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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Einstellung oder zur Steuerung einer Bremsbetätigungsgröße gemäß Oberbegriff von Anspruch 1 sowie eine Bremskraftregelungseinrichtung gemäß Oberbegriff von Anspruch 13.
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Aus der
DE-OS 2 233 493 ist ein Blockierschutzverfahren und eine Bockierschutzanlage für Kraftfahrzeuge bekannt, welche den dynamischen Zustands des Rades nicht wie heute vielfach bei Kfz-Blockierschutzanlagen üblich, auf Basis von Raddrehzahlinformationen ermittelt, sondern durch sensorische Messung der Dehnung in einem zwischen Rad und Kfz-Rahmen verbundenen Verbindungsglied bestimmt, welches der Längskraft zwischen Rad und Kraftfahrzeug ausgesetzt ist. Dabei wird die Dehnung nach der Zeit differenziert und dann mit einem Schwellwert verglichen. Bei Überschreitung eines Schwellwertes wird ein Steuersignal zum Lösen der Bremse generiert.
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Zuverlässige Raddrehzahlsensoren sind zum Zeitpunkt der Anmeldung der oben beschriebenen
DE-OS 2 233 493 allerdings technisch noch nicht verfügbar gewesen, so dass die Bremskraftmessung als zum damaligen Zeitpunkt als das zuverlässigere Verfahren angesehen wurde. Dieses heute nicht aktuelle Verfahren arbeitet jedoch auf Grund der Schaltschwelle nicht als Proportionalregler.
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Ein Verfahren zur Regelung des Fahrverhaltens auf Basis einer Radkraftbestimmung schlägt die
DE 196 24 795 A1 vor. Die Radkraft wird in einem der darin beschriebenen Beispiele mittels Reifensensoren bestimmt.
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Die
DE 101 22 404 A1 beschreibt ein System zum Überwachen des Fahrverhaltens bei dem ebenfalls mit Hilfe einer Reifensensorik oder über Sensoren in den Radlagern die Radkraft gebildet wird. Aus der Radkraft soll auf den Zustand der Fahrbahn an Hand von Fahrbahnklassen, wie Schlechtweg, μ-Split, Schotter, Nässe, Eisglätte und Tiefschnee geschlossen werden.
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Bei einer Reibbelagbremse nach dem im Kfz-Bereich üblichen Faust- oder Schwimmsattelprinzip ergibt sich die Stärke des Bremsvorgangs aus der Kraft, mit der die Reibbeläge beidseitig an die Bremsscheibe gepresst werden. Nachfolgend wird diese Bremsansteuerstärke allgemein als Bremsbetätigungsgröße BR eines bestimmten Rades R bezeichnet. Im Falle einer Bremse, die über die Verringerung des Abstandes von Reibbelag und einem Reibkörper (Bremstrommel, Bremsscheibe) betätigt wird, ist diese Bremsbetätigungsgröße am Rad R häufig die Zuspannkraft F R / Z , welche in einer druckmittelbeaufschlagten Bremse weitestgehend proportional zum Bremsdrucks PR ist. Im Falle einer elektrisch betätigten Bremse lässt sich die Stärke der Bremsbetätigung am einfachsten über eine Einstellung des Zuspannwegs X R / Z einstellen. Es hat sich gezeigt, dass eine Messung der Bremsbetätigungsgröße BR keinen direkten Rückschluss auf den vorliegenden Reibbeiwert μR erlaubt, welcher proportional zur Radumfangskraft F R / U ist (siehe 1). Dies hängt damit zusammen, dass die Bremskraft mit der eigentlichen Umfangskraft, die das Rad verzögert, in einem nichtlinearen Zusammenhang steht. Für die Nichtlinearität sind unter anderem verschiedene weitere Einflussfaktoren, wie beispielsweise Reibwert der Bremse, Abnutzung, Temperatur, Korrosion und Nässe verantwortlich.
