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Herkömmliche, massenspektrometrische Gasanalyse, wie sie schon seit vielen Jahrzehnten zur Anwendung kommt, basiert darauf, dass die nachzuweisenden Gaskomponenten durch Stösse mit energiereichen Elektronen ionisiert und anschliessend in einem Massenspektrometer nachgewiesen werden. Bei den ionisierenden Stössen von Elektronen mit Molekülen, M, entsteht in den meisten Fallen nicht nur das Mutterion M+, sondern es bilden sich auch Fragmentionen.
Besonders bei der Ionisierung von Kohlenwasserstoffen und kohlenwasserstoffähnlichen Molekülen bilden sich sehr viele Fragmentionen (z. B. bei der Ionisierung von Benzol sind es 16 Fragmentionen), sodass bei Anwesenheit von mehreren Kohlenwasserstoffen die quantitative Zuordnung von Produkt-Ionen und Neutralgaskomponenten schwierig, wenn nicht gleich unmöglich wird, und daher die massenspektrometrische Gasanalyse basierend auf Elektronenstossionisierung in der Praxis auf jene Fälle beschränkt ist, wo nur einige wenige Neutralgaskomponenten vorhanden sind, von denen zudem jede einzelne nur wenig fragmentiert.
Eine Verbesserung der MS-Gasanalyse konnte dadurch erreicht werden, dass die Ionisation der nachzuweisenden Gaskomponenten nicht durch Elektronenstoss, sondern durch Ladungstauschprozesse zwischen bereits massenselektierten Ionen und den zu untersuchenden Neutralgaskomponenten erfolgt. Bei solchen oft als IMR-MS (lonen-Molekül-Reaktions- Massenspektrometrie) bezeichneten Analysemethoden werden sogenannte Primär-Ionen, wie z.B Kr+ oder Xe+-Ionen, in einen Reaktionsraum eingebracht, wo sie auf das zu analysierende Gas treffen (Ref. 1 W.Lindinger, J. Hirber, H. Paretzke, International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes, 129 (1993) 79).
Ein kleiner Bruchteil der Primärionen führt hier Reaktionen mit den vorhandenen Gaskomponenten durch, wobei im Idealfall pro Gaskomponente eine Produkt- Ionensorte entsteht, sodass eine einfache Zuordnung von Produkt-Ionen und vorhandenen Gaskomponenten möglich wird. Bei dieser Art der Ionisierung wird in der Tat die Fragmentierung stark reduziert, doch kann sie insbesonders bei Kohlenwasserstoffen oft nicht gänzlich vermieden werden. Der Grund dafür liegt darin, dass die Differenz E zwischen Rekombinationsenergie des Primänons und lonisationsenergie der nachzuweisenden Moleküle in der von der Quasi- Equilibnum-Theorie (QET) beschriebenen Art und Weise zur Dissoziation der ionischen Produkte führt.
Eine solche Dissoziation erfolgt zumeist dann, wenn E grösser als ein bis zwei eV ist
Beispielsweise ist aus der EP-A1 000 865 ein Massenspektrometer unter Verwendung von Ionen-Molekül-Reaktionen bekannt, bei dem in einer Gasentladungskammer ein Primärgas partiell ionisiert wird, welches anschliessend in eine Ionisationskammer geleitet wird, in dem sich ein Gemisch aus Reaktantgas und dem zu untersuchenden Substanzgas befindet. Durch das ionisierte Primärgas wird ein Teil des Reaktantgases ionisiert, welches seinerseits mit dem Substanzgas reagiert, In der Beschreibungseinleitung der EP-A1 000 865 ist angeführt, dass als Reaktantgas u.a Ammoniak verwendet werden kann.
Wird bei der Einrichtung der EP-A1 000 865 Ammoniak als Reaktantgas verwendet, so entstehen als lonisierungsprodukte durch die Reaktion mit dem Primärgas eine Reihe von
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mit dem ebenfalls in der Ionisationskammer sich befindenden Substanzgas reagieren.
Weiters ist aus der EP-B1 198 154 eine lonenquelle mit einem mit Elektrolyt beschichteten Filament bekannt Dieses Elektrolyt kann z. B. Ammoniaksalz sein, wodurch NH3-lonen erzeugt werden können.
