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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Lenkung der Räder wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs.
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Zum Manövrieren sind aus der Praxis bekannte Fahrzeuge mit wenigstens einer lenkbaren Fahrzeugachse ausgeführt, deren Aufbau unter anderem von der Antriebsart des Fahrzeugs sowie von der Art der Radaufhängung abhängig ist. Dabei werden grundsätzlich Lenkbewegungen des Fahrers bzw. eine fahrerseitige Lenkanforderung über ein Lenkrad, eine Lenksäule, ein Lenkgetriebe und eine aus mehreren über Gelenke miteinander verbundenen Bauteilen bestehende Verschwenkkinematik auf die Räder der lenkbaren Fahrzeugachse übertragen, so dass die Räder der lenkbaren Fahrzeugachse bezüglich einer zu einer Geradeausfahrt äquivalenten Position heraus verschwenkbar ausgeführt sind.
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Fahrzeuge mit angelenkten Rädern werden nach dem Prinzip der Achsschenkellenkung oder der Drehschemellenkung gelenkt. Bei der Drehschemellenkung werden die gelenkten Räder einer Achse durch eine Verschwenkung der gesamten Achse um einen Drehpunkt auf Höhe der Fahrzeuglängsachse gedreht. Diese Art der Lenkung ist insbesondere bei zweiachsigen Anhängern häufig anzutreffen und stellt wegen der Koaxialität der Radachsen der gelenkten Fahrzeugachse auf konstruktiv besonders einfache Weise sicher, dass die sogenannte Ackermannsche Bedingung erfüllt ist, nach der sich die verlängerten Radachsen der Fahrzeugachsen in einem Punkt treffen müssen, um ein seitliches Gleiten der Räder auf dem Untergrund zu vermeiden. Im Fall eines Fahrzeugs mit einer ungelenkten Hinterachse und einer nach dem Drehschemelprinzip gelenkten Vorderachse ist dieser Punkt der Schnittpunkt der Verlängerung der Hinterachse mit der Verlängerung der Radachsen der Vorderachse. Anschaulich bedeutet dies, dass sämtliche Räder eine Kreisbahn um diesen Schnittpunkt beschreiben. Dementsprechend klein sind der Verschleiß der Bereifung und die Kräfte auf die Radaufhängung.
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Die Drehschemellenkung benötigt allerdings zum Verschwenken der gesamten gelenkten Achse gegen die Längsachse des Fahrzeugs für starke Lenkeinschläge einen sehr großen Bauraum. Zudem wandert der Aufstandspunkt der Räder auf dem Untergrund mit zunehmendem Lenkeinschlag stark in Richtung zur Längsachse des Fahrzeugs, woraus sich eine erhebliche Kippneigung ergeben kann. Aufgrund dieser gravierenden Nachteile wird die Drehschemellenkung bei aktiv gelenkten Fahrzeugen nur vereinzelt eingesetzt.
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Die Achsschenkellenkung ist als Einzelradlenkung nicht auf die Verschwenkung der gesamten gelenkten Achse angewiesen, beansprucht gegenüber der Drehschemellenkung daher einen geringeren Bauraum und zeichnet sich durch eine geringere Kippneigung bei starken Lenkeinschlägen aus. Bei einer Achsschenkellenkung wird jedes Rad der lenkbaren Fahrzeugachse um eine eigene Lenkdrehachse verschwenkt, die an den den Rädern zugewandten Enden einer zwischen den Rädern der lenkbaren Fahrzeugachse in Fahrzeugquerrichtung verlaufenden Achse angeordnet sind. Die Lenkdrehachsen werden durch die Verbindungen der Lenkpunkte der Radaufhängung oder durch die Längsachsen der Achsschenkelbolzen gebildet.
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Werden beide verschwenkbaren Räder einer mit einer Achsschenkellenkung ausgebildeten lenkbaren Fahrzeugachse gleich stark eingeschlagen, kann keines der beiden Räder auf seiner natürlichen Bahn abrollen. Jedes Rad wird dann vom anderen Rad auf eine unnatürliche Bahn gezwungen, so dass beide Räder zusätzlich zur Rollbewegung in Bezug auf den Untergrund noch eine mehr oder weniger starke Gleitbewegung ausführen, die zu einem unerwünscht hohen Verschleiß der Räder führt.
