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Stand der Technik
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Der Gewichtsbereich von Kunststoffformteilen, die im Spritzgießverfahren hergestellt werden, erstreckt sich von weniger als einem Milligramm bis deutlich in den zweistelligen Kilogrammbereich. Je nach erforderlichem Schussgewicht für die Herstellung eines oder mehrerer Formteile in einem Zyklus kommen daher Spritzgießmaschinen verschiedenster Baugrößen zum Einsatz. Die geeignete Maschinengröße wird einerseits durch die erforderlichen Schließkräfte zum Zuhalten des Spritzgießwerkzeugs und andererseits durch das Schussvolumen bestimmt, das zum Füllen der Kavität vonnöten ist. Aus dem Schussvolumen leitet sich ein Bereich passender Durchmesser des Plastifizierzylinders und der entsprechenden Plastifizierschnecke ab.
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Bei der Plastifizierung in üblichen Plastifiziereinheiten für Spritzgießmaschinen oder bei Schneckenextrudern wird das Material in einem beheizten Zylinder durch die sich im Zylinder drehende Schnecke von der Materialzuführung in Richtung der Schneckenspitze gefördert. Die hierbei auftretende Scherung/Dissipation trägt hauptsächlich dazu bei, den Werkstoff zu erwärmen und aufzuschmelzen. Aus dem zunächst festen Material wird von der Einfüllöffnung im Zylinder bis zur Schneckenspitze zunehmend Schmelze erzeugt, die vollständig aufgeschmolzen und homogenisiert zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung steht.
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Für extrudierte Produkte wird sie, meist auch unter Zuhilfenahme weiterer Vorrichtungen, kontinuierlich durch ein Werkzeug ausgetragen. Beim Spritzgießen hingegen ist eine zusätzliche axiale Bewegung notwendig, um die Schmelze unter hohem Druck in ein Werkzeug zu injizieren. Zu diesem Zweck wird die beim Plastifizieren aufbereitete Schmelze zunächst vor der Schnecke im Plastifizierzylinder gesammelt. Dieses Schmelzereservoir vergrößert sich durch die beim Plastifizieren gegen axialen Druck zurückbewegte Schnecke, bis ein zuvor eingestelltes Volumen erreicht ist. Durch anschließendes Vorfahren der Schnecke wird die Schmelze aus dem Reservoir in das Werkzeug eingespritzt. Ein Zurückfließen der Schmelze über die Schnecke wird durch eine geeignete Rückstromsperre verhindert. Diese stellt sicher, dass die Schnecke für diese Prozessphase im Sinne eines Kolbens arbeitet. Man bezeichnet diese Art der Konfiguration auch als Kolbenschnecke.
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Für die Verarbeitung thermoplastischer Materialien sind die eingesetzten Schnecken üblicherweise so gestaltet, dass die Gangtiefe der Schneckengänge zur Spitze hin abnimmt, wodurch das Material eine Kompression erfährt. Für vernetzende Formmassen ist in der Regel keine so starke Kompression erforderlich, weswegen die Gangtiefe meist konstant bleibt, beispielsweise bei der Verarbeitung von Flüssigsilikonen (LSR).
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In der Mischtechnik oder speziell zur Aufbereitung von Kunststoff-Compounds ist bekannt, dass sich mit innen in den Zylinder eingebrachten Nuten verschiedenster Ausführungsformen besondere Förder- und Mischeffekte erzielen lassen.
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Eine besonders kurze Bauart für einen Extruder lässt sich auf diese Weise mit der Lösung aus /1/ erzielen, bei der sowohl in die Schnecke als auch innen in den Plastifizierzylinder gleichsinnig gewundene Schneckengänge („Nuten”) eingebracht sind. Die Gangtiefe der im Zylinder befindlichen Schneckengänge nimmt entlang der Achse kontinuierlich ab, während die Gangtiefe auf der Schnecke entsprechend zunimmt. Der Kunststoff wird mit dieser Vorrichtung in erster Linie aufgrund der radial verlagerten Zone maximaler Scherung sehr effizient aufgeschmolzen und steht im Weiteren zur Extrusion oder zum Spritzgießen zur Verfügung. Als alleinstehendes Einspritzaggregat ist diese Vorrichtung nicht einsetzbar, da die Einspritzfunktion, das heißt die axiale Bewegung der Schnecke als Kolben, nicht integriert ist.
