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Die Erfindung betrifft ein Werkstück zur Herstellung eines chirurgischen Implantats oder eines künstlichen Zahnmaterials zum Auffüllen oder Abdecken von Zahndefekten oder als Ersatz von verloren gegangener Zahnsubstanz und zum Schutz und zur Stabilisierung bestehender Zahnsubstanz. Des Weiteren betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Werkstücks für ein chirurgisches Implantat oder für ein künstliches Zahnmaterial.
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Chirurgische Implantate oder künstliche Zahnmaterialien sind aus der Praxis in den unterschiedlichsten Ausführungen bekannt. Ein gattungsbildendes chirurgisches Implantat besteht aus Hydroxylapatit. Dieses wird bei geschädigtem Knochengewebe, wie zum Beispiel nach einer Exkochleation im Ober- und Unterkiefer oder nach der Entfernung von Geschwülsten und Zysten, verwendet. Das Implantat dient dabei dem angrenzenden Knochengewebe als Leitstruktur beim Einsprossen von Gefäßen. Für eine schnelle und leichte Einbettung kommt insbesondere Hydroxylapatit in poröser Form zum Einsatz. Dazu werden die Hydroxylapatit-Implantate entweder als granuliertes Pulver oder in einer bereits vorgefertigten porösen Form, die in etwa der Form des Knochendefekts entspricht, in die Knochenhöhlung eingebettet. Dies bewirkt eine Heilung des Knochendefekts üblicherweise in einem Zeitraum von 6 bis 24 Monaten. In tierexperimentellen Untersuchungen an Kaninchen konnte eine Heilung mit diesen Implantatan auch schon bereits nach 2 Monaten festgestellt werden.
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Bei einer neueren Anwendung auf dem Gebiet der zahnärztlichen Implantologie werden Titan-Matrizen, wie zum Beispiel Kieferschrauben zur Befestigung von Zahnimplantaten, mit einem Plasma-Spray aus Hydroxylapatit überzogen, um die Integration der Kieferschraube in das Knochengewebe des Kiefers zu unterstützen. Ein Vorteil bei dieser Vorgehensweise liegt darin, dass eine unerwünschte Lockerung oder sogar eine Abstoßung des Implantats vermindert wird aber aufgrund der Metalllegierung nicht ausgeschlossen werden kann.
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Darüber hinaus sind unterschiedliche künstliche Zahnmaterialien, wie zum Beispiel Amalgam, Gold oder Keramiken für die Behandlung von Zahndefekten oder als Ersatz von verloren gegangener Zahnsubstanz oder zur Stabilisierung von bestehender Zahnsubstanz bekannt.
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Bei den bekannten Implantaten ist jedoch nachteilig, dass diese regelmäßig aus Metallverbindungen oder Metalllegierungen hergestellt sind. Eine stabile Integration in das umgebende Knochen- oder Zahngewebe kann nicht immer gewährleistet werden. Durch die Metallverbindungen oder Metalllegierungen kann es nämlich zu Abstoßungsreaktionen und somit zur Lockerung des Implantats durch das umgebende körpereigene Gewebe kommen. Die nicht metallischen, aus porösem Hydroxylapatit oder einer Keramik bestehenden Implantate, dessen Material als Leitstruktur für das angrenzende Knochengewebe dient, vermindern zwar gegenüber den metallischen Implantaten die Abstoßungsreaktionen durch das umgebende körpereigene Gewebe, sind aber dahingehend nachteilig, dass sie werkstoffbedingt sehr spröde sind, weshalb die Frakturrate dieser Implantate sehr hoch ist.
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Bei dem Verfahren zur Herstellung eines chirurgischen Implantats oder eines künstlichen Zahnmaterials aus einem Werkstück ergibt sich derselbe materialbedingte Nachteil.
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Aus der
DE 698 03 882 T2 sind Carbonat-substituierte Hydroxylapatitzusammensetzungen bekannt, die zum Beispiel bei der Bildung von porösen Knochenersatzstoffen aus Keramik oder zur Abdichtung oder Auffüllung von Knochendefekten verwendet werden können. Bei den bekannten Carbonat-substituierten Hydroxylapatitzusammensetzungen ist nachteilig, dass die aus diesen Zusammensetzungen hergestellten Werkstücke zur Herstellung von chirurgischen Implantaten werkstoffbedingt sehr spröde sind. Daher ist eine Frakturrate der aus diesen Zusammensetzungen hergestellten chirurgischen Implantate sehr hoch.