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Aus diesem Grund sollen die Räder grundsätzlich im Betrieb eines Fahrzeugs und besonders während einer Kurvenfahrt ohne die für die Reifen unter Umständen sehr belastende seitliche Gleitbewegung abrollen, wie es bei einer Drehschemellenkung der Fall ist. Dies wird bei Achsschenkellenkungen dadurch erreicht, dass der Einschlagwinkel des kurveninneren Rads größer als der des kurvenäußeren Rads vorgesehen ist.
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Nach dem Ackermann-Prinzip müssen sich die verlängerten Mittellinien der Achsschenkel der eingeschlagenen Räder für einen möglichst verschleißarmen bzw. einen verschleißfreien Betrieb des Fahrzeugs auf der verlängerten Mittellinie einer zweiten nicht lenkbaren Fahrzeugachse treffen. Die von den Rädern der beiden Fahrzeugachsen durchfahrenen Kreisbahnen haben dann einen gemeinsamen Mittelpunkt, so dass die vorstehend beschriebenen seitlichen Gleitbewegungen der Räder erheblich reduziert bzw. gänzlich vermieden sind.
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Treffen sich die Strahlen bzw. die Verlängerungen der Mittellinien der Achsschenkel der Räder nicht in einem Punkt, liegt ein so genannter Spurwinkelfehler oder ein so genannter Lenkwinkelfehler, das heißt eine Abweichung vom optimalen Lenkwinkel (= Ackermannwinkel) vor. Dabei ist allgemein die Belastung der Reifen umso höher, je größer der aktuelle Lenkwinkelfehler ist.
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Aus der Ackermanngeometrie, welche das ideale Verhältnis zwischen dem Lenkwinkeleinschlag des kurveninneren und dem Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads darstellt, ergibt sich, dass der optimale Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads im Verhältnis zum Lenkwinkeleinschlag des kurveninneren Rads relativ klein ist. Bedingt durch die in der Praxis eingesetzten Lenkkinematikprinzipien tritt jedoch allgemein eine mehr oder weniger große Abweichung von diesem optimalen Lenkwinkeleinschlag der Räder auf. Aus diesen Abweichungen vom optimalen Lenkwinkel resultiert ein unerwünscht hoher Reifenverschleiß während einer Kurvenfahrt. Zudem entstehen Verspannungen im Antriebsstrang, welche eine größere Dimensionierung der Antriebsstrangbauteile erfordern, wodurch sowohl die Betriebskosten als auch die Herstellungskosten eines Fahrzeugs nachteilig erhöht werden.
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Naturgemäß bestimmt der maximale Lenkwinkeleinschlag der Räder der lenkbaren Achse den kleinstmöglichen, optimalen Wendekreis des Fahrzeugs. Ein möglichst kleiner Wendekreis verleiht dem Fahrzeug eine gute Wendigkeit und wird aus diesem Grunde im Allgemeinen angestrebt. Der optimale Wendekreis des Fahrzeugs wird jedoch, wie nachstehend mit Hilfe der 1 erläutert wird, welche die geometrische Beziehung des Lenkwinkeleinschlags der angelenkten Räder einer Fahrzeugachse zum Wendekreis des Fahrzeugs darstellt, erheblich durch die Ackermanngeometrie beeinflußt.
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So ist zwar bei Einhaltung der Ackermanngeometrie, das heißt des optimalen Lenkwinkeleinschlags des kurvenäußeren Rads im Verhältnis zu dem Lenkwinkeleinschlag des kurveninneren Rads, eine verschleißarme Kurvenfahrt in Bezug auf die Reifen möglich, ein optimaler Wendekreis mit möglichst kleinem Durchmesser läßt sich auf diese Weise jedoch nicht erreichen, da der maximal mögliche Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads aufgrund des sich bereits am Lenkwinkelendanschlag befindenden kurveninneren Rads nicht genutzt werden kann. Folglich wird die Wendigkeit des Fahrzeugs bei Einhalten der Ackermanngeometrie trotz möglichem, größerem Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads verringert, das heißt der Wendekreis des Fahrzeugs wird größer.
