneinander einstell- bzw. regelbar. In Verbindung mit einem konventionellen 4-rädrigen Kraftfahrzeug wird deshalb von einer 4-Kanal-Regelungsaktuatorik gesprochen. Das Bremssystem umfasst u.a. ein Hydraulikaggregat aus einem mit Pumpen und Ventilen bestückten Gehäuseblock sowie ein elektronisches Steuergerät, das die Pumpen und Ventile in Abhängigkeit von Sensorsignalen, welche die Schlupfverhältnisse an den einzelnen Rädern beschreiben, betätigt.
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Diese Primäraktuatorik gestattet es, den Fahrzustand eines Fahrzeugs während eines Bremsvorgangs, beim Anfahren oder während des Fahrbetriebs zu stabilisieren, indem es die schlupfbeaufschlagten Räder gezielt abbremst. Der dazu notwendige Bremsdruck kann dabei gemeinsam mit dem Fahrer oder unabhängig vom Fahrer erzeugt werden. Die Primäraktuatorik arbeitet demnach in einem sogenannten teil- oder in einem vollaktiven Modus.
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Weiterhin weist die bekannte Fahrzeugbremsanlage eine zweite Aktuatorik bzw. Sekundäraktuatorik in Gestalt eines elektromechanischen Bremskraftverstärkers auf. Diese Sekundäraktuatorik ist typischerweise an den Hauptbremszylinder angeschlossen und dient im Normalbetrieb einer Steigerung des Fahrkomforts, indem sie den Fahrer beim Aufbau eines für einen Bremsvorgang notwendigen Bremsdrucks unterstützt. Ein elektromechanischer Bremskraftverstärker umfasst dazu einen elektronisch ansteuerbaren Aktuator, welcher eine Fremdkraft zur Betätigung eines Hauptbremszylinders bereitstellt. Die Betätigung des Hauptbremszylinders kann alleine durch die Fremdkraft der Sekundäraktuatorik oder durch eine Kombination dieser Fremdkraft mit einer vom Fahrer bereitgestellten Muskelkraft erfolgen.
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Erste und zweite Aktuatorik bzw. Primäraktuatorik und Sekundäraktuatorik bilden demnach zwei zueinander redundante Systeme zur Erzeugung und Modulation eines Bremsdrucks in einer Fahrzeugbremsanlage, wobei diese Bremsdruckmodulation jeweils mit oder ohne Beteiligung des Fahrers durchgeführt werden kann. Die beiden Aktuatoriken erfüllen damit eine wesentliche Grundvoraussetzung zur Realisierung und Durchführung eines teil- oder vollautomatisierten Fahrbetriebs. Weil während eines solchen automatisierten Fahrbetriebs der Fahrer lediglich noch eine Kontroll- oder Überwachungsfunktion ausübt, bestehen besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Ausfallsicherheit solcher elektronisch druckregelbarer Fahrzeugbremsanlagen, welche durch ein Vorhalten der erwähnten Redundanz erfüllt werden.
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Die Sekundäraktuatorik ist im Unterschied zur Primäraktuatorik lediglich in der Lage durch Betätigung des Hauptbremszylinders alle daran angeschlossenen Radbremsen der Fahrzeugbremsanlage mit einem einheitlichen Bremsdruck zu versorgen bzw. diesen Bremsdruck einheitlich zu modulieren. Diese Funktionsweise wird in Fachkreisen als 1-kanalige Regelungsaktuatorik bezeichnet. Eine 1-kanalig ausgelegte Sekundäraktuatorik ist dennoch ausreichend, um im Falle einer Fehlfunktion der Primäraktuatorik ein Fahrzeug unter Einhaltung seiner Richtungsstabilität bis zum Stillstand abzubremsen.
