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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Errichtung von Stahlrohrtürmen für Windenergieanlagen
aus Segmenten, bei dem zunächst
das unterste Turmsegment mit einer in einem Betonfundament verankerten
Fundament-Rohrsektion verbunden wird und dann die Segmente unter
Baustellenbedingungen mittels des bekannten aluminothermischen Schweißverfahren
(auch bezeichnet als Thermitschweißen, Gießschmelzschweißen oder
Zwischengussschweißen)
verbunden werden.
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Windenergieanlagentürme aus
Stahl werden heute üblicherweise
aus ringförmig
gewalzten Baustahlblechen der Sorten S235 (St37) und/oder S355 (St52)
in Segmenten von max. 33 m Länge
bzw. 65 t Stückgewicht
hergestellt. Das dabei unter Werkstattbedingungen angewendete Schweißverfahren
ist das UP-Schweißen.
Die Rohrsegmente werden mit T- oder L-Flanschen versehen, die am
Standort der Windenergieanlage (WEA) die Montage mit hochfesten
Stahlbauschrauben ermöglichen.
So werden zurzeit Türme
mit einer Höhe
von 100 m erreicht, die üblicherweise
aus sechs einzelnen Rohrsegmenten bestehen. Die verarbeiteten Bleche
variieren z. Zt. in ihrer Dicke zwischen 8 mm und 60 mm. Die Türme erreichen
bisher am Turmfuß einen
Durchmesser von 7 m. (vgl. Uth, H.-J.: Turmbauweisen von Windenergieanlagen – Stahlbau,
Turmbau, Stahlverbundbau, Band 76, Juni 2001)
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Der
Vorteil der heute gebräuchlichen Flanschverbindungen
(vgl. Lehmann, D.: Berechnung von L-Flanschen mit unterschiedlichen
Kontaktflächen/Ringflanschformen
nach DIN 4133 – Stahlbau
69 (2000), Heft 9) besteht in der schnellen, weitgehend witterungsunabhängigen Endmontage.
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Im
erheblichen Maße
nachteilig ist allerdings das sehr aufwändige Herstellungsverfahren
der Flansche. Diese werden bei kleinen Querschnitten gewalzt, bei
großen
Querschnitten werden sie freiformgeschmiedet und im Vakuum geglüht. Danach
folgt eine spanende Endbearbeitung mit Hilfe von Dreh-, Fräs- und Bohrmaschinen.
Mit der Turm höhe
und dem Durchmesser wachsen die Querschnitte der Flansche und dadurch
die Herstellungskosten überproportional
an.
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Ein
weiterer Nachteil der Flanschverbindungen liegt in den Anforderungen
an die Maßhaltigkeit der
Passflächen,
da der Tragwerksberechnung ideal ebene Kontaktflächen zugrunde gelegt werden.
Die geforderte Passgenauigkeit der mit den Stahlrohren verschweißten Flansche
kann fertigungsbedingt schwer eingehalten werden bzw. durch plastische Verformung
während
des Straßentransports
wieder verloren gehen. Das führt
in der Praxis dazu, dass die Flanschverbindungen so genannte Imperfektionen
in Form von Klaffungen, Sattelbildungen und Welligkeiten aufweisen
und sich in diesem Bereich am fertigen Bauwerk ein von den Lastberechnungen
abweichendes Kräftespiel
einstellt.
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Des
Weiteren ist bei einer Flanschverbindung nachteilig, dass der Kraftfluss
in der Turmwand zur Schraubenachse viermal um 90° umgelenkt werden muss. Außerdem ist
von Nachteil, dass die hochfesten Schraubverbindungen (bei einem
100 m hohen WEA-Turm
ca. 1000 HV-Schrauben der Größe M36 und/oder
M42) im Zuge der halbjährlich
vorgenommenen Wartungsarbeiten stichprobenartig auf ein eventuelles
Abfallen der planmäßigen Vorspannung überprüft werden
müssen.
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Als
Alternative zur Flanschverbindung wurden die Rohrturmsegmente in
der Vergangenheit auch durch Laschenstöße mit quer zur Turmachse liegenden
Passschrauben verbunden. Dieses Verfahren setzte sich wegen des
hohen Fertigungs-, Montage- und Korrosionsschutz-Aufwandes nicht durch.