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Andererseits führt eine Abweichung vom optimalen Lenkwinkeleinschlag der Räder, wie sie in der Praxis aufgrund der eingesetzten Lenkkinematikprinzipien allgemein anzutreffen ist, zu einer Wechselwirkung zwischen den angelenkten Räder der lenkbaren Fahrzeugachse, wobei die Räder jeweils unterschiedliche Wendekreise vorgeben, wie in 1 näher dargestellt ist.
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1 stellt vier auf einem Untergrund aufstehende Räder 1, 2, 3 und 4 eines nicht näher gezeigten Fahrzeugs in einer Draufsicht dar. Insbesondere zeigt 1 die geometrische Beziehung zwischen dem maximalen Lenkwinkeleinschlag βo und βi der beiden angelenkten Vorderräder 1 und 2 einer mittels einer Achsschenkellenkung lenkbaren vorderen Fahrzeugachse 5 und dem Wendekreis des Fahrzeugs. Die Hinterräder 3 und 4 sind an einer ungelenkten hinteren Fahrzeugachse 6 angebunden. Die Räder 1 und 3 sind in der in 1 dargestellten Lenksituation des Fahrzeugs jeweils die kurvenäußeren Räder, die Räder 2 und 4 jeweils die kurveninneren Räder. Die Vorwärtsfahrtrichtung des Fahrzeugs ist in 1 durch einen Pfeil 7 angegeben.
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Die in 1 dargestellten Linien 8, 9 und 10 sind jeweils Mittelsenkrechten auf die Räder 1, 2 bzw. 3, 4, das heißt sie stellen die Verlängerungen der Radachsen der entsprechenden Räder dar. Die Radachsen der Hinterräder 3 und 4 fallen in der Darstellung mit der Hinterachse 6 des Fahrzeugs zusammen. Die Linien 8 und 9 schneiden die Linie 10 in den Schnittpunkten 11 bzw. 12. Diese Schnittpunkte 11 und 12 sind die zu den entsprechenden Rädern 1 und 2 gehörenden Wendekreismittelpunkte 11 bzw. 12 des Fahrzeugs.
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Wie der 1 ferner zu entnehmen ist, ergeben sich bzgl. der Lage auf der Linie 10 zwei unterschiedliche Schnittpunkte 11 und 12. Die Lage dieser Schnittpunkte 11 und 12 auf der Linie 10 hängt von dem Lenkwinkeleinschlag des jeweiligen Rads 1 bzw. 2 sowie von dem Abstand der Räder 1 und 2 zueinander, das heißt der Spurweite 13, ab.
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Aus den unterschiedlichen Schnittpunkten 11 und 12 ergibt sich ein resultierender (mittlerer) Wendekreismittelpunkt 14, um den das Fahrzeug im Wesentlichen wendet. Wie in 1 zu erkennen ist, liegt der resultierende Wendekreismittelpunkt 14 jedoch weiter vom Fahrzeug entfernt als der Wendekreismittelpunkt 11 des kurvenäußeren Vorderrads 1. Folglich ist auch der resultierende Wendekreis des Fahrzeugs größer als der des kurvenäußeren Rads 1.
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Demgemäß verhindern die kinematischen Beschränkungen (Lenkwinkelfehler) und/oder der im Bereich der Radaufhängungen begrenzt zur Verfügung stehende Bauraum (maximal möglicher Lenkwinkeleinschlag der Räder) einen optimalen, das heißt möglichst kleinen Wendekreis des Fahrzeugs.
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Vor diesem Hintergrund hat sich die vorliegende Erfindung die Aufgabe gestellt, eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Lenkung der Räder wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs, bereitzustellen, die dem Fahrzeug einerseits eine hohe Wendigkeit verleiht, das heißt dem Fahrzeug einen Wendekreis mit möglichst kleinem Durchmesser ermöglicht, und andererseits durch eine geringe Reifenbelastung, das heißt einen geringen Reifenverschleiß, und geringe Verspannungen im Antriebsstrang während einer Kurvenfahrt gekennzeichnet ist. Zudem sollen die Anlenkpunkte einer verwendbaren Lenkkinematik im Vergleich zu einer herkömmlichen Lenkkinematik nicht verändert werden müssen. Ebenso wenig sollen Veränderungen der unteren Achsschenkeldrehpunkte, der Länge der Spurstangen oder der Länge der Lenkhebel in Betracht zu ziehen sein.