Eine weitere Reduzierung der Fragmentierung gelang durch Anwendung sogenannter Protonentausch-Reaktionen. Beim Protonentausch erfolgt die Ionisierung einer neutralen Komponente M durch Übertragung eines Protons von einem Protonendonor XH+ auf die nachzuweisende Neutralgaskomponente M, wobei folgende Reaktion abläuft
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Ein solcher Protonentausch erfolgt dann, wenn die Protonenaffinität der Komponente X, PA (X) kleiner ist als die Protonenaffinität von M, wenn also gilt PA(X) < PA(M) Solche Protonentauschreaktionen sind sehr schnell und daher effizient in der Umwandlung von neutralen M in Ionen MH+. Als besonders gut geeignet für die fragmentierungsfreie Ionisierung via Protonentausch von Kohlenwasserstoffen bzw. kohlenwasserstoffähnlichen Komponenten hat sich das Ion H3O erwiesen (Ref. 2 : Lagg, H. Taucher, A. Hansel, W. Lindinger, International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes, 134 (1994)55). H20 hat eine Protonenaffinität von 7,2 eV, ein Wert, der nur knapp (um 0,2 bis 1,3 eV) niedriger liegt als die PA von vielen Kohlenwasserstoffkomponenten.
Eine PTR-MS (Protonen-Tausch-Reaktions- Massenspektrometrie) Methode, bei der mittels Massenspektrometer vorselektierte H30+-lonen in einen Reaktionsraum eingebracht werden, in den auch menschliche Atemluft eingeführt wird, ist
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kürzlich erfolgreich zur Untersuchung von Spurenkomponenten der Atemluft, wie Methanol, Ethanol, Aceton und Formaldehyd entwickelt worden (vgl. Ref. 2). Diese Komponenten nehmen jeweils fragmentationsfrei bei niederenergetischen Stössen ein Proton von H30+ auf. Andererseits
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die PTS-MS-Methode hervorragend zur quantitativen Analyse von Spurenkomponenten der Atemluft eignet Genauso lässt sich diese Methode zur Analyse einer Vielzahl von unverbrannten Kohlenwasserstoffen in Autoabgasen verwenden.
Ein Nachteil der in Ref. 2 beschriebenen PTR- MS-Methode liegt allerdings darin, dass die dabei verwendete Apparatur noch relativ aufwendig ist, da neben dem Quadrupol-Massenspektrometer, welches die Produkt-Ionen nachweist, ein weiteres MS vor dem Reaktionsraum nötig ist, um die H30+-lonen aus der Vielfalt der Ionen einer
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Elektronenstossionenquelle, in der sich H2O unter genügend hohem Druck befindet (typisch 10-3 bis einige 10-2 Torr) über Sekundärreaktionen produziert. Beim primären Elektronenstoss zwischen
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lonensorte H3O massenspektrometrisch selektiert und über ein Linsensystem in den Reaktionsraum eingebracht.
In DE-A 195 49 144 ist ein Weg beschrieben, dieses H30+-lonen-Quellsystem so zu vereinfachen bzw. zu modifizieren, dass das Massenspektrometer, welches H30+-lonen aus den verschiedenen Quellionen ausfiltert, überflüssig wird. Dies gelingt dadurch, dass auf reaktivem Wege alle primär gebildeten Ionen in H30 -Ionen umgewandelt werden Hierzu wird eine
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Elektronenstoss in einer herkömmlichen Elektronenstossionenquelle, sei es in einer elektrischen Entladung (z B Hohlkathodenentladung) oder durch a-Teilchen, die von einem a-Strahler emittiert werden In all diesen Fällen entstehen, wie oben schon erwähnt, neben H20+-lonen auch die Ionen O OH+, H+ und H2 Diese Ionen werden durch ein schwaches elektrisches Feld in einem Bereich B gezogen, in dem sich H2O unter einem Druck von 0,01 bis einigen 0,
1 Torr befindet (der Druck ist ähnlich oder gleich wie der in der lonisierungsregion A). Im Bereich B laufen nun einerseits die Reaktionen
O + H2O OH+ + OH
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ab, sodass alle Primärionen bei genügend hohem Druck von H2O in H30+-lonen gewandelt werden, aber gleichzeitig werden bei den erforderlichen hohen HzO-Drücken auch über Assoziationsreaktionen der Art
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bzw. rückgängig zu machen. Dies ist dadurch möglich, dass im Bereich C, der sich auch mit dem Bereich B teilweise oder ganz überdecken kann, ein gerade passendes elektrisches Feld angelegt wird, sodass sich ein Verhältnis von EIN (E = Elektrisches Feld, N = Neutralgasdichte) von ca 50 bis 150 Td (1 Td = 1 Townsend = 10-17 V.cm2) ergibt.
