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Die Erfindung betrifft ein Innenraumkommunikationssystem, insbesondere für Fahrzeuge.
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Die Gesprächsführung im fahrenden Kraftfahrzeug ist auf Grund des hohen Hintergrundgeräuschs bei mittleren und höheren Fahrgeschwindigkeiten oftmals schwierig. Dies gilt insbesondere für Gespräche zwischen den Front- und Rücksitzpassagieren. Die Situation kann durch sogenannte Innenraumkommunikationssysteme (ICC-Systeme) verbessert werden. Hierbei werden Mikrofone, Signalverarbeitungsvorrichtungen und Lautsprecher eingesetzt, so dass Sprachsignale der Mikrofone verarbeitet und über die Lautsprecher gezielt den Passagieren zugeführt werden.
Dabei wird ein Teil der über die Lautsprecher abgegebenen Signale von den Mikrofonen wieder aufgenommen, was zu Rückkopplungen führen kann. Mit der Wahl einer kleinen Verstärkung können Rückkopplungen vermieden werden, wobei dann aber auch die Kommunikation zwischen den Fahrgästen nicht genügend verbessert wird.
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Aus dem Stand der Technik sind im Wesentlichen drei charakteristisch verschiedene Lösungsansätze zum Verbessern der Funktionalität der Innenraumkommunikationssysteme bekannt. Eine erste Gruppe von Lösungsansätzen (
DE 19958836 und
WO 2009/100968 ) sieht verschiedene Voreinstellungen für die Optimierung der Signalverarbeitung vor, so dass situativ eine solche Voreinstellung gewählt werden kann. Eine zweite Gruppe von Lösungsansätzen (
US 2005/0276423 ;
A. Ortega, E. Lleida, E. Masgrau, F. Gallego: Cabin car communication system to improve communication inside a car, Proc. ICASSP '02, 4, 3836-3839, Orlando, FL, USA, 2002;
K. Linhard, J.Freudenberger: Passenger in-car communication enhancement, Proc. EUSIPCO '04,1, 21-24, Vienna, Austria, 2004) umfasst verschiedene Filterlösungen, welche die Signale der Mikrofone mit Filtern bearbeiten, um Rückkopplungen zu vermeiden. Eine dritte Gruppe von Lösungsansätzen (
DE 4202609 ) legt die Verstärkung anhand eines Vergleichs zwischen einem abgegebenen Testsignal und dem dazugehörigen empfangenen Signal fest.
Der Nachteil aller drei Lösungsansätze besteht darin, dass nur einzelne Komponenten betrachtet werden und nicht das gesamte rückgekoppelte System und deshalb die Kommunikationsbedingungen nicht genügend fein angepasst werden können und daher häufig eine ungenügende Unterstützung der Kommunikation gegeben ist.
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Es stellt sich somit die Aufgabe eine Lösung zu finden, welche die Nachteile des Standes der Technik überwindet und es erlaubt immer optimale Kommunikationsbedingungen zu wählen.
Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Verbesserung der Kommunikation im Innenraum gemäß Patentanspruch 1, durch ein Softwareprodukt nach Anspruch 14 und durch eine Vorrichtung nach Anspruch 15 gelöst. Die abhängigen Ansprüche beschreiben bevorzugte, bzw. alternative Ausführungsformen.
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Beim Lösen der Aufgabe wurde erkannt, dass zur Optimierung der Kommunikationsbedingungen detaillierte Systemeigenschaften beachtet werden müssen. Die im Fahrzeug eingebauten und verwendeten Innenraumkommunikations-Komponenten (Verstärker, Mikrofone, Lautsprecher) unterliegen - bedingt durch die Herstellung und Einbau - Toleranzen und Schwankungen. Des Weiteren verändert die Sitzbelegung, Öffnen von Fenstern, Kleidungsstücke auf Lautsprecher etc. die die Systemeigenschaft, so dass ein Innenraumkommunikationssystem adaptiv sein sollte, damit eine optimale Kommunikationssituation für die Passagiere geschaffen werden kann.
Zu der gewünschten Lösung führt ein Verfahren zur Verbesserung der Kommunikation im Innenraum, insbesondere in einem Fahrzeug, bei dem Sprachsignale durch mindestens ein Mikrofon aufgenommen werden, entsprechend einer Ausgangseinstellung von einer Signalverarbeitungsvorrichtung verarbeitet werden und über mindestens einen Lautsprecher ausgegeben werden. Dabei wird mindestens eine Systemeinstellung durchgeführt, die die folgenden Schritte umfasst:
- eine Systemidentifikation, mit der Bestimmung mindestens einer Impulsantwort eines Systems mit mindestens einem Mikrofon, dem Signalverarbeitungssystem und mindestens einem Lautsprecher zu einem Signal;
- eine Auswertung der Systemidentifikation, wobei mindestens eine Systemlaufzeit, eine Nachhallzeit und ein Frequenzgang bestimmt werden;
- eine Einstellung mindestens einer Verstärkung der Signalverarbeitungsvorrichtung entsprechend der Auswertung der mindestens einen Impulsantwort, wobei ein Entzerrfilter die Verstärkung in mindestens zwei Frequenzbändern unterschiedlich an den bestimmten Frequenzgang, sowie psychoakustisch an die Systemlaufzeit und/oder die Nachhallzeit anpasst.
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Ein Innenraumkommunikationssystem bildet mit den verwendeten Mikrofonen, den Lautsprechern und dem Fahrzeuginnenraum eine geschlossene elektroakustische Schleife. Bedingt durch diese Rückkopplung ist die maximale Verstärkung des Systems begrenzt. Für eine gute Systemunterstützung der Passagiere sollte die Systemverstärkung möglichst hoch sein, dies macht einen Betrieb nahe der Stabilitätsgrenze notwendig. Dazu muss eine zulässige Maximalverstärkung bestimmt werden.
Die im Fahrzeug eingebauten und verwendeten Innenraumkommunikations-Komponenten (Verstärker, Mikrofone, Lautsprecher) unterliegen - bedingt durch die Herstellung und Einbau - Toleranzen und Schwankungen. Das bedeutet für das Innenraumkommunikationsystem, dass es vorzugsweise vor dem ersten Betrieb im Fahrzeug kalibriert werden sollte, um diese Toleranzen auszugleichen und die fahrzeugspezifische maximale Verstärkung zu ermitteln. Neben der maximalen Verstärkung ist auch der Klang der Wiedergabe für die Systemqualität entscheidend. Hat man, durch subjektive Hörtests oder Messungen unter Berücksichtigung der einzelnen Sitzplatzpositionen, einen Referenzfrequenzgang bestimmt, sollte jedes System vorzugsweise vor dem Betrieb an diesen angepasst werden. Bevorzugt wird daher, dass ein Referenzfrequenzgang im fahrzeugspezifischen Innenraum-Referenzsystem so bestimmt wird, dass das System bei hoher Verstärkung stabil arbeitet. Der Referenzfrequenzgang wird bei der Bestimmung des Entzerrfilters verwendet Diese frequenzabhängige Einstellung der Signalverarbeitungsvorrichtung sollte vorzugsweise als erstmalige Grundeinstellung bevorzugt vor dem Betrieb am Bandende oder nach Änderungen an dem Audiosystem auch in der Werkstatt durchgeführt werden.
Auch später im Betrieb gibt es noch Änderungen am System, z.B. auf Grund der Alterung, Temperaturabhängigkeit, Ausfall von Komponenten und Raumänderungen. Eine klassische Systemidentifikation ist während des InnenraumkommunikationssystemBetriebes auf Grund der starken Korrelation zwischen dem Mikrofon- und Lautsprechersignal und der ständigen Gegensprechsituation nur mit besonderen Maßnahmen möglich. Sollten diese Änderungen und Schwankungen dennoch erfasst und die Kalibrierung für maximale Verstärkung und Entzerrung auf den Referenzfrequenzgang durchgeführt werden, kann das System auch außerhalb des Innenraumkommunikations-Betriebs identifiziert werden. Hierfür können verschiedene Signale während unterschiedlicher Szenarien verwendet werden. Anschließend können diese Ergebnisse für den Innenraumkommunikations-Betrieb übernommen werden.
Sollte die Systemqualität für die Fahrzeuginsassen, nach den ersten zwei Schritten, dennoch nicht ausreichend sein, kann das Innenraumkommunikationssystem, unterstützt durch einen Sprachdialog während der Fahrt, die auch simuliert sein kann, anhand der Bedürfnisse der Passagiere eingestellt werden. Dabei müssen die Anforderung des Sprechers und der Zuhörer an die Systemqualität berücksichtigt werden. Eine Anpassung der Übertragungscharakteristik unter Berücksichtigung von psychoakustischen Faktoren führt zu einer für den Zuhörer angenehmeren Lautsprecherausgabe.