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Mindestanforderungen zur Längs- oder Richtungsstabilisierung des Fahrzeugs sind die Einhaltung einer Blockierreihenfolge, das heißt einen Bremsdruckaufbau derart, dass die Radbremsen der Vorderachse zeitlich vor den Radbremsen der Hinterachse blockieren, ferner eine Aufrechthaltung der Lenkbarkeit des Fahrzeugs und folglich eine Gewährleistung einer maximalen Blockierzeit der Fahrzeugräder sowie die Möglichkeit eines aktiven bzw. fahrerunabhängigen Aufbaus eines Bremsdrucks.
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Insbesondere das erwähnte Kriterium der Blockierzeitbegrenzung der Räder führt dazu, dass die maximal erreichbaren Verzögerungswerte des Fahrzeugs von der an der Hinterachse umsetzbaren Bremsleistung abhängen. Diese umsetzbare Hinterachsbremsleistung ist durch die bei einem Bremsvorgang aus Gründen der Massenträgheit stattfindende dynamische Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse verhältnismäßig niedrig. Da eine Achslasterhöhung an der Vorderachse zwangsweise mit einer Achslastreduzierung der Hinterachse einhergeht, neigen deren Räder deshalb deutlich früher bzw. bei niedrigeren Bremsdrücken zum Blockieren, als die demgegenüber stärker belasteten Vorderräder.
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Aufgrund der erläuterten Eigenschaft der Sekundäraktuatorik an allen vorhandenen Radbremsen nur einen einheitlichen Bremsdruck bewirken zu können, in Kombination mit einem niedrigen von den Radbremsen der Hinterachse umsetzbaren Bremsdruck, ohne Blockiergefahr der zugeordneten Räder, ergibt sich im Falle eines Bremsvorgangs, bei dem der Bremsdruck aufgrund einer aufgetretenen Fehlfunktion an der Primäraktuatorik von der Sekundäraktuatorik erzeugt wird, der Nachteil, dass eine umsetzbare Gesamtbremsleistung des Fahrzeugs relativ gering ausfällt bzw. dass sich konsequenter Weise ein relativ langer Bremsweg des Fahrzeugs einstellt. Dies wirkt sich besonders negativ bei Fahrzeugen aus, bei denen die dynamische Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse bei einem Bremsvorgang besonders groß ausfällt.
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Vorteile der Erfindung
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Eine elektronisch druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage nach den Merkmalen des Anspruchs 1 bzw. ein Verfahren zur Steuerung einer elektronisch druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage nach Anspruch 8 vermeidet die oben erläuterten Nachteile.
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Die elektronisch druckregelbare Fahrzeugbremsanlage nach den Merkmalen des Anspruch 1 entkoppelt im Fehlerfall der Primäraktuatorik die Radbremsen der Hinterachse von den Radbremsen der Vorderachse, indem sie den von der Sekundäraktuatorik bewirkten Bremsdruck an den der Hinterachse zugeordneten Radbremsen gegenüber dem in den Radbremsen der Vorderräder vorherrschenden Bremsdruck absenkt. Dies verhindert ein Blockieren der Hinterräder des Fahrzeugs und trägt folglich zu einer Erhöhung der Fahrstabilität des Fahrzeugs bei. Gleichzeitig wird aufgrund der beim Bremsen erfolgenden dynamischen Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse, die höhere übertragbare Bremsleistung der Radbremsen der Vorderachse nunmehr vollumfänglich ausgenutzt, indem die Radbremsen der Vorderachse mit einem dementsprechend höheren und letztlich durch eine dahingehend angepasste elektronische Ansteuerung der Sekundäraktuatorik bewirkten Bremsdruck beaufschlagt werden. Im Ergebnis sind dadurch eine höhere Gesamtbremsleistung und eine Verkürzung des Bremswegs erreichbar.
