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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Regelung der Fahrdynamik eines Kraftfahrzeugs gemäß Oberbegriff von Anspruch 1 und ein System zur Stabilisierung eines Kraftfahrzeugs gemäß Oberbegriff von Anspruch 9.
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Fahrdynamikregelsysteme in modernen Kraftfahrzeugen erfassen die Fahrzeugbewegungen mithilfe von Sensoren und bewerten diese anhand von Modellen, um eine instabile Fahrsituation zu erkennen, bei der das Fahrzeug den Fahrervorgaben nur noch eingeschränkt bzw. gar nicht folgt. Wenn eine derartige instabile Fahrsituation, wie z.B. ein Schleudern des Fahrzeugs, festgestellt worden ist, stabilisiert ein Fahrdynamikregelsystem, dessen Struktur beispielsweise aus der
EP 0 792 229 B1 bekannt ist, das Fahrzeug durch Bremsenund/oder Lenkeingriffe. Die Sensorik der Fahrdynamikregelsysteme umfasst in der Regel Raddrehzahlsensoren, einen Längs- und/oder Querbeschleunigungssensor, einen Gierratensensor und einen Lenkwinkelsensor. In vielen Fällen erfolgt eine Regelung der Schwimmwinkelgeschwindigkeit, da diese anhand der Sensorsignale gut ermittelt werden kann. Eine Berechnung des Schwimmwinkels durch Integration hat den Nachteil, besonders fehlerbehaftet zu sein, da unter anderem aufgrund der Beiträge von Konstanten zum Integral große Fehler auftreten können.
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Darüber hinaus werden Fahrzeuge in zunehmendem Maße mit Fahrerassistenzsystemen ausgerüstet, bei denen das Umfeld des Fahrzeugs mithilfe von optischen Sensoren erfasst wird, um beispielsweise die Fahrzeuggeschwindigkeit automatisch an die Geschwindigkeit eines vorausfahrenden Fahrzeugs anzupassen oder eine drohende Kollision des Fahrzeugs mit einem Objekt im Umfeld des Fahrzeugs frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zur Vermeidung der Kollision einzuleiten.
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Aus der
DE 10 2006 036 921 A1 ist ein Verfahren zum Stabilisieren eines Kraftfahrzeugs bekannt, bei dem Bilddaten eines Bildes eines wenigstens einen ruhenden Objektpunkt aufweisenden Außenraums des Kraftfahrzeugs mittels eines in fester Ausrichtung mit dem Kraftfahrzeug verbundenen optischen Sensors in einem ersten Zeitpunkt und in einem zweiten Zeitpunkt erfasst werden. Anhand eines Vergleichs der in dem ersten Zeitpunkt erfassten Bilddaten und der in dem Zeitpunkt erfassten Bilddaten werden eine Quergeschwindigkeit und/oder eine Gierwinkeländerung des Kraftfahrzeugs ermittelt. Anhand der ermittelten Quergeschwindigkeit und/oder Gierwinkeländerung wird ein Fahrzustand des Kraftfahrzeugs bewertet, und in Abhängigkeit von einem Ergebnis der Bewertung wird der Fahrzustand des Kraftfahrzeugs beeinflusst.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein einfaches und vorzugsweise schnell ausführbares Verfahren zur Fahrdynamikregelung und ein zur Durchführung des Verfahrens geeignetes System anzugeben.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 gelöst.
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Es wird also ein Verfahren zur Regelung der Fahrdynamik eines Kraftfahrzeugs bereitgestellt, welches ein elektronisches Bremssystem mit fahrerunabhängig ansteuerbaren Radbremsen an allen Rädern und/oder eine fahrerunabhängig einstellbare elektronische Lenkung aufweist, wobei ein Ist-Fahrzustand und ein Soll-Fahrzustand des Kraftfahrzeugs ermittelt werden, und wobei das elektronische Bremssystem und/oder die elektronische Lenkung zur Beeinflussung des Fahrzustands angesteuert werden, wenn anhand einer Bewertung des Ist-Fahrzustands des Kraftfahrzeugs eine instabile Fahrsituation erkannt wurde, wobei das Kraftfahrzeug mindestens einen in fester Ausrichtung mit dem Kraftfahrzeug verbundenen optischen Sensor aufweist, bei dem Bilddaten eines Bildes eines wenigstens einen ruhenden Objektpunkt aufweisenden Außenraums des Kraftfahrzeugs erfasst werden. Erfindungsgemäß wird mindestens eine fahrdynamische Größe bei der Ermittlung des Ist-Fahrzustands anhand des optischen Sensors erfasst, wobei die Schritte
- • Belichten des Sensors für eine vorgegebene Zeitdauer,
- • Suchen eines Glanzpunkts, und
- • Ermitteln eines Werts für die fahrdynamische Größe anhand einer Bestimmung mindestens einer geometrischen Größe einer durch den Glanzpunkt verursachten Spur
durchgeführt werden.
