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Verfahren zur Herstellung wasserlöslicher Derivate des Rutins Das
im Pflanzenreich weit verbreitete Rutin, chemisch ein Glykosid des Flavonfarbstoffes
Quercetin,findet in der Medizin Anwendung als kapillardichtendes Mittel vom Wirkungscharakter
des Vitamins P. Für verschiedene Anwendungszwecke sind wasserlösliche Derivate dieser
Verbindung erwünscht. Die Alkalisalze sind für diesen Zweck schlecht geeignet, da
ihre wäßrigen Lösungen alkalisch reagieren und leicht hydrolysieren.
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Es wurde gefunden, daß bisher unbekannte Schwefelsäureester bzw. Sulfonsäuren
des Rutins trotz hoher Beständigkeit der Bindung des Schwefelsäurerestes gute Vitamin-P-Wirksamkeit
zeigen. Für die medizinische Anwendung werden diese Rutinderivate teilweise oder
vollständig in geeignete wasserlösliche Salze, z. B. Alkali- oder Erdalkalisalze,
umgewandelt, was durch Zugabe einer solchen Menge einer organischen oder anorganischen
Base geschehen kann, daß die wäßrige Lösung einen dem Anwendungszweck angepaßten
pH-Wert besitzt.
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Zur Herstellung der Schwefelsäureester bzw. Sulfonsäuren setzt man
Rutin mit i bis 6 Mol eines Sulfonierungsmittels von der Art des Schwefeltrioxyds,
der Chlorsulfonsäure bzw. Abkömmlinge dieser Mittel wie Anhydropyridinschwefelsäure
oder Dioxansulfotrioxyd um. Die Umsetzung erfolgt im allgemeinen bei Zimmertemperatur
oder beim Erwärmen des Rutins mit dem Sulfonierungsmittel in An- oder Abwesenheit
eines geeigneten Lösungsmittels. Es bilden sich Derivate, die i bis 6 Mol Schwefelsäure
esterartig oder als Sulfonsäuregruppen
gebunden enthalten und die
durch geeignete Fällungsmittel in Form eines hygroskopischen orangefarbigen Pulvers
zu gewinnen sind, welches in Wasser und Alkohol leicht, in Äther, aliphatischen
und aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie in chlorierten Kohlenwasserstoffen schwer
löslich ist. Die Lösung in Wasser reagiert stark sauer. Mit anorganischen oder organischen
Basen bilden sich die entsprechenden Salze, gelbe, im allgemeinen nicht hygroskopische
Verbindungen, die in Äther, Aceton, Essigester, Kohlenwasserstoffen und chlorierten
Kohlenwasserstoffen unlöslich, in Wasser löslich sind. Aus praktischen Gründen kommen
für die medizinische Verwendung von den anorganischen Salzen in erster Linie die
Alkali- und die Erdalkalisalze in Frage. Die beschriebenen Schwefelsäureester und
Sulfonsäuren und ihre Salze zeigen die Farbreaktionen und das charakteristische
UV-Spektrum des Rutins.
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Watson und S o n (Journal of the Chemical Society [London], Bd. io5,
S. 393) beschreiben die Herstellung einer Quercetin-Monosulfonsäure durch Umsetzung
von Quercetin mit konzentrierter Schwefelsäure. Diese Reaktion ist auf Rutin nicht
übertragbar, da bei der Behandlung des Glykosids Rutin mit konzentrierter Schwefelsäure
im wesentlichen Zersetzungsprodukte erhalten werden.
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Aus der französischen Patentschrift 887 05, ist ferner die
Herstellung des Natriumsalzes eines sulfonierten Hesperidinderivats durch Einwirkung
von Chlorsulfonsäure auf Hesperidin in Gegenwart von Pyridin bekannt. Die nach der
Erfindung erhaltenen Salze des Rutinschwefelsäureesters bzw. der Rutinsulfonsäure
besitzen jedoch eine bessere kapillarabdichtende Wirkung als das aus der genannten
Patentschrift bekannte Natriumsalz eines sulfonierten Hesperidinderivats. Ferner
sind die sulfonierten Rutinderivate, die nach dem Verfahren der Erfindung erhalten
werden, überraschenderweise stärker kapillarabdichtend wirksam als das freie Rutin
selbst.