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Heute haben sich Blockierregler (Antiblockiersystem, ABS) durchgesetzt, die zur Berechnung der Drucksteuerung in einer mikroprozessortechnisch implementierten Regelschleife ausschließlich als sensorische Informationen die Signale von Raddrehzahlsensoren heranziehen. Entsprechend hat man sich in der Fachwelt der Bremsentechnik daran gewöhnt, dass eine Blockierschutzregelung erst dann durch Reduzierung der Bremskraft in die Fahrzeugdynamik eingreift, wenn der Blockierschutzregler über die Raddrehzahlsensoren einen übermäßigen Schlupf und/oder eine übermäßigen Anstieg der Raddynamik erkannt hat (sogenannter DVN-Wert). Eine Verkürzung des Bremswegs ist prinzipiell also denkbar, wenn die Regelung vor dem Erreichen des Schlupfgrenzwertes eines herkömmlichen ABS-Reglers die Bremswirkung verringert. Dieser Zusammenhang geht prinzipiell bereits aus der
WO 00/51861 des gleichen Anmelders hervor. In dieser Schrift wird vorgeschlagen, zur Messung der auf das Rad bzw. den Reifen wirkenden Kräfte Rad- bzw. Reifensensoren einzusetzen und so den Arbeitspunkt und/oder Arbeitsbereich (Umkehrpunkt) der Regelung genauer im ersten Zyklus der Regelung einstellen zu können. Für die vorgeschlagene Regelung werden zur Bestimmung des Radschlupfs allerdings zusätzlich auch noch Signale von üblicherweise dafür eingesetzten Raddrehzahlsensoren benötigt, da die vorgeschlagene Genauigkeitserhöhung durch einen Abgleich der Radkräfte mit dem aus den Radsensoren ermittelten Drehverhalten der Räder erfolgt und das eigentliche Auslösen des Blockierschutzes (Druckverminderung) nach wie vor auf Basis der Raddrehzahlsignale erfolgt. Die vorgeschlagene Regelung ist damit im ersten Zyklus zu unempfindlich und dann in den nachfolgenden Zyklen eher vergleichsweise vorsichtig ausgelegt, da im ersten Zyklus das Rad schon im Schlupf ist und nach dem erstmaligen Abgleich im ersten Regelzyklus die Regelung den Arbeitspunkt unterhalb des kritischen Schlupfs einregelt.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, ein Bremskraft-, Bremsdruck- oder Zuspannwegeinstellverfahren, zusammengefasst nachfolgend Bremsbetätigungsgröße genannt, mit Blockierschutz anzugeben, welches ebenso zuverlässig wie eine Blockierschutzregelung auf Basis von Raddrehzahlinformationen arbeitet, insbesondere genauer als dieses ist, und darüber hinaus die Möglichkeit bietet, die Bremsbetätigungsgröße während der gesamten Schlupfregelung so einzuregeln, dass die herkömmliche ABS-Funktion auf Basis der Raddrehzahlinformationen, sofern zusätzlich quasi parallel geschaltet zur erfindungsgemäßen Regelung vorhanden, nicht anspricht, weil die Bremswirkung bereits vor dem Auftreten eines erhöhten Schlupfs und/oder einer erhöhten Raddynamik durch die Regelung zurückgenommen wird. Auf diese Weise kann außerdem eine Bremsschlupfregelung erhalten werden, die auf unterschiedlichsten Reibwerten einen geringeren Bremsweg als bei bisherigen Verfahren ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Einstellung oder zur Steuerung einer Bremsbetätigungsgröße BR (R = Nummer des Rades), welche entweder die Zuspannkraft F R / Z oder des Bremsdrucks PR oder des Zuspannwegs X R / Z einer Kraftfahrzeugbremse mit mindestens einem gebremstem Rad ist, innerhalb einer elektrohydraulischen oder elektromechanischen Fahrzeugbremse, die an einem Chassis des Fahrzeugs mit einem Bremshalter befestigt ist und über Reibbeläge das Rad nach Maßgabe der Bremsbetätigungsgröße BR bremst, wobei die sich durch Kontakt des gebremsten Rad mit einer Fahrbahn ergebende Radumfangskraft F R / U gemessen wird und eine Beeinflussung der Bremskraft F R / U in Abhängigkeit der Steigung der Radumfangskraft F R' / U durchgeführt wird, bei dem der Istwert der Regelung die Steigung der Radumfangskraft F R' / U (zum Beispiel ΔFU/Δs, wenn Δs der Zuspannweg ist) ist und diese durch Einstellen der Bremsbetätigungsgröße BR auf einen vorgegebenen Sollwert TVR (Sollwert für das Rad R) oder einen Sollwertbereich TUR (Sollwertbereich für das Rad R) eingeregelt wird.
