Stoffgemisch Die steigende Belastung des Strassennetzes durch motorischen Transport erfordert immer intensivere Massnahmen zur Bekämpfung von Eis und Schnee, insbesondere zur Bekämpfung von Glatteis und Schneeglätte. Infolgedessen steigt der Bedarf an inerten Streustoffen (Kesselschlacke, Sand, Schlacke, zerbrök- keltes Gestein usw.) und der mechanische und finan zielle Aufwand. Die Wirkung inerter Streustoffe er weist sich aber auf transportbelasteten Fahrbahnen schon kurz nach dem Aufschütten als ungenügend.
Das Streumaterial wird durch den Fahrbetrieb an den Rand der Fahrbahn gefegt, gelangt in die Strassengräben und von da in die Kanalisation. In einem Winter werden bis 50 Tonnen oder mehr Streumaterial pro Kilometer Fahrbahn verbraucht. Der sich bildende Staub stellt insbesondere in Städten eine Gefahr für die Gesundheit dar. In den Frühlingsmonaten muss das zurückgeblie bene Streumaterial schliesslich unter entsprechendem Arbeits- und Geldaufwand weggeräumt werden.
Aufgrund von Erfahrungen in mehreren Ländern ist als fortschrittlichstes Verfahren zur Bekämpfung von Vereisung und Schnee die Verwendung von Che mikalien anzusehen, die den Schhmelzpunkt des Eises herabsetzen, d. h. einen Teil des Eises unter Bildung eines Breies auflösen, der aus einer Lösung der betref fenden Chemikalien und des verbleibenden Eises be steht. Bei Verwendung ausreichender Mengen der Che mikalien kann das Eis völlig aufgelöst werden. Prak tisch kommen für diese Zwecke vornehmlich Natrium- und Calciumchlorid in Betracht und werden bereits in grösserem Umfange verwendet.
Man verwendet meistens Natriumchlorid, da dieses am leichtesten erhältlich und verhältnismässig billig ist, eine einfache Handhabung gestattet und bei seiner Be förderung bzw. Lagerung im Streukasten nicht zer- fliesst. Das Aufstreuen von Natriumchlorid ist nur bis zu etwa -5 C wirksam. Wenn die Temperatur unter diesen Wert sinkt, beginnt die Wirkung des Natrium chlorids nachzulassen. Bei -11 C ist das Bestreuen mit Natriumchlorid bereits meist wertlos.
Hingegen werden bei Verwendung von Calciumchlorid Eis und Schnee selbst bei -35 C noch genügend schnell aufgelöst. Ein weiterer Vorteil von Calciumchlorid ist seine grosse positive Lösungswärme (die beim Natriumchlorid nega tiv ist). Diese Wärme wird beim Auflösen von Eis und Schnee frei, erwärmt die Umgebung und beschleunigt dadurch den Lösungsvorgang. Calciumchlorid ist teurer als Natriumchlorid, bietet aber einen Schutz der Fahr wege bis zu so tiefen Temperaturen, wie sie in Europa nur selten auftreten.
Man verwendet es daher am häu figsten in Mischung mit Natriumchlorid. Versuche in Belgien haben folgendes gezeigt: eine Schicht aus ver eistem Schnee wurde bei einer Temperatur von -1,5 C und bei einer Frequenz von 250 Fahrzeugen pro Stunde nach dem Aufstreuen von 300 kg Natriumchlo- rid pro Kilometer Autobahn nach eineinhalb Stunden beseitigt.
Unter den gleichen Bedingungen hat ein Gemisch von drei Teilen Natriumchlorid und einem Teil Calciumchlorid in einer Menge von 265 kg/km Fahrbahn den vereisten Schnee in einer Stunde aufge löst. Calciumchlorid allein in einer Menge von 250 kg/ km Fahrbahn hat eine 2-3 cm starke Schicht binnen einer halben Stunde beseitigt.
In Michigan (USA) wurde mit einem Gemisch von Natriumchlorid und Calciumchlorid im Verhältnis von 3:1 bei einer Tem peratur von -0,5 C bis -4 C und bei einer Dosierung von 140 kg/km eine um 63 % grössere Fläche gerei- nigt, als bei Verwendung von Natriumchlorid allein.
Aufgrund von Erfahrungen im Staate Connecticut (USA) beginnt das Schmelzen bei Verwendung einer solchen Mischung schon 5-l0 Minuten nach dem Auf streuen., bei Verwendung von Natriumchlorid allein erst nach 30-35 Min.