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Die Aufgabe wird durch eine Vorrichtung zur Lenkung der Räder wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch ein Verfahren zur Lenkung der Räder wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 7 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.
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Es ist darauf hinzuweisen, dass die in den Ansprüchen einzeln aufgeführten Merkmale in beliebiger, technisch sinnvoller Weise miteinander kombiniert werden können und weitere Ausgestaltungen der Erfindung aufzeigen.
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Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die tatsächliche Lage des in 1 dargestellten resultierenden Wendekreismittelpunkts 14 und somit der resultierende Wendekreis des Fahrzeugs aus der gegenseitigen Beeinflussung bzw. der Wechselwirkung des kurvenäußeren Rads 1 und des kurveninneren Rads 2 ergibt.
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Erfindungsgemäß weist eine Vorrichtung zur Lenkung der Räder wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse eines Fahrzeugs eine jedem Rad der lenkbaren Fahrzeugachse zugeordnete Radlaststelleinrichtung auf. Mittels der Radlaststelleinrichtung ist die Aufstandskraft des zugeordneten Rads auf einen Untergrund gegenüber der Aufstandskraft der übrigen Räder der Fahrzeugachse bei einer Kurvenfahrt verstellbar. Ferner sind die Räder erfindungsgemäß derart lenkbar, dass das kurvenäußere Rad einen bezüglich des kurveninneren Rads größeren Lenkwinkeleinschlag als nach der Ackermannbedingung vorgegeben einnimmt.
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Die Abweichung des Lenkwinkeleinschlags des kurvenäußeren Rads von dem Ackermannwinkel, also dem optimalen Lenkwinkeleinschlag, der die Ackermannbedingung erfüllt, wird im Sinne der vorliegenden Erfindung als Lenkwinkelabweichung bezeichnet und stellt im Gegensatz zu einem Lenkwinkelfehler eine gewünschte Abweichung vom Ackermannwinkel dar.
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Herkömmlich ist zwar die Belastung der Reifen, das heißt der Verschleiß, um so höher, je größer der aktuelle Lenkwinkelfehler bzw. die Lenkwinkelabweichung vom optimalen Lenkwinkeleinschlag ist. Erfindungsgemäß sorgt jedoch die Radlaststelleinrichtung dafür, dass die Aufstandskraft des der Radlaststelleinrichtung zugeordneten Rads bei einer Kurvenfahrt verstellbar, das heißt gegenüber der Aufstandskraft der übrigen Räder derselben Fahrzeugachse zum Beispiel vergrößer- und/oder verkleinerbar ist. Hierdurch ist der durch die Lenkwinkelabweichung der angelenkten Räder hervorgerufene Einfluß der Ackermanngeometrie bzw. die wechselseitige Beeinflussung der Räder bei einer Kurvenfahrt verringerbar bzw. gänzlich unterdrückbar. Folglich bewirkt die erfindungsgemäße Vorrichtung trotz der Lenkwinkelabweichung der angelenkten Räder eine geringe Reifenbelastung, das heißt einen geringen Reifenverschleiß, sowie geringe Verspannungen im Antriebsstrang während der Kurvenfahrt des Fahrzeugs.
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Da die Lenkwinkelabweichung erfindungsgemäß derart gewählt ist, dass das kurvenäußere Rad einen im Vergleich zum kurveninneren Rad größeren Lenkwinkeleinschlag einnimmt als zur Erfüllung der Ackermannbedingung erforderlich ist, wird der mögliche Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads wesentlich erhöht, da dieser nicht mehr durch den allgemein wesentlich größeren Lenkwinkeleinschlag des kurveninneren Rads und in Folge dessen durch den frühzeitigen Lenkwinkelendanschlag des kurveninneren Rads bei Einhaltung der Ackermannbedingung begrenzt wird, was dem Fahrzeug insgesamt eine bessere Wendigkeit verleiht. Der Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads ist nunmehr lediglich durch den beispielsweise von der Radaufhängung oder der Fahrzeugkarosserie vorgegebenen Schwenk- bzw. Bauraum begrenzt, in dem das Rad frei schwenken kann.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Aufstandskraft des kurveninneren Rads verringerbar ist und/oder die Aufstandskraft des kurvenäußeren Rads vergrößerbar ist. Hierdurch wird bewirkt, dass bei einer Kurvenfahrt annähernd nur das kurvenäußere Rad der lenkbaren Fahrzeugachse belastet ist, was zur Verringerung der wechselseitigen Beeinflussung der angelenkten Räder der Fahrzeugachse führt.