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Erfindungsgemäß ist die Fahrzeugbremsanlage mit einer Einrichtung ausgestattet, die im Falle einer Fehlfunktion der Primäraktuatorik, bestehende Druckmittelverbindungen zwischen dem Hauptbremszylinder und den Radbremsen der Hinterachse drosselt oder im Extremfall vollständig unterbricht. Die erfindungsgemäße Einrichtung senkt demnach im Fehlerfall der Primäraktuatorik, den Bremsdruck in den Radbremsen der Hinterachse gegenüber dem Bremsdruck in den Radbremsen der Vorderachse ab. Parallel dazu erfolgt eine Anpassung der elektronischen Ansteuerung der Sekundäraktuatorik derart, dass der Bremsdruck an den Radbremsen der Vorderachse im Umfang einer beim Bremsen stattfindenden Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse erhöht wird.
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Weitere Vorteile oder vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und aus der nachfolgenden Beschreibung.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Einrichtung ist besonders einfach und kostengünstig anhand wenigstens eines Ventils darstellbar, das aus einer geschlossenen Grundstellung in eine Durchlassstellung umschaltbar ist. Einer jeden Radbremse der Hinterachse des Fahrzeugs kann ein derartiges Ventil zugeordnet sein.
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Konventionelle schlupfregelbare Fahrzeugbremsanlagen, sogenannte ABS/ESP-Bremsanlagen, weisen den jeweiligen Radbremsen zugeordnete Bremsdruckaufbauventile auf, die jedoch aus Sicherheitsgründen als normal offene Ventile ausgeführt sind, um im Fehlerfall dem Fahrer eine mechanische Rückfallebene zum Aufbau eines Bremsdruck per Muskelkraft bereit zu stellen. Setzt man an den Radbremsen der Hinterachse anstelle normal offener Ventile, normal geschlossene Ventile ein, so können dahingehend modifizierte Ventile die Funktion der beanspruchten Unterbrechungseinrichtung übernehmen, ohne dass zusätzliche Bauteile, ein vermehrter Montageaufwand, ein größerer Bauraumbedarf oder eine Änderung des Schaltplans einer solchen Primäraktuatorik anfällt. Die in Zusammenhang mit diesen Vorteilen stehenden Merkmale eines solchen Ventils sind in den abhängigen Unteransprüchen 2 bis 7 beansprucht.
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Anspruch 8 betrifft ein Verfahren zur Steuerung einer erfindungsgemäßen elektronisch druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage. Erfindungsgemäß wird die Funktionsweise der Primäraktuatorik überwacht, wobei Falle eine festgestellten Fehlfunktion Druckmittelverbindungen des Hauptbremszylinders mit den Radbremsen der Hinterachse mittels wenigstens einer dafür vorgesehenen Einrichtung gedrosselt bzw. unterbrochen werden und eine erfindungsgemäße Anpassung der elektronischen Ansteuerung der Sekundäraktuatorik an die beim Bremsen erfolgende Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse erfolgt.
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Zeichnung
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in nachfolgender Beschreibung detailliert erläutert.
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1 zeigt die Erfindung anhand des Schaltplans einer erfindungsgemäß ausgebildeten elektronisch druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage; deren Komponenten sind in 1 anhand von Schaltsymbolen dargestellt. Die Schaltsymbole zeigen die jeweiligen Komponenten im nicht angesteuerten Zustand bzw. in ihrer jeweiligen Grundstellung.
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2 veranschaulicht das erfindungsgemäße Verfahren zur Steuerung einer druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage anhand eines Ablaufdiagramms.
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Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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Die in der 1 dargestellte druckregelbare Fahrzeugbremsanlage 10 gliedert sich in eine Betätigungseinheit 12, eine stromabwärts davon angeordnete Druckmodulationseinheit oder Primäraktuatorik 14 und beispielhaft insgesamt vier Radbremsen 16.1–6.4, die an diese Primäraktuatorik 14 angeschlossen sind. Die Radbremsen 16.1; 16.2 sind dabei einer Vorderachse VA und die Radbremsen 16.3; 16.4 einer Hinterachse HA eines Fahrzeugs zugeordnet.
