Beschreibung
Titel
Verfahren zur Steuerung einer elektronisch schlupfregelbaren Fahrzeugbremsanlage
Stand der Technik
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung einer elektronisch schlupfregelbaren Fahrzeugbremsanlage entsprechend den gattungsbildenden Merkmalen des Anspruchs 1.
Elektronisch schlupfregelbare Fahrzeugbremsanlagen zählen zum Stand der Technik. Bekannte Fahrzeugbremsanlagen sind in der Lage unabhängig vom Fahrerwunsch einzelne Räder eines Fahrzeugs abzubremsen, zum Beispiel um ein Fahrzeug dadurch in einen stabilen Fahrzustand zu verbringen (Elektronische
Stabilitätsregelung; ESP), um Schlupf an den Antriebsrädern zu beseitigen (Antischlupfregelung; ASR) oder um eine adaptive Geschwind igkeits- oder Abstandsregelung zu einem vorausfahrenden Fahrzeug vorzunehmen (Automatic cruise control; ACC). Der, an sich bekannte, strukturelle Aufbau derartiger Fahrzeugbremsanlagen ist in Figur 1 gezeigt.
Demnach umfasst eine elektronisch schlupfregelbare Fahrzeugbremsanlage einen vom Fahrer per Fußpedal 12 betätigbaren Bremskraftverstärker 10 mit einem nachgeordneten Hauptbremszylinder 14. An den Hauptbremszylinder 14 sind zwei gleichartig aufgebaute hydraulische Bremskreise 16, 18 angeschlossen. Jeder Bremskreis 16, 18 dient zur Betätigung von jeweils zwei Radbremsen 20, 22; 24, 26. Eine Modulation des in diesen Radbremsen 20 - 26 vorherrschenden Bremsdrucks ist mittels Magnetventilen möglich, die von einem elektronischen Steuergerät 28 ansteuerbar sind. Dazu ist jeder Radbremse 20 - 26 ein, einen Druckaufbau ermöglichendes Druckaufbauventil 30 hydraulisch
vorgeschaltet und ein, einen Druckabbau ermöglichendes Druckabsenkventil 32 hydraulisch nachgeschaltet. Der Auslass der Druckabsenkventile eines Bremskreises 16, 18 mündet in eine gemeinsame Rücklaufleitung 34. An diese Rücklaufleitung 34 ist ein Druckmittelspeicher 36 angeschlossen. Die Rücklaufleitung 34 führt zur Saugseite eines Druckerzeugers 38, der von einem ansteuerbaren Antriebsmotor 39 betätigbar ist und Druckmittel unter erhöhtem Druck zu den Druckaufbauventilen 30 der Radbremsen 20 - 26 bzw. zum Hauptbremszylinder 14 fördert.
Die Saugseite des Druckerzeugers 38 ist weiterhin mit einer Ansaugleitung 40 verbunden. Letztere verbindet den Druckerzeuger 38 mit dem Hauptbremszylinder 14 für den Fall, dass das vom Druckmittelspeicher 36 bereitgestellte Druckmittelvolumen für einen erforderlichen Bremsdruckaufbau nicht ausreichen sollte. Die Ansaugleitung 40 ist von einem sogenannten Hochdruckschaltventil 42 steuerbar.
Weiterhin ist jeder Bremskreis 16, 18 mit einem sogenannten Umschaltventil 44 bestückt. Dieses ist zwischen den Hauptbremszylinder 14 und das Druckaufbauventil 30 geschaltet und dient dazu, im Falle eines automatischen Bremsvorgangs den Hauptbremszylinder 14 von den Radbremsen 20 - 26 hydraulisch abzukoppeln.
Die Magnetventile nehmen im elektronisch nicht angesteuerten Zustand ihre in Figur 1 dargestellte Grundstellungen ein. Das Hochdruckschaltventil 42 und die Druckabsenkventile 32 eines Bremskreises 16, 18 befinden sich dann in einer
Sperrstellung, während das Umschaltventil 44 und die Druckaufbauventile 30 ihre Durchlass- oder Offenstellung einnehmen. Mit einer Betätigung des Fußpedals 12 durch den Fahrer ist damit der Aufbau eines Bremsdrucks in den Radbremsen 20 - 26 per Muskelkraft möglich.