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Wie 1 zu entnehmen ist, führt die Entlastung des kurveninneren Rads 2, das heißt das kurvenäußere Rad 1 sowie die Hinterräder 3 und 4 sind weiterhin belastet, zu einer Abnahme des Einflusses des kurveninneren Rads 2 auf den resultierenden Wendekreismittelpunkt 14, um den das Fahrzeug wendet, und folglich zu einer Verschiebung dieses Wendekreismittelpunkts 14 in Richtung zum Wendekreismittelpunkt 11 des kurvenäußeren Rads 1. Folglich verkleinert sich der Wendekreis des Fahrzeugs aufgrund der Entlastung des kurveninneren Rads 2 und der erfindungsgemäß vorgesehenen Lenkwinkelabweichung des kurvenäußeren Rads 1 hin zu einem stärkeren Lenkwinkeleinschlag als dieser nach der Ackermannbedingung erforderlich ist.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist die Aufstandskraft in Abhängigkeit von einer Fahrzeuggeschwindigkeit verstellbar. insbesondere ist die Aufstandskraft gemäß der Erfindung vorteilhaft lediglich bei langsamer Fahrt verstellbar. Hierdurch wird verhindert, dass bei hoher Fahrzeuggeschwindigkeit die Spurstabilität des Fahrzeugs nachteilig beeinflußt werden könnte. Bei langsamer Fahrt hingegen, insbesondere bei einer Kurvenfahrt mit maximalem oder annähernd maximalem Lenkeinschlag, bei dem es im Besonderen auf die Wendigkeit des Fahrzeugs ankommt und die Geschwindigkeit des Fahrzeugs normalerweise niedrig ist, ermöglicht die erfindungsgemäße Vorrichtung der Radlaststelleinrichtung, die Aufstandskraft der gelenkten Räder wie vorstehend beschrieben zu verstellen, um dem Fahrzeug eine bestmögliche Wendigkeit mit einem minimalen Wendekreis zu geben.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Radlaststelleinrichtung durch einen aktiven Stabilisator gebildet ist. Ein aktiver Stabilisator weist beispielsweise einen Verdrehaktuator auf, mit dem die Wellenenden von zwei Stabilisatorhälften relativ zueinander verdreht werden können, um eine Wankstabilisierung des Fahrzeugs zu erreichen. Durch eine gegenläufig zueinander gerichtete Verdrehung der Stabilisatorhälften ist eine Entlastung bzw. Belastung eines Rads einer Fahrzeugachse relativ zu dem anderen Rad derselben Fahrzeugachse im Sinne dieser Erfindung auf einfache Weise möglich, insbesondere wenn ein aktiver Stabilisator bereits in einem Fahrzeug verbaut ist.
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Selbstverständlich kann die Funktion des aktiven Stabilisators als Radlaststelleinrichtung von jeder beliebigen aktiven Wanksteuerungseinrichtung des Fahrzeugs zur Verfügung gestellt werden und ist nicht auf einen aktiven Stabilisator begrenzt.
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Eine andere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Radlaststelleinrichtung durch eine Niveauregulierungseinrichtung des zugeordneten Rads gebildet ist. Mit einer solchen Niveauregulierungseinrichtung kann die Höhe des entsprechenden Rads zum Untergrund, das heißt die Höhe des Rads relativ zur Höhe der anderen Räder des Fahrzeugs, und somit die Aufstandskraft des Rads auf den Untergrund gezielt verändert werden, um dem Fahrzeug eine reifenverschleißarme Kurvenfahrt mit einem kleinstmöglichen Wendekreis im Sinne der vorliegenden Erfindung zu ermöglichen.