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Eine instabile Fahrsituation kann hierbei gemäß an sich bekannten Kriterien erkannt werden. Beispielsweise kann eine Abweichung zwischen einer den Ist-Fahrzustand charakterisierenden gemessenen Gierrate und einer insbesondere anhand eines Fahrzeugmodells und Fahrervorgaben wie dem Lenkwinkel ermittelten Soll-Gierrate betrachtet werden, wobei eine instabile Fahrsituation als erkannt gilt, wenn diese Abweichung einen vorgegebenen Schwellenwert überschreitet. Alternativ kann zur Erkennung eines instabilen Fahrzustands bewertet bzw. überprüft werden, ob der Schwimmwinkel β und/oder die Schwimmwinkelgeschwindigkeit betragsmäßig einen vorgegebenen Schwellenwert überschreiten. Somit kann anhand eines Vergleichs zwischen Soll- und Ist-Fahrzustand oder alleine anhand einer Bewertung des Ist-Fahrzustands eine instabile Fahrsituation erkannt werden. Durch Brems- und/oder Lenkungseingriffe erfolgt daraufhin eine Beeinflussung des Fahrzustands, um die Fahrstabilität zu sichern bzw. wieder einen stabile Fahrsituation herzustellen.
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Unter einem Objektpunkt ist zweckmäßigerweise ein Punkt eines von dem optischen Sensor erfassten Objekts im Außenraum des Fahrzeugs zu verstehen. Die Bildkoordinaten des Objektpunktes geben die Position des Objektpunktes bzw. des Bildes des Objektpunktes innerhalb eines erfassten Bildes an. Bei einem gerasterten aus einer Vielzahl von Pixeln bestehenden Bild entsprechen die Bildkoordinaten beispielsweise den Koordinaten des Pixel, das den Objektpunkt enthält. Die Veränderung der Bildkoordinaten eines Objektpunktes gibt die Bewegung des Objektpunktes durch das Bild bzw. die Bildebene an, die auch als optischer Fluss des Objektpunktes bezeichnet werden kann.
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Ein Glanzpunkt wird vorzugsweise daran erkannt, dass die während der Belichtungszeit erfasste Intensität einen vorgegebenen Intensitätsschwellenwert überschreitet, und die Ausdehnung in mindestens einer Dimension unterhalb eines vorgegebenen Ausdehnungsschwellenwerts liegt. Ist ein in fester Ausrichtung mit dem Fahrzeug verbundener optischer Sensor – wie insbesondere eine Kamera – senkrecht auf den Boden gerichtet, so verursacht eine nahezu punktförmige Lichtquelle hoher Intensität eine Spur, welche zumindest näherungsweise die Form einer Linie hat.
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Dadurch, dass die mindestens eine fahrdynamische Größe bei der Ermittlung des Ist-Fahrzustands anhand des optischen Sensors erfasst wird, kann eine Fahrdynamikregelung mit erhöhter Zuverlässigkeit und/oder erweiterter Funktionalität realisiert werden. Eine Auswertung eines oder mehrerer Glanzpunkte eines mit einem optischen Sensor aufgenommenen Bildes hat den Vorteil, dass modellunabhängig und mit einem geringen Rechenaufwand auch fahrdynamische Größen wie der Schwimmwinkel und/oder die Quergeschwindigkeit erfasst werden können, die einer direkten Messung mittels der üblichen Sensoren einer Fahrdynamikregelung nicht zugänglich sind. Besonders wenn zumindest eine Teilfläche des optischen Sensors senkrecht oder nahezu senkrecht auf den Boden schaut, kann die Auswertung mit einem sehr geringen Rechenaufwand erfolgen.
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Im Hinblick auf eine besonders zuverlässige Ermittlung der fahrdynamische/n Größe/n ist es vorteilhaft, wenn mindestens zwei, vorzugsweise mindestens zehn, Glanzpunkte betrachtet werden, und wenn eine Plausibilisierung und/oder Mittelwertbildung zwischen den aus einer Betrachtung der verschiedenen Glanzpunkte ermittelten fahrdynamischen Größe/n stattfindet.