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Die Betätigungseinheit 12 umfasst einen Hauptbremszylinder 18 mit zugeordnetem Druckmittelvorratsbehälter 20, ein Betätigungselement 22, beispielhaft ausgeführt als Pedal, über das ein Fahrer seinen Bremswunsch durch Betätigung per Muskelkraft vorgeben kann und einen zwischen Betätigungselement 22 und Hauptbremszylinder 18 geschalteten Bremskraftverstärker 24. Letzterer ist imstande den Hauptbremszylinder 18 eigenständig zu betätigen oder unterstützt den Fahrer, indem er die vom Pedal übertragene Muskelkraft des Fahrers verstärkt. Dazu ist der Bremskraftverstärker 24 in Gestalt eines elektromechanischen Bremskraftverstärkers ausgeführt und umfasst einen elektronisch ansteuerbaren Aktuator, beispielsweise einen Elektromotor mit nachgeschaltetem Getriebe (nicht gezeigt). Dieser elektromechanische Bremskraftverstärker 24 bildet eine Sekundäraktuatorik 26 dieser Fahrzeugbremsanlage 10 aus.
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Eine Sensorik erfasst den Bremswunsch des Fahrers, beispielsweise anhand des Betätigungswegs des Bremspedals und führt dieses Signal einem elektronischen Steuergerät 30 zu. Das Steuergerät 30 ermittelt daraus ein elektronisches Ansteuersignal und steuert mit diesem Ansteuersignal den Aktuator des Bremskraftverstärkers 24 an. Letzterer liefert daraufhin eine Fremdkraft, welche evtl. gemeinsam mit der Muskelkraft des Fahrers einen Kolben des Hauptbremszylinders 18 beaufschlagt. Vom Hauptbremszylinder 18 wird daraufhin ein zur Betätigungskraft proportionaler Bremsdruck erzeugt.
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Davon abgesehen ist die Sekundäraktuatorik 26 bzw. der elektromechanische Bremskraftverstärker 24 in der Lage, die Betätigungskraft des Hauptbremszylinders 18 zu variieren und somit den erzeugten Bremsdruck zu modulieren. Die Sekundäraktuatorik 26 ist jedoch 1-kanalig ausgelegt, was bedeutet, dass alle an diese Sekundäraktuatorik 26 angeschlossenen Radbremsen 16 prinzipiell mit demselben Bremsdruck beaufschlagt werden. Beim Ausführungsbeispiel sind alle vorhanden Radbremsen 16.1–16.4 über die Primäraktuatorik 14 mittelbar an die Sekundäraktuatorik 26 angeschlossen.
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Die Modulationseinheit oder Primäraktuatorik 14 verfügt über zwei voneinander getrennte und an den Hauptbremszylinder 18 angeschlossene Bremskreise 32, 34. Jeder Bremskreis 32; 34 versorgt eine Radbremse 16.3; 16.4 der Hinterachse HA und eine Radbremse 16.1; 16.2 der Vorderachse VA der Fahrzeugs mit Bremsdruck, wobei die Radbremsen 16.1 und 16.3 bzw. 16.2 und 16.4 eines Bremskreises 32; 34 jeweils auf einander gegenüberliegenden Seiten des Fahrzeugs angeordnet sind. Die dargestellte Bremskreisaufteilung entspricht demnach einer sogenannten X- oder Diagonalaufteilung, ist darauf jedoch nicht beschränkt.
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Beide Bremskreise 32; 34 sind weitgehend identisch aufgebaut, so dass es ausreichend ist die nachfolgende Beschreibung lediglich auf den Bremskreis 32 zu stützen.