Bei solchen Werten von E/N erlangen Ionen
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genügend kinetische Energie, dass diese Stösse überwiegend dissoziativ sind, d h. dass folgender dissoziative Prozess
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mit M = H2O Ar, Kr, N2 gegenüber den Assoziationsreaktionen weitgehend überwiegt Damit wird die Bildung von
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Am Ablauf der Reaktionen ändert sich dabei nichts, da die Reaktionsraten dieser Reaktionen energieunabhängig sind. Zur Verbesserung dieser Dissoziationsreaktionen kann dem H2O auch ein zusätzliches Gas, wie Ar, Kr oder N2 zugemischt werden.
Damit ist erreicht, dass in der beschriebenen Anordnung alle primär gebildeten Ionen in H3O Ionen umgewandelt werden und diese auch nicht quantitativ zu Clusterionen H30+ ( H2O werden können. Die durch eine Öffnung aus C austretenden Ionen bestehen bei dieser Anordnung aus bis
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zu mehr als 99 % H30+-lonen, ohne dass eine massenspektrometrische Filterung erforderlich ist Durch diese "reaktive Filterung" ist daher die Anwendung eines Massenspektrometers zur Vorselektion der H30+-lonen, vor deren Einbringen in den Reaktionsraum, wo sie mit den zu analysierenden Gaskomponenten reagieren werden, überflüssig.
Damit wird der Bau von kleineren und kostengünstigeren und damit leicht transportierbaren Gasanalyseapparaturen, die auf der PTR-MS-Methode beruhen, ermöglicht, ohne dass anderweitige Einschränkungen gemacht werden müssen. Solche transportablen Gasanalyseapparaturen lassen sich insbesonders für die On-line-Analyse der menschlichen Atemluft, aber auch für die Analyse von Autoabgasen und Abgasen aus Industrieanlagen einsetzen
Eine konkrete technische Verifizierung der obigen Erfindung wurde in Ref. 3 : A. Jordan, A.
Hansel, C Warnecke, R. Holzinger, P. Prazeller, W. Vogel, W. Lindinger, Ber.nat.-med. Verein Innsbruck, Bd. 84, 7-17, Innsbruck, Okt. 1997, Ref. 4 : Taucher, A. Hansel, A Jordan, W.
Lindinger, Journal of Agricultural and Food Chemistry, Vol 44,12, 3778-3782 ; Ref. 5 : A. Hansel, A.
Jordan, R. Holzinger, P. Prazeller, W. Vogel, W Lindinger, Mass Spectrometry and Ion Processes, 149/150 (1995) 609-619; Ref. 6 : Warnecke, J.Kuczynski, A. Hansel, A Jordan, W. Vogel, W.
Lindinger, Mass Spectrometry and Ion Processes, 154 (1996) 61-70, beschrieben. Diese Arbeiten beziehen sich auf Anwendungen der PTR-MS-Methode auf den Gebieten der medizinischen, Umwelt- und Lebensmittelforschung, wobei VOC (volatile organische Komponenten) bis hinab zu Konzentrationen im ppt-Bereich on-line registriert werden konnten.
Insbesondere beim Vorhandensein sehr vieler VOC kann es vorkommen, dass Produkt-Ionen von mehreren dieser Komponenten dieselbe Masse aufweisen und sich daher nicht ohne weiteres identifizieren lassen. Zwar gibt es hierfür einer Reihe von messtechnischen Massnahmen, wie z.B die Beobachtung von Isotopieverhältnissen, das Aufbrechen der Ionen durch Erhöhung der Stossenergien im Driftfeld, oder die Beobachtung der unterschiedlichen Beweglichkeiten von isomeren bzw. isobaren Ionen. Diese Massnahmen führen manchmal, aber nicht immer zum Ziel.