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Es ist zweckmäßig, wenn die vorgegebene Zeitdauer nach Maßgabe einer mittels mindestens eines unabhängigen Sensors, insbesondere mindestens eines Raddrehzahlsensors und/oder eines Satellitennavigationssystems, erfassten Fahrzeuggeschwindigkeit eingestellt wird und/oder die vorgegebene Zeitdauer anhand einer mathematischen Funktion vorgegebener Periodizität eingestellt wird. Indem die vorgegebenen Zeitdauer anhand der mittels eines dieser Sensoren erfassten Fahrzeuggeschwindigkeit ermittelt und/oder eingestellt wird, kann sichergestellt werden, dass die Spur eines Glanzpunkts unter den aktuellen Fahrtbedingungen hinsichtlich einer Auswertung besonders geeignete Abmessungen auf der Sensoroberfläche bzw. dem Bild hat. Eine mathematische Funktion vorgegebener Periodizität ermöglicht es insbesondere intermittierend unterschiedliche Belichtungszeiten bzw. vorgegebenen Zeitdauern einzustellen und somit ein unerkanntes Aliasing zu vermeiden bzw. zu erkennen. Dadurch, dass die Belichtungszeit von außen vorgegeben wird, kann der optische Sensor, insbesondere eine Kamera, besonders einfach aufgebaut sein und/oder die Ansteuerung bzw. Auswertung mit einem besonders geringen Rechenaufwand durchgeführt werden.
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Bevorzugt umfasst ein Belichten des Sensors für eine vorgegebene Zeitdauer auch eine Addition mehrerer aufeinanderfolgend erfasster Bilder des optischen Sensors, deren Belichtungszeit einem Anteil der vorgegebenen Zeitdauer entspricht. Häufig werden optische Sensoren bzw. Kameras zum Aufnehmen eines Films verwendet, wobei also in regelmäßigen Zeitabständen Bilder mit einer gegebenenfalls von der aufgenommenen Szene abhängigen, aber in jedem Fall durch die Wiederholfrequenz begrenzten Belichtungszeit aufgenommen werden. Um ein für die Auswertung bzw. Ermittlung der fahrdynamischen Größe gut geeignetes Bild zu erhalten, bietet sich die Addition mehrerer aufeinanderfolgender Bilder an.
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Zweckmäßigerweise wird eine Ausrichtung des optischen Sensors bezogen auf die Fahrzeuglängsachse ermittelt, wobei anhand mindestens eines unabhängigen Sensors, insbesondere eines Lenkwinkelsensors und/oder eines Gierratensensors und/oder eines Querbeschleunigungssensors, eine Geradeausfahrt erkannt wird, und wobei die Ausrichtung des optischen Sensors nach Maßgabe mindestens eines während einer erkannten Geradeausfahrt erfassten Bildes ermittelt wird. Besonders dann, wenn der optische Sensor die Fahrbahn nur im Randbereich erfasst, so dass es zu optischen Verzerrungen kommen kann, bietet sich eine derartige Kalibrierung der Sensorlage an. Indem bei einer Geradeausfahrt, d.h. einer definierten Fahrsituation ein oder mehrere Glanzpunkte erfasst und ausgewertet werden, lässt sich die Ausrichtung des Sensors einfach und zuverlässig ermitteln.
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Vorzugsweise wird der Schwimmwinkel als eine fahrdynamische Größe ermittelt, wobei zur Ermittlung des aktuellen Schwimmwinkels die geometrische Größe eines Winkels zwischen der Spur, welche zumindest näherungsweise die Form einer Linie hat, und einer vorgegebenen Richtung bestimmt wird. Vorteilhaft wird bei dieser Weiterbildung ein Schwimmwinkel ermittelt, der als Regelgröße für eine Schwimmwinkelregelung herangezogen werden kann. Im Gegensatz zu dem Vorgehen bei bekannten Fahrdynamikregelungen, bei denen in der Regel modellbasierte Verfahren zum Schätzen des Schwimmwinkels vorgesehen sind, wird der Schwimmwinkel hier ebenfalls modellunabhängig ermittelt.
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Insbesondere wird der Schwimmwinkel zur Bestimmung eines Schräglaufwinkels wenigstens eines Rades des Kraftfahrzeugs herangezogen wird. Bekanntermaßen bewirkt der Schräglaufwinkel eines Rades eine auf das Rad wirkende Seitenführungskraft, die das Kraftfahrzeug bei einer Kurvenfahrt auf seiner Bahn hält. Ab einem bestimmten Maximumwert des Schräglaufwinkels beginnen die Räder jedoch zu gleiten. Die Seitenführungskraft kann dann nicht mehr erhöht werden, sondern nimmt sogar mit weiter steigendem Schräglaufwinkel leicht ab. Dadurch wird das Kraftfahrzeug instabil und gerät möglicherweise ins Schleudern.