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In einer noch anderen, vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist die Radlaststelleinrichtung durch eine Verstellvorrichtung der Federkonstante der Federung des zugeordneten Rads gebildet. Allgemein beschreibt die Federkonstante bzw. die Federkennlinie die Abhängigkeit der Federkraft von dem Federweg. Durch geeignete, an sich bekannte Maßnahmen kann dieser Zusammenhang zwischen der Federkraft und dem Federweg während des Betriebs des Fahrzeugs derart verändert werden, dass eine Entlastung bzw. Belastung des angelenkten Rads und damit eine Veränderung der Aufstandskraft des Rads auf den Untergrund wie hierin beschrieben möglich ist, um dem Fahrzeug eine Reifen schonende Kurvenfahrt mit einem möglichst kleinen Wendekreis im Sinne der vorliegenden Erfindung zu ermöglichen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Lenkung der Räder wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse eines Fahrzeugs mit einer jedem Rad der Fahrzeugachse zugeordneten Radlaststelleinrichtung sieht vor, dass die Räder derart gelenkt werden, dass das kurvenäußere Rad einen bezüglich des kurveninneren Rads größeren Lenkwinkeleinschlag als nach der Ackermannbedingung vorgegeben einnimmt und dass mittels der Radlaststelleinrichtung die Aufstandskraft des zugeordneten Rads auf einen Untergrund gegenüber der Aufstandskraft der übrigen Räder der Fahrzeugachse bei einer Kurvenfahrt verstellt wird.
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Durch die Verstellung der Aufstandskraft des der Radlaststelleinrichtung zugeordneten Rads bei einer Kurvenfahrt wird trotz der erfindungsgemäß gewählten Lenkwinkelabweichung des kurvenäußeren Rads vom Ackermannwinkel der Einfluß der Ackermanngeometrie bzw. die wechselseitige Beeinflussung der angelenkten kurvenäußeren bzw. kurveninneren Räder bei einer Kurvenfahrt wesentlich verringert bzw. sogar gänzlich unterdrückt. Somit bewirkt das erfindungsgemäße Verfahren eine geringe Reifenbelastung, das heißt einen geringen Reifenverschleiß, sowie eine geringe Verspannungen im Antriebsstrang während der Kurvenfahrt des Fahrzeugs.
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Da die Lenkwinkelabweichung erfindungsgemäß derart gewählt ist, dass das kurvenäußere Rad einen im Vergleich zum kurveninneren Rad größeren Lenkwinkeleinschlag einnimmt als zur Erfüllung der Ackermannbedingung erforderlich ist, wird der mögliche Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads wesentlich erhöht, da dieser nicht mehr durch den wesentlich größeren Lenkwinkeleinschlag des kurveninneren Rads und in Folge dessen durch den frühzeitigen Lenkwinkelendanschlag des kurveninneren Rads bei Einhaltung der Ackermannbedingung begrenzt wird, was dem Fahrzeug insgesamt eine bessere Wendigkeit verleiht. Der Lenkwinkeleinschlag des kurvenäußeren Rads ist lediglich durch den beispielsweise von der Radaufhängung oder der Karosserie zur Verfügung gestellten Schwenk- bzw. Bauraum begrenzt.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass die Aufstandskraft des kurveninneren Rads verringert wird und/oder die Aufstandskraft des kurvenäußeren Rads vergrößert wird. Hierdurch wird bewirkt, dass bei einer Kurvenfahrt annähernd nur das kurvenäußere Rad der lenkbaren Fahrzeugachse belastet wird, was zur Verringerung der wechselseitigen Beeinflussung der angelenkten Räder der Fahrzeugachse führt.
