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Die Erfindung betrifft eine Probennahmevorrichtung und ein Verfahren zur Entnahme einer Probenmenge aus einem Schmelzestrom, insbesondere einem Prozessschmelzestrom eines Extrusions- oder Compoundierprozesses.
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Im Zusammenhang mit der Entwicklung von Kunststoffmaterialien und/oder der Qualitätssicherung von Kunststoffprodukten werden Formkörper aus dem Kunststoffmaterial als Prüflinge eingesetzt, um mechanische, optische oder akustische Eigenschaften des Kunststoffmaterials sowie das Verhalten des Kunststoffmaterials gegenüber Umwelteinflüssen zu untersuchen und das Kunststoffmaterial im Hinblick auf die vorgenannten Eigenschaften zu charakterisieren.
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Die Herstellung von Formkörpern im Rahmen der Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung erfolgt üblicherweise aus einem in einem industriellen Verarbeitungsprozess, wie der Compoundierung, der Extrusion oder dem Spritzgießen, erhältlichen Produkt, wie einem Compound, einem Halbzeug oder einem Bauteil, wobei das Produkt oder Teile des Produkts granuliert und ggf. nach Zwischenlagerung und Vortrocknung zu Spritzgießkörpern unterschiedlicher Geometrien verarbeitet wird. Die so erhältlichen Spritzgießkörper werden dann als Prüflinge für die Material- und Produktcharakterisierung eingesetzt. Diese Form der Formkörperherstellung ist allerdings durch einen hohen Investitionsbedarf für zusätzliche Peripheriegeräte und den Energiebedarf während der Verarbeitung des Produktmaterials zu den Formkörpern gekennzeichnet. Zudem führt die Formkörperherstellung aus dem Produkt zu einer erheblichen Verzögerung bei der Gewinnung von Messdaten, die im Rahmen der Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung benötigt werden.
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Darüber hinaus ist aus dem Stand der Technik eine Compound-Rezeptoptimierung an Kleinstmaschinen bekannt, wobei jedoch ein Scale-Up auf produktionsnah ausgelegte Compoundiermaschinen nur eingeschränkt möglich ist.
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Das Dokument
DE 38 26 095 A1 offenbart eine Probennahmevorrichtung zur Entnahme einer Probenmenge aus einem Schmelzestrom mit einem Schmelzekanal für den Schmelzestrom und mit wenigstens einem Kolbenelement. Das Kolbenelement ist über eine Zugangsöffnung in dem Schmelzekanal quer zum Schmelzekanal bewegbar angeordnet. Das Kolbenelement wird durch den Schmelzekanal hindurch in einen Transferkanal geschoben, wobei es bei der Probennahme über die Zugangsöffnung in den Schmelzekanal eingreift. Mit dem Eintauchen des Kolbenelements in den Schmelzekanal wird bei dieser bekannten Vorrichtung der Schmelzestrom durch das Kolbenelement gestört, einhergehend mit Druckschwankungen und einer erhöhten Gefahr eines Strangabrisses.
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Aus der
DE 197 18 174 A1 ist eine Spritzgieß-Vorrichtung des Vorplastizier-Typs bekannt, die eine Plastiziervorrichtung, eine Spritzvorrichtung und eine Speichervorrichtung aufweist. Die von der Plastiziervorrichtung kommende Schmelze wird einem Speichersystem zugeführt. Zum Trennen der unterschiedlichen Verfahrensschritte ist eine Vielzahl von Ventilen erforderlich. Durch den Einsatz eines Speichersystems werden Toträume geschaffen, an denen der Kunststoff undefiniert lange verbleibt, nicht ausgespült werden kann und Folgematerial ungewollt kontaminiert wird. Diese Toträume müssen bei einem Materialwechsel folglich aufwändig gereinigt werden, was von Nachteil ist. Der Einsatz der bekannten Spritzgieß-Vorrichtung zur Herstellung von Formkörpern für die Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung ist somit zeitaufwändig und lässt eine prozessbegleitende Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung nur eingeschränkt zu.