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Eine Ausgestaltung des Verfahrens und des Fahrdynamikregelsystems beinhaltet daher, dass der Schräglaufwinkel mit einem Maximumwert verglichen wird, und dass die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs reduziert wird, wenn der Schräglaufwinkel betragsmäßig größer als der Maximumwert ist. Durch die Reduktion der Fahrzeuggeschwindigkeit, die beispielsweise durch eine Reduktion des von dem Antriebsmotor des Kraftfahrzeugs bereitgestellten Motormoments und/oder durch einen Bremseneingriff vorgenommen werden kann, wird die Querdrift des Fahrzeugs verringert und das Fahrzeug stabilisiert.
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Es ist vorteilhaft, wenn der Maximumwert einem Schräglaufwinkel entspricht, bei dem eine Seitenführungskraft des Rades nahezu maximal ist oder ein wenig kleiner gewählt wird als der Schräglaufwinkel, bei dem die maximale Seitenführungskraft aufgebaut werden kann, so dass das Seitenführungskraftpotenzial nicht voll ausgeschöpft wird und jederzeit eine Sicherheitsreserve zur Verfügung steht. Da die maximale aufbaubare Seitenführungskraft wesentlich von dem vorliegenden Fahrbahnreibwert beeinflusst wird, ist besonders vorteilhaft, wenn der Maximumwert in Abhängigkeit von einem Fahrbahnreibwert bestimmt wird.
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Alternativ oder zusätzlich zu einer Ermittlung des Schwimmwinkels ist es vorteilhaft, wenn eine ermittelte fahrdynamische Größe die Geschwindigkeit über dem Boden ist, wobei zur Ermittlung der Geschwindigkeit über dem Boden die geometrische Größe eine Länge der der Spur ist, welche zumindest näherungsweise die Form einer Linie hat. Vorzugsweise werden aus der Länge und einem Winkel zwischen der Spur und einer vorgegebenen Richtung eine Längs- und eine Quergeschwindigkeit des Fahrzeugs ermittelt.
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Bevorzugt wird also bei der Ermittlung des Ist-Fahrzustands ein Schwimmwinkel des Kraftfahrzeugs direkt oder aus einer Betrachtung von Längs- und Quergeschwindigkeit ermittelt, wobei vorzugsweise eine Gierrate des Kraftfahrzeugs unabhängig von Bilddaten mittels eines Gierratensensors erfasst wird, und der Fahrzustand des Kraftfahrzeugs wird in Abhängigkeit von dem ermittelten Schwimmwinkel beeinflusst. Dadurch, dass ein modellunabhängig ermittelter Schwimmwinkel und eine unabhängig gemessene Gierrate betrachtet werden, ist eine besonders zuverlässige Ermittlung des Ist-Fahrzustands gewährleistet. Somit wird eine Regelung nach Maßgabe des Schwimmwinkels möglich, und eine Vielzahl kritischer Fahrsituationen kann frühzeitig erkannt und/oder entschärft bzw. geregelt werden.
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In einer Ausgestaltung des Verfahrens und Fahrdynamikregelsystems kann es vorgesehen sein, dass anhand von Veränderungen von Bildkoordinaten mehrerer Objektpunkte ein optischer Fluss innerhalb der Bilder bestimmt wird, dass der optische Fluss als Eingangsgröße für ein Kalman-Filter dient, wobei mittels des Kalman-Filters anhand des optischen Flusses ein Bewegungszustand des Kraftfahrzeugs geschätzt wird und wobei insbesondere die Quergeschwindigkeit und/oder die Gierwinkeländerung anhand des geschätzten Bewegungszustands des Kraftfahrzeugs ermittelt wird.