Gegenstand dieser Erfindung ist es, zusätzliche Identifizierungs- und Quantifizierungsmög- lichkeiten durch Verwendung einer zweiten Primärionensorte zu schaffen. Wie oben dargelegt wurde, können mit H30+-lonen alle Gaskomponenten durch Protonentausch in einen ionisierten und damit massenspektrometrisch nachweisbaren Zustand gebracht werden, deren Protonenaffinität grösser ist als die der Wassermoleküle, nämlich grösser als 166,5 kcal/mol. Die Protonenaffinität ist also eine Kenngrösse, die mit zur Identifizierung von VOC herangezogen werden kann. Sind z.B., wie dies in der Praxis bei Lebensmitteluntersuchungen oft vorkommt, Furfurylthiol und Pyrazin in einer Probe gemeinsam vorhanden, so tragen beide Komponenten (Masse 80) entsprechend ihrer Dichte zum lonensignal auf Masse 81 (das jeweilige Neutralmolekül plus Proton) bei.
Pyrazin hat eine Protonenaffinität von 209 kcal/mol und Furfurylthiol eine von 181,9 kcal/mol. Während mittels H30+-lonen beide dieser Neutralkomponenten Protonentausch erfahren, würde bei Verwendung eines Primärions, welches durch Protonierung eines Neutralmoleküls, das eine Protonenaffinität zwischen 182 und 209 kcal/mol, also von etwa 200 kcal/mol hat, nur ein Protonentausch mit Pyrazin, nicht aber mit Furfurylthiol erfolgen, d.h. auf Masse 81 käme nur das von Pyrazin her stammende Signal zum tragen und die Intensität auf Masse 81 würde somit der Konzentration von Pyrazin entsprechen. Nun gibt es zwar eine Reihe solcher Moleküle mit passenden Protonenaffinitäten, wie z.B.
Ethanol (PA, 188,3 kcal/mol oder Azeton (PA, 196,7 kcallmol), doch lassen sich diese Neutralkomponenten nicht in dem Sinne wie Wassermoleküle zur Gewinnung einer einzigen Primärionensorte in einem System ohne Massenvortrennung anwenden. Wird Ethanol bzw. Azeton durch Elektronenstoss oder durch Alphastrahlung ionisiert, so entstehen eine Vielzahl von Primärionen, die in Folgereaktionen mit dem jeweiligen Muttergas wiederum eine Vielzahl weiterer Sekundärionen produzieren, sodass in der Folge ein komplexes Spektrum an Ionen die lonenquelle verlässt, was ganz im Gegensatz zum Fall der Wassermoleküle steht, wo nur protonierte Wassermoleküle als einzige lonensorte die Quelle verlassen.
Selbst bei Verwendung eines so einfachen Moleküls wie Methan als Quellgas treten bereits eine Vielzahl von Endionen auf, die auch die Verwendung von Methan für diesen Zweck in einem System ohne Massenvortrennung ausschliessen. Es ist daher nicht trivial, neben Wassermolekülen eine weitere Komponente zu finden, die als Quellgas nur eine einzige lonensorte liefert, die die Quelle verlässt, um in der Folge als Reaktantion zu dienen. Eine dieser offensichtlich überaus seltenen Komponenten ist Ammoniak, der eine Protonenaffinität von 204 kcal/mol aufweist, und dessen primär gebildete Ionen ähnlich wie bei Wassermolekülen in Folgereaktionen schliesslich nur zu einer einzigen lonensorte führen.
Aus NH3 entstehen zunächst folgende Ionen
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diese Ionen schliesslich nach folgendem Schema in NH4+ um:
NH3+ + NH3 @ NH4 + NH2
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Die in Ref 3-6 bzw. DE-A 195 49 144 beschriebene Anordnung eignet sich somit bestens, um auch mit Ammoniak als Primärgas betrieben zu werden. Wird nun auf diese Weise das Ion NH4+ als Reaktantion verwendet, dann lassen sich damit in einem Gasgemisch alle jene Komponenten nachweisen und quantifizieren, die eine Protonenaffinität grösser als 204 kcallmol haben Die wechselweise Anwendung von Wasserdampf und Ammoniak in der lonenquelle bietet somit eine zusätzliche Möglichkeit zur Identifizierung von Molekülen.
Weil all diejenigen Komponenten, die eine niedrigere Protonenaffinität als 204 kcal/mol haben, keine Beiträge zu lonenintensitäten bilden, wird das Gesamtspektrum der Produkt-Ionen zumeist stark vereinfacht und es lassen sich daher für die verbleibenden Komponenten (mit PA grösser 204 kcallmol) wiederum in vielen Fällen die Beobachtungen der Isotopiehäufigkeiten für weitere Identifizierungsschritte anwenden, wenn die der Hauptprodukt-Ionenmasse nach oben hin folgenden Massen nicht durch weitere Produkte besetzt sind.