Das Innenraumkommunikationssystem wird um eine Systemidentifikation und Messsignalausgabe erweitert, um die Impulsantwort der Rückkopplung bestimmen zu können.
Es ist notwendig für die Systemkalibrierung das gesamte System hLM,i(n), inklusive Mikrofone, Lautsprecher und Fahrzeuginnenraum, zu kennen. Diese Messung muss für jede Lautsprecher-Mikrofon-Kombination durchgeführt werden. n ist hier der Zeitindex. Der Index i steht hierbei für das jeweilige Lautsprecher-Mikrofon Paar. Bevorzugt enthält das Innenraumkommunikationssystem mehrere Lautsprecher und Mikrofone. Zur vereinfachten Darstellung wird der Index i weggelassen.
Diese Einstellung der Signalverarbeitungsvorrichtung kann am Bandende, in der Werkstatt oder auch initiiert durch die Fahrzeuginsassen durchgeführte werden. Die Signalverarbeitungsvorrichtung ist vor der ersten Kalibrierung durch eine Ausgangseinstellung der Verstärkung eingestellt. Durch eine geeignete Messung erhält man die Impulsantwort hLM(n). Durch eine Transformation in den Frequenzbereich bekommt man die Übertragungsfunktion HLM(ejΩ,n) des Innenraumkommunikationssystems, welche für die eigentliche Kalibrierung verwendet wird.
Die Systemkalibrierung basiert auf mindestens einer ermittelten Impulsantwort hLM(n), welche im Rahmen einer Systemidentifikation bestimmt wird. Für die Systemidentifikation bzw. die Messung der Impulsantwort hLM(n), wird ein breitbandiges Anregungssignal verwendet. Dieses - dem Messsystem bekannte - Testsignal wird über die Lautsprecher abgespielt und zusammen mit den Mikrofonsignalen ausgewertet. Im Fahrzeug können für die Systemidentifikation des Lautsprecher-Mikrofon-Systems hLM(n) verschiedene Testsignale verwendet werden, z.B. Rauschen. Hierfür sind insbesondere weißes Rauschen oder Pseudozufallsrauschen gut geeignet. Denkbar sind jedoch auch andere Signale, wie zum Beispiel Standardsignale der Fahrzeuginnenraumakustik, wie Musikwiedergabe, Sprachwiedergabe beim Telefonieren, Sprachausgabe eines Dialogsystems oder akustische Warnsignale. Dieses Signal wird nacheinander über jeden einzelnen Lautsprecher wiedergegeben und von den verwendeten Mikrofonen aufgezeichnet. Daraus kann anschließend die jeweilige Impulsantwort hLM(n) bestimmt werden.
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Die Systemidentifikation kann für jedes einzelne Lautsprecher-Mikrofon-Paar getrennt oder für eine Gruppe von Lautsprechern, Mikrofonen gemeinsam durchgeführt werden.
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Die Notwendigkeit für eine gemeinsame Auswertung kann durch das Audiosystem bedingt sein, z.B. wenn es nicht möglich ist die Lautsprecher einzeln anzusprechen (beide Hutablagenlautsprecher sind parallel angeschlossen, beide Türlautsprecher - Hochtonlautsprecher, Tieftonlautsprecher - sind parallel angeschlossen). Hierfür stehen in der digitalen Signalverarbeitung mehrere Methoden zur Verfügung. Zum einen kann zur Systemidentifikation die Kreuzkorrelierte zwischen Eingangs- und Ausgangssignal benutzt werden. Zum anderen kann ein adaptives Filter zur Systemidentifikation verwendet werden.
Ist die Qualität der Messung ausreichend gut, wird die Messung für weitere Auswertungen verwendet. Nachdem die Impulsantwort hLM(n) mit ausreichender Qualität bestimmt worden ist, muss diese für die Kalibrierung ausgewertet werden. Hierfür können folgende Systemgrößen herangezogen werden: Teilfrequenzbandverstärkungen, Laufzeit, Nachhallzeit. Diese können direkt aus der Impulsantwort hLM(n) oder aus der Übertragungsfunktion HLM(ejΩµ,n) bestimmt werden, welche als diskrete Fouriertransformierte der Impulsantwort hLM(n) definiert ist. Diese Teilfrequenzbandverstärkungen können dazu verwendet werden die Ausgabe des Innenraumkommunikationssystems so zu entzerren, dass das System stabil bei hoher Verstärkung arbeitet und außerdem für die Benutzer angenehm klingt. Dazu muss es möglichst breitbandig in der Nähe des Referenzfrequenzgangs HREF(ejΩµ,n) mit einer maximalen Verstärkung (begrenzt auf 0 dB) betrieben werden. Der Referenzfrequenzgang wurde durch Hörtests an einem fahrzeugspezifischen Innenraumkommunikations-Referenzsystem bestimmt. Bei der Bestimmung des Referenzfrequenzgangs wurde darauf geachtet, dass auch bei hoher Verstärkung das System stabil arbeitet, die Systemausgabe natürlich klingt und die Lokalisation des Sprechers dadurch nicht gestört wird. Insbesondere die natürliche Systemausgabe und die Lokalisation des Sprechers basieren auf psychoakustischen Faktoren, die mittels vorher ermittelten Referenzkurven frequenzabhängig angepasst werden.
Der Referenzfrequenzgang HREF(ejΩµ,n) wurde an einem Referenzfahrzeug bestimmt. Bei diesem Fahrzeug hatte das Innenraumkommunikationssystem eine feste Systemlaufzeit und eine feste Nachhallzeit (abhängig von der verwendeten Hardware, der Rückkopplung und der Verstärkung). Bei dem zu kalibrierenden System können diese Größen von dem Referenzsystem abweichen. Sie sind aber wichtig für die akustische Sprecherlokalisation und die Klangqualität des Innenraumkommunikationssystems. Basierend auf diesen gemessenen Größen können, unter Berücksichtigung von psychoakustischen Effekten, Faktoren zur Korrektur der Systemverstärkung des Referenzfrequenzgangs bestimmt werden.
Dabei sollte im Besonderen der Präzedenz-Effekt, auch Gesetz der ersten Wellenfront genannt, berücksichtigt werden. Er besagt folgendes: Trifft das gleiche Schallsignal zeitverzögert aus unterschiedlichen Richtungen bei einem Hörer ein, nimmt dieser nur die Richtung des zuerst eintreffenden Schallsignals wahr. Die verzögert eintreffenden Schallsignale werden dann in der Richtung des ersten Signals (der ersten Wellenfront) lokalisiert. Dies sollte bei einem Innenraumkommunikationssystem ausgenutzt werden um die Lokalisation des Sprechers durch die Innenraumkommunikationssystemausgabe nicht zu beeinträchtigen. Im speziellen wird dabei der sogenannte Haas-Effekt ausgenutzt. Haas zeigte, dass das Gesetz der ersten Wellenfront selbst dann wirkt, wenn der Pegel des verzögert eintreffenden Schalls um bis zu 10 dB über dem der ersten Wellenfront liegt. Genau das ist auch bei einem Innenraumkommunikationssystem der Fall, während die verzögerte Systemwiedergabe lauter sein kann als der Direktschall bleibt trotzdem die akustische Lokalisation bis zu einem gewissen Grad erhalten. Dabei ist der Zusammenhang zwischen der Verstärkung des verzögerten Signals (Innenraumkommunikationssystemausgabe) gegenüber der ersten Wellenfront (Direktschall des Sprechers) abhängig von dieser Verzögerung. Mit zunehmender Verzögerung ist die zulässige Verstärkung geringer.
Der Effekt der Verzögerung auf die Lokalisation des Sprechers bei einem Innenraumkommunikationssystem kann für ein Innenraumkommunikations-Referenzsystem durch Hörtests bestimmt werden. Dabei wird die Verstärkung bestimmt, bei der die Lokalisation des Sprechers nicht mehr ausreichend funktioniert. Diese ist auch bei dem Referenzfrequenzgang HREF(ejΩµ,n) bereits erfasst worden (Referenzsystem mit maximaler Verstärkung und minimaler Laufzeit). Dadurch, dass diese Verstärkung abhängig von der Verzögerung ist ergibt sich eine Korrekturkurve für die Systemverstärkung die abhängig von der Systemlaufzeit ist.).