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Anhand des optischen Flusses innerhalb der gesamten Bilddaten kann eine dreidimensionale Darstellung des Außenraums des Kraftfahrzeugs sowie die Bewegung des Fahrzeugs durch den Außenraum ermittelt werden, wodurch die Bestimmung des Bewegungszustands des Kraftfahrzeugs möglich ist. Vorteilhaft wird hierzu ein Kalman-Filter eingesetzt. Besonders bevorzugt werden die Signale des Gierratensensors zur Auswertung der Bilddaten herangezogen, um die Quergeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs zu ermitteln. Hierdurch wird für die Auswertung der Bilddaten erheblich weniger Rechenleistung benötigt.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein System zur Stabilisierung eines Kraftfahrzeugs, welches mindestens einen in fester Ausrichtung mit dem Kraftfahrzeug verbundenen optischen Sensor, ein elektronisches Bremssystem mit fahrerunabhängig ansteuerbaren Radbremsen an mindestens zwei Rädern und/oder eine fahrerunabhängig einstellbare elektronische Lenkung aufweist, mit einem elektronischen Steuergerät, das mindestens eine Recheneinheit aufweist, die anhand der Daten zumindest des optischen Sensors den Ist-Fahrzustand des Kraftfahrzeugs bewertet und das elektronische Bremssystem und/oder die elektronische Lenkung zur Beeinflussung des Fahrzustands ansteuert, wenn die Bewertung einen instabilen Fahrzustand ergeben hat. Erfindungsgemäß sieht der optische Sensor einen Blickwinkel ein, welcher die Umgebung vor, neben, oder hinter dem Kraftfahrzeug umfasst, wobei die Daten des mindestens einen optischen Sensors auch für eine Komfortfunktion wie einen digitaler Seitenspiegel, eine Rückfahrkamera, eine Betätigung eines Scheibenwischers bei Feuchtigkeit, einen Notbremsassistenten und/oder eine Abstandsregelung zum vorausfahrenden Verkehr genutzt werden. Vorzugsweise führt die Recheneinheit ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Stabilisierung des Fahrverhaltens eines Kraftfahrzeugs durch.
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Die Erfindung ermöglicht es optische Sensoren, die eine wachsende Ausrüstungsrate bei Kraftfahrzeugen zeigen, vorteilhaft auch im Rahmen einer Fahrdynamikregelung zu verwenden, wodurch die Funktionen der Fahrdynamikregelung verbessert und erweitert werden können. Insbesondere ist es dadurch möglich, modellunabhängig ein Schwimmwinkel zu berechnen. Somit kann eine zuverlässige Schwimmwinkelregelung und/oder eine Ermittlung und Begrenzung eines Schräglaufwinkels wenigstens eines Rads erfolgen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung sieht eine Teilfläche des optischen Sensors über mindestens ein im Strahlengang angeordnetes optisches Element, insbesondere ein Spiegel und/oder ein Prisma und/oder eine Glasfaser, einen zweiten Blickwinkel ein, welcher insbesondere eine Fahrbahnoberfläche umfasst, wobei vorzugsweise die Bewertung des Fahrzustands anhand dieser Teilfläche des optischen Sensors erfolgt. Es ist somit kein zusätzlicher optischer Sensor erforderlich, sondern ein bereits für vorhandener Sensor, der beispielsweise für eine Fahrerassistenzfunktion ausgerichtet bzw. ausgelegt ist, kann zusätzlich für die Fahrdynamikregelung herangezogen werden. Das zusätzliche im Strahlengang angeordnete optische Element verursacht vergleichsweise geringe Kosten und kann vorzugsweise bereits bei der Fertigung des optischen Sensors integriert werden.
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Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst das Fahrdynamikregelsystem bzw. System zur Stabilisierung eines Kraftfahrzeugs zusätzlich eine elektrisch ansteuerbare Lichtquelle, insbesondere eine Infrarot-Leuchtdiode, welche auf den vom zweiten Blickwinkel des optischen Sensors umfassten Umgebungsbereich gerichtet ist, wobei insbesondere eine Ansteuerung nach Maßgabe eines Vergleichs des über die Teilfläche integrierten Sensorsignals mit einem Dunkelheitsschwellenwert erfolgt. Somit kann eine geeignete Ausleuchtung der für die Ermittlung fahrdynamischer Größen ausgewerteten Teilfläche des optischen Sensors sichergestellt werden. Die fahrdynamische/n Größe/n kann/können unabhängig von den Umgebungsbedingungen ermittelt werden.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der optische Sensor über ein oder mehrere Magnetspulen oder Piezokristalle beweglich aufgehängt, welche vorzugsweise anhand der Signale eines Beschleunigungssensors angesteuert werden, um den Sensor gegenüber Erschütterungen zu stabilisieren. Somit kann auch ein durch Erschütterungen des optischen Sensors verursachter Fehler vermieden werden und auch auf schlechten Wegstrecken ist eine zuverlässige Ermittlung fahrdynamischer Größen anhand des optischen Sensors möglich.
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Weitere bevorzugte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels an Hand einer Figur.