Zur Modulation des Bremsdrucks, beispielsweise, wenn eines der Räder des Fahrzeugs aufgrund eines anliegenden, zu hohen Bremsdrucks zu blockieren droht, wird das Druckaufbauventil 30 des Bremskreises 16, 18 des betreffenden Rades vom elektronischen Steuergerät 28 angesteuert und in seine Sperrstellung umgeschaltet. Gleichzeitig wird das Druckabsenkventil 32 in seine
Offenstellung verbracht und der Antriebsmotor 39 des Druckerzeugers 38 angesteuert. Druckmittel aus der betroffenen Radbremse 20 - 26 kann dadurch in den bis dahin leeren Druckmittelspeicher 36 hinein abströmen und darin zwischengespeichert werden. Gleichzeitig wird Druckmittel aus diesem Druckmittelspeicher 36 durch den Druckerzeuger 38 abgesaugt. Eine
Druckabsenkung in der Radbremse 20 - 26 erfolgt so lange, bis das blockierte Rad wieder eine Rotationsbewegung aufnimmt. Dies ist anhand von Raddrehzahlsensoren (nicht gezeigt) feststellbar, die ihre Messsignale dem elektronischen Steuergerät 28 zuführen. Das abgesaugte Druckmittel wird vom Druckerzeuger 38 verdichtet und den geschlossenen Druckaufbauventilen 30 eines Bremskreises 16, 18 vorgelagert oder zurück in den Hauptbremszylinder 14 gefördert. Es steht damit für eine nachfolgende Bremsdruckerhöhung wieder zur Verfügung.
Die beschriebene Fahrzeugbremsanlage ist in der Lage, automatisch, d. h. unabhängig vom Fahrerwunsch und damit unabhängig von einer Betätigung des Fußpedals 12, einen Bremsvorgang vorzunehmen. Bei automatischen Bremsvorgängen wird das Umschaltventil 44 vom elektronischen Steuergerät 44 in die Sperrstellung umgeschaltet und damit die bestehende hydraulische Verbindung des Hauptbremszylinders 14 mit den Radbremsen 20, 22; 24, 26 unterbrochen. Der Aufbau des Bremsdrucks erfolgt allein durch eine Ansteuerung des Antriebsmotors 39 des Druckerzeugers 38. Betätigt der Fahrer während eines solchen automatischen Bremsvorgangs das Fußpedal 12 zusätzlich, beispielsweise weil er einen höheren Bremsdruck, als vom System vorgegeben, aufbauen möchte, so nimmt der Fahrer nachteiliger Weise eine gegenüber dem normalen Betriebsbremsbetrieb veränderte Pedalbetätigungscharakteristik (Kraft/Weg- Kennlinie) wahr. Der Fahrer empfindet ein härteres, unnachgiebigeres Pedal als bei üblichen Betriebsbremsungen wegen des bereits vom Druckerzeuger 38 aufgebauten Bremsdrucks in der Fahrzeugbremsanlage in Verbindung mit dem in der Sperrstellung gehaltenen
Umschaltventil 44 sowie aufgrund der relativ geringen Fördermenge von Druckmittel durch den Druckerzeuger 38 über das geöffnete Hochdruckschaltventil 42.
Unterschiedliche und vom jeweiligen Betriebszustand der Fahrzeugbremsanlage abhängige Pedalbetätigungscharakteristiken (Kraft/Weg- Kennlinie) des Fußpedals 12 erschweren die Dosierung des Bremsdrucks und können den Fahrer irritieren.
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Betätigung einer Fahrzeugbremsanlage während eines automatischen Bremsbetriebs vorzuschlagen, das eine zumindest annähernd gleiche Pedalbetätigungscharakteristik (Kraft/Weg- Kennlinie) des Fußpedals 12 ergibt als bei üblichen Betriebsbremsvorgängen. Diese Aufgabe löst eine Erfindung gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1.
Offenbarung der Erfindung
Vorteil der Erfindung ist, dass eine in allen Betriebszuständen der
Fahrzeugbremsanlage zumindest annähernd gleiche
Pedalbetätigungscharakteristik erreicht wird, ohne dass die
Fahrzeugbremsanlage hierzu zusätzliche hydraulische Komponenten benötigt.
Auch bei der Fertigung eines Hydroaggregats, wie es bei bekannten elektronisch schlupfgeregelten Fahrzeugbremsanlage üblicherweise eingesetzt wird, sind deshalb keine Zusatzmaßnahmen notwendig und unerwünschte
Wechselwirkungen mit anderen Bremsregelfunktionen der Fahrzeugbremsanlage sind durch die Erfindung nicht zu erwarten. Die unter allen Betriebsbedingungen der Fahrzeugbremsanlage zumindest annähernd gleiche Pedalbetätigungscharakteristik ist allein durch steuerungstechnische
Maßnahmen erreichbar und ist dadurch verhältnismäßig kostengünstig darstellbar.
