DE102012007558A1 - Gabe substituierter bis-aryl-harnstoffderivate zur behandlung von anämien - Google Patents
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Abstract
Gabe substituierter Bis-Aryl-Harnstoffderivate der allgemeinen Struktur (1) zur Behandlung von Anämien Gemeinsames Therapiemerkmal einer Vielzahl von Anämien ist häufig die z. T. lebenslange Gabe von Bluttransfusionen zur Erhöhung des Hämoglobinwertes in Kombination mit der Gabe von Chelatbildnern, die verhindern, dass die Anlagerung übermäßiger Mengen Eisen in verschiedensten Organen zu weiteren Folgeschäden führt. Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Identifikation von Molekülstrukturen, bei deren Gabe die Ausprägung der Symptome einer Anämie besonders wirksam unterdrückt werden können, so dass die Lebensqualität der Betroffenen durch signifikant verringerte Bluttransfusionssequenz und verbesserte Eisenausschleusung erheblich verbessert wird. Gelöst wird das Problem durch die Gabe substituierter Bis-Arylharnstoffderivate der Struktur (1), die auf intramolekularer Ebene sowohl eine Diaryl-Harnstoffstruktur besitzen als auch eine Elektronenakzeptor-substituierte Pyridin-Struktur. Die Gabe von Bis-Arylharnstoffderivaten der allgemeinen Struktur (1) ist besonders vorteilhaft bei Thalassämie, Sichelzellanämie und Diamond-Blackfan-Anämie zur Verringerung der Bluttransfusionsfrequenz. Struktur (1)
Description
- Thalassämien sind Erkrankungen der roten Blutkörperchen, bei denen Gendefekte auf dem Chromosom 16 (α-Thalassämie) oder dem Chromosom 11 (β-Thalassämie) dafür sorgen, dass Hämoglobin nicht ausreichend gebildet oder verstärkt abgebaut wird.
- Während die meisten Mutationen rezessiv vererbt werden und die heterozygoten Mutationsträger meist keine klinischen Symptome aufweisen (Thalassemia minor), sondern sogar als Träger vor der tödlichen Blutarmut einer Malaria-Infektion aufgrund ihrer erhöhten Zahl roter Blutkörperchen besser geschützt sind, sind die homozygoten Mutationsträger sehr krank.
- Die an Thalassämia major Erkrankten sind aufgrund ihrer pathologisch erniedrigten Hämoglobinkonzentration im Blut angewiesen auf lebenslange Bluttransfusionen, mit denen in der Regel alle zwei bis sechs Wochen der Hämoglobinmangel ausgeglichen wird.
- Aufgrund erhöhter Eisenaufnahme aus der Nahrung über den Darm und der zusätzlichen therapiebedingten Eisenüberladung durch externe Zuführung von Bluttransfusionen kommt es zu Ablagerungen von Eisen in Herz, Leber, Bauchspeicheldrüse und Hirnanhangdrüse, so dass eine Eisen-ausschleusende Chelat-Therapie notwendig ist.
- Die einzig heilende Behandlungsform der Thalassämia major ist eine Stammzellentransplantation, bei der nach Zerstörung des ursprünglichen Knochenmarks durch Strahlen- oder Chemotherapie das Knochenmark durch das eines Spenders ersetzt wird. Wegen der Vielzahl möglicher Komplikationen ist diese Vorgehensweise jedoch nicht ungefährlich.
- Bei der Sichelzellanämie liegt eine angeborene Veränderung im Hämoglobin vor, die einen schnelleren Abbau der roten Blutkörperchen bewirkt.
- Sogenannte Sichelzell-Krisen, die z. B. durch Sauerstoffmangel bei körperlicher Anstrengung hervorgerufen werden können, sind akute Phasen, in denen innerhalb kurzer Zeit viele Erythrozyten ihre Form ändern und verklumpen, so dass es zu schweren Langzeitschäden in verschiedensten Organen kommen kann.
- Die Diamond-Blackfan-Anämie ist eine angeborene Form schwerer chronischer Blutarmut. Einige Patienten müssen ein Leben lang alle 3–6 Wochen mit oben beschriebenen, z. T. schweren Nebenwirkungen transfundiert werden, bei anderen hilft die Gabe von Steroiden, den Hämoglobinwert zu verbessern. Die Nebenwirkungen erhöhter Steroidgabe können jedoch Wachstumshemmung, Osteroporose oder Muskelschwund sein.