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Es zeigt
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1 eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs mit einem optischen Sensor.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs 1 mit einem optischen Sensor 15, welches zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist bzw. ein erfindungsgemäßes System zur Stabilisierung des Kraftfahrzeugs besitzt. Es weist einen Antriebsmotor 2, der die Räder einer oder mehrerer Achsen des Fahrzeugs antreibt, ein Lenkrad 3, ein Bremspedal 4, welches mit einem Tandemhauptzylinder (THZ) 13 verbunden ist, und vier individuell ansteuerbare Radbremsen 10a–10d auf. Neben oder alternativ zu hydraulischen Reibbremsen können auch an einem, mehreren oder allen Rädern elektromechanisch betätigte Reibbremsen als Radbremsen eingesetzt werden. Wenn das Fahrzeug mindestens einen elektrischen Antrieb aufweist, kann das Bremsmoment an dem oder den mit einem elektrischen Antrieb verbundenen Rädern zumindest teilweise von der oder den als Generator betriebenen elektrischen Antriebsmaschine/n erzeugt werden.
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Das Lenkrad 3 ist über einen nicht gezeigten Lenkstrang mit den Rädern der Vorderachse verbunden, so dass der Einschlagwinkel der Vorderräder je nach Drehung des Lenkrads gewählt werden kann. Der Lenkstrang weist eine elektrische Servolenkung auf, wobei also ein mechanisch verbundener Elektromotor ergänzend zu dem Handlenkmoment des Fahrers ein zusätzliches Drehmoment auf den Lenkstrang aufbringen kann, um den Fahrer beim Lenken zu entlasten und/oder eine Lenkempfehlung in eine vom Steuergerät der Servolenkung vorgegebene Richtung abzugeben bzw. ein Einlenken in eine ungünstige Lenkrichtung zu erschweren. Das Steuergerät der Servolenkung ist über einen Fahrzeugdatenbus mit einem oder mehreren weiteren elektronischen Steuergeräten verbunden, wobei insbesondere das elektronische Steuergerät (ECU) 7 eines Bremssystems über eine Schnittstelle ein zusätzliches Drehmoment anfordern kann.
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Für die Erfassung von fahrdynamischen Zuständen sind ein Lenkradwinkelsensor 12 zur Messung des Lenkwinkels δ, vier Raddrehzahlsensoren 9a–9d zur Messung der Drehgeschwindigkeiten Vi der einzelnen Räder, ein Querbeschleunigungssensor 5 zur Messung der Querbeschleunigung aLat, ein Gierratensensor 6 zur Messung der auch als Gierrate bezeichneten Gierwinkelgeschwindigkeit Ψ . und mindestens ein Drucksensor 14 für die Messung des von Bremspedal und THZ erzeugten Bremsdrucks p vorhanden. Dabei kann der Drucksensor 14 auch durch einen Pedalweg- oder Pedalkraftsensor ersetzt sein, falls die Hilfsdruckquelle derart angeordnet ist, dass ein vom Fahrer aufgebauter Bremsdruck von dem der Hilfsdruckquelle nicht unterscheidbar ist oder ein elektromechanischer Bremsaktuator mit bekanntem Zusammenhang zwischen Pedalstellung und Bremsmoment verwendet wird. Die Signale der Radsensoren werden dem elektronischen Steuergerät (ECU) 7 des Bremssystems zugeführt, das anhand vorgegebener Kriterien aus den Raddrehgeschwindigkeiten Vi die Fahrzeuggeschwindigkeit vRef ermittelt.
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Die ECU 7 empfängt die Daten der oben beschriebenen wie auch eventuell vorhandener weiterer Sensoren und steuert die Hydraulikeinheit (HCU) 8, um fahrerunabhängig einen Aufbau oder eine Modulation des Bremsdrucks in den einzelnen Radbremsen zu ermöglichen. Zusätzlich werden das aktuell von Antriebsmotor 2 erzeugte Antriebsmoment und das vom Fahrer gewünschte Moment bestimmt. Dabei kann es sich auch um indirekt ermittelte Größen handeln, die beispielsweise aus einem Motorkennfeld abgeleitet werden und der ECU 7 über eine Schnittstelle 11 eines Fahrzeugdatenbusses, wie einen CAN- oder FlexRay-Bus, vom nicht gezeigten Motorsteuergerät übertragen werden.