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Ein Verfahren zum Herstellen von sphärischen, nichtporösen Hydroxylapatit-Partikeln, die beispielsweise als Implantatmaterialien als Knochenersatz oder bei dentalen Anwendungen verwendet werden können, ist aus der
DE 697 08 870 T2 bekannt.
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Die
EP 0 104 640 B1 betrifft Verfahren zum Sintern von Apatit durch Brennen eines aus Hydroxylapatit, Carbonatapatit, Fluorapatit, Chlorapatit sowie deren Vorläufermaterialien und Gemische, welches unterhalb einer Sintertemperatur von 700°C liegt. Im Kontakt mit einem mineralischen Verstärkungs-Fasermaterial wird dadurch eine Schädigung des Fasermaterials durch zu eine zu hohe Temperatur verhindert. Das aus diesem Sinterungsprozess entstandene Material steht dann für biokeramische Anwendungen zur Verfügung.
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Aus der
EP 0 193 588 B1 ist ein Carbonatapatit enthaltendes Mittel bekannt, welches sich zur Herstellung von Implantaten eignet, die keinen sehr hohen mechanischen Anforderungen ausgesetzt sind und die im Laufe der Zeit ganz von lebendem Knochen ersetzt oder durchwachsen sind.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Carbonat-substituierte Hydroxylapatitzusammensetzung für ein Werkstück bereitzustellen, welche aufgrund ihrer Konsistenz die Herstellung sehr stabiler chirurgischer Implantate und darüber hinaus die Herstellung künstlicher Zahnmaterialien erlaubt, die dauerhaft ohne Abstoßungsreaktionen im Empfängerorganismus hervorzurufen implantiert werden können.
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Die voranstehende Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 10 gelöst.
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Gemäß Patentanspruch 1 ist ein gattungsbildendes Werkstück zur Herstellung eines chirurgischen Implantats oder eines künstlichen Zahnmaterials zum Auffüllen oder Abdecken von Zahndefekten oder als Ersatz von verloren gegangener Zahnsubstanz und zum Schutz und zur Stabilisierung bestehender Zahnsubstanz gekennzeichnet durch hochverdichtetes, gesintertes Carbonat-Hydroxylapatit in Blockform, welches einer subtraktiven Formgebung unterziehbar ist, wobei die Blockform durch isostatisches Pressen und einem Sinterungsprozess über 3 bis 4 Stunden bei unterschiedlichen Temperaturen von 1250°C, 1280°C oder 1320°C aus Carbonat-Hydroxylapatit herstellbar ist, das aus natürlichem Kalziumcarbonat und Ammonium-Phosphat synthetisierbar ist, wobei das Kalziumcarbonat und das Ammonium-Phosphat in einer Menge einsetzbar sind, die einem Verhältnis von Kalzium (CaO) zu Phosphor (P2O5) von 36,56% zu 40,71% entspricht.
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Erfindungsgemäß ist erkannt worden, dass hochverdichtetes, gesintertes Carbonat-Hydroxylapatit, das in seiner chemischen Zusammensetzung dem harten Zahngewebe (Zahnschmelz) und der Knochenkompakta ähnelt, für ein Werkstück zur Herstellung eines chirurgischen Implantats oder eines künstlichen Zahnmaterials verwendbar ist. Darüber hinaus ist erkannt worden, dass das aus dem hochverdichteten, gesinterten Carbonat-Hydroxylapatit in Blockform hergestellte Werkstück einer subtraktiven Formgebung unterziehbar ist. So ist beispielsweise ein Implantat oder ein Inlay durch Fräsen aus der Blockform formbar. Dies ist zum einen dahingehend vorteilhaft, dass unter Verwendung von bekannten Verfahren chirurgische Implantate oder Zahnimplantate herstellbar sind, und zum anderen ist es vorteilhaft, dass das verwendete Material dem Knochen- oder Zahngewebe ähnelt. Daraus resultiert eine verbesserte Integration der Implantate oder künstlichen Zahnmaterialien in das umgebende körpereigene Gewebe. Eine unerwünschte Lockerung oder sogar Abstoßungsreaktion der chirurgischen Implantate oder der künstlichen Zahnmaterialien ist dadurch stark vermindert. Darüber hinaus hat das auf diese Weise hergestellte Carbonat-Hydroxylapatit gegenüber porösem Hydroxylapatit einen extremen Härtegrad, wodurch die Frakturrate der daraus geformten chirurgischen Implantate oder der künstlichen Zahnmaterialien sehr niedrig ist und quasi gegen Null läuft.