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Aus der
DE 198 82 043 T5 ist eine Spritzgießmaschine und ein Spritzgießverfahren bekannt, wobei ein aus einem Extruder austretendes vorplastifiziertes Kunststoffmaterial einem Massevorratsdepot zugeführt wird. Dieses wird zum Zweck der Formteilherstellung geleert. Zum Verschieben der Schmelze werden mehrere Einspritzzylinder benötigt.
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Aus dem Dokument
DE 10 2007 044 617 A1 ist eine Compounder-Spritzgießmaschine bekannt, wobei die von einem Extruder kommende Schmelze in einem Zwischenspeicher gepuffert wird. Anschließend wird die gesamte Schmelzemenge verspritzt. Entlastungs- oder Verschiebevorrichtungen sorgen für einen konstanten Compoundierdruck.
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Das Dokument
DE 10 2009 057 729 A1 beschreibt das Einspritzen einer geringen Schmelzeportion mit Hilfe eines Kolbensystems, welches in eine Plastifizierschnecke integriert ist, in ein nachgeschaltetes Werkzeug. Nach dem Füllen eines Schmelzereservoirs wird der Kunststoff durch eine axiale Bewegung integrierter Kolben in das Werkzeug gespritzt.
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Das Dokument
DE 11 2004 000 054 B4 offenbart ein Verfahren zum Spritzgießen von Mehrfachformen, wobei zur Kompensation des fortwährend nachströmenden Schmelzematerials die Drehzahl eines Extruders während einer Probennahme angepasst wird. Bedingt durch die Verarbeitung bei unterschiedlichen Drehzahlen kommt es zu starken Schwankungen der Materialgüte.
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Aus dem Dokument
DE 10 2005 030 425 B4 ist ein elektrisches Spritzaggregat für eine Spritzgießmaschine bekannt, das auf dem Prinzip einer Spritze basiert. Das benötigte Volumen der Schmelze wird mittels eines beweglichen Kolbens aufgezogen und anschließend verspritzt. Zum Separieren der jeweiligen Verfahrensschritte werden Rückschlagventile eingebaut, so dass ein Schmelzerücklauf in die Verfahrenseinheit des Extruders vermieden wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Probennahmevorrichtung und ein Verfahren zur Entnahme einer Probenmenge aus einem Schmelzestrom, insbesondere aus einem Prozessschmelzestrom eines Extrusions- oder Compoundierprozesses, zur Verfügung zu stellen, die eine Probennahme insbesondere in Zusammenhang mit der Herstellung von Formkörpern als Prüflingen für die Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung in einfacher Weise, bei geringen Kosten und geringem Zeit- und Energieeinsatz ermöglichen und eine prozessbegleitende Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung mit der Möglichkeit einer sehr schnellen Prozess- und Rezepturoptimierung zulassen.
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Die vorgenannte Aufgabe wird durch eine Probennahmevorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 1 und durch ein Verfahren zur Entnahme einer Probenmenge mit einer Probennahmevorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 7 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Erfindungsgemäß wird eine Probennahmevorrichtung mit einem Schmelzekanal für den Schmelzestrom und mit wenigstens einem (Schub-)Kolbenelement vorgeschlagen, wobei der Schmelzekanal eine Eintrittsöffnung und eine Austrittsöffnung und eine zwischen der Eintrittsöffnung und der Austrittsöffnung angeordnete Zugangsöffnung für das Kolbenelement aufweist, wobei das Kolbenelement in dem Schmelzekanal quer oder geneigt zum Schmelzekanal bewegbar angeordnet ist und bei einer Probennahme über die Zugangsöffnung in den Schmelzekanal eingreift, um eine bestimmte Menge des Schmelzestroms aus einer Probennahmekavität zu verdrängen und aus dem Schmelzekanal abzuführen, wobei das Kolbenelement vor der Probennahme den Schmelzkanal durchgreift und von dem Schmelzestrom um- und/oder durchströmt wird. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist dementsprechend vorgesehen, dass der Schmelzestrom einem Folgeprozess, insbesondere zur Strangpressung und/oder zur Granulierung, zugeführt wird, ohne den Folgeprozess durch die Schmelzeentnahme zu stören, insbesondere keinen Abriss des Schmelzestroms zu bewirken, wobei eine Probenmenge aus dem Schmelzestrom mit wenigstens einem quer oder geneigt zur Strömungsrichtung des Schmelzestroms in dem Schmelzestrom bewegten Kolbenelement abgeführt und einer Weiterverarbeitung, insbesondere zur Form- und/oder Prüfkörperherstellung durch Spritzgießen, zugeführt wird. Das Kolbenelement kann vollumfänglich den Schmelzekanal durchdringen, vorzugsweise mittig im Schmelzekanal bewegbar angeordnet sein, oder den Schmelzekanal teilumfänglich schneiden und ist dann im Randbereich des Schmelzekanals angeordnet, wobei ein Bereich des Kolbenelements durch den Schmelzekanal und ein anderer Bereich durch eine Wandung der Probennahmevorrichtung geführt ist.