Bei einem Innenraumkommunikationssystem ist die Laufzeit abhängig von den verwendeten Systemkomponenten, moderne digitale Audioverstärker im Fahrzeug können in den Signalpfad eine nicht vernachlässigbare Verzögerung hinzufügen (Signalpuffer, Equalizer). Basierend auf den Hörtests muss bei höheren Laufzeiten die Verstärkung reduziert werden, um die akustische Lokalisierung des Sprechers zu erleichtern. Um die Laufzeit zu bestimmen muss die Dauer von Beginn der Impulsantwort bis zur stärksten Aussteuerung am Anfang der Impulsantwort gemessen werden.
Als zusätzlicher akustischer Effekt sollte die Erhöhung der Nachhallzeit T60 des Systems durch die geschlossene elektroakustische Schleife berücksichtigt werden. Die Nachhallzeit T60 ist definiert als die Zeit die benötigt wird bis die Energie der Impulsantwort um 60 dB abgefallen ist, und kann direkt aus dem Energieabklingverhalten der Impulsantwort bestimmt werden. Die Energieabklingkurve EDC wird aus der Impulsantwort h(n) mir der Länge von L Abtastwerten berechnet. In der Regel fällt die Energie im Raum exponentiell über der Zeit ab, weshalb sie bei logarithmischer Darstellung linear abfällt, siehe auch Fig. 9. Nähert man die logarithmierte Energieabklingkurve durch eine Gerade an, kann direkt aus der Steigung der Geraden das angenäherte Abklingverhalten in [dB/s] bestimmt werden. Aus dieser Steigung kann die Zeit bestimmt werden, welche benötigt wird bis die Energie um 60 dB abgefallen ist.
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In der Regel ist im Fahrzeug die Nachhallzeit T60 mit ca. 50 ms relativ kurz. Bedingt durch die geschlossene elektroakustische Schleife klingt die Energie langsamer ab, weil die verzögerten rückgekoppelte Anteile hinzukommen. Die Systemverstärkung wird bedingt durch psychoakustische Effekte, basierend auf der Systemlaufzeit und der Nachhallzeit, durch Korrekturfaktoren angepasst.
Im Verfahren zur Innenraumkommunikation werden also die Laufzeiten und/oder Nachhallzeiten unter Berücksichtigung des Haas-Effekts, der beim Hören einer ersten Wellenfront (Direktschall) und eines verzögerten Schalls (verstärkte Wellenfront) verzögerungsabhängige Pegelunterschiede als zulässig bezeichnet, erfasst und zur Einstellung der Systemverstärkung verwendet.
Eine Systemidentifikation kann innerhalb oder außerhalb des Betriebes des Innenraumkommunikationssystems stattfinden. Bei Benutzung des Innenraumkommunikations-Wiedergabesignals als Messsignal können während des laufenden Innenraumkommunikationssystems-Betriebs fortlaufend Systemänderungen erfasst und darauf reagiert werden.
Dabei wird ausgenutzt, dass das breitbandige Sprachsignal über alle, vom Innenraumkommunikationssystem genutzten, Lautsprecher mit ausreichendem Pegel wiedergegeben wird. Ein Problem ist dabei jedoch, dass das vom Mikrofon empfangene rückgekoppelte Wiedergabesignal des Innenraumkommunikationssystems stark von dem dazugehörigen direkten Signal des Sprechers "gestört" ist (ständige Gegensprechsituation). Dabei ist diese Störung auch noch stark mit dem Innenraumkommunikationssystem-Wiedergabesignal korreliert, was die Systemidentifikation nochmal zusätzlich erschwert. Um dennoch ausreichend gute Ergebnisse bei der Systemidentifikation für stark korrelierte Signale zu erreichen muss das Wiedergabesignal dekorelliert werden. Dazu können ähnliche Verfahren wie für die Dekorrelation von Stereosignalen bei Stereoechokompensation, beispielsweise Addition von Rauschen oder nichtlineare Transformationen angewendet werden. Da die Innenraumkommunikationssystem -Wiedergabe von diesen Maßnahmen in ihrer Qualität nicht gestört werden soll, dürfen die Signale nur schwach dekorreliert werden. Zusätzlich kommt noch das schlechte Signal-Rausch-Verhältnis zwischen dem rückgekoppelten Innenraumkommunikationssystem-Wiedergabesignal (Signal) und Störungen, beispielsweise das Sprechersignal und die Hintergrundgeräusche verursacht durch Motor- , Reifenabroll und Windgeräusche, erschwerend hinzu. Bedingt durch das schlechte Signal-Rausch-Verhältnis und die starke Korrelation zwischen Signal und Störung erfolgt die Systemidentifikation nur langsam und über einen größeren Zeitraum. Nach erfolgreicher Systemidentifikation werden die Einstellungsparameter bestimmt und von dem Innenraumkommunikationssystem übernommen.
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Auf Grund der starken Korrelation zwischen dem Lautsprechersignal und der Störung ist die Systemidentifikation mit Hilfe des Innenraumkommunikationssystem-Ausgabesignals (Sprachsignal) schwierig. Stattdessen kann in Sprachpausen über die Lautsprecher künstliches Rauschen abgespielt und für die Systemidentifikation genutzt werden. Dabei sollte die "Färbung" des Rauschens so eingestellt werden, dass es dem realen Hintergrundgeräusch möglichst ähnlich ist. Um die Fahrzeuginsassen nicht durch das Rauschen zu stören, darf dieses Signal nur mit geringem Pegel wiedergegeben werden. Bedingt durch die geringe Signalleistung erfolgt die Systemidentifikation nur sehr langsam und über einen längeren Zeitraum. Nach erfolgreicher Systemidentifikation werden die Einstellungsparameter bestimmt und von dem Innenraumkommunikationssystem übernommen.
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Bevorzugt ist das Testsignal ein Rauschen. Es ist jedoch auch möglich ein Standardsignal zu verwenden, das entweder während des Betriebs des Innenraumkommunikationssystems oder außerhalb des Betriebes des Innenraumkommunikationssystems abgespielt und zur Systemidentifikation verwendet wird. Hierbei kann es sich beispielsweise um Musikwiedergabe, Sprachwiedergabe beim Telefonieren, die Sprachausgabe des Dialogsystems oder andere akustische Signale, wie das Warnsignal der Einparkhilfe handeln.
Es kann auch ein künstliches Hintergrundgeräusch zum Beispiel in Sprachpausen generiert werden, das vorzugsweise dem Hintergrundgeräusch ähnlich ist, so dass es von den Zuhörern möglichst wenig wahrgenommen wird.
Das Auslösen der Kalibrierung kann einerseits durch den Benutzer initiiert, aber auch im Hintergrund beispielsweise durch Erkennen von Abweichungen der geschätzten Impulsantworten initiiert werden.
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Der Vorteil einer durch den Benutzer initiieren Systemidentifikation ist, dass es zu qualitativ hochwertigen Messergebnissen führt. Der Nachteil ist, dass diese einmal ermittelten Parameter bis zur erneuten Messung unverändert bleiben und nicht auf Systemänderungen während des Betriebs (unterschiedliche Anzahl von Passagieren, lautsprecherverdeckende Gegenstände im Innenraum) reagiert werden kann. Eine Verbesserung bringt eine im Hintergrund (für die Fahrzeuginsassen nicht wahrnehmbar) arbeitende Systemidentifikation. Die im Hintergrund arbeitende Systemidentifikation soll das Systemverhalten überwachen. Bei geringen Änderungen in der geschätzten Lautsprecher-Mikrofon-Impulsantwort soll die Kalibrierung des Innenraumkommunikationssystems nachgeführt werden. Werden stärkere Abweichungen von der Kalibriermessung festgestellt (Gegenstände verdecken Lautsprecher, Ausfall von Audiohardwarekomponenten) soll automatisch eine Fehlermeldung ausgegeben und eine neue Grundkalibrierung des Systems gefordert werden.
Beispielsweise kann die Erkennung von Abweichungen im Hintergrund in einem Innenraumkommunikations-Echokompensator stattfinden. Mindestens ein solcher Echokompensator ist vorzugsweise Teil der Innenraumkommunikations-Signalverarbeitung im Fahrzeug und wird für die Systemeinstellung mit ausgewertet, wobei die Auswertung ausserhalb oder während des Betriebes des Innenraumkommunikationssystems stattfindet.
