Verfahren zur Herstellung von Formlingen
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von Formlingen aus hochkristallinem Polypropylen oder einem Gemisch, welches solches enthält, durch Schmelzen des Polypropylens und Abkühlen desselben zum festen Zustand in einer Form, wobei das Schmelzen gewöhnlich vor der Einführung des Polypropylens in die Form erfolgt.
Bei der Herstellung von Formlingen aus den bisher verwendeten thermoplastischen Materialien wird das Material auf seinen Erweichungspunkt oder eine wenig darüberliegende Temperatur erhitzt und in eine Form gepresst oder gespritzt, aus welcher der Formling nach passendem Abkühlen entnommen wird.
Die vorliegende Erfindung beruht auf der Entdeckung, dass sich hochkristalline Polypropylene und Zusammensetzungen, welche solche enthalten, leicht zu Formlingen mit vorzüglichen mechanischen Eigenschaften bei Zug, Druck und Schlag und einer ausserordentlichen Hitzebeständigkeit verformen lassen, selbst wenn die genannten Polypropylene ein Molekulargewicht von über 600000 aufweisen, vorausgesetzt, dass gewisse Temperaturbedingungen eingehalten werden.
Das erfindungsgemässe Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass man das Polypropylen auf eine Temperatur von nicht über 2,15 f erhitzt und aus dem Temperaturbereich von 1,2-2,15 f zum festen Zustand abkühlt, wobei f die optische Schmelztemperatur des Polypropylens, ausgedrückt in Celsiusgraden, bedeutet.
Das gemäss vorliegender Erfindung verwendete hochkristalline Polypropylen kann mit amorphem Polypropylen vermischt sein. Insbesondere bei der Anwesenheit von amorphem Polypropylen haben diese Polypropylene keinen scharfen Schmelzpunkt, bei welcher die Kristallinität verschwindet, sondern zeigen einen Erweichungsbereich, dessen Lage und Breite, wie die Viskosität des erweichten oder geschmolzenen Materials, vom mittleren Molekulargewicht abhängt. Die Beendigung des Übergangs vom kristallinen Zustand in den amorphen Zustand geht einher mit einem vollständigen Dunkelwerden des Gesichtsfeldes, wenn man einen Abschnitt des Polymers während des Erhitzens unter dem Mikroskop zwischen gekreuzten Nicols betrachtet; die Temperatur, bei welcher diese totale Auslöschung erfolgt, wird als optische Schmelztemperatur bezeichnet.
Zur Verwendung bevorzugt man hochkristalline Polypropylene mit einer optischen Schmelztemperatur von 164-1680C.
Ausser thermischen und mechanischen Eigenschaften, welche denjenigen von aus andern thenno- plastischen Materialien hergestellten Gegenständen überlegen sind, zeigen die erfindungsgemäss hergestellten Gegenstände auch gleichzeitig Transparenz, Färbbarkeit bis zur Undurchsichtbarkeit, chemische Beständigkeit, gute dielektrische Eigenschaften, Geruchlosigkeit und Ungiftigkeit, Eigenschaften, welche in aus andern thermoplastischen Materialien hergestellten Gegenständen nicht gleichzeitig erzielt werden können.
Die ausserordentlichen Eigenschaften von erfindungsgemäss behandeltem hochkristallinem Polypropylen gestatten die Herstellung von Gegenständen, welche bisher aus thermoplastischen Materialien nicht herstellbar waren. Ausserdem gestattet es die hohe mechanische Festigkeit des Materials, Gegenstände für einen bestimmten Zweck leichter auszuführen (das heisst z. B. im Falle von hohlen Gegenständen: mit dünneren Wänden, als dies bisher mit andern thermoplastischen Materialien möglich war), woraus sich eine bedeutende Verbilligung ergibt.
Propylenpolymere können Molekulargewichte von 800000 und mehr aufweisen, doch ist es insbesondere bei der Anwendung der Spritzgusstechnik, zweckmässig, Polymere mit einem Molekulargewicht im Bereich von 50000 bis 250000 zu verwenden.
Dieser Bereich stellt indessen keine Begrenzung dar und kann verlassen werden. Wenn beispielsweise ausserordentliche Werte mechanischer und thermischer Festigkeit gefordert werden, ist es zweckmässig, Polymere mit einem Molekulargewicht von über 500000 zu verwenden. Das Formpressen kann auch mit Propylenpolymeren von beliebigem Molekulargewicht durchgeführt werden.
Die Temperaturbedingungen des erfindungsgemässen Verfahrens, deren Nichteinhaltung die Bildung von schlechteren oder sogar brüchigen Produkten zur Folge hat, sind überraschend, wenn man sie mit jenen vergleicht, welche bei der Verarbeitung anderer thermoplastischer Materialien mit teilweise amorpher, kristalliner Struktur eingehalten werden müssen.