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Die Probennahmevorrichtung kann auf der Seite der Eintrittsöffnung des Schmelzekanals Mittel zum Anschluss an eine an sich bekannte Extrudier- oder Compoundiereinrichtung aufweisen. Auf der Seite der Austrittsöffnung des Schmelzekanals können Mittel zum Anschluss an eine Einrichtung zur Weiterverarbeitung der Schmelze, insbesondere zur Granulierung und/oder zum Strangpressen vorgesehen sein. Die aus dem Schmelzekanal unter Verwendung des Kolbenelementes abgeführte Probenmenge kann zur Herstellung von Formkörpern über eine Düse in ein nachgeschaltetes Werkzeug gedrückt werden.
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Die erfindungsgemäße Lösung ermöglicht damit die Formkörperherstellung während der industriellen Verarbeitung eines Kunststoffmaterials zu einem Produkt und zeichnet sich im Gegensatz zum bekannten Stand der Technik vor allem durch die Möglichkeit aus, aus einem laufenden Extrusions- oder Compoundierprozess eine definierte Schmelzeportion abzuführen und diese unmittelbar spritzgießtechnisch zu Formkörpern unterschiedlichster Geometrien zu verarbeiten, ohne den Folgeprozess zu stören. Die Erfindung lässt sich dabei sowohl zur prozessbegleitenden Qualitätssicherung als auch zur schnellen Prozess- und Rezepturoptimierung, beispielsweise durch Variationen von Mischungszusammensetzung und Verarbeitungsparametern, insbesondere bei der Compoundherstellung einsetzen. Beispielsweise kann aus einer Massenproduktion heraus eine prozessbegleitende Qualitätssicherung durchgeführt werden.
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Die Erfindung sieht eine invasive Schmelzeportion-Entnahme aus einem Hauptschmelzestrom vor, durch die die Herstellungszeit von Prüfkörpern verkürzt und damit die Zeit der Werkstoffcharakterisierung auf ein Minimum reduziert werden kann. Die Entnahme der Probenmenge aus dem Schmelzestrom erfolgt in diesem Zusammenhang derart, dass signifikante Auswirkungen auf den Schmelzestrom, wie Druckschwankungen, Strangabriss oder dergleichen, möglichst vollständig vermieden werden. Es ist daher nicht notwendig, nachgeschaltete Peripheriegeräte, die für die Verarbeitung des Schmelzestroms vorgesehen sind, zusätzlich zu regulieren oder gar abzuschalten. Die einem laufenden Prozessschmelzestrom mit einem Hub des Kolbenelementes entnehmbare Probenmenge kann zu diesem Zweck in einem Bereich zwischen 0,5 cm3 bis 1.000 cm3, vorzugsweise zwischen 1 cm3 und 150 cm3, liegen.
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Weiterhin ist die Bereitstellung von Rückstellmustern bei gleichzeitiger Herstellung prüfrelevanter Versuchskörper möglich. Die erfindungsgemäß hergestellten Form- und Prüfkörper können für material- oder anwendungsspezifische Untersuchungen, insbesondere unter Berücksichtigung genormter Prüfvorschriften, genutzt werden. Durch die Möglichkeit, Prüflinge sämtlicher Geometrien herzustellen, kann auf standardisierte und normierte Prüfverfahren zurückgegriffen werden.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, dass das Kolbenelement für die Probennahme aus wenigstens einer Freigabestellung in wenigstens eine Probennahmestellung bewegbar ist, wobei die Probennahmekavität in der Freigabestellung zur Befüllung mit der Schmelze mit dem Schmelzekanal verbunden ist und wobei das Kolbenelement in der Probennahmestellung in die Probennahmekavität eingreift und diese von dem Schmelzekanal trennt. Weiter vorzugsweise lässt sich das Kolbenelement in Richtung zu einer gegenüberliegenden Probennahmekavität bewegen und schließt bei Erreichen der Probennahmestellung diese gegenüber dem Schmelzekanal ab. Durch Weiterbewegung des Kolbenelementes wird der in der Probennahmekavität enthaltene Anteil der Schmelze über einen mit der Probennahmekavität verbundenen Probenkanal für eine Weiterverarbeitung der Schmelzeprobe abgeführt.