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Um eine möglichst gute, für den Zuhörer und Sprecher angenehme Kalibrierung des Innenraumkommunikationssystems zu erreichen, ist es zweckmäßig, die Qualität der Messung der Impulsantwort zu analysieren. Im Falle einer nicht ausreichenden Qualität der Messung wird eine Fehleranalyse durchgeführt. Bei Detektion von ausgefallenen und schlecht abgeglichenen Systemkomponenten wird das Systemverhalten angepasst. Dabei werden für die Fehleranalyse der durchgeführten Messung das während der Messung aufgezeichnete Mikrofonsignal und die während der Messung gespeicherten Sensorsignale des Fahrzeugs analysiert. Ein erfolgreicher Abgleich des adaptiven Filters kann nur bei ausreichend starkem Signalpegel (Pegel des Mikrofonsignals) erfolgen. Fällt dieser Pegel zu gering aus, bedeutet es, dass entweder die Wiedergabeseite (Verstärker, Lautsprecher) oder die Empfangsseite (Mikrofon, Verstärker) defekt ist. Wird ein zu geringer Pegel am Eingang des Systems (Mikrofonsignal) empfangen, wird zunächst probiert den Wiedergabepegel der Systemidentifikation zu erhöhen, um bessere Messergebnisse zu erhalten und die Messung zu wiederholen. Dieser kann aber nicht beliebig erhöht werden. Um z.B. die Systemlautsprecher nicht zu zerstören ist der maximale Wiedergabepegel begrenzt. Wurde dieser erreicht und die Qualität der Messung ist immer noch nicht ausreichend wird die Messung nicht mehr wiederholt, sondern mit der nächsten Messung fortgefahren. Dabei wird für eine spätere Auswertung ein Vermerk über die fehlerhafte Messung gespeichert.
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Bei einem Innenraumkommunikationssystem ist es jedoch nicht immer erforderlich es bei der maximalen Systemverstärkung zu betreiben. Bei niedrigen Geschwindigkeiten stört das Fahrgeräusch kaum die Kommunikation im Fahrzeug und es wird nur eine geringe Unterstützung (geringe Systemverstärkung) durch das Innenraumkommunikationssystem benötigt. Eine zu laute Wiedergabe würde hier unnatürlich laut klingen und von den Insassen als unangenehm empfunden werden. Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt das Hintergrundgeräusch im Fahrzeug zu, die Kommunikation wird schwieriger. Jetzt ist mehr Unterstützung notwendig, bis zur maximalen Verstärkung bei sehr hohen Geschwindigkeiten. Die Steuerung der geräuschabhängigen Verstärkung gNDGC übernimmt das NDGC-Modul (noise dependent gain control). Bevorzugt wird eine benutzerspezifische Einstellung der geräuschabhängigen Verstärkungskennlinie durchgeführt und benutzerspezifisch abgespeichert. Das Innenraumkommunikationssystem wird um ein Dialogsystem und eine Geräuschsimulation erweitert, um die vom Benutzer präferierte geräuschabhängige Verstärkungskennlinie zu bestimmen.
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Zur Durchführung eines Verfahrens, wie zuvor beschrieben, ist ein Innenraumkommunikationssystem notwendig, das aus mindestens einem Mikrofon und mindestens einem Lautsprecher sowie einer Signalverarbeitungsvorrichtung besteht. Die Signalverarbeitungsvorrichtung umfasst ein Softwareprodukt, das ein Verfahren zur Innenraumkommunikation, wie beschrieben, ausführt.
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Die Zeichnungen erläutern das erfindungsgemässe Verfahren anhand von Ausführungsbeispielen. Dabei zeigt
- Fig. 1: eine Skizze des Systems
- Fig. 2: ein Beispiel einer Impulsantwort und Übertragungsfunktion des Systems
- Fig. 3: eine Systemidentifikation unter Zuhilfenahme eines geschätzten Systems
- Fig. 4: ein Innenraumkommunikationssystem mit Systemidentifikation
- Fig. 5: ein Ablaufdiagramm einer Messung
- Fig. 6: ein Ablaufdiagramm der Auswertung
- Fig. 7: Korrekturkennlinien basierend auf psychoakustischen Effekten
- Fig. 8: ein Diagramm zur Bestimmung der Systemlaufzeit
- Fig. 9: ein Diagramm des Energieabklingverhaltens
- Fig. 10: ein Diagramm der Übertragungsfunktion und zugehöriger Entzerrung
- Fig. 11: ein Ablaufdiagramm Fehleranalyse
- Fig. 12: eine Ausfallmatrix der Systemkomponenten
- Fig. 13: eine Übersicht eines Echokompensators
- Fig. 14: ein Diagramm der geräuschabhängigen Verstärkungskorrektur
- Fig. 15: ein Innenraumkommunikationssystem mit Dialogsystem und Geräuschsimulation
- Fig. 16: ein Ablaufdiagramm der geräuschabhängigen Verstärkung
- Fig. 17: ein Dialogablaufdiagramm
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Es ist notwendig für die Systemkalibrierung das gesamte System hLM,i(n), inklusive Mikrofone, Lautsprecher und Fahrzeuginnenraum, zu kennen. Die Fig. 1 zeigt ein vereinfachtes Blockbild des zu identifizierenden Systems. Diese Messung muss für jede Lautsprecher-Mikrofon-Kombination durchgeführt werden. n ist hier der Zeitindex. Der Index i steht hierbei für das jeweilige Lautsprecher-Mikrofon Paar. Bevorzugt enthält das Innenraumkommunikationssystem mehrere Lautsprecher und Mikrofone. Zur vereinfachten Darstellung wird der Index i weggelassen. Diese Systemkalibrierung kann am Bandende, in der Werkstatt oder auch initiiert durch die Fahrzeuginsassen durchgeführte werden. Durch eine geeignete Messung erhält man die Impulsantwort hLM(n).
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Durch eine Transformation in den Frequenzbereich bekommt man die Übertragungsfunktion HLM(ejΩ,n) des Innenraumkommunikationssystems, welche für die eigentliche Kalibrierung verwendet wird. In Fig. 2 ist ein Beispiel für eine im Fahrzeug gemessene Impulsantwort hLM(n) und die dazugehörige Übertragungsfunktion HLM(ejΩ,n) dargestellt.
Die Systemkalibrierung basiert auf der im Vorfeld ermittelten Impulsantwort hLM(n), welches durch eine Systemidentifikation bestimmt wurde. Für die Systemidentifikation (Messung der Impulsantwort hLM(n)) wird ein breitbandiges Anregungssignal verwendet. Dieses - dem Messsystem bekannte - Testsignal wird über die Lautsprecher abgespielt und mit den Mikrofonsignalen verrechnet. Im Fahrzeug können für die Systemidentifikation des Lautsprecher-Mikrofon-Systems hLM(n) verschiedene Testsignale verwendet werden, z.B. Rauschen. Hierfür sind weißes Rauschen oder Pseudozufallsrauschen gut geeignet. Dieses wird nacheinander über jeden einzelnen Lautsprecher wiedergegeben und von den verwendeten Mikrofonen aufgezeichnet. Daraus kann anschließend die jeweilige Impulsantwort hLM(n) bestimmt werden. Die Systemidentifikation kann für jedes einzelne Lautsprecher-Mikrofon-Paar getrennt oder für eine Gruppe von Lautsprechern, Mikrofonen gemeinsam durchgeführt werden. Die Notwendigkeit für eine gemeinsame Auswertung kann durch das Audiosystem bedingt sein, z.B. wenn es nicht möglich ist die Lautsprecher einzeln anzusprechen (beide Hutablagenlautsprecher sind parallel angeschlossen, beide Türlautsprecher - Hochtonlautsprecher, Tieftonlautsprecher - sind parallel angeschlossen).
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Für eine Auswertung stehen in der digitalen Signalverarbeitung mehrere Methoden zur Verfügung. Zum einen kann zur Systemidentifikation die Kreuzkorrelierte zwischen Eingangs- und Ausgangssignal benutzt werden. Zum anderen kann ein adaptives Filter zur Systemidentifikation verwendet werden.
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In der Systemtheorie entspricht die Kreuzkorrelation r
xy(n) zwischen dem Eingang x(n) und dem Ausgang y(n) einer Faltung zwischen der Autokorrelation r
xx(n) und einer Impulsantwort h(n):
Basierend darauf können verschiedene Verfahren angewendet werden:
MLS-Folge:
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Wird als Eingangssignal eine MLS (maximum length sequence) - Folge verwendet, so gilt für die Autokorrelierte
δ
K(n) entspricht einem Dirac-Impuls.