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Vorzugsweise wird die Regelung ausschließlich auf Basis einer Radumfangskraftbestimmung durchgeführt. Das bedeutet, dass gemäß einer ersten bevorzugten Ausführungsform der Erfindung keine an sich bei ABS übliche sensorische Bestimmung der Radgeschwindigkeiten notwendig ist. Gemäß einer zweiten bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Regelung durch Hinzuziehen von Raddrehzahlinformationen noch weiter verbessert, zum Beispiel in dem die Vorsteuerung der Regelung mit Hilfe der Raddrehzahlinformation angepasst wird.
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Daraus ergibt sich unter anderem der Vorteil, dass eine hochdynamische Regelung der Bremswirkung über die Einstellung der Bremsbetätigungsgröße BR erreicht wird. Diese Regelung spricht also nicht nur früher an, sie regelt während des Regelvorgangs auch schneller nach. Vorzugsweise wird eine besonders hohe Messdynamik dadurch erreicht, dass das Signal des Sensors für die Umfangskraft durch eine schnelle Filtereinrichtung gefiltert wird, die insbesondere in unmittelbarer Nähe des Sensors platziert ist. Auf diese Weise erhält man sehr rasch eine große Anzahl von Messwerten, mit denen durch statistisches Mitteln dann auf einfache Weise ein weitestgehend rauschfreies und doch verzögerungsarmes Signal der Umfangskraft gebildet werden kann.
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Der in der vorstehend beschriebenen Ausführungsform vorteilhaft verwendbare Messaufnehmer ist vorzugsweise gemeinsam mit der Filtereinrichtung auf einer Leiterplatte angeordnet oder über einen zusätzlichen Träger mit der Leiterplatte elektrisch und insbesondere auch mechanisch verbunden. Idealerweise ist der Umfangskraftsensor wie in der Kraftfahrzeugsensorik üblich in Kunststoff eingespritzt, um gegen Feuchtigkeit und Korrosion geschützt zu sein. Eine bevorzugte Ausführungsform des Sensors ist das Aktivsensorprinzip, wie es in heutigen Raddrehzahlsensoren für eine sichere Signal- und Energieübertragung über ein oder zwei stromführende Leitungen eingesetzt wird. Dadurch kann eine robuste Signalübertragung an ein im Fahrzeuginneren angeordnetes ABS-Steuergerät erfolgen.
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Vorzugsweise wird bei der Ermittlung der Steigung der Radumfangsradkraft F R' / U eine Kurvenglättung des Signals mittels eines Filters durchführt, wobei insbesondere der Mittelwert und/oder die Standardabweichung der Steigung der Radumfangsradkraft F R' / U bestimmt wird. Hierdurch lassen sich Störsignale des Sensors wirksam herausfiltern.
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Bevorzugt erhöht die Regelung die Bremsbetätigungsgröße BR um einen bestimmten Wert, wenn die Steigung der Radumfangsradkraft F R' / U niedriger als ein vorbestimmter Zielwert TV oder der untere Rand eines Zielbereichs TR ist und reduziert die Bremsbetätigungsgröße BR um einen bestimmten Wert, wenn die Steigung der Radumfangsradkraft F R' / U größer als der Wert TV ist oder oberhalb eines oberen Rands des Zielbereichs TR liegt. Dabei bleibt die Bremsbetätigungsgröße BR insbesondere so lange unverändert, wie die Steigung der Radumfangsradkraft F R' / U im Bereich TR liegt.