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Die Probennahmekavität stellt einen Hohlraum innerhalb der Probennahmevorrichtung dar, der über den Schmelzekanal mit einer Teilmenge des Hauptschmelzestroms befüllbar ist und dessen Volumen die bei einem Verstellhub des Kolbenelements maximal entnehmbare Probenmenge festlegt. Alternativ ist es allerdings auch möglich, dass das Kolbenelement selbst einen Hohlraum aufweist, der die Probennahmekavität ausbildet, wobei das Kolbenelement bei der Verstellbewegung innerhalb des Schmelzekanals mit einem komplementär ausgebildeten Gegenstück zusammenwirkt und wobei das Gegenstück in einer Probennahmestellung des Kolbenelements in den Hohlraum eingreift und die Probenmenge bei einer Weiterbewegung des Kolbenelementes in Richtung zum Gegenstück aus dem Hohlraum über einen Probenkanal ausdrückt.
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Um die Ausbildung von Totvolumina zu vermeiden, ist es zweckmäßig, dass das Kolbenelement die Probennahmekavität bei Erreichen einer Reinigungsstellung im Wesentlichen vollständig ausfüllen kann. Hierdurch entfällt ein aufwändiges Reinigen der erfindungsgemäßen Probennahmevorrichtung bei einem Materialwechsel.
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Um einen Nachdruck in der Probennahmekavität aufzubauen, kann vorgesehen sein, dass das Kolbenelement bei der Probennahme in eine Probennahmeendstellung gebracht wird, bei der die Probennahmekavität nicht vollständig durch das Kolbenelement ausgefüllt ist.
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Das Kolbenelement ist vorzugsweise vor, während und nach der Probennahme in einer Probennahmestellung angeordnet und wird lediglich zum Zweck der Befüllung der Probennahmekavität mit der Schmelze (kurzzeitig) von der Probennahmestellung in die Füllstellung und anschließend zum Ausdrücken der Probenmenge in die Probennahmestellung zurück bewegt.
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In der Probennahmestellung kann das Kolbenelement den Schmelzekanal durchgreifen und in die Probennahmekavität eingreifen. Das Kolbenelement ist dann zumindest bei der Probennahme in dem Schmelzestrom angeordnet und wird von der Schmelze um- oder durchströmt. Zu diesem Zweck kann der Schmelzekanal im Bereich des Kolbenelementes eine Querschnittserweiterung aufweisen und/oder es kann das Kolbenelement eine Durchgangsöffnung aufweisen. Hiermit wird gewährleistet, dass die Strömung der Schmelze im Schmelzekanal möglichst wenig durch das Kolbenelement gestört wird, wobei insbesondere ein Strangabriss des Schmelzestroms und/oder Druckschwankungen verhindert oder verringert werden. Um bei der Probennahme negative Auswirkungen auf den Schmelzestrom durch Anordnung des Kolbenelementes innerhalb des Schmelzestroms möglichst gering zu halten, kann eine Querschnittserweiterung des Schmelzekanals im Bereich des Kolbenelementes derart vorgesehen sein, dass, vorzugsweise, die bei Anordnung des Kolbenelementes in der Probennahmestellung noch durchströmbare (lichte) Querschnittsfläche (quer zur Durchströmungsrichtung) im Bereich einer Querschnittserweiterung wenigstens 80%, vorzugsweise wenigstens 90%, der minimalen Querschnittsfläche des Schmelzekanals in einem von dem Kolbenelement beabstandeten und nicht von dem Kolbenelement gestörten Bereich des Schmelzekanals entspricht. Grundsätzlich kann die Querschnittsfläche im Bereich der Erweiterung auch größer als die Querschnittsfläche des Schmelzekanals im ungestörten