Verfahren zur Darstellung von Kunstseidefäden, Filmen, Bändchen und dergleichen Kunstprodukten aus Lösungen von Zellulose in Schwefelsäure. Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Darstellung von Kunstseidefäden, Fil men, Bändchen und dergleichen Kunst produkten aus Lösungen von Zellulose in "ehwefelsäure.
Man hat bereits versucht, neben den be kannten Lösungen von Zelluloseverbindun- gen, wie zum Beispiel Zellulosexantho- genat, -nitrat und -acetat, Lösungen von Zellulose in Schwefelsäure, Zinkchlorid, Salz säure, Rhodaniden usw. zu verspinnen, ohne jedoch den gewünschten Erfolg zu erzielen.
Das Misslingen dieser Versuche wird, insofern das Verspinnen von Lösungen von Zellulose in Schwefelsäure in Betracht kommt, darauf zurückgeführt, dass Schwefel säure eine Verzuckerung der Zellulose ver ursacht. Jedenfalls ist es bisher nicht ge lungen, ausgehend von Lösungen von Zellu lose in Schwefelsäure, ein brauchbares Pro dukt wirtschaftlich herzustellen, da nicht nur die Konzentrationsverringerung der Zellulose, sondern auch die Anwesenheit von Zelluloseabbauprodukten die Qualität des. Endproduktes ungünstig beeinflussten.
Man hat bereits vorgeschlagen, durch be stimmte Massnahmen beim Verspinnen von Zelluloselösungen in Säuren die Zellulose zersetzung zu verhindern. So hat zum Bei spiel Langhans für eine Lösung von Zellu lose in einem Gemisch von Phosphor- und Schwefelsäure einen Zusatz von 45%iger Phosphorsäure vorgeschlagen, sowie auch von Alkohol, Glyzerin oder deren Phosphor säure-, Schwefelsäure- und Salpetersäure- estern. Langhans hat auch ein Verfahren zur Herstellung von homogenen Zeljuloselösungen angegeben,
bei dem Zellulose zunächst in Schwefelsäure von 70 bis 80% gelöst und die gebildete Lösung darauf mit schwächerer Schwefelsäure von -68 bis 45 % verdünnt wird. Er verwendete immer Schwefelsäurekonzen- trationen, die oberhalb 60 % liegen. Diese Verfahren weisen verschiedene Nachteile auf 1. Man braucht grosse Mengen der Ver dünnungssäuren, um die Säurekonzentration derart herabzusetzen, dass der beabsichtigte Zweck erreicht wird. Dies führt zwangläufig zu erheblicher Konzentrationsverringerung der Zellulose, was wieder schädlich ist, da zur Herstellung eines technisch brauchbaren Produktes ein genügend hoher Zellulose gehalt erforderlich ist.
2. In der Lösung findet immer noch eine sehr schnelle Verzuckerung statt. Es ent stehen hierbei sogar nichtregenerierbare Pro dukte, zum Beispiele Glykose. Die Folge ist, dass die Zellulosekonzentration während des Spinnvorganges nicht konstant bleibt und dass ausserdem ein Verlust an Zellulose ein tritt.
3. Die noch zu regenerierende Zellulose ist bereits derart abgebaut, dass die Zug festigkeit des Endproduktes recht ungünstig beeinflusst wird.
4. Die Viskosität der Lösung bleibt nicht konstant, sie sinkt infolge der Verzuckerung fortlaufend.
5. Man kann die Teilchengrösse der Zellu lose nicht nach Wunsch beeinflussen.
Wie Versuche ergaben, treten beim Ver fahren gemäss vorliegender Erfindung diese Nachteile nicht auf.
Es beruht darauf, dass der Lösung von Zellulose in Schwefelsäure eine derartige Menge von wenigstens einem Stoff, der im Lösungsmittel löslich ist, zugesetzt wird, dass die Konzentration der Schwefelsäure in der Lösung weniger als<B>60%</B> beträgt. Die Folge hiervon ist, dass sich mehr polyone Teilchen bilden, so dass die nunmehr metastabile Lösung praktisch einem Zellulosemolekül- abbau nicht mehr unterliegt. Die Zusammen setzung des Lösungsmittels ist in diesem Sta dium des Verfahrens eine derartige, dass sich in ihm primär Zellulose nicht lösen würde.
Das Lösen der Zellulose findet in Schwefel säure von über 60% statt, vorzugsweise be nutzt man Schwefelsäure von ungefähr 65 %. Der Lösungsvorgang und die darauffolgende Behandlung (Lösen, Verdünnen, Filtrieren usw.) oder auch nur einer dieser Verfahrens vorgänge können unter Kühlung erfolgen. Es kann auch verminderter Druck angewandt werden oder Kühlung und verminderter Druck oder nur Kühlung allein.