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Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein Vorsteuerwert B R / V für die Bremsbetätigungsgröße BR gebildet.
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Besonders bevorzugt wird dabei auch der aktuelle Reibwert μ R / aktuell in Abhängigkeit im Wesentlichen von der Aufstandskraft und/oder der Radumfangskraft am gebremsten Rad geschätzt oder gemessen. Dies erfolgt insbesondere dadurch, dass nach Maßgabe des aktuell Reibwerts μ R / aktuell und einer beim aktuell gemessenen oder geschätzten Reibwert μ R / aktuell vorliegenden Reibwertbetätigungsgröße B R / μ mit B R / V = B R / μ(μ R / aktuell) vorgegeben wird. Durch die Vorsteuerung findet die Regelung wesentlich schneller den Arbeitspunkt, wodurch ein Ansprechen der auf Raddrehzahlinformationen basierenden Schlupfregelung vermieden bzw. die Anzahl des Ansprechens verringert werden kann.
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Die vorstehend beschriebene Regelung kann auch in einem Kraftfahrzeug mit hybridem Antrieb zum Einsatz kommen. Es ist vorteilhaft, wenn dann die Regelung eine Momentenverteilung zwischen der Reibbremse und einer im Bremsbetrieb ein Generatormoment erzeugenden elektromagnetischen Einrichtung umfasst.
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Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Fahrzeug mindestens zwei Räder, deren Raddrehzahlen vR gemessen werden, wobei eine Fahrzeuggeschwindigkeit v F / ref bestimmt wird, und aus diesen Größen der radindividuelle Radschlupf SR bestimmt wird und bei Eintreten eines Kriteriums, welches auf einen übermäßigen Schlupf und/oder eine übermäßige Raddynamik (z. B. bei hoher Raddrehzahl und/oder Radbeschleunigung) hinweist, die Zuspannkraft F R / Z oder der Bremsdruck PR oder des Zuspannweg X R / Z an dem betreffenden Rad verringert wird. Es ist besonders vorteilhaft, wenn das auf dem Radschlupf und/oder der Raddynamik basierende Blockierschutzverfahren mit dem weiter oben beschriebenen, auf der Umfangskraft basierenden Verfahren verknüpft wird. Dabei ist es sehr zweckmäßig, wenn das Ansprechverhalten der beiden Regelungsverfahren so ausgelegt wird, dass die Radkraftregelung das wesentlich häufiger ansprechende Verfahren ist und die bei übermäßigem Radschlupf und/oder übermäßiger Raddynamik auslösende Verfahren lediglich als zweite Sicherheit im Hintergrund arbeitet.
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Die Erfindung betrifft auch eine Bremskraftregelungseinrichtung gemäß Anspruch 13.
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Weitere bevorzugte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels an Hand von Figuren.
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Es zeigen
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1 ein Kraftfahrzeugrad mit Eintrag der relevanten Kraft-/Geschwindigkeitsgrößen,
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2a den Zusammenhang zwischen Bremskraftbeiwert und Schlupf,
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2b den Zusammenhang zwischen Zuspannkraft und Zuspannweg und
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2c eine Darstellung des gemäß Paarung Reifen/Fahrbahn nutzbaren maximalen Bremskraftbereichs FB und
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3 eine schematische Darstellung des beispielgemäßen Verfahrens.