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Wie 1 zu entnehmen ist, führt die Entlastung des kurveninneren Rads 2, das heißt das kurvenäußere Rad 1 sowie die Hinterräder 3 und 4 sind weiterhin belastet, zu einer Abnahme des Einflusses des kurveninneren Rads 2 auf den resultierenden Wendekreismittelpunkt 14, um den das Fahrzeug wendet, und folglich zu einer Verschiebung dieses Wendekreismittelpunkts 14 in Richtung zum Wendekreismittelpunkt 11 des kurvenäußeren Rads 1. Folglich verkleinert sich der Wendekreis des Fahrzeugs aufgrund der Entlastung des kurveninneren Rads 2 und der erfindungsgemäß vorgesehenen Lenkwinkelabweichung des kurvenäußeren Rads 1 hin zu einem stärkeren Lenkwinkeleinschlag als dieser nach der Ackermannbedingung erforderlich ist.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Aufstandskraft in Abhängigkeit von einer Fahrzeuggeschwindigkeit verstellt. Insbesondere wird die Aufstandskraft vorteilhaft lediglich bei langsamer Fahrt verstellt. Hierdurch wird verhindert, dass bei hoher Fahrzeuggeschwindigkeit die Spurstabilität des Fahrzeugs nachteilig beeinflußt werden könnte. Bei langsamer Fahrt hingegen, insbesondere bei einer Kurvenfahrt mit maximalem oder annähernd maximalem Lenkeinschlag, bei dem es im Besonderen auf die Wendigkeit des Fahrzeugs ankommt und die Geschwindigkeit des Fahrzeugs relativ niedrig ist, wird mittels der Radlaststelleinrichtung die Aufstandskraft der angelenkten Räder wie bereits beschrieben verstellt, um dem Fahrzeug eine bestmögliche Wendigkeit mit einem minimalen Wendekreis zu verleihen.
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Die beschriebene erfindungsgemäße Vorrichtung sowie das erfindungsgemäße Verfahren sind nicht auf die hierin offenbarten Ausführungsformen beschränkt, sondern umfassen auch gleich wirkende weitere Ausführungsformen.
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In bevorzugter Ausführung wird die erfindungsgemäße Vorrichtung sowie das erfindungsgemäße Verfahren zur Lenkung der Räder einer lenkbaren Fahrzeugachse, insbesondere einer lenkbaren Vorderachse, in einem Fahrzeug, insbesondere einem Kraftfahrzeug, mit wenigstens einer über eine Achsschenkellenkung lenkbaren Fahrzeugachse verwendet, wobei jedem Rad der Fahrzeugachse eine Radlaststelleinrichtung zugeordnet ist, mittels der die Aufstandskraft des zugeordneten Rads auf einen Untergrund gegenüber der Aufstandskraft der übrigen Räder der Fahrzeugachse bei einer Kurvenfahrt verstellbar ist und wobei ferner die Räder derart lenkbar sind, dass das kurvenäußere Rad einen bezüglich des kurveninneren Rads größeren Lenkwinkeleinschlag als vom Ackermannwinkel vorgegeben einnimmt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung sowie das erfindungsgemäße Verfahren bieten den besonderen Vorteil, dass für ihre Verwendung an einer herkömmlichen Lenkkinematik im Wesentlichen keine konstruktiven Veränderungen vorgenommen werden müssen, insbesondere zum Beispiel hinsichtlich der Anlenkpunkte der verwendeten Lenkkinematik. Ebenso wenig sind Veränderungen an den Achsschenkeldrehpunkten, der Länge der Spurstangen oder der Länge der Lenkhebel in Betracht zu ziehen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kurvenäußeres Vorderrad
- 2
- Kurveninneres Vorderrad
- 3
- Kurvenäußeres Hinterrad
- 4
- Kurveninneres Hinterrad
- 5
- Vorderachse
- 6
- Hinterachse
- 7
- Vorwärtsfahrtrichtung
- 8
- Mittelsenkrechte auf 1 bzw. Verlängerung der Radachse von 1
- 9
- Mittelsenkrechte auf 2 bzw. Verlängerung der Radachse von 2
- 10
- Mittelsenkrechte auf 3 und 4 bzw. Verlängerung der Radachsen von 3 und 4
- 11
- Schnittpunkt zwischen 8 und 10 bzw. Wendekreismittelpunkt von 1
- 12
- Schnittpunkt zwischen 9 und 10 bzw. Wendekreismittelpunkt von 2
- 13
- Spurweite
- 14
- Resultierender Wendekreismittelpunkt aus 11 und 12
- βo
- Maximaler Lenkwinkeleinschlag von 1
- βi
- Maximaler Lenkwinkeleinschlag von 2