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Dieser Bremskreis 32 ist über ein Umschaltventil 36 trennbar an den Hauptbremszylinder 18 angeschlossen. Als Umschaltventil 36 ist ein normal offenes 2/2-Wege-Magnetventil eingesetzt, das aus seiner Grundstellung durch elektronische Ansteuerung vom Steuergerät 30 der Fahrzeugbremsanlage in eine Sperrstellung umgeschaltet werden kann. In der Sperrstellung ist die Druckmittelverbindung des Hauptbremszylinders 18 mit den Radbremsen 16.1, 16.3 des Bremskreises 32 unterbrochen. Dem Umschaltventil 36 ist ein Rückschlagventil 38 parallel geschaltet. Dieses öffnet bei positivem Druckgefälle am Umschaltventil 36, also wenn hauptbremszylinderseitig des Umschaltventils 36 ein höherer Bremsdruck vorherrscht als radbremsseitig.
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Stromabwärts des Umschaltventils 36 verzweigt sich der Bremskreis 32 in zwei Bremskreisabschnitte 32a; 32b. Jeder Bremskreisabschnitt 32a; 32b versorgt jeweils eine Radbremse 16.1 oder 16.3 des Bremskreises 32 mit Druckmittel. Zur Modulation des Bremsdrucks in der Radbremse 16.1; 16.3 ist jeweils ein Einlassventil 40.1; 40.2, das einen Zustrom von Druckmittel zur Radbremse 16 steuert, sowie jeweils ein Auslassventil 42, welches einen Abfluss von Druckmittel aus der Radbremse 16 steuert, vorgesehen. Jedem Einlassventil 40.1; 40.2 ist ein Einlassrückschlagventil 44 parallel geschaltet. Dieses Einlassrückschlagventil 44 ist in Richtung von der Radbremse 16 zum Hauptbremszylinder 18 durchlässig und sperrt die Gegenrichtung dazu ab, so dass bei einem negativen Druckgefälle am Einlassventil 40.1; 40.2, also einem radbremsseitig höheren Druck als hauptbremszylinderseitig Druckmittel aus der Radbremse 16, vorbei am Einlassventil 40.1; 40.2 zum Hauptbremszylinder 16 zurückströmen kann. Mit der Rücknahme einer Pedalbetätigung durch den Fahrer ist damit ein schnellerer Bremsdruckabbau möglich als durch bloße Umschaltung des Einlassventils 40.1; 40.2 in seine Durchlassstellung, aufgrund der einer unvermeidbaren Drosselwirkung der Einlassventile 40.1, 40.2 auf den Druckmittelstrom.
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Als Auslassventil 42 ist im Bremskreisabschnitt 32a ein 2/2-Wege-Magnetventil eingesetzt, das in der Grundstellung geschlossen und durch elektronische Ansteuerung in eine Durchlassstellung umschaltbar ist. Aus dem Auslassventil 42 abströmendes Druckmittel gelangt in einen Rücklauf 46 mit darin angeordnetem Druckmittelspeicher 48 zur Pufferung des abströmenden Druckmittels. Dieser Druckmittelspeicher 48 ist mit der Saugseite eines elektromotorisch angetriebenen Druckerzeugers 50 des Bremskreises 32 verbunden, wobei sich zwischen Druckerzeuger 50 und Druckmittelspeicher 48 ein Pumpenrückschlagventil 52 befindet, das verhindert, dass Druckmittel vom Druckerzeuger 50 zurück in den Druckmittelspeicher 48 strömen kann. Eine Druckseite des Druckerzeugers 50 ist zwischen dem Umschaltventil 36 und dem Einlassventil 40.1; 40.2 an den Bremskreis 32 angeschlossen.
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Der Druckerzeuger 50 saugt aus dem Druckmittelspeicher 48 Druckmittel an. Sollte dabei das gespeicherte Druckmittel zum Aufbau eines erforderlichen Bremsdrucks nicht ausreichen, so steht eine zusätzliche Druckmittelverbindung 54 zur Verfügung, welcher die Saugseite des Druckerzeugers 50 mit dem Hauptbremszylinder 18 verbindet. Diese Druckmittelverbindung 54 ist von einem sogenannten Hochdruckschaltventil 56 steuerbar. Dabei handelt es sich um ein 2/2-Wege-Magnetventil, das aus einer geschlossenen Grundstellung durch elektronische Ansteuerung in eine Durchlassstellung umschaltbar ist.