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Beim Spritzgießen besteht bei kleinen Schussvolumina (< 2 cm3) das Problem, dass die üblicherweise eingesetzten Schneckenmaschinen an die Grenzen ihres geeigneten Arbeitsbereichs stoßen. Da die Schnecken aus Gründen der Geometrie und der Festigkeit nicht beliebig klein gebaut werden können (ca. ⌀ 8–12 mm), steht das pro Zyklus im geeigneten Verarbeitungsbereich der Schnecke zur Verfügung gestellte Schmelzevolumen in einem äußerst ungünstigen Verhältnis zum tatsächlich für das Formteil benötigten Schussvolumen.
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Aus dieser Sachlage ergben sich folgende Nachteile:
- • Auch eine kleine Verfahrbewegung der Schnecke erzeugt einen im Verhältnis zum Gesamt-Schussvolumen gesehen großen Volumenstrom. Selbst kleine unvermeidbare verfahrens- und regelungstechnisch bedingte Ungenauigkeiten in den Verfahrbewegungen verursachen verhältnismäßig große Volumenstrom- und damit Prozessschwankungen.
- • Die Kompressibilität des großen Schmelzevolumens hat zur Folge, dass die Formteilfüllung nicht unmittelbar zu kontrollieren ist. Auch wirkt der aufgebrachte Nachdruck erst verspätet im Formnest, was insbesondere bei der Herstellung von Kleinstbauteilen mit kurzen Kühlzeiten als kritisch anzusehen ist.
- • Die Verweilzeit der Schmelze im Plastifizieraggregat ist äußerst lang. Die lange Wirkdauer hoher Temperaturen verursacht meist eine vom Werkstoff abhängige thermische Polymerschädigung.
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Aus diesen Gründen sind in der vergangenen Zeit eine ganze Reihe von Lösungen auf dem Gebiet des Spritzgießens von Klein- und Kleinstbauteilen erfunden worden, die den potenziellen Nutzern eine geeignete Maschinentechnik zur Verfügung stellen sollen. Das Ziel der Konzepte ist grundsätzlich, den Durchmesser des Einspritzsystems möglichst gering zu halten sowie die Verweilzeit des Materials im Plastifizieraggregat zu minimieren. Im Folgenden sind die derzeit hauptsächlich anzutreffenden Ansätze beschrieben.
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An vielen Stellen wird der Durchmesser des Einspritzsystems verringert, indem anstelle der Kolbenschnecke ein Einspritzkolben eingesetzt wird. Einspritzkolben können im Durchmesser nahezu beliebig klein ausgeführt werden, wodurch im Hinblick auf die während einem Zyklus bewegte Schmelzemenge eine bessere Prozessführung und -kontrolle erzielt wird.
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Der Einsatz eines Einspritzkolbens anstelle der Kolbenschnecke bedingt jedoch üblicher Weise, dass eine zusätzliche Funktionseinheit für die Plastifizierung des Kunststoffs benötigt wird, da der Einspritzkolben meist ausschließlich die Funktion des Einspritzens übernimmt.
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Es sind in diesem Zusammenhang Systeme unterschiedlichster Konfiguration erdacht worden: Bei einer Vielzahl von Lösungen wird das Einspritzsystem um eine in einem separaten Zylinder angeordnete Plastifizierschnecke erweitert, die sich entweder ausschließlich dreht oder zusätzlich noch einen Hub ausführt und die Schmelze vor den eigentlichen Einspritzzylinder fördert, wie beispielsweise in /2/ gezeigt. Es kann üblicherweise ebenfalls ein zweiter Kolben zwischen Einspritzkolben und Plastifizierschnecke vorgesehen werden, mit welchem das benötigte Schmelzevolumen genau dosiert wird.