Die Vorzüge eines derartigen Verfahrens sind die folgenden: 1. Da die Lösung praktisch keinem Zellu- losemolekülabbau ausgesetzt ist, bleiben Zellulosegehalt und Viskosität während des Spinnens konstant.
2. Es besteht die Möglichkeit, die Her stellung der Lösung und das Verspinnen un abhängig voneinander durchzuführen. Hier durch ist man in der Lage, die erforderlichen Nachbehandlungen der Spinnlösung, z. B. Entlüften, Filtrieren usw., durchzuführen.
3. Bei Durchführung des Verfahrens ge mäss der Erfindung besteht die Möglichkeit, die Spinnlösung reifen zu lassen, was der Zugfestigkeit des Endproduktes ausserordent lich zugute kommt.
4. Infolge Verwendung weniger konzen trierter Schwefelsäure wird einer unerwünsch ten Umwandlung der Zellulose beim Lösen vorgebeugt. Die Verwendung :der nicht so stark konzentrierten Schwefelsäure gestattet weiter ohne Nachteile die Benutzung von zum Beispiel Wasser als Verdünnungsmittel, und zwar deswegen, weil die Wärmemenge; die dabei frei wird, nicht mehr schädlich wirkt.
Zur Ausführung des Verfahrens der Er findung hat es sich als zweckmässig heraus gestellt, die Konzentration der Schwefelsäure so zu wählen, daB einmal die Zellulose sich kolloidal löst, dass anderseits der. Schwefel säuregehalt möglichst niedrig ist. Hierfür eignet sich besonders gut eine Schwefelsäure von ungefähr 6.5%. Die Schwefelsäurekon- zentration der Spinnlösung, die man nach der Erfindung vielfach verwendet, liegt zweck mässig (abgesehen von der Zellulose) zwi schen 50 und 60 Gewichtsprozenten.
In der Praxis wird man, wenn man zum Beispiel von einer 65 % ixen Schwefelsäurelösung aus- geht, auf 100 kg einer derartigen Schwefel säure eine Wassermenge verwenden, die zwi schen 30 und ungefähr 8 kg sich bewegt.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Schwefelsäure eine Verzuckerung der Zellulose herbeiführt. Um diesen Vor gang quantitativ nachprüfen zu können, wurde die Viskosität von Zelluloselösungen in Schwefelsäure verschiedener Konzentra tion untersucht.
Ausgehend von der Annahme, dass die Schnelligkeit der Viskositätsabnahme an einem gewissen Zeitpunkt der an diesem Zeitpunkte bestehenden Viskosität proportio nal ist, wurde folgende Formel gefunden:
EMI0003.0005
In dieser Formel bedeuten t1 und t. den Zeit punkt, an dem die Viskositäten V1 und v2 bestimmt wurden und S' in Minuten die Zeit, innerhalb welcher die Verminderung der Vis kosität der Lösung bis auf die Hälfte der ursprünglichen Viskosität eintritt.
Die Messungen sind natürlich. bei kon stanter Temperatur auszuführen. Für die praktische Untersuchung ist die vorstehende Stabilitätsformel von grossem Nutzen, beson ders auch, weil man die Messung nicht sofort nach dem Lösen auszuführen braucht. Wenn gleich man nur zwei Viskositätgbestimmun- gen auszuführen hat, werden in der Praxis mehrere Viskositäten bestimmt und nach der graphischen Methode die Werte l" und v--, gefunden. die in die Formel einzutragen sind.
Mit der Viskosität als Massstab für die Verzuckerung und durch Anwendung der Stabilitätsformel kann man also immer ver folgen, inwieweit eine bestimmte Änderung in der Zusammensetzung der Lösung eine Stabilitätserhöhung zur Folge hat, das heisst. der Verzuckerung entgegenwirkt.
Während diese Formeln für Lösungen mit Konzentrationen über 60 Gewichtspro zenten den Vorgang der Verzuckerung klar stellen, zeigt es sich, dass bei niedrigen Kon- zentrationen, die durch Wasserzusatz nach dem Lösen der Zellulose erhalten werden, Abweichungen auftreten, die umso grösser werden, je mehr Wasser zugesetzt worden ist und je später die Viskosität gemessen wurde.
Eingehende Versuche haben ergeben, dass dies einem Prozesse zuzuschreiben ist, der gleichzeitig mit der Verzuckerung stattfindet, nämlich der Gelbildung.