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Die ECU 7 führt häufig mehrere Verfahren zur Regelung der Fahrstabilität aus, wobei eine Arbitrierung gegebenenfalls simultan eintreffender Bremsanforderungen stattfindet. So erfolgt vielfach eine Gierratenregelung, welche die gemessene Gierrate mit einer Modellgierrate vergleicht. Liegt diese Differenz über der Regeleintrittsschwelle beginnt der Bremseneingriff. Die Modellgierrate entspricht der Soll-Gierrate und wird durch ein einfaches Fahrzeugmodell über den Lenkwinkel und die Fahrzeuggeschwindigkeit gebildet. Daneben findet häufig eine Regelung der Schwimmwinkelgeschwindigkeit statt. Diese Größe wird auch über das Fahrzeugmodell gebildet und entspricht in Übersteuersituationen der Geschwindigkeit mit der das Fahrzeug eindreht bzw. das Fahrzeugheck ausschert. Sobald eine gewisse Schwelle für die Schwimmwinkelgeschwindigkeit überschritten ist, beginnt der Bremseneingriff. Am weitesten verbreitet ist eine Bremsschlupfregelung, welche ein Blockieren der Räder während eines Bremsvorgangs verhindert.
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Weiterhin weist das Fahrzeug 1 eine Umfeldsensorik mit zumindest einem Umfeldsensor 15 auf, mit dem Objekte im Umfeld des Fahrzeugs erfasst werden können. Umfeldsensor 15 kann Objekte in einem Erfassungsbereich 17 erkennen, der einen Raumwinkel vor dem Fahrzeug 1 umfasst, in dem ein Objekt 18 beispielhaft dargestellt ist. Bei dem Umfeldsensor 15 handelt es sich vorzugsweise um eine Kamera, welche beispielsweise auch als Stereokamera ausgeführt sein kann, um die Abstände d zu den erfassten Punkten eines Objekts sowie die Winkel φ zwischen den Verbindungsgeraden zu diesen Punkten und der Mittellängsachse des Fahrzeugs zu ermitteln, wie dies in 1 für einen Punkt des Objekts 18 veranschaulicht ist. Die Signale des Umfeldsensors 15 werden von einem Kontrollrechner 16 ausgewertet und entsprechende Informationen der ECU 7 zur Verfügung gestellt. Prinzipiell kann Kontrollrechner 16 aber auch in dem Umfeldsensor 15 integriert sein, und/oder die ECU 7 kann die Sensorsignale direkt verarbeiten.
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Für das erfindungsgemäße Verfahren ist es erforderlich, dass zumindest eine Teilfläche des optischen Sensors
15 die Fahrbahn bzw. einzelne ortsfeste Punkte abbildet. Dies kann insbesondere dadurch sichergestellt werden, dass im Strahlengang des Sensors
15 ein zusätzliches optisches Element angeordnet wird, welches einen Ausschnitt der Fahrbahnoberfläche auf eine Teilfläche des Sensors abbildet. Zur Realisierung eines derartigen optischen Elements wird auf die
US 8541 732 B2 oder die
EP 2 557 414 A2 verwiesen.
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In einem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt also zunächst eine Belichtung des Umfeldsensors für eine vorgegebene Zeitdauer.
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Anschließend wird mindestens ein Glanzpunkt gesucht, der eine geringe räumliche Ausdehnung und eine sehr hohe Intensität aufweist. Beispielsweise kann es auch vorgesehen sein, die zehn hellsten Glanzpunkte zu betrachten und einen gemittelten Wert für die mindestens eine fahrdynamische Größe zu bestimmen. Wurde die vorgegebene Zeitdauer geeignet gewählt, so verursacht ein Glanzpunkt auf dem Bild eine Spur, deren Länge ein Maß für die Geschwindigkeit des Fahrzeugs ist und deren Winkel zur Längsrichtung des Fahrzeugs eine direkte Bestimmung des Schwimmwinkels β ermöglicht. Sofern aus einer Betrachtung der Glanzpunkte festgestellt wird, dass die Spur für eine genaue Ermittlung des Schwimmwinkels zu kurz ist, wird zweckmäßigerweise die vorgegebene Zeitdauer für die nächste Belichtung angepasst, d.h. verlängert. Entsprechend kann auch eine Verkürzung der vorgegebenen Zeitdauer durchgeführt werden, wenn sich beispielsweise eine Spur, d.h. im Wesentlichen ein Strich, über die gesamte Ausdehnung des Sensors hinzieht.