Es wurden einzelne Versuche unternommen, die Segmente im E-Handschweißverfahren
auf der Baustelle zu verbinden. Aber auch hier überwogen infolge nicht zu vermeidender
Schweißfehler,
störender
Witterungseinflüsse
und langer Schweißdauer die
Nachteile, sodass die sehr hohen Qualitätsanforderungen nur schwer
erreicht werden konnten.
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Demzufolge
ist es auf Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zu schaffen, dass
es ermöglicht, unter
Baustellenbedingungen in kurzen Herstellungsfristen eine dauerhafte,
hochqualitative Verbindung flanschlos gefertigter Rohrsegmente zu
gewährleisten.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe durch die Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst; zweckmäßige Ausgestaltungen
der Erfindung können
den Ansprüchen
2 bis 4 entnommen werden.
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Nach
Maßgabe
der Erfindung werden, wenn die Fundament-Rohrsektion verankert ist,
die weiteren, darauf aufbauenden Segmente durch aluminothermisches
Schweißen
verbunden. Dafür
werden die zu verscheißenden
Rohrenden unter Gewährleistung
einer Lücke
für die
Schweißfuge
mit Hilfe von speichenartig angeordneten Spannvorrichtungen zueinander
ausgerichtet und fixiert. Erfindungswesentlich ist, dass es dieselben
Spannvorrichtungen sind, die zuvor beim Transport der Turmsegmente
diese in ihrer Position gesichert und vor Verformungen geschützt haben.
Bei ihrer nunmehrigen Verwendung bei der Ausrichtung und Fixierung
der Rohrsegmente werden die Stahlstangen oder Stahlseile mit Spannschlössern an
mit Ösen
versehenen, an der Wand der Turmsegmente angeschweißten Stahlringen
befestigt.
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Die
Lücke zwischen
den Segmenten wird für den
Schweißvorgang
durch an der Innen- bzw.
Außenwand
der zu verbindenden Rohrenden befestigten Gießformstücke überlappt. Die Formstücke bestehen
aus feuerfestem Werkstoff, beispielsweise Formsand, einem Gemisch
aus Wasserglas, Quarzsand und Kohlendioxid, oder aus Keramik; ihre
Befestigung erfolgt mittels Magnete oder Klemmvorrichtungen.
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Es
ist vorteilhaft, diese zu verbindenden Rohrenden vor dem Verschweißen mittels
eines Gasbrenners oder einer Induktionsanlage vorzuwärmen; die
ausgeführte
Schweißnaht
wird nach dem Entfernen der Formstücke und von Angussstücken zweckmäßigerweise
mittels eines Gasbrenners bei Temperaturen von 50–60 K über AC3 normalisiert.
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Bei
der Errichtung der Stahlrohrtürme
kann so vorgegangen werden, dass nur die herstellungsintensivsten
und damit teuersten Flanschverbindungen durch Thermitschweißungen ersetzt
werden und kostengünstige
Flanschverbindungen beibehalten werden oder sämtliche Flanschverbindungen
ersetzt werden.
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Die
Qualitätsanforderungen,
die an die Schweißnähte von
stark schwingungsbeanspruchten WEA-Türmen aus unlegierten Baustählen mit
einer Zugfestigkeit von 235 N/mm2 oder 355
N/mm2 gestellt werden, sind durch das erfindungsgemäß anzuwendende
aluminothermische Schweißverfahren (AT-Verfahren)
unproblematisch erreichbar, da dieses Verfahren auch bei Stählen mit
geringerer Schweißeignung
sehr gute Schweißverbindungen
ermöglicht.
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Nachfolgend
wird die Erfindung näher
erläutert.
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Wie
erwähnt,
dienen die zur Ausrichtung und Fixierung verwendeten Vorrichtungen
zunächst
der Lagesicherung beim Transport der Turmsegmente; hierfür und für das Ausrichten
der Turmsegmente vor dem Schweißen
verfügen
sie über
Stahlstangen oder Stahlseile mit Spannschlössern, die in geringem Abstand
von jedem Rohrende speichenartig angeordnet sind.