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In 1 ist Rad 1 eines Kraftfahrzeuges über eine seiner Achsen mit einer Bremsscheibe 2 verbunden. Die Radschlupfregelung wird in den Beispielen an einem Rad beschrieben, wird aber an allen vier Rädern des Fahrzeugs, insbesondere an den beiden Rädern der Vorderachse individuell ausgeführt. Rad 1 bewegt sich Fahrtrichtung mit der Geschwindigkeit vF, so dass Achse 3 so rotiert, dass sich am Rad die Umfangsgeschwindigkeit vu ergibt. Auf Rad 1 lastet eine anteilige Fahrzeug-Gewichtskraft k·G, der eine gleich große Aufstandskraft FA entgegen wirkt. Während eines Bremsvorgangs wirkt an der Bremsscheibe eine Umfangskraft FU, die der Drehrichtung des Rades entgegen gerichtet ist. Die Umfangskraft FU wirkt sich als Bremskraft FB zwischen Reifen und Straße aus. Unter Berücksichtigung der dynamischen Halbmesser von Bremsscheibe 2 und Rad 1 lassen sich die Kräfte ineinander umrechnen. FU ist dabei proportional FB. Das Kräftepaar (FU, FB) bewirkt, dass die Umfangsgeschwindigkeit vu kleiner ist als die Fahrgeschwindigkeit vF ist und dadurch das Fahrzeug abgebremst wird.
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2a zeigt den Zusammenhang zwischen der Bremskraft FB (Reifen/Fahrbahn) und den Geschwindigkeiten vF und vU in der Form, dass die Bremskraft FB auf die Radaufstandskraft FA und die Differenz von Fahr- und Umfangsgeschwindigkeit (vF – vU) auf die Fahrgeschwindigkeit vF normiert sind, wobei FB/FA = μB als Bremskraftbeiwert und (vF – vU)/VF = λB als Bremsschlupf bezeichnet werden. Es ist dabei üblich, λB·100 als λB% anzugeben, wobei das frei rollende Rad einen Schlupf von 0% und das blockierende Rad einen Schlupf von 100% aufweist. Der Bremskraftbeiwert μB geht dann in den ungünstigen Gleitreibungsbeiwert μBG über. Der kürzeste Bremsweg wird beim maximalen Beiwert μBM erzielt. Im Schlupfbereich A der Kurve bleibt das Fahrzeug weitestgehend lenkbar und stabil. Eine Schlupfregelung ist in Bereich A daher nicht erforderlich.
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Im Schlupfbereich B der Kurve verstärken sich abnehmender Bremskraftbeiwert und zunehmender Schlupf schnell zum drohenden Blockieren des Rades, was das Eingreifen der ABS-Regelung erforderlich macht, um das Fahrzeug ggf. zu stabilisieren und vor allem lenkbar zu halten. Der generelle Verlauf dieser Kurve ist ähnlich für unterschiedliche Reibwerte μBM, d. h. z. B. trockene, nasse und vereiste Fahrbahnen. In allen Fällen ist die Steigung im Bereich A positiv, hat den Wert Null am Scheitelpunkt (Maximum μBM) und wird negativ mit Eintritt in den Bereich B. Dabei ist die Steigung im Bereich B (wie auch im Bereich A) vom Reibwert abhängig.
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2b zeigt den charakteristischen Verlauf der bremsend wirkenden Zuspannkraft FZ an der Bremsscheibe als Funktion eines zugehörigen Zuspannwegs einer Brems-Aktuatorik (z. B. der Weg des Bremskolbens beim Zuspannen). Diese Zuspannkraft lässt sich kontinuierlich bis zum Blockieren des Rades und darüber hinaus steigern.