Polyäthylen beispielsweise kann bei einer Temperatur verformt werden, welche wenig, beispielsweise um 10"C, oberhalb des Schmelzpunkts des kristallinen Anteils liegt, ohne dass brüchige Produkte entstehen.
Verformt man Polypropylen unter ähnlich niedrigen Temperaturbedingungen (z. B. 10-20"C oberhalb dem Schmelzpunkt), so erhält man Produkte mit einer geringen Biegefestigkeit.
Erhitzt man Polypropylen zu stark, so werden alle seine Eigenschaften verschlechtert. Erhitzt man das Polypropylen jedoch auf eine Temperatur, welche 2,15 f nicht übersteigt, so treten keinerlei Schwierigkeiten auf, vorausgesetzt, dass man dafür sorgt, dass die hohen Temperaturen nicht zu lange beibehalten werden.
Die optimale Verarbeitungstemperatur für das Polypropylen hängt ab von dessen mittlerem Molekulargewicht. Als allgemeine Regel kann gelten, dass beim Spritzguss mit einem Polymer mit einem Molekulargewicht von 50000-250000 und einer optimalen Schmelztemperatur von 164-168"C die besten Ergebnisse hinsichtlich den Eigenschaften der Formlinge erzielt werden, wenn man das Einspritzen bei einer Temperatur zwischen 200 und 3500 C vornimmt.
Unter diesen Bedingungen zeigen die erhaltenen Formlinge im Mittel die folgenden Eigenschaften, welche denjenigen von aus andern thermoplastischen Harzen geformten Gegenständen eindeutig überlegen sind: Zugfestigkeit (kg/cm2) 400 Streckgrenze ( /o Verlängerung) 100-600 Brinellhärte (mit einer Kugel 012, mm, 1 Minute,
Belastung 31,75 kg) (kg ! mm2) 1500-2000 Vicat-Erweichungspunkt (Belastung 5 kg) 100110 C
Wenn während des Spritzgiessens die Temperatur von 300 C während längerer Zeit überschritten wird, so wird das Material sehr leichtflüssig und entwickelt Gase. Die Formlinge kommen mit hohen Pressgraten aus der Form, enthalten an den dicksten Stellen Blasen und Schuppen und sind brüchig.
Genaue Temperatur-und Zeitangaben können nicht gemacht werden, da die Bedingungen, unter welchen diese Erscheinungen auftreten, nicht nur vom ursprünglichen Molekulargewicht des Polymers, sondern auch von den Konstruktionsmerkmalen des Apparats abhängen, doch lässt sich sagen, dass eine während 10 Minuten beibehaltene Temperatur von 3500 C genügt, um die mechanischen und physikalischen Eigenschaften des Formlings zu verschlechtern, während hierfür bei einer Temperatur von 3300C eine Zeitdauer von 15-20 Minuten nötig ist.
Es hat sich überraschenderweise gezeigt, dass man, wenn man, ausgehend von einem Polymer mit einem Molekulargewicht von über 100000, unter diesen ungünstigen Bedingungen arbeitet, stets ein Polymer mit einem Molekulargewicht von etwa 30000 erhält, unabhängig vom Molekulargewicht vor der Verformung. Beim Spritzguss hat sich überraschend gezeigt, dass der Angusskanal einen Einfluss ausübt; insbesondere beim Giessen von grossen Gegenständen sind höhere Temperatur nötig, damit die Form gefüllt wird, und das Schrumpfen beim Abkühlen ist beträchtlich, so dass konische Gegenstände auf der Patrize eingeklemmt werden und nur unter Schwierig- keiten aus der Form entnommen werden können.
Bei direkter Kopf -Einspritzung lassen sich indessen niedrigere Temperaturen anwenden und die Entnahme ist einfacher.
Die hier verwendeten Polymere können Farbstoffe, Pigmente oder Füllstoffe enthalten. Gewöhnlich verändern diese Zusätze die optische Schmelztemperatur nicht, doch kann man darauf nicht unbedingt gehen, so dass es angezeigt ist, nach Zufügung irgendwelcher Zusätze zu kontrollieren, ob Veränderungen eingetreten sind.
Die beim erfindungsgemässen Verfahren zweckmässig zur Anwendung gelangende Formpresse entspricht im wesentlichen denjenigen, welche allgemein für thermoplastische Hochpolymere mit amorphkristalliner Struktur notwendig sind. Sie kann je nach Notwendigkeit der Form angepasst werden.