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Damit kann die Impulsantwort h(n), direkt aus der Kreuzkorrelation r
xy(n), bestimmt werden:
Direkte Lösung (Matrix-Invertierung):
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Wird als Eingangssignal ein beliebiges breitbandiges Signal verwendet, so kann die Impulsantwort h(n) auch unter Zuhilfenahme der inversen der Autokorrelationsmatrix bestimmt werden. In Matrixnotation (Impulsantwort h, Kreuzkorrelationsfolge r
xy, Autokorellationsmatrix R
xx) gilt für die Faltung:
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Für die Blocklänge N ist die Autokorrelationsmatrix wie folg definiert:
Nach der Invertierung der Autokorrelationsmatrix R
xx erhält man so:
Frequenzbereichslösung:
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Die Inversion der Autokorrelationsmatrix kann vermieden werden, wenn die Berechnung im Frequenzbereich durchgeführt wird. Dazu müssen zunächst alle Größen in den Frequenzbereich transformiert werden. FT steht für die Fourier-Transformation, welche z.B. als diskrete Fouriere-Transformation (DFT) ausgeführt werden kann. Die Korrelationsfolgen werden in Leistungsdichtespektren P
xy(e
jΩ) = FT{r
xy(n)} umgerechnet, so das gilt:
Nach dem Umformen erhält man die gesuchte Übertragungsfunktion:
Und nach der Rücktransformation die Systemimpulsantwort:
Einen anderen Weg beschreibt die Systemidentifikation unter Zuhilfenahme eines adaptiven Filters, wie in
Fig. 3 dargestellt. Dabei werden die geschätzten Filterkoeffizienten h(n) iterativ so gewählt, dass der mittlere quadratische Fehler E{|e(n)|
2} minimiert wird. Die Filteradaption kann z.B. nach dem NLMS (normalized least mean square) - Verfahren, durchgeführt werden:
- Parameter: Filterordnung p, Schrittweite µ
- Initialisierung: ĥ(0) = 0
- Berechnung für n = 0, 1, 2, ...
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Der große Vorteil der Systemidentifikation mit Hilfe eines adaptiven Filters gegenüber den korrelationsbasierten Verfahren ist die Möglichkeit, die Qualität der geschätzten Impulsantwort h(n) schon während der Messung beurteilen zu können. Deshalb wird bevorzugt dieses Verfahren zur Systemidentifikation verwendet.
Die Fig. 4 zeigt wie ein Innenraumkommunikationssystem um eine Systemidentifikation erweitert werden kann. Über den Schalter S2 kann anstatt der Innenraumkommunikationssystemausgabe das Messsignal auf die Lautsprecher gegeben werden. Über den Schalter S1 werden die Mikrofonsignale zur Summationsstelle vor dem Modul Systemidentifikation weitergeleitet. Nach der Messung werden die ermittelten Parameter vom Innenraumkommunikationssystem übernommen.
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In Fig. 5 wird der Ablauf der Messung für ein Lautsprecher-Mikrofon Paar dargestellt. Nach der Aktivierung der Messung wird die Systemidentifikation durchgeführt. Anschließend wird die Qualität der Systemidentifikation beurteilt, denn eine Systemkalibrierung darf nur nach einer erfolgreichen Messung durchgeführt werden. Dieser Mechanismus soll dabei helfen Fehler (z.B. bei einer Neukalibrierung in der Werkstatt) zu vermeiden. Hierfür kann zum einen der Abgleichverlauf des adaptiven Filters während der Systemidentifikation berücksichtigt werden. Zum anderen können zusätzlich verschiedene Sensoren wie etwa Drehzahlmesser und Türsensor im Fahrzeug zur Qualitätsüberwachung der durchgeführten Messung herangezogen werden.
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Die Qualität der bestimmten Impulsantwort kann bei einer Systemidentifikation mittels adaptivem Filter aus dem Abstand zwischen den geglätteten Leistungen des Eingangssignals
x(n) und des Fehlersignals
e(n) des adaptiven Filters bestimmt werden.
Die geglättete Signalleistung
x(n) kann z.B. wie folgt bestimmt werden:
Die Fehlerleistung
e(n) wird analog dazu bestimmt. Der Parameter β sollte bei einer Abtastfrequenz von 22050 Hz dabei aus dem Intervall 0.95 ≤ β ≤ 0.9995 gewählt werden. Anschließend kann das Verhältnis in dB zwischen den geglätteten Signalleistungen bestimmt werden:
Für eine ausreichend gute Messung sollte das adaptive Filter um mehr als 20 dB abgeglichen haben (D(n) > 20 dB), anschließend wird die Messung weiter ausgewertet und für die Kalibrierung verwendet. Konnte die durchgeführte Messung dieses Kriterium nicht erfüllen, sollte eine Fehlermeldung ausgegeben werden. Diese kann als Warnung auf einem Display oder als Sprachausgabe erfolgen. Als Folge muss die Messung wiederholt werden, bis die gewünschte Qualität erreicht wurde. Wird die Qualität der Messung trotz der Beseitigung aller Fehlerquellen nicht erreicht, liegt wahrscheinlich ein Hardwarefehler vor (z.B. Verstärker, Lautspecher, Mikrofon) und das Systemverhalten sollte darauf angepasst werden.
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Ist die Qualität der Messung ausreichend gut, wird die Messung für weitere Auswertungen verwendet. Die Details zur Auswertung sind in
Fig. 6 zu sehen.
Nachdem die Impulsantwort h
LM(n), wie zuvor beschrieben, mit ausreichender Qualität bestimmt worden ist, muss diese für die Kalibrierung ausgewertet werden. Hierfür können beispielsweise folgende Systemgrößen herangezogen werden: Teilfrequenzbandverstärkungen, Laufzeit, Nachhallzeit. Diese können direkt aus der Impulsantwort h
LM(n) oder aus der Übertragungsfunktion H
LM(ej
Ωµ,n) bestimmt werden, welche als diskrete Fouriertransformierte der Impulsantwort h
LM(n) definiert ist:
Aus der Übertragungsfunktion H
LM(e
jΩµ,n) können die zulässigen Teilfrequenzbandverstärkungen G
I,max(e
jΩµ,n) (µ ist der Teilband-, bzw. Frequenzindex) berechnet werden:
Diese Teilfrequenzbandverstärkungen können dazu verwendet werden die Ausgabe des Innenraumkommunikationssystems so zu entzerren, dass das System stabil bei hoher Verstärkung arbeitet und außerdem für die Benutzer angenehm klingt. Dazu muss es möglichst breitbandig in der Nähe des Referenzfrequenzgangs H
REF(e
jΩµ,n) mit einer maximalen Verstärkung (begrenzt auf 0 dB) betrieben werden. Der Referenzfrequenzgang wurde durch Hörtests an einem fahrzeugspezifischen Innenraumkommunikations-Referenzsystem bestimmt. Bei der Bestimmung des Referenzfrequenzgangs wurde darauf geachtet, dass auch bei hoher Verstärkung das System stabil arbeitet, die Systemausgabe natürlich klingt und die Lokalisation des Sprechers dadurch nicht gestört wird.
Der Referenzfrequenzgang H
REF(e
jΩµ,n) wurde an einem Referenzfahrzeug bestimmt. Bei diesem Fahrzeug hatte das ICC-System eine feste Systemlaufzeit und eine feste Nachhallzeit (abhängig von der verwendeten Hardware, der Rückkopplung und der Verstärkung). Bei dem zu kalibrierenden System können diese Größen von dem Referenzsystem abweichen. Sie sind aber wichtig für die akustische Sprecherlokalisation und die Klangqualität des Innenraumkommunikationssystems. Basierend auf diesen gemessenen Größen können, unter Berücksichtigung von psychoakustischen Effekten, Faktoren zur Korrektur der Systemverstärkung des Referenzfrequenzgangs bestimmt werden.
Dabei sollte im Besonderen der Präzedenz-Effekt, auch Gesetz der ersten Wellenfront genannt, berücksichtigt werden. Er besagt: Trifft das gleiche Schallsignal zeitverzögert aus unterschiedlichen Richtungen bei einem Hörer ein, nimmt dieser nur die Richtung des zuerst eintreffenden Schallsignals wahr. Die verzögert eintreffenden Schallsignale werden dann in der Richtung des ersten Signals (der ersten Wellenfront) lokalisiert. Dies sollte bei einem Innenraumkommunikationssystem ausgenutzt werden um die Lokalisation des Sprechers durch die Innenraumkommunikationssystemausgabe nicht zu beeinträchtigen. Im speziellen wird dabei der sogenannte Haas-Effekt ausgenutzt. Haas zeigte, dass das Gesetz der ersten Wellenfront selbst dann wirkt, wenn der Pegel des verzögert eintreffenden Schalls um bis zu 10 dB über dem der ersten Wellenfront liegt. Genau das ist auch bei einem Innenraumkommunikationssystem der Fall, während die verzögerte Systemwiedergabe lauter sein kann als der Direktschall bleibt trotzdem die akustische Lokalisation bis zu einem gewissen Grad erhalten. Dabei ist der Zusammenhang zwischen der Verstärkung des verzögerten Signals (Innenraumkommunikationssystemausgabe) gegenüber der ersten Wellenfront (Direktschall des Sprechers) abhängig von dieser Verzögerung. Mit zunehmender Verzögerung ist die zulässige Verstärkung geringer.