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Darüber hinaus ist das Natriumsalz des nach der ErfindunghergestelltenRutinschwefelsäureesters
(I) wesentlich weniger toxisch als das Natriumsalz des Hesperidinschwefelsäureesters
(II). An Mäusen durchgeführte Toxizitätsversuche ergaben als Dosis letalis
50 für Verbindung 15,2 g/kg Körpergewicht und für Verbindung II 3,o
g/kg Körpergewicht. Beispiel i 6 1 g bei iio° C getrocknetes Rutin werden
unter Kühlen und Rühren in das Gemisch aus 6oo ccm Dioxan (oder i 1 Tetrahydrofuran)
und 75 g Chlorsulfonsäure eingetragen. Man erwärmt bis zur klaren Lösung auf q.0°
C, tropft nochmals 30 g Chlorsulfonsäure zu und hält die Temperatur noch
i Stunde auf 50° C. Insgesamt werden demnach 105 g = 9 Mol Chlorsulfonsäure
angewandt.
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Man destilliert das Lösungsmittel im Vakuum ab, löst den Rückstand
in 40 ccm Isopropylalkohol und bringt die gebidete Rutinsulfonsäure durch Zugabe
von 6oo ccm absolutem Äther zur Abscheidung. Nach Absaugen, Waschen mit Äther und
Trocknen erhält man 8i g rohe Rutinsulfonsäure. Geringe Mengen eines schwer löslichen
Nebenproduktes lassen sich der wäßrigen Lösung der Verbindung durch Ausäthern entziehen.
Bei der Titration wird die einer kutintetrasulfonsäure entsprechende Menge Natronlauge
verbraucht. Beispiel 2 61 g bei iio° C getrocknetes Rutin werden in 27o g Chlorsulfonsäure
unter leichtem Erwärmen gelöst. Nach :2 Stunden gibt man zu dem Reaktionsgemisch
unter guter Kühlung 45 1 absoluten Äther. Das ausgeschiedene Öl wird nach kurzem
Stehen abgetrennt und unter Kühlung mit 6o ccm Isopropylalkohol versetzt. Man vervollständigt
die einsetzende Fällung durch Zugabe von Soo ccm absolutem Äther. Das abgesaugte
Reaktionsprodukt wird mit Äther gewaschen und im Vakuum getrocknet. Man erhält so
400 g rohe Rutinhexasulfonsäure, die durch Umfällen aus Alkohol-Äther gereinigt
werden kann. Das Calciumsalz der Verbindung wird durch Neutralisation der wäßrigen
Lösung mit Calciumcarbonat und Eindampfen im Vakuum zur Trockne hergestellt. Beispiel
3 151 g (= g Mol) Dioxansulfotrioxyd werden in Zoo ccm Dioxan suspendiert. Dazu
gibt man 61 g bei iio° C getrocknetes Rutin und erwärmt 30 Minuten auf 5o°
C oder läßt einige Stunden bei Zimmertemperatur stehen. Die gebildete klare Lösung
wird im Vakuum vom Lösungsmittel befreit, der Rückstand in q.o ccm Isopropylalkohol
aufgenommen und mit 8oo ccm absolutem Äther gefällt. Nach Absaugen, Waschen mit
Äther und Trocknen im Vakuum erhält man 84 g Rutintetrasulfonsäure. Bei der Neutralisation
einer konzentrierten wäßrigen Lösung mit Natronlauge oder Soda und Fällung mit Aceton
erhält man das Natriumsalz der Säure in quantitativer Ausbeute. Man kann die Neutralisation
des Esters auch in alkoholischer Lösung mit Natriumalkoholat ausführen. Beispiel
q. 18,3 g Rutin werden in go ccm Formamid gelöst. Dazu gibt man i¢,3 g Anhydropyridinschwefelsäure
(= 3 Mol) und erwärmt i Stunde auf 6o° C. Das Lösungsmittel wird im Hochvakuum abdestilliert,
der aus Rutinschwefelsäureester bestehende Rückstand in Wasser aufgenommen, mit
Natronlauge auf pH = 8 eingestellt und zur Entfernung von Pyridin im Vakuum unter
Stickstoff zur Trockne destilliert. Man löst wieder in Wasser, filtriert nach 2¢
Stunden und stellt in bekannter Weise auf den gewünschten Rutingehalt und pH-Wert
ein.
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Die Umsetzung von Rutin mit Anhydropyridinschwefelsäure läßt sich
auch in Wasser unter Zusatz von Natronlauge und gegebenenfalls eines Antioxydans
durchführen.