Beispiel 1
13 g Polypropylen mit einem Molekulargewicht von 400000 werden in einer Presse zwischen parallelen Platten mit einer Fläche von 12 X 12 cm 10 Minuten lang unter einem Druck von 450 kg/cm2 auf 2200 C erhitzt. Nach dem Abkühlen auf 100u C entnimmt man die erhaltene 1,2 cm dicke Schicht, welche zäh, biegsam und nicht brüchig ist.
Beispiel 2
Polypropylen mit einem Molekulargewicht von 150000 wird in einer Spritzgusspresse mit einem Fassungsvermögen von 40 g geformt. Es wird eine Form mit vier Hohlräumen verwendet, die ausgelegt ist zur Herstellung von Schichten mit einer Grösse von 42 X 50 mm, bei einer in der Längsrichtung von 4,8 auf 1,7 mm abnehmenden Dicke. Die Erweichungskammer hat ein Fassungsvermögen von 100 g, entsprechend 5 Presslingen.
Durch minütiges Erhitzen auf Temperaturen zwischen 200 und 3600 C erhält man Presslinge mit glatter Oberfläche, welche transparent und bei Zimmertemperatur von jeglicher Sprödigkeit frei sind.
Wenn anderseits die Verweilzeit in der Erweichungskammer verlängert wird, so werden die Presslinge spröde und zeigen in den Gegenden der grössten Dicke eine schwammige Struktur, beispielsweise unter den folgenden Bedingungen:
T t Verweilzeit des Polymers in empera ur der Erweichungskammer
3500C 10 Minuten 3300 C 15 Minuten
3000C 30 Minuten
Unter diesen Bedingungen wird das Polymer sehr leichtflüssig, entwickelt beträchtliche Gasmengen und bildet bei der Verarbeitung grosse Pressgrate.
Beispiel 3
Auf einem Spritzgussapparat mit einer Erweichungskammer mit einem Fassungsvermögen von 12 kg stellt man ovale Becken mit einem grössten Durchmesser von 81 cm und einem kleinsten Durchmesser von 45 cm sowie einer Höhe von 18 cm her, welche 1900 g wiegen.
Hierzu wird pigmentiertes Polypropylen mit einem Molekulargewicht von 150000 verwendet.
Beim Erhitzen während 5 Minuten auf verschiedene Temperaturen zwischen 270 und 300"C erhält man vollkommene Produkte, welche biegsam und zäh sind und eine hohe Schlagfestigkeit besitzen. Erfolgt das Spritzen jedoch unter Sminütigem Erhitzen auf 3500 C, so wird das erhaltene Becken brüchig und zeigt am Rand (welcher 6 mm dick ist) eine unkompakte Struktur. Das nach dem Spritzgiessen ermittelte Molekulargewicht ergibt sich zu 33000.
Beispiel 4
Man geht gleich vor wie in Beispiel 3, verwendet dabei jedoch eine Form für die Bildung eines kegelstumpfförmigen Eimers mit einem oberen Durchmesser von 25 cm, einem Fassungsvermögen von 6 Liter und einem Gewicht von 380 g. Bei Kapillareinspritzung benötigt man eine Spritztemperatur von 3500 C, und die Entnahme ist schwierig; bei direkter Einspritzung oder Einspritzung durch einen Angusskanal erzielt man sehr gute Ergebnisse bei 2700 C und Erhitzungszeiten von 2 Minuten.
Lässt man das Polymer bei der gleichen Temperatur 45 Minuten lang in der Erweichungskammer stehen, so besitzt der gebildete Formling keine nennenswerte Schlagfestigkeit mehr, trotzdem er ein gutes Aussehen und eine kompakte Struktur zeigt.
Beispiel 5
Es werden Kühlschrank-Türrahmen mit einer Grösse von 59 X 122 cm und einem Gewicht von 850 g aus mit Titan pigmentiertem Polypropylen mit einem Molekulargewicht von 150000 in einer 1300 g Presse geformt.
Beim Arbeiten bei verschiedenen Temperaturen findet man:
1. Bei Temperaturen in den verschiedenen Teilen der Erweichungskammer, von der Angusskammer bis zur Düse, von 140, 200, 200 und 180"C und einer Durchlaufzeit von 2 Minuten ist der gebildete Rahmen unvollständig.
2. Bei Temperaturen von 200, 240, 240 und 2400 C und einer Durchlaufzeit von 2 Minuten neigt der erhaltene Rahmen zur Sprödigkeit; er bricht beim Biegen.
3. Bei Temperaturen von 220, 260, 260 und 2600 C und einer Durchlaufzeit von 2 Minuten ist der erhaltene Rahmen vollkommen und gegen Schlag und Biegen unempfindlich.