- Zur Linderung der durch oben genannte Fehlbildungen hervorgerufenen Beschwerden existieren nach dem Stand der Technik Verbindungen, die entweder helfen, die Sympthome zu vermindern und/oder über die Chelatisierung von Eisen bei der Gabe von Bluttransfusionen dafür sorgen, dass überschüssiges Eisen dem Körper entzogen wird und Folgeschäden am Organismus verringert oder vermieden werden.
- Unter dem Handelsnahmen Siklos® ist seit 2007 Hydroxycarbamid (Hydroxyharnstoff) im Rahmen der Orphan-Medikamentierung zur Bekämpfung der Sympthome der Sichelzellkrise zugelassen. Hydroxyharnstoff ist in der Lage, die Anzahl der Sichelzellkrisen ebenso wie deren Auswirkungen zu minimieren und die Zahl notwendiger Bluttransfusionen in Einzelfällen signifikant herabzusetzen.
- In
GB 2 290 235 A - In
WO 97/45400 - Diese Verbindungen verhindern eine erhöhte Kationen-Permeabilität von Sichelzellen und daraus resultierende Kationenverarmung und Dehydrierung durch Blockade des gleichzeitigen Ausströmens von Chloridionen, die notwendig ist, um Elektroneutralität zu wahren.
- Eine den in der
WO 97/45400 - Insbesondere bei Leber- und Nierenzellcarcinom hat sich der Multikinasehemmer als wirksam erwiesen und ist inzwischen zugelassen, unter anderem auch zur Bekämpfung hepatocellulärer Carcinome (HCC), dem am weitesten verbreiteten Typ von Leberkrebs.
- Für eine die Transfusionstherapie begleitende Chelattherapie zur effektiven Ausschleusung überschüssigen Eisens aus dem Körper können unter anderem 3-Hydroxypyridin-4-on und Derivate eingesetzt werden, wie z. B. von Tillbrook und Dobbin in der
EP 0619808 beschrieben. - Diese und ähnliche Verbindungen werden unter anderem auch als Antiaggregationsmittel für Blutplättchen, z. B. bei der Behandlung von Thrombose, verwendet.
- Da sowohl Transfusion als auch Chelation insbesondere bei β-Thalassämiepatienten ein Leben lang im Rhythmus von 3–6 Wochen durchgeführt werden müssen, ist die Lebensqualität der Betroffenen signifikant erniedrigt.
- Aufgabe der vorliegenden Erfindung war die Identifikation von Molekülstrukturen, bei deren Gabe die Ausprägung der Symptome einer Anämie, insbesondere einer Thalassämie, Sichelzellanämie und Diamond-Blackfan-Anämie besonders wirksam unterdrückt werden können, so dass die Lebensqualität der Betroffenen durch signifikant verringerte Bluttransfusionssequenz und verbesserte Eisenausschleusung erheblich verbessert wird.
- Gelöst wird das Problem durch die Gabe substituierter Bis-Arylharnstoffderivate der Struktur (1), die auf intramolekularer Ebene sowohl eine Diaryl-Harnstoffstruktur besitzen als auch eine Elektronenakzeptor-substituierte Pyridin-Struktur.
- Bekannter Vertreter einer solchen Struktur ist Sorafenib, das in seiner Zubereitungsform als Tosylat (Handelsname Nexavar®) zu einer deutlich verringerten Transfusionsfrequenz und damit zu einer signifikant gesteigerten Lebensqualität des an β-Thalassämie leidenden Patienten führen kann.
- Gegenstand der Erfindung ist somit der Einsatz von Diaryl-Harnstoffen und Derivaten der allgemeinen Formel (1) zur Behandlung der Thalassämie, Sichelzellanämie, Diamond-Blackfan-Anämie und verwandter Blutkrankheiten.