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In weiter erfindungsgemäßer Weise ist erkannt worden, dass die Verwendung von natürlichem Kalziumcarbonat, welches auch in der Knochenkompakta oder dem harten Zahngewebe vorkommt, die Integration des Implantats oder des Zahnmaterials in das umgebende körpereigene Gewebe unterstützt. Eine Abstoßungsreaktion des Implantats oder des Zahnmaterials durch das körpereigene Gewebe ist so quasi ausgeschlossen, da der Körper das Implantat oder das Zahnmaterial als körpereigenen Stoff erkennt.
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Des Weiteren ist erkannt worden, dass das Carbonat-Hydroxylapatit durch Veränderung des Verhältnisses von Kalzium zu Phosphor modifizierbar ist. Auf diese Weise sind je nach der Belastung des chirurgischen Implantats oder des künstlichen Zahnersatzes die Härte und das Gewicht des Carbonat-Hydroxylapatits auf überraschend einfache Weise einstellbar. Unter Abwägung der für ein chirurgisches Implantat oder einen künstlichen Zahnersatz erforderlichen Harte des Materials und unter dem Gesichtspunkt eines möglichst geringen Gewichts erweist sich ein Verhältnis von Kalzium (CaO) zu Phosphor (P2O5) von 36,56% zu 40,71% als optimal.
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In weiter erfindungsgemäßer Weise ist die Blockform durch isostatisches Pressen und einem Sinterungsprozess über drei bis vier Stunden bei unterschiedlichen Temperaturen von 1250°C, 1280°C oder 1320°C aus Carbonat-Hydroxylapatit herstellbar.
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Um für unterschiedlichste Implantate anwendbar zu sein, ist es von Vorteil, dass das Carbonat-Hydroxylapatit eine Teilchengröße von 0,03 mm bis 0,05 mm aufweist. Somit sind Werkstücke von nur einigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern Wandstärke herstellbar, welche sich z. B. zur Herstellung von Zahnverblendungen (Veneers) der neuesten Generation mit einer Stärke von nur 0,2 bis 0,3 Millimeter, aber auch als Zahnersatz für einen Backen- oder Mahlzahn verwenden lassen.
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Für eine individuelle und eine optisch ansprechende Anpassung ist es vorteilhaft, dass das Carbonat-Hydroxylapatit farblich anpassbar ist. Insbesondere bei Defekten im Frontzahnbereich und kleineren Defekten im Seitenzahnbereich ist aus kosmetischer Sicht eine farbliche Anpassung des künstlichen Zahnmaterials an die bestehende Zahnsubstanz wünschenswert. Zur Ermittlung der Zahnfarbe werden hierbei immer häufiger digitale Colorimeter eingesetzt, die im Gegensatz zur manuellen Bestimmung der Zahnfarbe differenziertere Farbnuancen ermitteln.
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Durch Variation des Drucks, der Dauer des Sinterungsprozesses und der Temperatur sind Blockformen aus Carbonat-Hydroxylapatit herstellbar, die eine theoretische Dichte von 95% bis 97% aufweisen. Es sind aber auch Blockformen aus Carbonat-Hydroxylapatit herstellbar, die eine geringere Dichte als 95% aufweisen.
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Eine gute subtraktive Formgebung lässt sich in besonders vorteilhafter Weise anhand von Blockformen aus hochverdichtetem, gesinterten Carbonat-Hydroxylapatit mit einer theoretischen Dichte von 95% bis 97% erzielen. Als übliche Verfahren sind hierbei das Kopierfräsen oder die CAD/CAM-3D-Technologie zu nennen. Diese Techniken werden auch schon für Celay Vitablocks/Vita, für Cerec Vitablocks/Vita und ProCAD/Ivoclar angewendet. Dabei ermöglichen verschiedene Softwareprogramme, wie zum Beispiel die „Kronensoftware”, neben der Herstellung von Kronen im Front- und Seitenzahnbereich auch die Anfertigung von Teilkronen und Inlays mit Höckerüberkupplung und Höckerersatz, Onlays und Brücken aus dem Werkstück. Dabei bietet das hier verwendete Carbonat-Hydroxylapatit mit einer theoretischen Dichte von 95 bis 97% den Vorteil, dass es aufgrund seiner Homogenität bei der Bearbeitung weniger fehleranfällig ist.