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Das der Radbremse 16 der Vorderachse VA zugeordneten Einlassventil 40.1 ist als normal offenes 2/2-Wegeventil ausgeführt, wodurch diese Radbremse 16 mit dem Hauptbremszylinder 18 verbunden ist, wenn das zugeordnete Einlassventil 40.1 nicht elektronisch angesteuert ist. Eine Betätigung des Hauptbremszylinders 18 führt demnach an den Radbremse 16.1 der Vorderachse VA zu einem Bremsdruckaufbau.
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Bis hierher entspricht die erläuterte Modulationseinheit bzw. Primäraktuatorik 14 in ihrer Auslegung einer konventionellen schlupf- bzw. druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage.
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Erfindungsgemäß ist allerdings das der Radbremse 16.3 der Hinterachse HA zugeordnete Einlassventil 40.2 gegenüber dem der Radbremse 16.1 der Vorderachse VA zugeordneten Einlassventil 40.1 unterschiedlich ausgebildet. Während das der Radbremse 16.1 der Vorderachse VA zugeordnete Einlassventil 40.1 ein in seiner Grundstellung offenes Ventil ist, ist das der Radbremse 16.3 der Hinterachse HA zugeordnete Einlassventil 40.2 in seiner Grundstellung geschlossen und kann entweder durch elektronische Ansteuerung oder durch Druckbeaufschlagung geöffnet werden. Die Höhe eines Öffnungsdrucks dieses Einlassventils 40.2 ist dabei anwendungsspezifisch wählbar, beispielsweise durch konstruktive Festlegung der Schließkraft eines elastischen Rückstellelements. Bevorzugt wird als Rückstellelement eine Rückstellfeder eingesetzt, welche ein Schließglied des Einlassventils 40.2 entgegen der angreifenden Druckkräfte betätigt.
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In seiner Grundstellung unterbricht das der Radbremse 16.3 der Hinterachse HA zugeordnete Einlassventil 40.2 die Druckmittelverbindung der Radbremse 16.3 mit dem Hauptbremszylinder 18. Es öffnet diese Druckmittelverbindung durch elektronische Ansteuerung oder sobald die am Schließglied angreifenden Druckkraft des vorherrschenden Bremsdrucks größer ist, als die konstruktiv festgelegte Schließkraft. An der dem Einlassventil 40.2 zugeordneten Radbremse 16.3, 16.4 der Hinterachse HA stellt sich daraufhin ein um den definierten Öffnungsdruck des Einlassventils 40.2 reduzierter Bremsdruck ein.
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Wie erwähnt zeigt die 1 die Komponenten der Primäraktuatorik 14 in ihrer Grundstellung. Diese Grundstellung nehmen die jeweiligen Komponenten auch dann ein, wenn beispielsweise eine Funktionsstörung aufgetreten ist bzw. wenn die Primäraktuatorik 14 nicht mehr in der Lage ist einen Bremsdruck in den Radbremsen 16 aufzubauen oder zu modulieren. Letzteres kann beispielsweise auf eine elektronische Fehlfunktion des Steuergeräts 30 oder auf mechanische Ursachen an den erläuterten Komponenten der Fahrzeugbremsanlage 10 bzw. der Primäraktuatorik 14 zurückzuführen sein.