Ein Nachteil dieses Gemisches ist die Notwendig keit des mechanischen Vermengens der beiden Kompo nenten, was einen selbständigen Arbeitsgang fordert und eine Erhöhung der Kosten verursacht. Ausserdem fallen beim Bestreuen mit einer solchen Mischung auf einige Stellen der Fahrbahn Natriumchloridkörner, auf andere wieder Calciumchloridkörner. In diesem Falle kann die günstige Wirkung des Calciumchlorid, näm lich der Schmelzbeginn einige Minuten nach dem Auf streuen, für die abseits liegenden Natriumchloridkörner nicht voll ausgenützt werden.
In der Tschechoslowakei wurde Calciumchloird bisher nur in geringen Mengen für verschiedene chemi sche Zwecke hergestellt. Für die Herstellung von Ver eisungsmitteln stehen Abfallösungen von Calciumchlo- rid zur Verfügung, die in einigen chemischen Betrieben anfallen und für diese Betriebe nur eine Belastung dar stellen. Zurzeit kommt ein neues tschechisches Produkt Calkosan auf den Markt, das in einer Zerstäubungs- trockenkammer aus Abfallösungen von Calciumchlorid hergestellt wird.
Es ist hauptsächlich zur Vermeidung des Durchfrierens bzw. des Anfrierens von Schüttgut an den Wandungen der Transportmittel bestimmt und hat sich für diesen Zweck gut bewährt. Für die Be handlung von Fahrbahnen ist es jedoch nicht geeignet, da es einen sehr feinen Staub von kleinem Schüttge wicht und grosser Oberfläche darstellt, deshalb sehr schnell Wasser aufnimmt, bei der Handhabung zusam menbackt, Staub bildet und keineswegs angenehm zu handhaben ist. Beim Auseinanderfegen auf der Fahr bahn kann es durch den Wind verblasen werden.
Die Erfindung soll die genannten Nachteile und Schwierigkeiten bei der Verwendung von Natriumchlo- rid und Calciumehlorid beseitigen. Das Stoffgemisch gemäss der Erfindung enthält Natriumehlorid und Cal ciumchlorid und ist zur Beseitigung von Eis und Schnee auf Gehwegen, Fahrbahnen, Flugzeugpisten und Gleisanlagen, d. h. allgemein zur Enteisung von Verkehrswegen geeignet.
Das Gemisch gemäss der Er findung ist dadurch gekennzeichnet, dass das Gemisch mindestens teilweise aus einem Granulat besteht, des sen Körner einen überwiegend aus Natriumchlorid be stehenden Kern. und eine diesen Kern umgebende Schicht aufweisen, die überwiegend aus Calciumchlorid besteht, und dass das Gemisch ausserdem einen Korro- sionsinhibitor enthält.
Vorzugsweise enthalten die Körner des Granulates 10-90 % Natriumchlorid, 90-10 0/a Calciumchlorid und bis zu 5 % Korrosionsinhibitoren, z. B. Natrium- hexametaphosphat.
Vorzugsweise wird das erfindungsgemässe Gemisch dadurch hergestellt, dass man eine Lösung von Calci- umchlorid kontinuierlich in eine Schicht von kontinu ierlich dosiertem Natriumehlorid spritzt, die durch heisse Gase fluidisiert wird, d. h. in Form einer Wir belschicht vorliegt. Der Korrosionsinhibitor kann in Form einer Lösung zugesetzt werden, vorzugsweise ge löst in der Calciumchloridlösung. Er kann auch in fester körniger Formm, am besten gemeinsam mit dem Natriumchlorid in das Stoffgemisch eingearbeitet wer den.
Beim erfindungsgemässen Stoffgemisch ist das Natriumchlorid im Innern der Körner konzentriert, während die Hüllschicht hauptsächlich aus Calcium- chlorid besteht. Das erfindungsgemässe Stoffgemisch wirkt schnell, weil alle Körner eine ebenso schnell ein setzende Wirkung ermöglichen, wie das Calciumchlorid allein.