Wie bereits bemerkt wurde, hängt die Schwefelsäurekonzentration, die man ver wendet. von der Zeit ab, die man für die Nachbehandlung der Spinnlösungen, wie Entlüften, Filtrieren usw. braucht. Bei jeder Verdünnung bis zu einer metastabilen Lö sung, wozu also eine bestimmte Zeit für die Weiterverarbeitung der Spinnlösung gehört, ist die Stabilität während dieser Zeit kon stant, das heisst es bleiben der Zellulosegehalt und die Viskosität der Lösung aufrecht erhalten. Dabei hat man zu berücksichtigen, dass die Temperatur und der Zellulosegehalt die Koagulationsschnelligkeit beeinflussen.
Erhöhung der Temperatur und des Zellulose gehaltes fördern nämlich die Gelbildung.
Bei jeder Schwefelsäurekonzentration unterhalb 60 Gewichtsprozenten gelangt die Lösung nach gewisser Zeit in einen Zustand derart fortgeschrittener Koagulation, dass ein Verspinnen nicht mehr möglich ist. Diese Zeit ist umso kürzer, je niedriger die Kon zentration ist. Die Lösung wird zufolge der Koagulation viskoser und erreicht schliesslich einen Zeitpunkt vollständiger Gelbildung, wobei selbstverständlich keine Viskositäts- bestimmung mehr möglich ist.
Deshalb wählt man die Endkonzentration derart, dass die Zeit bis zum Eintreten .der sehr schnellen Viskositätszunahme noch grösser ist als die, die für die Nachbehandlung der Spinnlösung vor dem Verspinnen nötig ist. Es hat sich gezeigt, dass bei den niedrigen Schwefel säurekonzentrationen, bei :denen bereits eine Koagulation in die Erscheinung tritt, der Einfluss auf die Zersetzungsschnelligkeit der Zellulose überraschend gross ist. Dies ist auch verständlich, wenn man in Betracht zieht, dass durch die Bildung der polyonen Teilchen die Gesamtoberfläche der disper- gierten Teilchen verringert wird.
In der Praxis bestimmt man also die Zeit, die von der Herstellung der Lösung bis zu der beabsichtigten Viskositätszunahme für verschiedene Schwefelsäurekonzentrationen verläuft, und wählt dann diejenige, bei der die Behandlungen der Lösungen innerhalb der bestimmten Zeit durchgeführt werden können.
Als Rohmaterial für das Verfahren nach der Erfindung kommen verschiedene Zellu- losearten in Betracht, z. B. Sulfitzellulose, Baumwollabfälle, Watten, mercerisierte Zellu lose und ähnliche, in der Kunstseidenindu strie übliche Rohmaterialien. Dieses Mate rial wird, gegebenenfalls nach dem Trock nen, Bleichen oder anderer sonst gewünsch ter Vorbehandlung, in Schwefelsäure gelöst. Darauf fügt man die übrigen Zugaben hinzu, worauf die Lösung, gegebenenfalls nach Ent lüften, Filtrieren oder sonstiger Nachbehand lung, in Wasser, verdünnten oder nicht ver dünnten Alkohol, in denen Säuren, Alkalien, Salze, gegebenenfalls Gemische, gelöst sein können, versponnen wird.
Es folgen zum Vergleich zwei Beispiele: Das Beispiel cc betrifft ein Verfahren nach der Erfindung, das Beispiel b ein bekanntes Verfahren.
a) 71/a kg Sulfitzellulose werden in<B>100</B> kg Schwefelsäure von 65 Gewichtsprozenten ge löst. Darauf werden 16 kg Wasser zugesetzt und die Lösung bei 10 C aufbewahrt. Während den acht Stunden, die bis zur Koagulation der Lösung verlaufen, bleibt die Lösung spinnfähig und bleibt der Zellulose gehalt konstant.
b) 71/2 kg Sulfitzellulose werden in 100 kg Schwefelsäure von 65 Gewichtsprozenten ge löst und darauf, ohne Wasserzusatz, eben falls bei 10 C .aufbewahrt. Bereits nach drei Stunden ist diese Lösung so weit ver zuckert, dass Spinnen nicht mehr möglich ist.
Schliesslich hat sich gezeigt, dass es nur bei dem Verfahren nach der Erfindung mög lich ist, eine bestimmte Teilchengrösse der Zellulose zu erreichen-, denn wenn man mit Spinnlösungen, die sich in einem Koagula- tionsstadium befinden, arbeitet, kann man die Spinnlösung "reifen" lassen, bis die Teilchen grösse am günstigsten ist.
Es hat sich gezeigt, dass die Zugfestigkeit eines Fadens ausserordentlich erhöht wird wenn die Schwefelsäurekonzentration erreicht ist, bei der man von einer metastabilen Lösung sprechen kann.