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In den Vorrichtungen aus /3/ und /4/ wird die Kolbeneinspritzung mit einer Plastifizierschnecke in einem einzelnen Zylinder integriert; diese beiden Elemente sind also koaxial angeordnet. Allerdings lassen sich auch mit diesen Lösungen nicht alle Nachteile umgehen: In /3/ ist eine Nadel in einer hohlen, bis auf eine Minimalbewegung lediglich drehbaren Schnecke angeordnet. Während der Plastifizierung fördert die Schnecke Schmelze in ein Reservoir vor Schnecke und Nadel, in welches die Nadel dann beim Einspritzen einfährt und Schmelze ins nachgeschaltete Werkzeug verdrängt. Bei diesem Konzept ist vor allem die auftretende Leckage an der Passfläche von Nadel und Hohlschnecke als hinderlich zu sehen, aber auch, dass die Nadel prinzipbedingt nicht eng im Hohlraum verfahren kann und so auch hier vor allem beim Verändern der Prozessparameter nicht reproduzierbare Prozessbedingungen zu erwarten sind. In /4/ wird der Durchmesser der Einspritzeinheit verringert, indem der vordere Teil der Schnecke vor der Rückstromsperre als Kolben mit einem geringeren Durchmesser als der Bereich mit den Schneckengängen ausgeführt ist. Der Kolbenbereich taucht während der Einspritzbewegung in einen entsprechend kleineren Teil des Plastifizieraggregats ein, um die ins Werkzeug bewegten Schmelzemengen zu verringern. Allerdings entsteht beim Einspritzen durch den Durchmessersprung ein überflüssiger Volumenstrom im hinteren Teil der Schnecke, was als gravierender Nachteil anzusehen ist. Die überflüssige Schmelze wird im größeren Teil des Plastifizierzylinders abgezweigt und entweder für den nächsten Schuss zwischengespeichert, oder aber ins Freie abgeführt. Als Nachteile dieser Lösung sind ferner zu sehen, dass sich zum einen nicht flexibel auf unterschiedliche benötigte Schussvolumina reagieren lässt, zum anderen sich lange Verweilzeiten der Schmelze einstellen. Ein Abführen überflüssiger Schmelze stellt insbesondere bei teuren Materialien einen im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit nicht vertretbaren Ansatz dar.
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Auf eine Schnecke kann auch vollkommen verzichtet werden, wie in /5/, /6/ und /7/ beschrieben, wo ein Plastifizierkolben die bereitete Schmelze vor den Einspritzkolben fördert. Die Schmelzebereitung erfolgt dann fast vollständig über Wärmeleitung. Allerdings muss in diesem Fall auf die guten Homogenisierungseigenschaften einer Schnecke verzichtet werden. Als nachteilig ist auch zu sehen, dass ein reiner Dosierkolben in einigen Fällen anders als der Einspritzkolben getaktet werden muss und somit nicht vor jedem Zyklus identische Startbedingungen vorliegen.
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Grundsätzlich wird eine Kolbeneinspritzung vielerorts noch kritisch bewertet, da prinzipbedingt ein minimaler Spalt zwischen Zylinder und Kolben vorhanden ist, durch den Schmelze gedrückt wird. Eine engere Passung, welche diesen Leckagestrom verringert, bedingt jedoch einen höheren Verschleiß und damit eine Gefährdung der Zuverlässigkeit des Systems.
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Die beschriebenen Nachteile haben dazu geführt, dass der überwiegende Teil der beschriebenen Systeme bislang keine große Akzeptanz bei den Anwendern gefunden hat.
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Hinsichtlich der erläuterten Nachteile will die Erfindung Abhilfe schaffen. Die Erfindung hat die Aufgabe, das Spritzgießen von Formteilen vornehmlich geringen Schussgewichts deutlich zu verbessern. Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen der Patentansprüche 9-9 sowie einer Vorrichtung hierzu mit den Merkmalen der Patentansprüche 1–7 gelöst.