Bereich sein. Bei einem Schmelzekanal mit kreisförmigem Querschnitt sind die vorgenannten Werte auf den Nenndurchmesser des Schmelzekanals beabstandet von einer Durchmessererweiterung bezogen. Für den Fall, dass das Kolbenelement eine Durchgangsöffnung für die Schmelze aufweist, kann dementsprechend vorgesehen sein, dass die bei Anordnung des Kolbenelementes in der Probennahmestellung noch durchströmbare (lichte) Querschnittsfläche im Bereich des Kolbenelementes um weniger als 20%, vorzugsweise weniger als 10%, gegenüber der minimalen Querschnittsfläche des Schmelzekanals in einem von dem Kolbenelement beabstandeten und nicht von dem Kolbenelement gestörten Bereich des Schmelzekanals verringert ist. Insbesondere ist aber die Größe der Querschnittserweiterung und/oder die Größe der Durchgangsöffnung im Kolbenelement derart gewählt, dass es zu keiner Verringerung der durchströmbaren Querschnittsfläche entlang des Schmelzekanals aufgrund der Anordnung des Kolbenelementes innerhalb des Schmelzestroms kommt.
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Weiter zweckmäßig ist es, wenn das Probennahmevolumen der Probennahmekavität einstellbar ist. Hier kann ein Begrenzungselement zur Begrenzung des maximalen Füllvolumens der Probennahmekavität vorgesehen sein, das relativ zu dem Schmelzekanal bewegbar angeordnet ist. Bei dem Begrenzungselement kann es sich beispielsweise um eine Spritzdüse handeln, die bewegbar in einer Bohrung eines Grundkörpers der Probennahmevorrichtung angeordnet ist.
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Die entnommene Probenmenge wird der Weiterverarbeitung, insbesondere durch Spritzgießen, vorzugsweise ohne Zwischenspeicherung zugeführt. Speicherräume, an denen die Schmelze undefiniert lange verbleibt, nicht ausgespült werden kann und Folgematerial ungewollt kontaminiert wird, lassen sich so verhindern.
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Vorteilhaft ist weiterhin, wenn die Prüfkörperherstellung aus der Wärme des Extrusionsprozesses erfolgt, ohne dass das Kunststoffmaterial wiederholt aufgeschmolzen und dabei thermisch und physikalisch beansprucht wird. Das erfindungsgemäße Verfahren sieht in diesem Zusammenhang vor, dass die entnommene Probenmenge direkt im schmelzförmigen Zustand weiterverarbeitet wird, wobei die Temperatur der Probenmenge stets oberhalb der Erstarrungstemperatur des Kunststoffmaterials gehalten wird.
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Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die 1 bis 4 näher beschrieben. Es zeigen:
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1 eine Querschnittsansicht einer ersten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Probennahmevorrichtung, wobei ein Kolbenelement in einer Probennahmeendstellung gezeigt ist,
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2 eine Querschnittsansicht einer zweiten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Probennahmevorrichtung, wobei ein Kolbenelement in einer Probennahmeendstellung gezeigt ist,
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3 eine Querschnittsansicht einer dritten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Probennahmevorrichtung, wobei ein Kolbenelement in einer Probennahmestellung und eine verstellbare Düse in einer oberen Endlagenstellung gezeigt sind und
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4 die in 3 gezeigte Probennahmevorrichtung, wobei die Düse in einer unteren Endlagenstellung gezeigt ist.