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Wenn beispielsweise anhand des Lenkradwinkelsensors 12 und des Gierratensensors 6 eine Geradeausfahrt erkannt wurde, so ist es zweckmäßig, die Ausrichtung des Sensors zu überprüfen und/oder kalibrieren, damit die Längsrichtung als Bezugsachse für den Schwimmwinkel korrekt ist. Außerdem kann es vorgesehen sein, aus einer Betrachtung aufeinander folgender Bilder eine Korrektur der Verzeichnung des Objektivs der Kamera bzw. des optischen Sensors vorzunehmen. So kann anhand eines Vergleichs der Glanzpunkte im ersten Bild und im zweiten Bild eine Koordinatentransformation nach der Methode des kleinsten Fehlerquadrats vorgenommen werden.
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Eine anhand von Bilddaten bestimmte Quergeschwindigkeit v
y kann insbesondere verwendet werden, um den Schwimmwinkel β des Fahrzeugs zu berechnen, der durch
gegeben ist. Hierbei bezeichnet v
x die Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs, die aus den Signalen der Raddrehzahlsensoren bestimmt werden kann. Alternativ kann der Schwimmwinkel auch direkt aus einer Betrachtung der Spur eines Glanzpunkts als Winkel zwischen Spur und Längsachse des Fahrzeugs bzw. der entsprechende Achse des Sensorbilds ermittelt werden.
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Der Schwimmwinkel β kann zur Durchführung einer dem Fachmann bekannten Schwimmwinkelregelung herangezogen werden, mit der die Gierratenregelung in Fahrdynamikregelsystemen üblicherweise kombiniert wird. Dabei werden Regeleingriffe beispielsweise dann vorgenommen, wenn der Schwimmwinkel β und/oder die Schwimmwinkelgeschwindigkeit betragsmäßig einen vorgegebenen Schwellenwert überschreiten. Ein Beispiel für eine kombinierte Gierraten- und Schwimmwinkelregelung ist etwa in der deutschen Offenlegungsschrift
DE 195 15 051 A1 beschrieben, auf die in diesem Zusammenhang Bezug genommen wird.
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Ferner ist vorzugsweise ein Funktionsmodul vorgesehen, in dem aus dem ermittelten Schwimmwinkel β die Schräglaufwinkel der Vorder- und Hinterräder des Fahrzeugs
1 berechnet wird. Für den Schräglaufwinkel α
V der Vorderräder gilt:
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Der Schräglaufwinkel α
H wird anhand der Gleichung
berechnet. Die Gierrate Ψ . wird zweckmäßigerweise durch einen Gierratensensor erfasst. Mit δ ist der an den Vorderrädern eingestellte Lenkwinkel bezeichnet, der mit dem Lenkwinkelsensor
12 erfasst wird. Bei den Größen l
V bzw. l
H handelt es sich um den in Fahrzeuglängsrichtung gemessenen Abstand zwischen den Mittelpunkten der Vorderräder bzw. der Hinterräder und dem Fahrzeugschwerpunkt. Dies sind im Wesentlichen konstante Größen, die in einem Speicher eines elektronischen Steuergeräts hinterlegt werden können. Ein von null verschiedener Schräglaufwinkel α an einem Rad führt dazu, dass an dem Rad eine Seitenführungskraft F
y aufgebaut wird. Vergrößert der Fahrer durch Einlenken den Schräglaufwinkel, so steigt die Seitenführungskraft F
y zunächst mit dem Schräglaufwinkel α auf ein Maximum an. Bei sich weiter erhöhendem Schräglaufwinkel kann die Seitenführungskraft F
y nicht weiter erhöht werden bzw. sinkt bei großen Schräglaufwinkeln α wieder leicht ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Reifen bei großen Schräglaufwinkeln α ins Gleiten gerät. Somit ist es vorteilhaft, das Fahrzeug mittels eines Eingriffs zu stabilisieren, wenn der Schräglaufwinkel α einen vorgegebenen Grenzwert überschreitet, der insbesondere anhand eines ermittelten Fahrbahnreibwerts μ angepasst werden kann.
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Durch die Verbindung einer Fahrstabilitätsregelung mit einer Umfeldsensorik, wobei aus einer Betrachtung der Spuren von Glanzpunkten mindestens eine fahrdynamische Größe ermittelt wird, insbesondere der sonst nur ungenau bekannte Schwimmwinkel, kann die Regelung der Fahrdynamik in einer Vielzahl von Fahrsituationen einfach und schnell erfolgen, so dass der Fahrkomfort und die Fahrsicherheit erhöht sind.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0792229 B1 [0002]
- DE 102006036921 A1 [0004]
- US 8541732 B2 [0038]
- EP 2557414 A2 [0038]
- DE 19515051 A1 [0043]