Der Kern aus Natriumchlorid findet nach sei nem Freiwerden in der vom Calciumchlorid ange- schmolzenen Umgebung die Voraussetzungen für eine bedeutend schnellere Wirkung, als im Falle eines nicht umhüllten und nur aus Natriumchlorid bestehenden Granulates. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich grössere Stücke des Gemisches (die Körner) ver- hältnismässig schnell bis zur Oberfläche der Fahrbahn durchschmelzen, sich dort auflösen und schnell auch unter stärker vereiste Schichten dringen,
welche dann in kurzer Zeit von den durchfahrenden Fahrzeugen zerschlagen werden. Ein Vorteil des erfindungsgemäs- sen Stoffgemisches ist ferner die Möglichkeit, das Ver hältnis der beiden Komponenten zueinander in den Grenzen von 10-90 % zu verändern und die Grösse der Partikeln in einem weiten Bereich zu wählen, so dass man es in der Hand hat, spezifisch wirksame Prä parate für bestimmte Witterungsverhältnisse, Verkehrs arten bzw.
Verkehrsbelastungen und Vereisungs- bzw. Schneearten herzustellen. Der Prozentgehalt der einzel nen Komponenten ist hauptsächlich durch die erforder liche Geschwindigkeit der Wirkung und durch den Preis der Komponenten bestimmt. Der günstige Effekt des Calciumchlorid kommt meist nicht zur Geltung, wenn seine Menge geringer als 10 % ist. Andererseits hat es wirtschaftlich meist keine Bedeutung,
dem Calci- umchlorid weniger als 10 % zuzusetzen. Beispielsweise ist es günstig für Temperaturen von -6 C und im Falle von stärkeren Schichten befahrenen Schnees Granulate mit einem Gehalt von 70 % CaC12 und einer Korngrösse von 2-3 mm zu verwenden.
Ein all gemeiner Vorteil des erfindungsgemässen Stoffgemi sches ist die einfache Handhabung. Ein Verstäuben oder Verwehen durch den Wind kann vermieden wer den. Ferner können zum Verstreuen moderne techni sche Schleudervorrichtungen verwendet werden, wie sie zur Verteilung von Kunstdünger bekannt sind. Kor rosionswirkungen können durch den Inhibitor vermin dert werden, insbesondere wenn dieser in jedem Korn praktisch gleichmässig verteilt ist.
Ausser dem genann ten Natriumhexametaphosphat ist auch Calciumoxyd verwendbar sowie alle Substanzen, welche die erforder lichen Inhibitoreigenschaften aufweisen und nicht zu teuer sind.
Bei der Lagerung und beim Aufbringen des erfin- dungsgemässen Stoffgemisches ist es zweckmässig, eine nachteilige Feuchtigkeitseinwirkung zu vermeiden. Man kann die Körner einer Oberflächenbehandlung unter ziehen und sie z. B. mit einer weitern Schicht versehen, die aus Natriumchlorid besteht und nach dem oben beschriebenen Verfahren hergestellt werden kann. Man kann z. B. eine Natriumchloridlösung kontinuierlich in eine Wirbelschicht des kontinuierlich dosierten Granu lates einspritzen. Die Behandlung kann auch durch Bestäuben oder dergl. erfolgen.
Gemische, die auf diese Weise behandelt sind, können dann in Hallen frei gelagert und in offenen Waggons befördert werden. Allerdings wird man dieses Produkt meist für die Be handlung solcher Verkehrswege verwenden, wo ihre langsamere Wirkung ausreicht bzw. wo die Lagerungs- und Streutechnik zu einer unerwünschten Feuchtig keitsaufnahme des Calciumchlorid führt. <I>Ausführungsbeispiel</I> In eine Wirbelschichtanlage mit 0,9 m Rostdurch messer wurden kontinuierlich 150 kg kristallines Natri- umehlorid von 0,2-1 mm Korngrösse eingespeist.
Die Fluidisierung oder Verwirbelung des Natriumchlorid erfolgte durch 3500 Nm3/St Verbrennungsabgase, die mit einer Temperatur von 600 C unter den Rost ge führt wurden. Auf die so gebildete Wirbelschicht des Natriumchlorid wurde mittels einer Einstoffdüse eine 40 % wässerige Lösung von Calciumchlorid aufge- spritzt,
und zwar in einer Menge von 870 kg/St. Diese Lösung enthielt 1% Natriumhexametaphosphat. Die Anlage lieferte stündlich 500 kg eines Gemisches von Natriumchlorid und Calciumchlorid, dess Körner eine Grösse von 0,5-3 mm aufwiesen. Beim Verlassen der Anlage hatte das Produkt eine Temperatur von 180 C und wurde auf etwa 50 C abgekühlt.