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Um in einem solchen Zustand das Fahrzeug dennoch richtungsstabil und auf möglichst kurzem Weg zum Stillstand abzubremsen, wird die Sekundäraktuatorik 26 bzw. der elektromechanische Bremskraftverstärker 24 ersatzweise in Aktion versetzt und zwar derart, dass sie selbsttätig bzw. zusammen mit dem Fahrer eine den Hauptbremszylinder 18 beaufschlagende Betätigungskraft erzeugt. Erfindungsgemäß erfolgt die Ansteuerung im Falle einer Fehlfunktion der Primäraktuatorik derart, dass die Sekundäraktuatorik 26 einen Bremsdruck erzeugt, der unter Berücksichtigung der bei einem Bremsvorgang erfolgenden dynamischen Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse VA größer ist, als der der von den Radbremsen 16.3, 16.4 an der Hinterachse HA in eine Bremsleistung umsetzbare Bremsdruck. Idealerweise ist der erzeugte Bremsdruck so groß, dass die Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA des Fahrzeugs in der Lage sind die aus dem erzeugten Bremsdruck resultierende Bremsleistung in vollem Umfang umzusetzen, das heißt ohne dass die zugeordneten Räder an der Vorderachse VA blockieren.
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Es ist davon auszugehen, dass der bereitgestellte Bremsdruck über die normal offenen Einlassventile 40.1 weitgehend ungedrosselt zu den Radbremsen 16.1 dieser Vorderachse VA gelangt.
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Demgegenüber bewirken die normal geschlossenen Einlassventile 40.2 an den Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA, dass der bereitgestellte Bremsdruck entweder gar nicht bis zu den Radbremsen der Hinterachse HA vordringt oder dass die Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA lediglich mit einem um den Öffnungsdruck der Einlassventile 40.2 reduzierten Bremsdruck beaufschlagt werden. An den Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA liegt dementsprechend lediglich ein gegenüber dem Bremsdruck an der Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA abgesenkter Bremsdruck an. Mit der Druckabsenkung wird bewirkt, dass die Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse nicht blockieren und damit den anliegenden reduzierten Bremsdruck ebenfalls in vollem Umfang in eine Hinterachsbremsleistung umsetzen können.
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Die Erfindung ermöglicht es demgemäß, dass die Bremsleistung der Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA nicht mehr von der maximal übertragbaren Bremsleistung der Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA abhängt. Sie erlaubt es ferner die Bremsleistung der Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA vollumfänglich auszunutzen, ohne dabei eine Blockiergefahr der Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA einzugehen und dies obwohl die Sekundäraktuatorik 26 eine 1-Kanal-Regelaktuatorik ist, die lediglich einen einheitlichen Bremsdruck bereitstellen kann.
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2 zeigt anhand eines Ablaufdiagramms ein Verfahren zur Steuerung einer erfindungsgemäß ausgebildeten druckregelbaren Fahrzeugbremsanlage 10.
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Bei diesem Verfahren wird zu Beginn, beispielsweise anhand von Sensordaten und einer Auswerteelektronik, die Funktionsfähigkeit der Fahrzeugbremsanlage 10, insbesondere der Primäraktuatorik 14 dieser Fahrzeugbremsanlage 10 überwacht. Diese Überwachung kann fortwährend oder zyklisch, in regelmäßigen Zeitabständen erfolgen.
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Stellt die Auswertelektronik in einem ersten Prüfschritt 60 eine Störung oder Fehlfunktion der Primäraktuatorik 14 fest, so erfolgt in einem zweiten Schritt 62 eine elektronische Ansteuerung der Sekundäraktuatorik 26. Dabei erfolgt diese Ansteuerung der Sekundäraktuatorik 26 erfindungsgemäß derart, dass ein Bremsdruck erzeugt wird, der unter Berücksichtigung der bei einem Bremsvorgang erfolgenden dynamischen Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse VA größer ist, als der von der wenigstens einen Radbremse 16.3, 16.4 an der Hinterachse HA in eine Bremsleistung umsetzbare Bremsdruck.
