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Verfahren zur Entfernung der Terpene und Sesquiterpene aus ätherischen
Olen durch Behandeln mit Lösungsmitteln
Es ist bekannt, ätherische Öle, wie Zitronenöl,
mit z. B. wäßrigem Alkohol zu extrahieren, um ein weitgehend von Terpenen befreites
Konzentrat der ätherischen Öle zu gewinnen. Eine solche Arbeitsweise kann ätherische
Öle von hohem Reinheitsgrad liefern, d. h. Öle, die fast vollständig aus den gewünschten
Verbindungen, wie Citral, Geraniol, Linalool u. dgl., bestehen; die Ausbeute an
diesen Verbindungen im Extrakt ist aber gering, und diese Arbeitsweisen sind unwirtschaftlich
und umständlich.
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Es ist nun gefunden worden, daß die Verluste beträchtlich verringert
werden können, indem man das Ausgangsöl gleichzeitig der extrahierenden Wirkung
zweier Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemische unterwirft, welche miteinander unter
den Temperatur-und Druckbedingungen in Anwesenheit des zu extrahierenden Öles flüssig
und miteinander nicht vollständig mischbar sind und vorzugsweise im Gegenstrom geführt
werden. Dabei soll das erste dieser Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemische ganz
oder hauptsächlich aus einer oder mehreren sauerstoffhaltigen organischen Verbindungen
von niedrigem Molekulargewicht und das zweite ganz oder hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen
mit weniger als 12 Kohlenstoffatomen bestehen.
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Als erstes Lösungsmittel können beispielsweise organische Verbindungen
verwendet werden, welche eines oder mehrere der nachstehend angegebenen Radi-
kale
enthalten: = CO H (einschließlich der primären und tertiären Alkohole), = CO, =
C (OH) C C - N 0 oder COO R (wo R einen aliphatischen oder aromatischen Rest darstellt).
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Die bevorzugte Klasse der Lösungsmittel besteht aus den niederen
Alkoholen, wie Methanol und Äthanol, Ketonen, wie Aceton und Methyläthylketon, Estern,
wie Methylformiat, Methylacetat und Äthylformiat, - und niedrigmolekularen Nitroverbindungen,
wie Nitromethan. Diese können mit einem Äther, z. B. Diäthyläther, verdünnt werden.
Als besonders geeignet haben sich Methanol und Äthanol erwiesen.
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Es sind auch halogenierte und insbesondere chlorierte Abkömmlinge
der vorstehend genannten Verbindungen geeignet. Weitere Beispiele brauchbarer Lösungsmittel
sind: Chlormethylalkohol (CH2C1 OH), Diäthanolamin, Isopropylalkohol und cyclische
Verbindungen, wie Phenylacetat. Geeignet sind nur solche Lösungsmittel, welche leicht
entfernt werden können und den Extraktionsprodukten keinen unangenehmen Geruch verleihen.
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Die Behandlung kann auch in Anwesenheit von Wasser durchgeführt werden.
Der Zusatz von Wasser verringert die Mischbarkeit zwischen dem ersten und dem zweiten
Lösungsmittel. Die zugesetzte Wassermenge darf natürlich nicht so groß sein, daß
sämtliche Komponenten des extrahierten Riechstoffes aus dem sauerstoffhaltigen Lösungsmittel
verdrängt werden und in das Kohlenwasserstofflösungsmittel übergehen.
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Als zweites Lösungsmittel können z. B. Propan, Butan, Pentan, Leichtbenzin,
Naphtha u. dgl. verwendet werden; es können aber auch ungesättigte Kohlenwasserstoffe,
wie Penten, Aromaten, wie z. B.
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Benzol und seine Homologen, und Naphthene, wie Cyclohexan, verwendet
werden.
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Die Lösungsmittel werden von den gelösten Bestandteilen in bekannter
Weise, z. B. durch Destillation, Rektifikation, Ausfrieren, Aussalzen, Auswaschen,
z. B. mit Wasser, entfernt.
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Die Siedepunkte oder Siedegebiete der beiden Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemische
werden vorzugsweise so gewählt, daß sie unter den Siedepunkten der Bestandteile
des behandelten Öles liegen.
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Bei der Gewinnung der wertvollen Extrakte unter Rückgewinnung der
Lösungsmittel brauchen die Extrakte selbst nicht destilliert zu werden; dies ist
von Vorteil, da die meisten ätherischen Öle durch Hitze leicht zerstört werden und
ihr Wert durch Destillation gewöhnlich verringert wird.