Der Effekt der Verzögerung auf die Lokalisation des Sprechers bei einem Innenraumkommunikationssystem kann für ein Innenraumkommunikations-Referenzsystem durch Hörtests bestimmt werden. Dabei wird die Verstärkung bestimmt, bei der die Lokalisation des Sprechers nicht mehr ausreichend funktioniert. Diese ist auch bei dem Referenzfrequenzgang H
REF(e
jΩµ,n) bereits erfasst worden (Referenzsystem mit maximaler Verstärkung und minimaler Laufzeit). Dadurch, dass diese Verstärkung abhängig von der Verzögerung ist, ergibt sich eine Korrekturkurve für die Systemverstärkung die abhängig von der Systemlaufzeit ist.).
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Die Fig. 7 zeigt ein Beispiel für die durch Hörtests bestimmte Abhängigkeit der Systemverstärkung von der Systemlaufzeit (obere Kurve, Bezug Ordinate links, Abzisse unten). Die maximale Verstärkung bei der geringstmöglichen Laufzeit ist dabei auf 0 dB normiert. Damit das Fahrzeug mit aktiviertem Innenraumkommunikationssystem für die Zuhörer nicht zu hallig klingt, muss mit zunehmender Nachhallzeit die Verstärkung reduziert werden. Die Fig. 7 zeigt ein Beispiel für die Abhängigkeit der Systemverstärkung von der Nachhallzeit (untere Kurve, Bezug Ordinate rechts, Abzisse oben)
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Bei einem Innenraumkommunikationssystem ist die Systemlaufzeit abhängig von den verwendeten Systemkomponenten, moderne digitale Audioverstärker im Fahrzeug können in den Signalpfad eine nicht vernachlässigbare Verzögerung hinzufügen (Signalpuffer, Equalizer). Basierend auf den Hörtests muss bei höheren Systemlaufzeiten die Verstärkung reduziert werden, um die akustische Lokalisierung des Sprechers zu erleichtern. Um die Systemlaufzeit zu bestimmen muss die Dauer von Beginn der Impulsantwort bis zur stärksten Aussteuerung am Anfang der Impulsantwort gemessen werden. Im Beispiel in der Fig. 8 beträgt die Laufzeit 8 ms (Verzögerung durch Verstärker, Schallausbreitung, Signalverarbeitung).
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Als zusätzlicher akustischer Effekt sollte die Erhöhung der Nachhallzeit T60 des Systems durch die geschlossene elektroakustische Schleife berücksichtigt werden. Die Nachhallzeit T60 ist definiert als die Zeit die benötigt wird bis die Energie der Impulsantwort um 60 dB abgefallen ist, und kann direkt aus dem Energieabklingverhalten der Impulsantwort bestimmt werden. Die Energieabklingkurve EDC wird aus der Impulsantwort h(n) mir der Länge von L Abtastwerten berechnet:
In der Regel fällt die Energie im Raum exponentiell über der Zeit ab, weshalb sie bei logarithmischer Darstellung linear abfällt, siehe auch
Fig. 9. Nähert man die logarithmierte Energieabklingkurve durch eine Gerade an, kann direkt aus der Steigung der Geraden
(fs ist die Abtastrate) das angenäherte Abklingverhalten in [dB/s] bestimmt werden. Aus dieser Steigung kann die Zeit bestimmt werden, welche benötigt wird bis die Energie um 60 dB abgefallen ist
In der Regel ist im Fahrzeug die Nachhallzeit T60 mit ca. 50 ms relativ kurz. Bedingt durch die geschlossene elektroakustische Schleife klingt die Energie langsamer ab, weil die verzögerten rückgekoppelte Anteile hinzukommen.
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Die Fig. 9 zeigt als Beispiel die Energieabklingkurven für ein Fahrzeug mit abgeschaltetem Innenraumkommunikationssystem (T60 ≈ 52 ms) und mit eingeschaltetem Innenraumkommunikationssystem (T60 ≈ 69 ms).
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Unter der Berücksichtigung der individuell ermittelten Systemlaufzeit und der Nachhallzeit kann anhand der Korrekturkurven aus
Fig. 7 die Korrektur für die Verstärkung des Referenzfrequenzgangs g
REC(n) bestimmt werden. Dabei wird die Dämpfung durch den Parameter mit dem stärksten Einfluss (größte Dämpfung) bestimmt
Anschließend muss dieser Korrekturfaktor auf den Referenzfrequenzgang H
REF(e
jΩµ,n) angewendet werden, und man erhält den korrigierten Referenzfrequenzgang H
REC(e
jΩµ,n)
Danach muss aus der gemessenen Impulsantwort h
LM(n) der Frequenzgang, bzw. der Betrag des Frequenzgangs |H
LM(e
jΩµ,n)| berechnet werden
Anschließend kann der Frequenzgang des Entzerrfilters |H
EQ(e
jΩµ,n)| bestimmt werden
Dabei ist die maximale Verstärkung des Entzerrfilters auf g
EQ,max begrenzt (z.B. g
EQ,max = 12 dB), damit das System bei Änderungen der Übertragungsfunktion H
LM(e
jΩµ,n), welche z.B. durch Bewegungen der Passagiere verursacht werden, nicht zu empfindlich reagiert und wiederum instabil wird. Weil der Referenzfrequenzgang auf 0 dB begrenzt ist, gilt auch für das Entzerrfilter:
und das Gesamtsystem schwingt sich nicht auf. Wendet man das Entzerrfilter auf das Innenraumkommunikationssystem an, bekommt man für den Gesamtfrequenzgang H
SYS(e
jΩµ,n):
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Die einzelnen Schritte werden anhand des Beispiels in der Fig. 10 veranschaulicht. Am Beispiel eines Systems mit 8 ms Laufzeit und 69 ms Nachhallzeit sollte die gewünschte Verstärkung um -3 dB = min(-3 dB (Nachhall), -1 dB (Systemlaufzeit)) im Vergleich zum Referenzverstärkung korrigiert werden. Danach wird anhand des korrigierten Referenzfrequenzgangs das Entzerrfilter berechnet. Diese Entzerrfilterparameter im Frequenzbereich sollten anschließend von dem Innenraumkommunikationssystem für einen stabilen Betrieb mit natürlich klingender Systemwiedergabe übernommen werden. Nach der Auswertung ist die Messung fertig, die Einstellungen des Entzerrfilters müssen für das Innenraumkommunikationssystem übernommen werden und es kann mit dem nächsten Lautsprecher-Mikrofon Paar weitergemacht werden.
Bei erfolgreicher Kalibrierung aller Lautsprecher-Mikrofon-Paare soll der Durchführende durch eine Systemausgabe über die erfolgreiche Kalibrierung informiert werden.
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Ist die Qualität der Messung nicht ausreichend, muss die Ursache für das Problem bestimmt werden und die Messung nach Beseitigung dieser Störung wiederholt werden. Die Details zur Fehlersuche sind in Fig. 11 zu sehen.
Dabei werden für die Fehleranalyse der durchgeführten Messung das aufgezeichnete Mikrofonsignal und die während der Messung gespeicherten Sensorsignale des Fahrzeugs analysiert.
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Ein erfolgreicher Abgleich des adaptiven Filters kann nur bei ausreichend starkem Signalpegel (Pegel des Mikrofonsignals) erfolgen. Fällt dieser Pegel zu gering aus, bedeutet es, dass entweder die Wiedergabeseite (Verstärker, Lautsprecher) oder die Empfangsseite (Mikrofon, Verstärker) defekt ist. Wird ein zu geringer Pegel am Eingang des Systems (Mikrofonsignal) empfangen, wird zunächst probiert den Wiedergabepegel der Systemidentifikation zu erhöhen, um bessere Messergebnisse zu erhalten und die Messung zu wiederholen. Dieser kann aber nicht beliebig erhöht werden. Um z.B. die Systemlautsprecher nicht zu zerstören ist der maximale Wiedergabepegel begrenzt. Wurde dieser erreicht und die Qualität der Messung ist immer noch nicht ausreichend wird die Messung nicht mehr wiederholt, sondern mit der nächsten Messung fortgefahren. Dabei wird für eine spätere Auswertung ein Vermerk über die fehlerhafte Messung gespeichert.