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Unter umsetzbarer Bremsleistung wird verstanden, dass der die Radbremsen 16.1–16.4 beaufschlagende Bremsdruck gerade so hoch ist, dass die zugeordneten Räder zwar ihre Blockiergrenze erreichen, diese Blockiergrenze jedoch nicht überschreiten. An der Blockiergrenze können die Räder zum einen die für eine Längsstabilität des Fahrzeugs erforderlichen Seitenführungskräfte aufbringen und zum anderen die maximal mögliche Bremsleistung übertragen.
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Ein Maximalwert für den von der Sekundäraktuatorik 26 erzeugten Bremsdruck ist erreicht, wenn dieser Bremsdruck unter Berücksichtigung der bei einem Bremsvorgang erfolgenden dynamischen Achslastverlagerung in Richtung der Vorderachse VA noch in vollem Umfang von den Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA in eine Bremsleistung umsetzbar ist bzw. wenn die zugeordneten Räder an der Vorderachse VA ihre Blockiergrenze nicht überschreiten.
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Eine Übertragung des von der Sekundäraktuatorik bereitgestellten Bremsdrucks erfolgt über die normal offenen Einlassventile 40.1 nahezu ungedrosselt zu den Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse. Demgegenüber sind die den Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA zugeordneten Einlassventile 40.2 normal geschlossen ausgebildet und verhindern deshalb eine derartige Druckbeaufschlagung entweder vollumfänglich oder gestatten lediglich die Einstellung eines um den festgelegten Öffnungsdruck dieser Einlassventile 40.2 abgesenkten Bremsdrucks.
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Durch eine derartige Absenkung des Bremsdrucks an den Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA leisten diese Radbremsen 16.3, 16.4 nach wie vor einen Beitrag zur Gesamtbremsleistung des Fahrzeugs, ohne dass jedoch eine Blockiergefahr der diesen Radbremsen 16.3, 16.4 zugeordneten Räder und damit eine instabiler Fahrzustand des Fahrzeugs droht.
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Die Druckbeaufschlagung der Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA ist erfindungsgemäß durch die normal geschlossenen Einlassventile 40.2 von der Druckbeaufschlagung der Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA entkoppelt, so dass trotz einer Sekundäraktuatorik 26, die als 1-Kanal-Regelungsaktuatorik ausgebildet ist und demnach lediglich in der Lage ist allen angeschlossenen Radbremsen 16.1–16.4 mit einem einheitlichen Bremsdruckniveau zu versorgen, unterschiedliche Bremsdrücke an den Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA gegenüber den Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA darstellbar sind. Trotz einer zumindest annähernd maximalen Ausnutzung der Bremsleistung der Radbremsen 16.1, 16.2 der Vorderachse VA lässt sich dadurch ein Blockieren der Radbremsen 16.3, 16.4 der Hinterachse HA wirksam verhindern.
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Das beschriebene Verfahren endet wenn das Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist.
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Selbstverständlich sind Änderungen oder Ergänzungen gegenüber dem beschriebenen Ausführungsbeispiel denkbar, ohne vom Grundgedanken der Erfindung abzuweichen. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass beschreibungsgemäß eine 1-kanalig ausgebildete Sekundäraktuatorik (26) vorgesehen ist, welche eine regelbare Kraft zur Betätigung des Hauptbremszylinders (18) bereitstellt, wobei der Hauptbremszylinder (18) diese Betätigungskraft in einen Bremsdruck wandelt. Die Erfindung ist auf eine derartige mittelbare Bremsdruckmodulation jedoch nicht festgelegt. Alternativ ebenso vorstellbar wäre beispielsweise eine, an jeder beliebiger Stelle eines Bremskreises des Bremssystems anschließbare Sekundäraktuatorik (26) zur unmittelbaren Einstellung und Regelung eines Bremsdrucks. Eine derartige Sekundäraktuatorik (26) könnte z.B. in Gestalt eines elektromotorisch angreifbaren Plungers ausgebildet sein.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102009001135 A1 [0002]