- Hierbei sind
X1 Halogen X2 Halogen R1, R2 vorzugsweise H, Alkyl- R3, R4, R5 vorzugsweise H, Alkyl- R6, R7, R8, R9 vorzugsweise H, Alkyl- Y N, O, S R10, R12 vorzugsweise H, Alkyl- R11 vorzugsweise H, Alkyl-, COR13 R13 NHR14, N(R14)2, OR14 mit R14 vorzugsweise H, CH3, Alkyl- - Halogen steht für Fluor, Chlor, Brom und Jod, vorzugsweise für Fluor, Chlor und Brom.
- Des weiteren sind Gegenstand der vorliegenden Erfindung Arzeneimittel, enthaltend eine erfindungsgemäße Verbindung und einen oder mehrere weitere Hilfs- oder Wirkstoffe, insbesondere in Form eines physiologisch annehmbaren Salzes, zur Behandlung der Thalassämie, Sichelzellanämie, Diamon-Blackfan-Anämie und verwandter Blutkrankheiten. Die Salze können mit physiologisch annehmbaren Säuren oder Basen gebildet werden.
- Bevorzugte Salze sind Tosylate obiger Verbindungen, insbesondere das unter dem Handelsnamen Nexavar® erhältliche Produkt.
- Die erfindungsgemäßen Verbindungen können systemisch und/oder lokal wirken und auf geeignete Weise appliziert werden, z. B. oral, parenteral, pulmonal, nasal, sublingual, lingual, buccal, rectal, dermal, transdermal, conjunctival, otisch oder als Implantat.
- Bevorzugt ist die orale Gabe der Verbindung in kristallisierter und/oder amorphisierter und/oder gelöster Form als Bestandteil von Tabletten, Filmen, Oblaten, Kapseln, Dragees, Pulvern, Emulsionen, Suspensionen, Aerosolen oder Lösungen.
- In Tabletten ist die aktive Verbindung mit einem oder mehreren geeigneten Trägern kombiniert. Die Tabletten enthalten dabei bevorzugt zwischen 5 und 80% der aktiven Verbindung.
- Die tägliche Dosis der Wirksubstanz kann von 0,1 bis 300 mg/kg Körpergewicht betragen.
- Weiterhin ist Gegenstand der Erfindung die Gabe oben genannter Verbindungen in Kombination mit anderen Harnstoffderivaten wie Siklos® und/oder Chelatbildnern wie Deferoxamin, wenn die alleinige Gabe genannter Medikamente die gewünschten Effekte nicht oder nicht im selben Ausmaß hervorruft (Kombinationstherapie).
- ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
- Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
- Zitierte Patentliteratur
-
- GB 2290235 A [0011]
- WO 97/45400 [0012, 0014]
- EP 0619808 [0016]
- Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- clinicaltrials.gov/ct2/results?term=nexavar [0014]
Claims (8)
- Einsatz von Diarylharnstoff-Derivaten zur Behandlung der Sympthome von Anämien, wobei Verbindungen der allgemeinen Struktur (1) verabreicht werden.
- Einsatz von Verbindungen nach Anspruch 1 zur Behandlung der Sympthome einer Thalassämie.
- Einsatz von Verbindungen nach Anspruch 1 zur Behandlung der Sympthome einer Sichelzellanämie.
- Einsatz von Verbindungen nach Anspruch 1 zur Behandlung der Sympthome einer Diamond-Blackfan-Anämie.
- Einsatz von Verbindungen nach einem der vorgenannten Ansprüche, wobei Salze von Diarylharnstoff-Derivaten der allgemeinen Formel (1) zur Behandlung der Sympthome von Anämien verabreicht werden.
- Einsatz von Verbindungen nach einem der vorgenannten Ansprüche, wobei Tosylate von Diarylharnstoff-Derivaten der allgemeinen Formel (1) zur Behandlung der Sympthome von Anämien verabreicht werden.
- Einsatz von Sorafenib (Handelsname des Tosylates: Nexavar®) nach einem der vorgenannten Ansprüche zur Behandlung von Anämien.
- Einsatz von Verbindungen nach einem der vorgenannten Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gabe in Kombination mit anderen Harnstoffderivaten und/oder Chelatbildnern zur Behandlung der Sympthome von Anämien verabreicht wird, wenn die Gabe letzterer allein einen geringeren oder nicht den gewünschten therapeutischen Effekt hervorruft (Kombinationstherapie).
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