Weitere Vorteile oder vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen oder der nachfolgenden Beschreibung.
Zeichnung
Das der Erfindung zugrundeliegende Verfahren zur Steuerung einer elektronisch schlupfregelbaren Fahrzeugbremsanlage wird anhand beiliegender Zeichnungen erläutert:
Figur 1 zeigt den bereits eingangs erläuterten Hydraulikschaltplan einer aus dem
Stand der Technik bekannten elektronisch schlupfregelbaren Fahrzeugbremsanlage in Grundstellung;
Figur 2 zeigt die selbe Fahrzeugbremsanlage während eines automatischen Bremsbetriebs, bei gleichzeitig betätigtem Fußpedal 12 und Figur 3 zeigt ein Ablaufdiagramm zur Veranschaulichung des erfindungsgemäßen Ansteuerverfahrens.
Beschreibung der Erfindung
Die einzelnen Komponenten einer elektronisch schlupfregelbaren
Fahrzeugbremsanlage wurden bereits in Zusammenhang mit der Beschreibung von Figur 1 erläutert. Nachfolgend wird deshalb unter Beibehaltung der in Figur 1 verwendeten Bezugsziffern lediglich auf die Figuren 2 und 3 eingegangen.
Wie erwähnt, befindet sich die Fahrzeugbremsanlage nach Figur 2 im
Betriebszustand des automatischen Bremsbetriebs. Dieser Betriebszustand zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass das Umschaltventil 44 vom elektronischen Steuergerät 28 angesteuert und in seine Sperrstellung umgeschaltet ist. Das Umschaltventil 44 unterbricht damit eine hydraulische Verbindung zwischen den Radbremsen 20 - 26 eines Bremskreises 16, 18 und dem Hauptbremszylinder 14. Ferner ist das Hochdruckschaltventil 40 ebenfalls vom Steuergerät 28 angesteuert und nimmt seine Durchlassstellung ein. Die Saugseite des Druckerzeugers 38 ist damit hydraulisch mit dem Hauptbremszylinder 14 verbunden, so dass der ebenfalls angesteuerte Druckerzeuger 38 zusätzliches Druckmittel aus dem Hauptbremszylinder 14 ansaugen und zur Bremsdruckerzeugung verdichten kann. Die Druckseite des Druckerzeugers 38 ist über die in ihrer Grundstellung befindlichen, geöffneten Druckaufbauventile 30 mit den Radbremsen 20 - 26 des Bremskreises 16, 18 verbunden, während die Druckabsenkventile 32 zunächst geschlossen sind, um einen Bremsdruckaufbau zu gestatten. Im Druckmittelspeicher 36 ist kein
Druckmittel vorhanden; eine Verbindung des Druckmittelspeichers 36 mit den Radbremsen 20 - 26 besteht aufgrund der sperrenden Druckabbauventile 32 nicht. Das Fußpedals 12 ist nicht vom Fahrer betätigt; der anstehende Bremsdruck ist allein vom betätigten Druckerzeuger 38 erzeugt.
Der erste Schritt 50 des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Figur 3 besteht darin, den automatischen Bremsbetrieb der Fahrzeugbremsanlage anhand der oben erläuterten elektronischen Ansteuersignale der jeweiligen Komponenten festzustellen.
Erfolgt nun während dieses stattfindenden automatischen Bremsbetriebs zusätzlich eine Betätigung des Fußpedals 12 durch den Fahrer, beispielsweise weil dieser eine höhere Bremsverzögerung vornehmen möchte, so kann diese Betätigung des Fußpedals 12 beispielsweise mittels eines Drucksensors 46, der in wenigstens einem der Bremskreise 16, 18 zwischen dem Hauptbremszylinder
14 und dem Umschaltventil 44 bzw. dem Hochdruckschaltventil 42 eingebaut ist, erkannt werden. Der Drucksensor 46 registriert aufgrund der Betätigung des Fußpedal 12 einen Druckanstieg in diesem Teil des Bremskreises 16, 18. Alternativ kann auch ein mit dem Fußpedal 12 gekoppelter und dessen Betätigungsweg erfassender Wegsensor eingesetzt werden. Das
Ausgangssignal des eingesetzten Sensors 46, welches proportional zu einer vom Fahrer gewünschten Fahrzeugverzögerung ist, wird dem elektronischen Steuergerät 28 zugeführt und dort ausgewertet (Schritt 52).