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In 1 ist eine Probennahmevorrichtung 1 zur Entnahme einer Probenmenge aus einem Schmelzestrom 2 gezeigt, wobei der Schmelzestrom insbesondere aus einem Extrusions- oder Compoundierprozess stammt. Die Probennahmevorrichtung 1 weist einen Schmelzekanal 3 für den Schmelzestrom 2 mit einer Eintrittsöffnung 4 und einer Austrittsöffnung 5 auf. Auf der Seite der Eintrittsöffnung 4 sind Mittel 6 zum Anschluss einer Extrudier- oder Compoundiereinrichtung und auf der Seite der Austrittsöffnung 5 Mittel 7 beispielsweise zum Anschluss der Probennahmevorrichtung 1 an eine Einrichtung zur Strangpressung und/oder zur Granulierung eines Kunststoffmaterials vorgesehen. Am Schmelzkanalende besteht die Möglichkeit, eine Düse beliebiger Geometrie über die Mittel 7 anzubringen, wobei ein mögliches Austreten der Schmelze mittels Dichtringen vermieden werden kann. Die Probennahmevorrichtung 1 ist mit einer Pneumatik- oder Hydraulikeinheit oder einer sonstigen geeigneten Einheit zur Kraftaufbringung verbunden und kann mit einer Verdrehsicherung ausgestattet sein.
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Für die Entnahme einer Probenmasse aus dem in dem Schmelzekanal 3 geförderten Schmelzestrom 2 ist ein bewegbar angeordnetes Kolbenelement 8 vorgesehen. Hierzu ist das Kolbenelement 8 in eine Bohrung in einer oberen Bauteilhälfte 10 der Probennahmevorrichtung 1 eingeführt, wobei sich die Bohrung bis zum Schmelzekanal 3 erstreckt, so dass eine Zugangsöffnung für das Kolbenelement 8 geschaffen wird. Eine komplementäre Bohrung ist in einer unteren Bauteilhälfte 11 vorgesehen, in die von unten eine Spritzgießdüse 12 mit einem Verschlussmechanismus 13 eingesetzt ist. Zur Temperierung des Schmelzestroms 2 sind Heizstäbe 14 in den Bauteilhälften 10, 11 angeordnet.
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Für die Entnahme einer Probenmenge aus dem Schmelzestrom 2 wird das Kolbenelement 8 aus der in 1 gezeigten Reinigungsstellung angehoben, so dass zwischen dem unteren Ende des Kolbenelementes 8 und dem zugewandten oberen Ende der Spritzgießdüse 12 eine Probennahmekavität 15 geschaffen wird, die exemplarisch in 4 gezeigt ist. Das Kolbenelement 8 wird dabei bis zum Erreichen einer Füllstellung nach oben verfahren, in der die Probennahmekavität 15 mit dem Schmelzekanal 3 fluidisch kontaktiert ist, so dass eine definierte Menge der Schmelze in die Probennahmekavität 15 eindringen kann. Anschließend wird das Kolbenelement 8 wieder in die in 1 gezeigte Reinigungsstellung nach unten verfahren, wobei das Kolbenelement 8 bei Erreichen einer Probennahmestellung in die Probennahmekavität 15 eingreift und diese von dem Schmelzekanal 3 fluidisch trennt. Beim weiteren Verfahren des Kolbenelementes 8 nach unten in die Reinigungsstellung wird die in der Probennahmekavität 15 enthaltene Menge der Schmelze über einen Probenkanal 16 in der Spritzgießdüse 12 abgeführt und kann mit einem definiert einstellbaren Druck in die Kavität eines Formwerkzeuges zur Herstellung eines Formkörpers als Prüfling zur Charakterisierung der Eigenschaften der Schmelze eingebracht werden.
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Die dargestellte Probennahmevorrichtung 1 ermöglicht somit insbesondere eine prozessbegleitende Materialentwicklung und/oder Qualitätssicherung während eines kontinuierlich fortgesetzten Extrusions- oder Compoundierprozesses mit der Option einer direkten spritzgießtechnischen Verarbeitung der entnommenen Schmelzeportion.
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Es versteht sich, dass eine beliebige Weiterverarbeitung der Schmelzeportion möglich ist.