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2c zeigt die Darstellung des gemäß Paarung Reifen/Fahrbahn nutzbaren maximalen Bremskraftbereichs FB in Abhängigkeit vom Zuspannweg s der Brems-Aktuatorik und der Verwendung eines Sensors, der die Umfangskraft FU und der Bremsscheibe als Funktion des Zuspannwegs xs detektiert. Mit Hilfe des Zuspannwegs xs kann auf die erzeugte Bremskraft FB zurückgeschlossen werden, da diese Größen bei der beispielgemäßen Bremse proportional zueinander verlaufen. Aus der Bremskraft FB ist es nun möglich, durch schnelles Abtasten der sensorischen Information die Steigung ΔFB/Δs über ΔFU/Δs praktisch kontinuierlich zu berechnen und zu verfolgen. Wenn nun während eines Bremsvorgangs die Steigung ΔFU/Δs einen Arbeitspunkt OP(ΔFU/Δs) innerhalb eines vorgegebenen Arbeitsbereichs OP(ΔFU/Δs) +/– R(ΔFU/Δs) erreicht, verändert die Bremsenregelung in Zuspannkraft FB in geeigneter Weise. Die Regelung hält dann die Bremskraft FB über die Kontrolle von FU in diesem vorgegebenen Schwankungsbereich R(ΔFU/Δs). Dies erfolgt so lange, bis die Bremskraftanforderung (auch Druckanforderung), z. B. vom Pedal bzw. vom Fahrer, willentlich unter diesen Arbeitspunkt vermindert wird. Das führt dazu, dass die Regelung beendet und die Bremskraft entsprechend der Bremskraftanforderung abgesenkt wird.
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3 zeigt in schematischer Darstellung eine beispielhafte Ausführungsform der Erfindung. Mit Betätigung des Bremspedals 4 wird die Zuspannkraft FZ an der Bremsscheibe schrittweise in Block 5 erhöht. Dabei wird fortlaufend aus der ich aufbauenden Umfangskraft FU an der Bremsscheibe die Messgröße 6, also die Steigung ΔFU/Δs gebildet. Dabei wird kontrolliert, ob sich die zunächst zunehmende Steigung ΔFU/Δs gegen Null zu verringern beginnt oder sich in dem durch OP(ΔFU/Δs) +/– R(ΔFU/Δs) definierten Arbeitsbereich befindet. Dies erfolgt dadurch, dass beim Überschreiten der Grenzbedingung OP(ΔFU/Δs) + R(ΔFU/Δs) in Block 7 die Zuspannkraft verringert und beim Unterschreiten der Grenzbedingung OP(ΔFU/Δs) – R(ΔFU/Δs) in Bock 8 erhöht wird. Die Verringerung bzw. Erhöhung der Zuspannkraft FZ in den Blöcken 9 und 10 erfolgt jeweils durch einen vorgegebenen Kraftschritt +/–ΔFZ.
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Entsprechend der beschriebenen Regelung wird das auf FU und FB basierende Momentengleichgewicht sensorisch ertastet und dann durch Regelung 7, 8, 9, 10 im Bereich OP(ΔFU/Δs) +/– R(ΔFU/Δs) gehalten. Es ist im Sinne der Erfindung, den hier sehr einfach dargestellten Regelungsvorgang durch geeignete Maßnahmen in seinem dynamischen Verhalten noch weiter zu optimieren.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird zur kontinuierlichen Abschätzung des Bremskraftbeiwertes μB zwischen Reifen und Fahrbahn bzw. der Bremskraft FB ein in der Bremsentechnik an sich übliches Rechenmodell 11 verwendet werden, wie es beispielsweise in Mirek Göbel, Potenzial der Radkraftmessung für fahrdynamische Regelungssysteme, 2009, ISBN 978-3-8322-7968-4, beschrieben ist.