Haben beide Schritte 50 und 52 im elektronischen Steuergerät 28 zu einem positiven Ergebnis geführt, steuert das Steuergerät 28 wenigstens eines der im Bremskreis 16, 18 vorhandenen Druckabsenkventile 32 an und schaltet es in die Durchlassstellung um (Schritt 54). Dadurch fließt Druckmittel aus der unter anliegendem Bremsdruck stehenden Radbremse 20 - 26 zum Druckmittelspeicher 36 ab. Ein zu erwartender Druckabfall in der Radbremse 20 -
26 wird verhindert, indem gleichzeitig mit dem Ansteuersignal für die Druckabsenkventile 32 der Antriebsmotor 39 des Druckerzeugers 38 angesteuert wird (Schritt 56). Dabei wird das Ansteuersignal für den Antriebsmotor 39 des Druckerzeugers 38 vom elektronischen Steuergerät 28 derart berechnet, dass die sich ergebende Fahrzeugverzögerung dem Maximalwert aus der
Fahrzeugverzögerung entsprechend der Betätigung des Hauptbremszylinders 14 oder der vor der Betätigung des Hauptbremszylinders 14 vorherrschenden Fahrzeugverzögerung entspricht (Schritt 58). Alternativ wäre es ebenso möglich, die vom elektronischen Steuergerät 28 vorgenommene Ansteuerungen der Ventileinheit 30, 32 und diejenige des Antriebsmotors 39 des Druckerzeugers 38 derart aufeinander abzustimmen, dass sich eine Fahrzeugverzögerung entsprechend der Betätigung des Hauptbremszylinders 14 einstellt.
Funktional wird mit einer Ansteuerung wenigstens eines der Druckabsenkventile 32 dem unter Bremsdruck stehenden Bremskreis 16, 18 die hydraulische
Kapazität des Druckmittelspeichers 36 zugeschaltet. Das in den Druckmittelspeicher 36 abströmende Druckmittel wird durch die Betätigung des Druckerzeugers 38 ausgeglichen. Mit einer Betätigung des Druckerzeugers 38 wird ein Betätigungsweg für das Fußpedal 12 bewirkt.
In einer ersten Ausgestaltung der Erfindung können Druckabsenkventile 32 eingesetzt werden, die als Proportionalventile ausgebildet sind und dementsprechend zwischen ihrer Sperrstellung und ihrer Durchlassstellung vom elektronischen Steuergerät 28 in beliebig viele Zwischenstellungen verbracht werden können, in denen sie unterschiedlich große Strömungsquerschnitte der
Rücklaufleitung 34 freigeben. Die Verwendung von Druckabsenkventilen 32 in Proportionalventiltechnik erlaubt damit die Darstellung unterschiedlicher Pedalbetätigungscharakteristiken (Kraft/Weg- Kennlinie) durch eine vom elektronischen Steuergerät 28 vornehmbare Variation des Ansteuersignals für diese Druckabsenkventile 32.
In einer zweiten möglichen Ausgestaltung werden kostengünstigere Druckabsenkventile 32 eingesetzt, die als konventionelle Schaltventile ausgebildet sind und getaktet ansteuerbar sind. Die gewünschte Pedalbetätigungscharakteristik lässt sich in diesem Fall über die Taktfrequenz und die Öffnungsdauer dieser Druckabsenkventile 32 durch das elektronische Steuergerät 28 variieren.
Weiterhin ist möglich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren nur ausgewählte Druckabsenkventile 32 der Fahrzeugbremsanlage anzusteuern, z.B. allein die Druckabsenkventile 32 an den Radbremsen 20, 26 der Hinterachse eines Fahrzeugs. Da einerseits die Bremsdrücke an den Radbremsen 20, 26 der Hinterachse, insbesondere während einer adaptiven Geschwindigkeits- und
Abstandsregelung (Automatic cruise control; ACC), sehr niedrig sind und andererseits über den Druckerzeuger 38 ein Druckmittelvolumen gefördert wird, das an den Radbremsen 22, 24 der Vorderachse zu einem Bremsdruckaufbau führt, ist keine Auswirkung auf die Gesamtfahrzeugverzögerung des Fahrzeugs für den Fahrer wahrnehmbar.
Selbstverständlich sind weitere Ergänzungen oder Weiterbildungen am Ausführungsbeispiel denkbar, ohne vom Grundgedanken der Erfindung abzuweichen.