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Die
Spannvorrichtungen ermöglichen,
dadurch dass sie in Ösen
eingehängt
sind, eine kreisförmige,
fluchtende Ausrichtung der Rohrenden. Alternativ zu den Stahlringen
kann die Vorrichtung auch so ausgeführt werden, dass als Stahlstangen
oder Stahlseile so genannte "lashing
bars bzw. lashing wires",
wie sie zur Fixierung von Containern auf Schiffen üblich sind,
verwendet werden und diese in entsprechende Verankerungen, die an
der Turmwand angeschweißt
sind (so genannte Container Corner Fittings oder Container Lifting
Sockets), eingehängt werden
und so eine Ausrichtung der Rohre ermöglichen.
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Zur
Fixierung der miteinander zu verschweißenden Rohrsegmente werden
Vorrichtungen verwendet, die zwischen den Rohrenden eine Lücke für das einzubringende,
aluminothermisch erschmolzene Schweißgut offen lassen. Diese Vorrichtungen
bestehen aus Stahlschienen, an deren Enden wiederum Verankerungselemente,
wie bei großen
Stahlcontainern üblich,
angeschweißt
sind. Diese Schienen werden in ausreichendem Abstand zur Turmwand
an Verankerungen (Container Corner Fittings oder Container Lifting
Sockets), die im inneren der Rohrenden angeschweißt sind,
befestigt und ermöglichen
so die Fixierung der Segmente bis sie miteinander verschweißt sind.
Alle Vorrich tungen, zur Stabilisierung, Ausrichtung und zur Fixierung,
die nicht mit der Turmwand verschweißt sind, werden nach erfolgter Schweißung wieder
entfernt und können,
soweit sie nicht beschädigt
wurden, wieder verwendet werden.
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Die
Lücke zwischen
den Segmenten wird seitlich an der Innen- und Außenwand der Rohrenden durch
Gießformstücke begrenzt,
wobei die Formstücke
die Lücke überdecken.
Die Formstücke werden
an der Innenwand durch eine Klemmvorrichtung und an der Außenwand
durch Spannbänder bzw.
beidseitig durch Magnete an der Turmwand befestigt. Die Klemmvorrichtung
an der Innenwand kann bereits durch die oben beschriebenen Stahlschienen
zur Fixierung der Segmente gebildet werden. Die Klemmvorrichtung
an der Außenwand
wird durch Spannbänder, ähnlich denen,
die um Industrieschornsteine zur Vermeidung von Rissen gelegt werden,
gebildet.
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Die
Formstücke
bestehen aus Formsand oder Keramik und sind im Bereich der Lücke zwischen
den Turmsegmenten so ausgeführt,
dass sie Raum für
eine flache Schweißwulst
lassen. Letzteres bewirkt, dass die der gesamten Turmkonstruktion
zu Grunde gefegte Kerbfallklasse entsprechend der DIN 4133 bzw.
dem EUROCODE 3 mit einem möglichst geringen
Endbearbeitungsaufwand beim Verschleifen der Schweißnaht erreicht
werden kann. Weiterhin sind die Formstücke mit der erforderlichen
Anzahl von Gießern,
Steigern und Luftkanälen
ausgestattet, wobei hier Sollbruchstellen zum Abschlagen des überflüssigen Gusses
nahe der Turmwand vorzusehen sind.
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Abhängig davon,
ob die Schweißverbindung durch
eine einmalige oder eine Mehrlagen-Schweißung ausgeführt wird, wird oberhalb der
Gießformstücke ein
oder mehrere Reaktionstiegel befestigt, in welchen die Schweißportion
bzw. die Schweißportionen
gezündet
und damit zur Reaktion gebracht wird/werden. Die Entscheidung, ob
eine einmalige Schweißung
ausreichend oder eine Mehrlagenschweißung erforderlich ist, hängt dabei
vom Volumen der vom Schweißgut
zu füllenden
Schweißlücke und
damit vom Rohrdurchmesser und der Blechdicke ab, da mit dem Volumen
des aluminothermisch erschmolzenen Stahls der Anteil fein verteilter,
verunreinigender Schlackeneinschlüsse steigt.