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Wenn eine höhersiedende sauerstoffhaltige organische Verbindung als
erstes Lösungsmittel verwendet wird, so kann dieses oft durch Auswaschen der abgezogenen
flüssigen Phase etwa mit Wasser, in welchem die ätherischen Öle nur wenig löslich
sind, entfernt werden.
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Die das zweite Lösungsmittel bildenden Kohlenwasserstoffe können
höhere Siedepunkte aufweisen als das ätherische Ö1; in den meisten Fällen führt
dies zu keinerlei Schwierigkeiten, da die in dem Kohlenwasserstoffextraktionsmittel
gelösten Komponenten ohne Störung abdestilliert werden können und/oder weniger wertvoll
sind als die Geruchstoffe, welche in dem ersten Lösungsmittel bevorzugt gelöst'werden.
Diese Destillation kann unter Vakuum durchgeführt werden.
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Im allgemeinen wird die Extraktion bei normaler Temperatur oder nur
mäßig erhöhten Temperaturen, z. B. unter Ion", durchgeführt. Es kann auch unter
Temperaturerniedrigung oder mit einem Temperaturgefälle gearbeitet werden. Die höchste
Temperatur kann z. B. in der Mitte der Extraktionszone oder in der Nähe desZuführungspunktes
desAusgangsöles, welcher sich in der Nähe der Mitte oder auch näher bei einem Ende
der Extraktionszone befinden kann, liegen; die Temperatur kann aber auch an einem
Ende oder an beiden Enden der Extraktionszone am höchsten sein. Durch Regelung der
Temperatur kann die Mischbarkeit der beiden flüssigen Phasen, die jeweils mit einander
in Berührung stehen, innerhalb weiter Grenzen geändert werden.
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Als Extraktionsvorrichtung können beispielsweise eine oder mehrere
waagerechte oder senkrechte Kolonnen und ein oder mehrere Mischer und Phasentrennvorrichtungen
benutzt werden. Als Phasentrenner können Absetzkessel oder Zentrifugen dienen.
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Vor dem Einführen in die Vorrichtung kann das Ausgangsöl in einem
der beiden Lösungsmittel aufgelöst oder dispergiert werden. Vorzugsweise wird die
erhaltene Lösung an einem zwischen den Enden liegenden Punkt des Systems eingeführt,
wobei nur ein geringer Teil des gesamten Lösungsmittels an diesem Punkt und der
größere Teil des Lösungsmittels am Ende der Vorrichtung zugeführt wird.
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Um die Bildung von nicht leicht trennbaren Emulsionen einer der beiden
Phasen in der anderen zu verhindern, können Stoffe, welche die Beständigkeit der
Emulsion herabsetzen, dem Ausgangsöl oder einem der Lösungsmittel zugesetzt oder
getrennt in die Vorrichtung eingeführt werden. Beim Extrahieren von Zitronenöl mit
go0l,igem wäßrigem Methanol und Pentan hat sich z. B. der Zusatz von 0,I 0Io Zitronensäure
oder Weinsäure als zur Verhinderung der Bildung solcher schädlicher Emulsionen geeignet
erwiesen.
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Zweckmäßig wird das Verfahren kontinuierlich durchgeführt. Es ist
auch die Anwendung des sogenannten Kreuzstromprinzips möglich (vgl. hierzu das Diagramm
in Fig. 8 auf S. 307 in »Nederlandsch Tijdschrift voor Natuurkunde«, Vol. II, 1935).
Hierbei wird beispielsweise eine Lösung gewisser Bestandteile des Öles im ersten
Lösungsmittel wiederholt mit frischen Mengen des anderen Lösungsmittels extrahiert;
die erhaltenen Extrakte können dann, nachdem sie gemischt worden sind, wiederholt
mit frischen Mengen des verwendeten ersten Lösungsmittels extrahiert werden usw.
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Eine für das vorliegende Verfahren verwendbare Vorrichtung ist von
Cornish, Archibald, Murphy und Evans beschrieben und in den Abb. 4 bis 7 auf S.
40I bis 404 des Journal of Industrial and Engineering Chemistry, Vol. 26, Nr. 4,
I934, dargestellt.