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Bei der in 1 gezeigten Ausführungsform weist das Kolbenelement 8 eine Durchgangsbohrung 17 auf. Während des Produktionsprozesses steht das Kolbenelement 8 in dem Schmelzestrom 2, wobei die Schmelze durch die Durchgangsbohrung 17 in dem Kolbenelement 8 hindurchströmt. Die Durchgangsbohrung 17 und der Schmelzekanal 3 sind ausgefluchtet, was jedoch nicht zwingend vorgesehen sein muss. Zunächst wird das Kolbenelement 8 in dem Schmelzekanal 3 hochgefahren, wobei der Querschnitt der Durchgangsbohrung 17 mit Anheben des Kolbenelements 8 für die Schmelze sukzessive verschlossen und die Probennahmekavität freigegeben wird. Aufgrund der Durchströmung des Kolbenelementes 8 mit der Schmelze kommt es bei Anordnung des Kolbenelements 8 im Bereich des Schmelzekanals 3 zu keiner oder lediglich zu einer vernachlässigbaren Beeinflussung des Schmelzestroms 2, wobei insbesondere Druckschwankungen oder ein Strangabriss im Schmelzestrom 2 möglichst nicht oder weitgehend minimiert auftreten. Durch die gewählten Geometrien des Schmelzekanals 3 und des Kolbenelementes 8 wird bei der Probennahme keine oder lediglich eine sehr geringe zusätzliche Scherbeanspruchung auf die Schmelze ausgeübt. Nachfolgende Peripheriegeräte sind dabei von der Probenentnahme nicht betroffen.
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Für ein vereinfachtes Ausdrücken der Kunststoffschmelze aus der Probennahmekavität 15 läuft das Ende des Kolbenelements 8 spitz aus. Damit wird die Schmelze beim Ausdrücken in das offene Volumen der Probennahmekavität 15 gelenkt. Durch eine auf der Seite des Kolbenelements 8 ebenfalls konisch geformte Düse kann verbleibendes Material im Wesentlichen rückstandsfrei aus der Probennahmekavität 15 entfernt werden. Eine vollständige Leerung des Probennahmevolumens ist möglich.
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Bei Anordnung des Kolbenelementes 8 in der Reinigungsstellung ist das festgelegte Spritzvolumen von der Spitze des Kolbenelements 8 ausgefüllt, so dass keine Toträume verbleiben, die bei einem Materialwechsel aufwändig gereinigt werden müssen.
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Die gezeigte Probennahmevorrichtung 1 lässt sich an aus dem Stand der Technik bekannte Extruder anschließen und somit dauerhaft in einen industriellen Verarbeitungsprozess einer Kunststoffschmelze integrieren. Durch das ständige Spülen der Probenentnahmevorrichtung 1 mit frischer Schmelze wird die Bildung von Zonen mit älteren Materialresten weitgehend ausgeschlossen. Ferner entfällt eine Reinigung bei einem Materialwechsel, welcher zumeist mit einem Maschinenstillstand und damit mit einem Produktionsausfall verbunden ist. Durch die gewählte Prozessführung ist der Einsatz eines Speichersystems zur Schmelzekompensation nicht nötig.
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Im Übrigen kann zur Ausbildung einer Probennahmekavität 15 auch vorgesehen sein, die Spritzgießdüse 12 abzusenken, wobei das gewünschte Volumen sukzessive freigegeben wird.
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Die Füllzeit der Probennahmekavität 15 wird neben dem eingestellten Massendurchsatz am Extruder und der Viskosität des Kunststoffmaterials durch die Stellung des Kolbenelements 8 bzw. durch die Senkgeschwindigkeit der Spritzgießdüse 12 innerhalb der Probennahmevorrichtung 1 bestimmt.
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Mit der dargestellten Probennahmevorrichtung 1 können sämtliche schmelzfähigen Kunststoffe in einem Temperaturbereich von 60°C bis 600°C verarbeitet werden. Abhängig vom Extruder können modifizierte Kunststoffe mit Füllgeraden von 1% bis 90% hergestellt werden. Der maximale Einspritzdruck richtet sich dabei nach der Geometrie des Kolbenelementes 8. Es besteht die Möglichkeit, Formkörper unterschiedlichster Geometrien mit einem Volumen von vorzugsweise 1 cm3 bis 150 cm3 zu verspritzen. Es versteht sich, dass die vorgenannten Werteangaben nicht beschränkend auszulegen sind.