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Die
Schweißportionen
werden so zusammengestellt, dass eine, im Hinblick auf die Festigkeitseigenschaften
und dem Grundgefüge
der Stahlrohre entsprechende Schweißung erzielt wird. Hier sind
bei schwingungsbelasteten Turmbauwerken vor allem die Kerbschlagfestigkeit,
die Zugfestigkeit, die Ermüdungsfestigkeit,
die Bruchdehnung und die Brucheinschnürung maßgebend. Die Schweißportionen
bestehen beim AT-Verfahren in ihren Hauptbestandteilen aus einer
feinkörnigen
Mischung von Aluminiumpulver, Eisenoxiden und gekörntem Eisen
(z. B. Nagelspitzenschrott) wobei die letzte Komponente reaktionsdämpfend und
eisenbildend wirkt. Weiterhin ist der Legierungsanteil von Stahlbildern
wie C, Mn, Cr, Mo, V, Ti und der Eisenbegleiter Si, P, S den Festigkeitsanforderungen
entsprechend einzustellen. Hier ist bei Baustählen von einem Kohlenstoffäquivalent
von etwa 1,2 % auszugehen.
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Die
Schweißportionen
werden im Reaktionstiegel mit Spezialzündhölzern aus einem Gemisch von
Bariumnitrat und Aluminium oder mit Hilfe von elektrischen Glühzündapparaten
bei ca. 1400°C
gezündet
und zur Reaktion gebracht. Nach Einleitung dieser so genannten Thermitreaktion
wird der Stahl als Schweißmasse
in schmelzflüssigem
Zustand in wenigen Sekunden mit einer Temperatur von ca. 2500°C gewonnen.
Dabei schützt
eine Schlackenschicht vor der Einwirkung der atmosphärischen
Luft. Durch die Wärmewirkung öffnet sich
am Boden des Reaktionstiegels ein Stöpsel und die Lücke zwischen den
zu verschweißenden
Stahlrohrenden wird von der schmelzflüssigen Schweißportion
unter Aufschmelzung der Randzone des Stahlrohrs gefüllt. Dabei
wird die Oxidschicht auf der Stahloberfläche weggespült und der Werkstoff aufgeschmolzen.
Das bei der Reaktion neben dem Stahl anfallende, leichte, schlackebildende
Aluminiumoxid trennt sich durch die großen Dichteunterschiede von
der Stahlschmelze.
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Dieser
Gießschmelzvorgang
kann sowohl als fallender oder als steigender Guss ausgeführt werden.
Die Abkühlungsbedingungen
der Schweißung
zwischen den Rohrenden und den Formstücken ergeben einen weitgehend
spannungsfreien Zustand der Schweißverbindung. Bei der Ausführung einer
Mehrlagenschweißung
wirkt die Temperaturstrahlung jeder folgenden Lage auf die bereits
eingebrachten Lagen als normalisierender Glühvorgang. Andererseits können dicke
Rohrquerschnitte, falls erforderlich, nach Entfernen der Formstücke mit
Hilfe von Gasbrennern bei Temperaturen von 50–60 K über Ac3 schockartig
normalisiert werden.
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Im
Anschluss an die Schweißung
werden die Formstücke
entfernt und an den Sollbruchstellen von Eingüssen und Steigern der vorstehende
Guss abgeschlagen. Daran anschließend wird die Schweißnaht an
der Innen- und Außenseite
der Turmwand verschliffen. Zuletzt wird der Turm im Bereich der Schweißung nach
der erforderlichen Oberflächenvorbereitung
mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen. Hier eignet sich
z. B. eine Duplex-Beschichtung mit einer zweifachen Grundbeschichtung auf
der Basis von Zinkethylsilikat.
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Auf
diese Weise lässt
sich beim Verschweißen
von großen
Stahlrohrtürmen
und speziell beim Verschweißen
der Turmsegmente von Windenergieanlagen durch die Anwendung des
aluminothermischen Schweißverfahrens
unabhängig
von leistungsstarken externen Energiequellen und im Vergleich zu anderen
Schweißverfahren
mit geringsten Ansprüchen
bezüglich
Ort und Zeit, auch bei dicken Blechdikken in vergleichsweise kurzer
Schweißdauer,
eine dauerhafte, wartungsarme Verbindung von hoher Qualität und Sicherheit
ausführen.