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Um ausreichend gute Messergebnisse zu erzielen, darf während der Kalibriermessung im Fahrzeug weder gesprochen, noch irgendwelche anderen Geräusche verursacht werden. Enthält das Kalibriersystem einen Sprach-, bzw. Geräuschdetektor, so können diese für eine Überwachung der Sprach-, Geräuschaktivität während der Messung benutzt werden. Wird Sprach- oder Geräuschaktivität im aufgezeichneten Mikrofonsignal detektiert, sollte die Messung wiederholt werden um ein besseres Messergebnis zu erzielen.
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Zusätzlich zu den vorgestellten Kriterien können auch weitere Zusatzinformationen benutzt werden um die Qualität der Messung zu überwachen. Mit Hilfe der im Fahrzeug vorhandenen Sensoren kann die Sicherheit der Messung überprüft werden: Fenstersensoren für geschlossene Fenster, Türsensoren für geschlossene Türen, Drehzahlsensor für abgeschalteten Motor, usw. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der verschiedenen Sensoren und ihr Einfluss auf die Qualität der Messung. Auch hier muss bei nicht korrekten Rahmenbedingungen die Messung wiederholt werden.
Sensorsignal (wenn vorhanden) | Auswirkung auf die Qualität der Messung |
Sitzplatzsensor | Zusätzliche Störgeräuschquelle durch Passagiere im Innenraum |
Gurtsensor | Zusätzliche Störgeräuschquelle durch Passagiere im Innenraum |
Bewegungssensor | Zusätzliche Störgeräuschquelle durch Passagiere im Innenraum |
Schiebedachsensor | Innenraum wird nicht korrekt ausgemessen |
Türsensor | Innenraum wird nicht korrekt ausgemessen |
Fenstersensor | Innenraum wird nicht korrekt ausgemessen |
Motorsensor | Zusätzliche Störgeräuschquelle |
Radiosignal | Zusätzliche Störgeräuschquelle |
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Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf die Überwachung der Lautsprecher-Fahrzeuginnenraum-Mikrofon-Strecke. Es war aber bisher nicht möglich festzustellen, ob bei einem Systemfehler das Problem beim Mikrofon oder dem Lautsprecher liegt. Da - wie bereits beschrieben - die Impulsantworten zwischen jedem Lautsprecher und jedem Mikrofon separat bestimmt werden, ist es möglich durch eine Verknüpfung der einzelnen Ergebnisse die Fehlerursache genauer einzugrenzen. Dabei wird Ausgenutzt, dass bei einer fehlerhaften Messung ein Bitschalter (Flag) zu dieser Messung gespeichert wurde.
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Fig. 12 zeigt die Auswertung der Bitschalter einer fehlerhaften Messung für ein System mit 4 Mikrofonen und 6 Lautsprechern. Das Ergebnis der Messungen ist in einer Matrix zusammengefasst worden (weiße Felder bei gutem Ergebnis, graue Felder bei fehlerhafter Messung). Aus dem Beispiel in der Fig. 12 kann man ablesen, dass im linken Bild alle Messungen, bei welchen der 2. Lautsprecher beteiligt war, fehlerhaft sind. Daraus lässt sich schließen, dass der 2. Lautsprecherausgang (Verstärkerausgang, Lautsprecher) nicht korrekt arbeitet. Beim rechten Beispiel ist das 3. Mikrofon beschädigt. Mit dieser Methode kann bei Systemfehlern die Fehlerursache genauer eingegrenzt werden. Damit verbunden kann anschließend eine Fehlermeldung ausgegeben und das Systemverhalten an die Situation angepasst werden. Dies kann beispielsweise durch Abschaltung des Innenraumkommunikationssystems, Umschalten der Mikrofone oder Umschalten der Lautsprecher geschehen.
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Man kann aber auch einen anderen Weg gehen, um die Impulsantworten zwischen den Lautsprechern und den Mikrofonen zu erhalten, anders als es eine Systemidentifikation im Kalibriermodus messen würde. Beinhaltet das Innenraumkommunikationssystem einen mehrkanaligen Echokompensator (Teil der Innenraumkommunikationssystem-Signalverarbeitung), um bei gleichzeitigem Innenraumkommunikationssystem- und Radiobetrieb das Radiosignal im Innenraumkommunikationssystem-Wiedergabesignal zu unterdrücken, können die adaptiven Filter des Echokompensators für die Kalibrierung ausgewertet werden. Fig. 13 zeigt die Grundstruktur eines Stereoechokompensators. Dabei verwendet der Echokompensator ein adaptives Filter (ähnlich des Systemidentifikationsfilters) um die Impulsantworten zwischen den Lautsprechern und den Mikrofonen zu schätzen. Die geschätzten Impulsantworten aus dem Echokompensator können dazu genutzt werden, das Innenraumkommunikationssystem vom Nutzer unbemerkt im Hintergrund nachjustieren zu können. Wird beim Abgleich des Echokompensators die gewünschte Genauigkeit erreicht, können die Impulsantworten wie bei der Systemidentifikation ausgewertet werden und die daraus bestimmten Parameter (Entzerrfilter, Systemdeaktivierung, usw.) für den Innenraumkommunikationssystem-Betrieb übernommen werden.
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Die vorherigen Abschnitte beschrieben die Ermittlung der maximalen Systemverstärkung und die Entzerrung des Innenraumkommunikationssystems für einen stabilen Betrieb nahe der Stabilitätsgrenze. Bei einem Innenraumkommunikationssystem ist es jedoch nicht immer erforderlich es bei der maximalen Systemverstärkung zu betreiben. Bei niedrigen Geschwindigkeiten stört das Fahrgeräusch kaum die Kommunikation im Fahrzeug und es wird nur eine geringe Unterstützung (geringe Systemverstärkung) durch das Innenraumkommunikationssystem benötigt. Eine zu laute Wiedergabe würde hier unnatürlich laut klingen und von den Insassen als unangenehm empfunden werden. Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt das Hintergrundgeräusch im Fahrzeug zu, die Kommunikation wird schwieriger. Jetzt ist mehr Unterstützung notwendig, bis zur maximalen Verstärkung bei sehr hohen Geschwindigkeiten. Die Steuerung der geräuschabhängigen Verstärkung gNDGC übernimmt das NDGC-Modul (noise dependent gain control).
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Die NDGC arbeitet in der Regel mit einer festen Kennlinie. Wie eine solche geräuschabhängige Kennlinie der Verstärkungsregelung aussehen kann zeigt Fig. 14. Zur besseren Anschaulichkeit ist die Geräuschpegelachse auf die dazugehörige Geschwindigkeitsachse übertragen worden. Während die maximale Verstärkung (hier normiert auf 0 dB) durch die Impulsantwort hLM(n) begrenzt ist sind die anderen Parameter der NDGC-Kennlinie frei wählbar:
- Störgeräuschpegel bei welchem die Verstärkung den maximalen Wert erreichen soll (Markierung 5 in Fig. 14)
- Minimale Systemverstärkung (Markierung 1 in Fig. 14)
- Störgeräuschpegel ab dem das Innenraumkommunikationssystem die Systemverstärkung erhöhen soll (Markierung 1 in Fig. 14).
- Steigung der Kurve zwischen Markierung 1 bis 5, oder die dazugehörigen diskreten Schwellen (Markierung 2 bis 4 in Fig. 14).
Die korrekte Wiedergabelautstärke für die jeweilige Geräuschsituation (Geschwindigkeit) ist sehr stark abhängig von den persönlichen Präferenzen der Fahrzeuginsassen. Einige Benutzer wünschen sich bereits bei geringeren Störgeräuschen eine hohe Verstärkung, Andere wiederum empfinden eine zu laute Innenraumkommunikationssystemunterstützung klanglich als unnatürlich und störend. Aus diesem Grund sollte die NDGC-Kennlinie für den Benutzer einstellbar sein. Um für die Passagiere die Einstellung der Kennlinie zu erleichtern, können die Passagiere von einem Dialogsystem dabei unterstützt werden. Diese Einstellung kann sprecher- und zuhörerunabhängig, oder - wenn das System eine Sprechererkennung unterstützt - auch sprecher- und zuhörerabhängig (personifiziert) durchgeführt werden.