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Vorzugsweise ist die Blockform auch in Form eines chirurgischen Implantats bringbar, das zum Auffüllen oder Abdecken von Knochendefekten oder als Ersatz von fehlender Knochensubstanz einsetzbar ist. Das chirurgische Implantat ist so beispielsweise bei geschädigtem Knochengewebe nach einer Exkochleation im Ober- und Unterkiefer oder nach der Entfernung von Geschwülsten und Zysten aus dem Kieferbereich einsetzbar.
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Im Hinblick auf eine stabile Integration des aus dem Werkstück gefrästen Implantats oder des Zahnmaterials, sind diese zusätzlich mit einer Schicht aus porösem Hydroxylapatit überzogen. Auf diese Weise bildet das Carbonat-Hydroxylapatit mit einer theoretischen Dichte von 95 bis 97% einen inneren Teil des chirurgischen Implantats oder des künstlichen Zahnmaterials. Die äußere, auf den inneren Teil aufgetragene, poröse Hydroxylapatit-Schicht bildet dann eine Matrix für ein Einwachsen des umgebenden Knochen- oder Zahngewebes. Dadurch wird eine noch stabilere Integration des eingebetteten chirurgischen Implantats, beispielsweise ein Zylinder- oder Schraubenimplantat, oder des künstlichen Zahnmaterials erreicht, da der innere harte Teil des Implantats nicht in üblicher Weise aus Titan oder einer anderen Metalllegierung besteht. Eine Abstoßungsreaktion des Implantats oder des Zahnmaterials durch den inneren Teil des Implantats wird somit vermieden.
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Im Hinblick auf das erfindungsgemäße Verfahren wird die eingangs genannte Aufgabe durch die Merkmale des Patentanspruchs 10 gelöst. Danach ist das erfindungsgemäße Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück als hochverdichtete, gesinterte Carbonat-Hydroxylapatit-Blockform hergestellt wird, wobei die Herstellung die folgenden Schritte umfasst:
Das Werkstück zur Herstellung eines chirurgischen Implantats oder eines künstlichen Zahnmaterials wird aus natürlichem CaCO3 mit Ammonium-Phosphat in Blockform hergestellt. Dazu werden 0,042 dm3 einer 85%-igen Phosphorsäure mit destilliertem Wasser bis auf 1,8 dm3 verdünnt und 0,6 dm3 25%-iger Ammoniak in Form von (NH4)2 × HPO3 bis auf pH > 11 hinzu gegeben. Bei einem Verhältnis von Kalzium (CaO) zu Phosphor (P2O5) von 36,56% zu 40,71% wird durch hydrothermale Analyse mittels Ultraschall die oben hergestellte Suspension auf einer glatten Unterlage aus Glas in Methylalkohol vermischt. Bei einer Temperatur von 220°C und einem Druck von 22 bar erfolgt dann die Synthese von Carbonat-Hydroxylapatit bis zu 10 Stunden, wobei der Methylalkohol die Oxydation, d. h. die Verdampfung des Kohlenstoffs bewirkt. Danach werden die bei der Synthese hergestellten Carbonat-Hydroxylapatit-Teilchen durch ein plastisches Sieb mit einer minimalen Durchlässigkeit von 0,2 bis 1 mm gesiebt und bei Raumtemperatur getrocknet. Nach dem Trocknen erfolgt die Verfeinerung der Carbonat-Hydroxylapatit-Teilchen in einer Planetarmühle auf Kügelchen mit einem Durchmesser von 0,03 bis 0,05 mm. Die auf diese Weise hergestellten Carbonat-Hydroxylapatit-Kügelchen werden dann durch isostatisches Pressen und einem Sinterungsprozess von 3 bis 4 Stunden bei Temperaturen von 1250°C, 1280°C oder 1320°C in hochverdichtete Blockformen mit einer theoretischen Dichte von 95 bis 97% geformt. Zur Reduzierung der Anzahl der Arbeitsschritte können das isostatische Pressen und der Sinterungsprozess auch in einem Schritt unter Anwendung des Drucksinter-Verfahrens erfolgen.
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Eine auf diese Weise hergestellte Carbonat-Hydroxylapatit-Blockform kann dann der subtraktiven Formgebung unterzogen und mit einer Schicht aus porösem Hydroxylapatit überzogen werden.
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Im Übrigen sei zur Vermeidung von Wiederholungen hinsichtlich vorteilhafter Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens auf die Ausführungen zum erfindungsgemäßen Werkstück verwiesen.