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Die Vorrichtung kennzeichnet, dass die Schneckengänge, die üblicher Weise außen auf Kolbenschnecken verlaufen, auf der Innenfläche des Plastifizierzylinders eingebracht sind. Zylinder und Kolben der Vorrichtung sind relativ zueinander drehbar und auch axial gegeneinander verschiebbar, um sowohl die Plastifizierfunktion als auch die Einspritzfunktion erfüllen zu können. Für die relative Drehbewegung kann sowohl der Zylinder als auch der Kolben oder beide angetrieben sein. Der Kolben, der in der Innenschecke untergebracht ist, ist vorzugsweise zylindrisch glatt ausgeführt. Die Vorrichtung gestattet es, die guten Aufschmelz- und Homogenisierungseigenschaften einer Schneckenplastifizierung zu erhalten, gleichzeitig jedoch die bessere Genauigkeit einer Kolbeneinspritzung zu nutzen. Indem der Durchmesser des Systems herabgesetzt wird, kann zum einen bei Verkleinerung der gesamten plastifizierten Masse mit dem Kolben ein hochgenauer Einspritzvorgang realisiert werden. Zum anderen wird ein optimales Verhältnis von bereiteter Schmelzemenge zum tatsächlich benötigten Volumen gewährleistet, wodurch die Gefahr einer Materialschädigung deutlich vermindert wird. Die Leckageproblematik einer reinen Kolbeneinspritzung wird zudem umgangen, da am Kolben ungewollt vorbei gedrückte Schmelze nicht ins Freie entweicht, sondern lediglich zurück in den Plastifizierzylinder gelangt. Somit können die bekannten Vorteile der Schneckenplastifizierung genutzt werden (homogenes Aufschmelzen) und dabei die fertigungstechnischen Limitationen bezüglich der realisierbaren Schneckendruchmesser umgangen werden.
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Beschreibung der Erfindung
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Im Folgenden wird unter Bezugnahme auf die Zeichnung ein vorteilhaftes Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Plastifiziermaschine sowie ein erfindungsgemäßes Verfahren näher erläutert:
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Es zeigt 1 ein Plastifizieraggregat mit den zugehörigen Komponenten. Erfindungsgemäß besitzt das Plastifizieraggregat einen Zylinder (2a) mit innen eingebrachten Schneckengängen (2b). Im Zylinder befindet sich mindestens ein einteiliger oder mehrteiliger Rundkörper (3), vorzugsweise ein glatter Kolben, der in Relativbewegung drehbar, aber auch axial verschiebbar gegenüber dem Hohlzylinder ist, und der optional in eine vor dem Hohlzylinder angebrachte Hülse (5) einfährt. Der Kunststoff wird über eine Aussparung im Zylinder (1) den Schneckengängen zugeführt. Dabei handelt es sich um die bevorzugte, aber nicht einzige Möglichkeit zur Zuführung des Werkstoffs. Der erfindungsgemäße Plastifizierzylinder sowie die Hülse können über bekannte Temperierelemente (6), zum Beispiel Keramikheizbänder, temperiert sein.
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Die Plastifizierung und die Förderung des Kunststoffs erfolgt, indem der innere Rundkörper gegenüber dem erfindungsgemäßen Plastifizierzylinder mit den innenliegenden Schneckengängen gedreht wird. Es können sowohl der Plastifizierzylinder als auch der innere Rundkörper des Plastifizieraggregats oder beide angetrieben sein. Durch die Förderwirkung der Schneckengänge gemeinsam mit der Drehbewegung wird der zunächst feste Kunststoff in Richtung der Düse (4) gefördert und schmilzt dabei auf. Die Schmelze gelangt infolge der Förderbewegung am Ende des inneren Rundkörpers vor selbigen. Durch den sich aufbauenden Druck wird der innere Rundkörper nach hinten gedrückt, sodass sich ein Schmelzereservoir (7) bildet oder vergrößert. Je nach Verfahrensgestaltung kann sich dieses Schmelzereservoir vollständig, teilweise oder gar nicht im Bereich des Zylinders, sondern in angeschlossenen Bauelementen wie z. B. einer Düse befinden. Ist die gewünschte Menge Schmelze plastifiziert, wird diese durch eine axiale Bewegung des inneren Rundkörpers in ein nachgeschaltetes Werkzeug (8) injiziert, um ein Formteil aus Kunststoff (9) auszuformen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Materialzuführung
- 2
- Hohler Plastifizierzylinder 2a mit auf der Innenseite eingebrachten Schneckengängen 2b
- 3
- Rundkörper
- 4
- Düse
- 5
- Hülse
- 6
- Heizungen
- 7
- Reservoir
- 8
- Werkzeug
- 9
- Formteil aus Kunststoff