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In 2 ist eine alternative Ausführungsform einer Probennahmevorrichtung 1 gezeigt. Funktionsgleiche Bauteile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Der zuvor beschriebene Probenentnahmeprozess ist identisch. Bei der in 2 dargestellten Ausführungsform ist es jedoch so, dass die Schmelze nicht durch das Kolbenelement 8 hindurchgeführt wird, sondern entlang eines Ringspaltes 18 zwischen dem Kolbenelement 8 und dem Schmelzekanal 3 um das Kolbenelement 8 herumgeführt wird. Der Ringspalt 18 wird gebildet durch eine Erweiterung des Schmelzekanals 3 im Bereich des Kolbenelementes 8.
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Gemäß 2 weist die untere Bauteilhälfte 11 eine Bohrung auf, die sich bis zu dem Schmelzekanal 3 erstreckt und in die eine Hülse 18a eingesetzt ist. Gegen die Hülse 18a liegt die Spritzgießdüse 12 von unten an. Die Probennahmekavität 15 entsteht beim Hochfahren des Kolbenelementes 8 aus der in 2 gezeigten Endstellung in eine angehobene Stellung, wobei die Probennahmekavität 15 seitlich durch die Hülse 18a und nach unten durch die Spritzgießdüse 12 begrenzt wird. Es versteht sich, dass nicht zwingend eine Hülse 18a vorgesehen sein muss.
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Bei der in den 3 und 4 gezeigten Ausführungsform einer Probenentnahmevorrichtung 1 lässt sich das Füllvolumen der Probennahmekavität 15 durch eine Bewegung der Spritzgießdüse 12 definiert einstellen. Die Spritzgießdüse 12 stellt dabei ein Begrenzungselement für das Kolbenelement 8 dar. In 3 ist die Spritzgießdüse 12 in einer oberen Endstellung gezeigt, wobei die Spitze des Kolbenelementes 8 gegen die Spritzgießdüse 12 anliegt und somit das Füllvolumen der Probennahmekavität stark reduziert oder sogar auf Null reduziert ist. 4 zeigt die Probennahmevorrichtung 1 bei Anordnung der Spritzgießdüse 12 in einer unteren Endstellung, wobei das Volumen der Probennahmekavität 15 einen Maximalwert annimmt.
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Folgende Verarbeitungs- und Maschinenparameter können mit den dargestellten Probennahmevorrichtungen
1 eingestellt werden:
| Minimum | Maximum |
Temperaturbereich [°C] | 60 | 600 |
vorzugsweise | 120 | 400 |
Druck [bar] | 50 | 3500 |
vorzugsweise | 100 | 2500 |
Füllzeit [s] | 0,5 | 240 |
vorzugsweise | 1 | 150 |
Probennahmevolumen [cm3] | 0,1 | 300 |
vorzugsweise | 1 | 150 |
Massendurchsatz [kg/h] | 1 | 2000 |
vorzugsweise | 3 | 1500 |
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Das gewählte Probennahmevolumen sollte zum Zwecke des Nachdruckes stets größer sein als das Prüfkörpervolumen.
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Als Füll- und Grundwerkstoffe für die Polymerschmelze 2 können beispielsweise folgende Materialien eingesetzt werden:
- – sämtliche aufschmelzbare Polymere
- – sämtliche fließfähige oder lokalisierbare Elastomermischungen
- – sämtliche gebräuchliche und neuartige Füllstoffe
- – sämtliche gefüllte und modifizierte Compounds
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Es versteht sich, dass die zuvor beschriebenen und in den 1 bis 4 gezeigten Merkmale bedarfsweise miteinander kombiniert werden können, auch wenn dies nicht im Einzelnen ausdrücklich beschrieben ist.
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Es versteht sich ferner, dass das Kolbenelement 8 auch in eine Probennahmeendstellung gebracht werden kann, in der das Kolbenelement 8 die Probennahmekavität 15 nicht vollständig ausfüllt, sich also noch nicht in der Reinigungsstellung befindet. Dadurch wird ein ausreichender Nachdruck erzeugt, was sich vorteilhaft auf die Güte eines hergestellten Prüfkörpers auswirkt. Anschließend wird dann das Kolbenelement 8 in die Reinigungsstellung verfahren und der in der Probennahmekavität 15 noch enthaltene Schmelzerest ausgedrückt.
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Der Durchmesser des Kolbenelementes 8 kann im Übrigen auch deutlich kleiner als der Durchmesser des Schmelzekanals 3 sein.