Damit die Passagiere die NDGC-Kennlinie auf ihre Bedürfnisse einstellen können sollte das Innenraumkommunikationssystem um ein Dialogsystem erweitert werden (Fig. 15). Im Innenraumkommunikationsbetrieb sollte dann die Aktivierung der dialoggestützten Kennlinienbestimmung voll automatisch erfolgen. Dazu werden die im Fahrzeug verwendeten Sensoren (z.B. Geschwindigkeitssensor, Sitzsensoren) und die Geräuschleistungsschätzung des Mikrofonsignals ausgewertet. Erreicht das Fahrzeug eine bestimmte Geschwindigkeit, bzw. einen gewünschten Hintergrundgeräuschpegel, und wird gleichzeitig über z.B. Sitzsensoren (oder Sprecherlokalisation) erkannt, dass sich genügend Passagiere (mindestens einer pro Sitzreihe) im Fahrzeug befinden, wird eine Anfrage gestartet, ob eine dialoggestützte NDGC-Einstellung durchgeführt werden kann.
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Anschließend wird dialoggestützt die NDGC-Kennlinie des Innenraumkommunikationssystems für verschiedene Hintergrundgeräusche auf die Bedürfnisse der Fahrzeugpassagiere eingestellt.
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Eine Alternative zur Durchführung der dialoggestützten Kalibrierung während der Fahrt ist die Verwendung eines Geräuschsimulators, der auch Teil des Innenraumkommunikationssystem sein kann, wie er auch in Fig. 15 enthalten ist. Die Geräuschsimulation gibt über die Lautsprecher Signale aus, welche im Fahrzeuginnenraum ein Hintergrundgeräusch erzeugen, dass einer bestimmten Fahrzeuggeschwindigkeit entspricht. Geringe Geschwindigkeit - wenig Hintergrundgeräusch, hohe Geschwindigkeit - viel Hintergrundgeräusch. Das Ausgabesignal des Geräuschsimulators kann entweder ein zuvor während der Fahrt für die verschiedenen Geschwindigkeiten aufgenommenes Mikrofonsignal (Hintergrundgeräusche im Fahrzeuginnenraum) sein, oder es wird ein spektral gefärbtes Rauschen abgespielt, dessen Leistungsdichtespektrum dem des realen Hintergrundgeräuschs entspricht. Beim Abspielen des Hintergrundgeräuschs muss gleichzeitig die Wiedergabelautstärke der Geräuschsimulation kontrolliert werden und in die Verstärkung an die tatsächliche Geräuschleistung angepasst werden. Diese Verstärkung kann mit Hilfe der Überwachung der Leistungsschätzung des Mikrofonsignals erfolgen. Dabei wird überprüft, ob die von der Geräuschsimulation wiedergegebene und am Mikrofon ermittelte Hintergrundgeräuschleistung mit der tatsächlichen während einer realen Fahrt ermittelten Hintergrundgeräuschleistung übereinstimmt und gegebenenfalls die Wiedergabelautstärke der Geräuschsimulation korrigiert.
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Dieses vom Geräuschsimulator abgespielte Signal stört die Passagiere bei der Kommunikation ähnlich dem tatsächlichen Hintergrundgeräusch während der Fahrt. Der Vorteil einen Geräuschsimulator für die dialoggestützte Einstellung der NDGC-Kennlinie zu benutzen ist, dass diese vom Benutzer aktiviert im Stand durchgeführt werden kann, die Passagiere während des Dialogs nicht vom Straßenverkehr abgelenkt werden und das Fahrzeug nicht mit unterschiedlicher Geschwindigkeit (z.B zwischen 0-150 km/h) fahren muss.
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Bei der Bestimmung der NDGC-Kennlinie wird der Benutzer von einem Dialogsystem unterstützt. Die Bestimmung kann Schrittweise während der Fahrt (automatische Aktivierung nach der Detektion einer geeigneten Situation) oder im Stand mit einer Geräuschsimulation durchgeführt werden. Die folgenden Schritte beschreiben eine Bestimmung der NDGC-Kennlinie mit Hilfe einer Geräuschsimulation, können aber auch für die Einstellung während der Fahrt übernommen werden. Die Fig. 16 zeigt die Vorgehensweise zur Ermittlung der NDGC-Kennlinie. Zuerst wird die Verstärkung für die maximale Systemunterstützung bestimmt, wobei die maximale Verstärkung gNDGC,max bei der das Innenraumkommunikationssystem noch stabil arbeitet nicht überschritten werden darf (Normierung auf 0 dB). Anschließend wird die Verstärkung schrittweise für weniger Systemunterstützung (weniger Hintergrundgeräusch) bestimmt. Die Einstellung ist beendet, wenn auch die minimale Systemverstärkung gNDGC,min bestimmt worden ist. Nachdem die NDGC-Kennlinie bestimmt worden ist, kann sie anschließend von dem Innenraumkommunikationssystem für den Betrieb übernommen werden. Diese Einstellungen sollen für die einzelnen Fahrzeugnutzer getrennt, also benutzerspezifisch, gespeichert werden, so dass jeder Nutzer auch später auf die durch ihn ermittelten Parameter zugreifen kann.
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Dabei kann ein möglicher Schritt des Dialogs wie in Fig. 17 dargestellt ablaufen. Zunächst wird dem Benutzer der folgende Kalibrierschritt erklärt und die notwendigen Handlungen beschrieben, z.B. "Wählen Sie die gewünschte geräuschabhängige Verstärkung". Anschließend wird vom Benutzer eine Aktion ausgeführt, z.B. der vordere Passagier spricht einen Testsatz, den der hintere Passagier beurteilen soll. Danach wird durch die Benutzer eine Eingabe an das Dialogsystem gemacht. Dies kann entweder per Sprachkommando erfolgen, z.B. "Lauter", oder haptisch, indem z.B. über den Lautstärkeregler die Systemverstärkung eingegeben wird. Ergänzend können die neuen Einstellungen auch optisch über ein Display angezeigt werden. Abschließend wird der aktuelle Schritt, wenn notwendig, wiederholt oder mit dem nächsten Dialogschritt weitergemacht.
Bei der Einstellung der (geräuschabhängigen) Systemverstärkung müssen die unterschiedlichen Ansprüche des Sprechers und des Zuhörers an das System berücksichtigt werden. Deshalb müssen Kompromisse in der Sprachqualität und dem Höreindruck gemacht werden. Dennoch sind folgende Kriterien wichtig und sollten, wenn auch nur im Kompromiss, erfüllt und bei der Einstellung berücksichtigt werden:
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Hört sich der Sprecher durch das Innenraumkommunikationssystems selbst? Welcher Pegel und welche Verzögerung ergibt sich für den Sprecher?
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Wie verändert sich der Höreindruck des Zuhörers durch das Innenraumkommunikationssystem? Klingt die Wiedergabe natürlich (verarbeitet, hallig, verzögert, geräuschbehaftet)? Ist die Ortung des Sprechers noch möglich?
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Wie diese Punkte als Kompromiss bei der Einstellung der Verstärkung unter Berücksichtigung der verschiedenen Sitzpositionen aussehen können, zeigen die folgenden zwei Abschnitte:
- Sprecherposition (z.B. vordere Passagiere):
- Für den Sprecher ist es wichtig von der Ausgabe des Innenraumkommunikationssystems nicht gestört zu werden. Dabei wirkt die Wiedergabe auf den Sprecher umso störender, je später und lauter das Mikrofonsignal wiedergegeben wird. Da die Verzögerung nicht reduziert werden kann, ist die Reduktion der Störung nur durch eine Verringerung der Verstärkung möglich. Deshalb stellt der Sprecher die Verstärkung so ein, dass er von dem Innenraumkommunikationssystem nicht zu stark gestört wird.
- Zuhörerposition (z.B. hintere Passagiere):
- Für den Zuhörer ist es wichtig, dass ihn die Ausgabe des Innenraumkommunikationssystems möglichst gut bei der Kommunikation unterstützt. Bis zu einer bestimmten Verstärkung gilt, je mehr Verstärkung umso besser. Steigt die Innraumkommunikationssystem-Verstärkung darüber hinaus wirkt die Wiedergabe unnatürlich laut, hallig und die Lokalisierung des Sprechers wird schlechter. Deshalb stellt der Zuhörer die Verstärkung so ein, dass er Sprachverständlichkeit mit aktiviertem Innenraumkommunikationssystem am besten ist, ohne zu stören.
Durch die beschriebenen Schritte wird sichergestellt, dass das Innenraumkommunikationssystem bei jeder (Geräusch-) Situation korrekt arbeitet und die Passagiere bei der Kommunikation bestmöglich unterstützt werden, ohne dass das Innenraumkommunikationssystem als störend empfunden wird.