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Beispiel I In eine annähernd waagerecht gelagerte Extraktionsvorrichtung
I, welche (vgl. die Abbildung) mit einer mit Flügelrührern 4 versehenen Welle 3
ausge-
rüstet ist und aus abwechselnd aufeinanderfoigènden Mischräumen
6 und Absetzräumen 5 besteht, die voneinander durch durchlöcherte senkrechte Platten
2 oder Siebe getrennt sind, und welche auf einer Temperatur von etwa 200 gehalten
wird, wird bei C rohes Zitronenöl eingeführt, das einen Citralgehalt von etwa 4
Gewichtsprozent aufweist, einen Gehalt an anderen sauerstoffhaltigen ätherischen
Stoffen von schätzungsweise etwa 4,5 Gewichtsprozent besitzt und im übrigen aus
Terpenen und Sesquiterpenen besteht.
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Bei A wird go0/,iges Methanol in einer Menge von 3 Raumteilen auf
I Raumteil Zitronenöl und bei G eine zwischen 40 und 60° siedende Benzinfraktion
in einer Menge von I Raumteil auf I Raumteil Zitronenöl eingeführt (Benzin und Methanol
waren vorher gegenseitig gesättigt worden). Bei Z wird die Alkoholphase abgezogen,
welche nach Abtrennung der Extraktionsflüssigkeit 40 Gewichtsprozent Citral enthält
und im übrigen hauptsächlich aus den anderen im Ö1 vorhandenen ätherischen Stoffen
besteht, während bei T die Benzinphase abläuft, welche sich nach Abtrennung des
Extraktionsmittels als hauptsächlich aus Terpenen und Sesquiterpenen bestehend erweist.
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Das rohe Zitronenöl, welches 3,8 ovo Aldehyd, gerechnet als Citral,
enthält, ergibt eine Ausbeute von 8,2 0!o eines Öles, welches 40,9 °/0 Citral, bestimmt
nach der Hydroxylaminmethode, enthält. Die hieraus berechnete Ausbeute an Aldehyd
liegt zwischen 86 und 87 Oto. Die physikalischen Daten dieses Öles sind d,5 = 0,9352,
2d0 1,4810, ad + 10 I5 löslich in 1/2 Raumteilen 800/,igen Alkohols, 3 Raumteilen
700/oigen Alkohols, 15 Raumteilen 600/,igen Alkohols.
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Aus dem Charakter dieses Öles, insbesondere aus seiner Löslichkeit,
ergibt sich, daß nur eine Spur von Kohlenwasserstoff darin enthalten sein kann,
dagegen enthält es das gesamte Limettin (Dimethoxycumarin), welches sich nach einigem
Stehen zum Teil in schönen Kristallen abscheidet, die nach Umkristallisieren aus
verdünntem Methanol einen Schmelzpunkt von I45 bis I46" zeigen.
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In gleicher Weise liefert ein süßes Orangenöl aus Guinea bei der
Extraktion 4,4°/0 eines terpenlosen Öles mit folgenden Eigenschaften: d,5 = 0,9137,
aa + 110 50', löslich in 2 Raumteilen 7o0/0igen Alkohols (etwas getrübt), 10 Raumteilen
600/,igen Alkohols (etwas getrübt), 15 Raumteilen 6o0/0igen Alkohols (klar). Öle
mit den erwähnten Eigenschaften sind in der Literatur bisher nicht beschrieben worden.
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Ebenso läßt sich terpenfreies Ingweröl herstellen in Form einer sehr
viskosen und hell strohgelben Flüssigkeit mit folgenden Eigenschaften: d,5 = 0,95I2,
»2d0 = I,485, ad annähernd o", löslich in 2 bis 2'/2 Raumteilen 700/,igen Alkohols.
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Beispiel 2 100 Raumteile eines handelsüblichen Kümmelöles werden
in einer Stufe mit 20 Raumteilen Pentan und 100 Raumteilen Nitromethan bei -27°
extrahiert.
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Es werden 70 Teile eines Extraktes erhalten, welcher aus 62 Raumteilen
Carvon und 38 Raumteilen Carven besteht. Das ursprüngliche Kümmelöl besteht aus
etwa 51 Raumteilen Carvon und 49 Raumteilen Carven.
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Beispiel 3 25 Raumteile eines natürlichen Zitronenöles werden bei
-I5° mit 100 Raumteilen Methylformiat und 100 Raumteilen eines aromatenfreien, zwischen
60 und 80" siedenden Benzins extrahiert, wobei g Raumteile eines Extraktes mit einem
Citralgehalt von 5,8 Gewichtsprozent erhalten werden. Der Citralgehalt des ursprünglichen
Zitronenöles beträgt 3,8 Gewichtsprozent.