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Das Kraftfahrzeug nutzt zur Ausführung entsprechend des oben beschriebenen Verfahrens neben den üblicherweise in Bremsanlagen mit ESP(ESC)-Regelfunktion bereits vorhandene Intertial-, Lenkwinkel- und Raddrehzahlsensoren zusätzlich auch Sensoren zur Messung der radindividuellen Aufstandskraft FA. Prinzipiell ist alternativ auch eine Berechnung der Aufstandskraft FA über ein Modell denkbar, wobei dieses für die Funktionsweise der Erfindung sehr schnell und genau sein muss. Mit dem Rechenmodell kann kontinuierlich während der Fahrt der zwischen Reifen und Fahrbahn temporär existierende Bremskraftbeiwert verfolgt und geschätzt werden. Beim Eintritt in den Bremsvorgang kann damit sofort auf die erforderliche Umfangskraft FU geschlossen werden, die der Gleichgewichtsbedingung zu FB entspricht, so dass der Annäherungsvorgang an den μBM-Wert vorteilhafterweise mit einer Schätzvorgabe OP(ΔFU/Δs) +/– R(ΔFU/Δs), hier gekennzeichnet durch das Bezugszeichen 12, gestartet werden kann. Mit dem Eintritt in die Regelung der mit Formel OP(ΔFU/Δs) +/– R(ΔFU/Δs) vorgegebene Bereich vorteilhafterweise dann auch kontinuierlich an den temporär berechneten Bremskraftbeiwert μB angepasst werden. Dies ist z. B. dadurch möglich, dass der gleitende Mittelwert der berechneten Bremskraftbeiwerte als OP(ΔFU/Δs) gewertet wird und die gleitende Standardabweichung dieser Bremskraftbeiwerte als Maß für den temporären Schwankungsbereich +/–R(ΔFU/Δs) dient.
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Zur Sensierung der Umfangskraft F
U an der Bremsscheibe kann eine Anordnung verwendet werden, wie sie in der
DE 10 2010 043 320 A1 beschrieben ist. Hierbei wird der Verbiegungswinkel einer Belagführungsschiene des Bremshalters einer Schwimmsattel-Scheibenbremse gemessen und als Maß für die an der Bremsscheibe wirkende Umfangsraft F
U herangezogen.
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Als weitere vorteilhafte Maßnahmen zur Steigerung der Effektivität von Bremsvorgängen bei der Kombination elektromotorisch wirkender Bremsmomente auf eine Achse oder auf mehrere Naben in Kombination mit Reibungsbremsen sind folgende Merkmale zu nennen, welche einzeln oder in Kombination als weiterbildende Maßnahmen verwirklicht sein können:
- a) Einstellen einer gewünschten Bremskraftverteilung auf vier Bremsen, beispielweise zur Kompensation von Seitenwind, zur angepassten Bremsung bei Kurvenfahrt oder zum Verhindern des „Schiefziehens” bei Betriebsbremsungen,
- b) Sogenanntes „Blending”, zum Beispiel zur Kontrolle der Überlagerung mehrerer unterschiedlich erzeugter Bremsmomente, wie etwa Elektromotor und Reibungsbremse auf eine Achse oder mehrere Naben, für Generatorbetrieb und Reibungsbremse oder als gegenläufiges Drehfeld und Reibungsbremse,
- c) Erkennung von Bremsenfading,
- d) Erkennung von C*-Veränderungen, wie z. B. bei Verglasung der Beläge oder bei unterschiedlich feuchten Belägen,
- e) Stillstandsmanagement, zum Beispiel durch radindividuelles Erkennen des Momentengleichgewichts für Anfahren und Lösen der Bremse ob Hang, Ebene oder Senke,
- f) Kontinuierlich vorbereitende Optimierung der Hinterachsbremsmomente als Funktion der ausgeregelten Vorderachsbremsmomente bei veränderlichem Straßenzustand, welche ermöglicht, zum Beispiel durch Heranziehen des Ortsabstands von Vorder- und Hinterachse/d. h. der Straßenzustand der Vorderachse erreicht zeitlich verzögert die Hinterachse, so dass die Hinterachsbremsen vorkonditioniert werden können.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 2233493 [0002, 0003]
- DE 19624795 A1 [0004]
- DE 10122404 A1 [0005]
- WO 00/51861 [0007]
- DE 102010043320 A1 [0036]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Mirek Göbel, Potenzial der Radkraftmessung für fahrdynamische Regelungssysteme, 2009, ISBN 978-3-8322-7968-4 [0034]