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Beispiel 4 20 Raumteile des im vorstehenden Beispiel erwähnten Zitronenöles
werden heu 650 mit 40 Raumteilen Aceton und 40 Raumteilen des aromatenfreien, zwischen
60 und 80" siedenden Benzins extrahiert, wobei 7 Raumteile eines Extraktes mit einem
Citralgehalt von 8,4 Gewichtsprozent erhalten werden.
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Das Öl kann auch in der Weise extrahiert werden, daß mehr als zwei
Fraktionen anfallen. Dies kann dadurch bewirkt werden, daß man ein Produkt des oben
beschriebenen Verfahrens oder beide einer zweiten Extraktion unterwirft, welche
der beschriebenen Behandlung ähnlich sein kann.
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Außer den beiden Endprodukten können jedoch auch Zwischenprodukte
erhalten werden, z. B. indem man einen Teil des Extraktionsgemisches an einer oder
mehreren Stellen in der Extraktionsvorrichtung zwischen den Enden abzieht, die gewünschte
Phase von den Lösungsmitteln abtrennt und gewünschtenfalls den Rückstand des abgezogenen
Materials an der gleichen oder einer anderen Stelle wieder zurückführt.
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Weitere Beispiele ätherischer Öle, welche im Sinne der Erfindung
von den Terpenen und Sesquiterpenen befreit werden können, sind Rosenöl, Rosmarinöl,
Zwiebelöl, Lindenblütenöl, Jasminöl, Anisöl, Akazienöl, Kalmusöl, Lavendelöl, Orangenschalenöl.
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Es ist bekannt, zur Gewinnung natürlicher Extrakte und Fixateure
aus Harzen, Balsamen, Gummiarten und Riechdrogen pflanzlichen und tierischen Ursprungs
diese Produkte in der Wärme mit einem spezifisch leichten und tiefsiedenden Lösungsmittel
erschöpfend zu extrahieren und letzteres aus der Extraktlösung durch ein hochsiedendes
Verdünnungsmittel zu verdrängen, so daß die Gesamtaroma- und Harzstoffe der Drogen
selbsttätig in der schwerflüchtigen Flüssigkeit in Lösung gehen.
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Weiter ist es schon bekannt, zur Herstellung hochkonzentrierter Duftstofflösungen
die Duftstoffe mittels geruchlosen Fettes, vorzugsweise geschmolzener Vaseline (also
höhermolekularen Kohlenwasserstoffes), aus ihrer mit Wasser verdünnten alkoholischen
Lösung auszuschütteln.
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Diesen bekannten Verfahren fehlt aber das für das vorliegende Verfahren
wesentlichste Merkmal, das darin besteht, das Ausgangsmaterial, d. h. die ätherischen
Öle, zu gleicher Zeit mit zwei Flüssigkeiten zu behandeln. Eben durch die Anwesenheit
der beiden Extraktionsmittel kann eine scharfe und vollständige Trennung der Bestandteile
des ursprünglichen Öles herbeigeführt werden. Diese Möglichkeit ist bei den beiden
obenerwähnten Verfahren nicht
gegeben, denn hier findet die Extraktion
des Ausgangsmaterials zunächst nur mit einem Lösungsmittel statt, wonach die erhaltene
Extraktlösung weiter mit einem zweiten Lösungsmittel behandelt wird. Die Art dieser
Extraktlösung ist hierbei ausschließlich von den mehr oder weniger guten Ergebnissen
der Extraktion mit einem Extraktionsmittel abhängig, während beim Verfahren gemäß
der Erfindung durch die Einwirkung zweier Lösungsmittel auf das Ausgangsmaterial
die Ausbeute und die Reinheit des Extraktes verbessert werden.
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Zwar wird in der Ö1- und Fettindustrie ebenfalls von dem selektiven
Lösungsvermögen von Mischungen verschiedener Lösungsmittel, beispielsweise von guten
Öllösern, wie Kohlenwasserstoffen, mit einem schlechten Öllöser, beispielsweise
Alkohol, Gebrauch gemacht.
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Doch war daraus die Entfernung der Terpene und Sesquiterpene aus ätherischen
Ölen nicht zu entnehmen.