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Verfahren zur Darstellung von N-Sulfonylharnstoffen Die am Stickstoff
substituierten Harnstoffderivate von aromatischen Sulfonsäuren können im allgemeinen
nicht auf dem einfachen Wege der Umsetzung von Harnstoffen mit Sulfonsäurechloriden
gewonnen werden, wie die entsprechenden Harnstoffderivate der organischen Carbonsäuren.
Beim Versuch einer solchen Umsetzung zwischen Harnstoff und Sulfonsäure= chlorid
wird im Verlauf der Reaktion zwar Chlorwasserstoff abgespalten, jedoch entstehen
dabei nicht die Sulfonylharnstoffe, sondern Sulfonsäuren neben Wasserabspaltungsprodukten
des Harnstoffes bzw. deren Polymerisationsprodukte, z. B. Dicyandiamid.
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Es wurde gefunden, daB sich die gewünschten N-Sulfonylharnstoffe der
Formel Aryl-S 02 N R1 - C O - N H - R2 (Aryl bedeutet einen unsubstituierten oder
substituierten aromatischen Kern oder ein kondensiertes aromatisches System, R1
und R, bedeuten Wasserstoff, Alkyl, Aralkyl oder Arylradikale) überraschenderweise
leicht gewinnen lassen, wenn man von N-Sulfonylamiden der Formel Aryl-S02-NH-Rl
der Einwirkung von Abkömmlingen der Cyansäure bzw. Isocyansäure der Formel (C 0
N) Ra bzw. der Einwirkung solcher Verbindungen ausgeht, die sich im Laufe der Reaktion
in Cyansäure oder Isocyansäure umwandeln können oder diese Verbindungen abspalten,
z. B. Nitroharnstoff, Harnstoff oder Urethan und ähnliche. Entsprechend der sauren
Natur der Sulfonamide, die eine solche den Aminen vergleichbare Reaktion besonders
überraschend erscheinen läBt, können auch die Salze der Cyansäure
bzw.
des Nitroharnstoffs angewendet werden, oder es können basische Verbindungen oder
säurebindende Salze anwesend sein, wie z. B. Soda. In diesem Falle erhält man, sofern
an dem der Sulfonylgruppe benachbarten Stickstoffatom noch ein Wasserstoffatom steht,
sogleich die Salze der N-Sulfonylharnstoffe, die in wäßriger Lösung nahezu neutral
reagieren.
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Die Reaktion spielt sich im Endergebnis nach den folgenden Gleichungen
ab Aryl-S02-NH-Rl @- (CON)-R2 =Aryl-S02-NRl-CO-NH-R-Für den Fall, daß R1 =Wasserstoff
ist und als Cyansäurederivat Kaliumcyanat angewendet wird, darf man z. B. folgende
Reaktionsweise annehmen i. Aryl-S02-NH2 + KOCN =Aryl-S02-INTK-CO-NH2. Für Nitroharnstoffnatrium:
2. Aryl-S02-NH2+H2N-CO-NNa-N02 = Aryl-S02-NNa-CO-NH2 -f- N20 -f- H20. Für Urethan
3. Aryl-S02-NH2 + HJ-CO-O-Alkyl = Aryl - SO.- NH -CO - NH2 + Alkyl
- OH. Für Harnstoff 4. Aryl- SO, -NH2 -E- H2N-CO-NH2 = Aryl - SO,
- N (N H4) - C O - N H,. Für Isocyansäureester: 5. Aryl-S02-NH2+O=C=N-R2
=Aryl-S02-NH-CO-NH-R2. Die Reaktion vollzieht sich im allgemeinen am besten in der
Wärme, z. B. bei Temperaturen von 6o bis ioo°.
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Soweit die entstehenden N-Sulfonylharnstoffe an dem der Sulfonylgruppe
benachbarten Stickstoffatom noch Wasserstoff tragen, sind sie stark saure Verbindungen,
die neutrale Alkalisalze geben und daher meist leicht in Soda löslich sind. Im anderen
Falle sind sie neutrale Verbindungen.
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Die neuen Verbindungen sind zu technischen Zwecken und als Heilmittel
verwendbar. Besonders wertvoll sind diejenigen Verbindungen, die an dem aromatischen
Sulfonylkern in p-Stellung zur S02 Gruppe eine Aminogruppe besitzen und an dem der
Sulfonylgruppe benachbarten N-Atomnoch ein Wasserstoffatom tragen. Sie stellen Heilmittel
gegen Infektionskrankheiten dar. Die Aminogruppe kann entweder als acylierte Aminogruppe
mit der Sulfonsäurekomponente eingeführt und nachträglich durch Verseifung freigelegt
werden oder als Nitrogruppe, die nach Herstellung der Harnstoffverbindung zur Aminogruppe
reduziert wird.
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Beispiel i 5o g Benzolsulfonamid und 28g Kaliumcyanat werden in 8o-
bis go°/oigem Alkohol so lange zum Sieden erhitzt, bis eine Probe fast völlig wasserlöslich
geworden ist. Es hat sich dann das Kaliumsalz des Benzolsulfonylharnstoffs gebildet,
das man als solches aus Wasser, evtl. unter Zusatz von Kaliumcarbonat, zur Herabsetzung
der Löslichkeit umkristallisieren kann. In Wasser gelöst und mit Eisessig angesäuert,
fällt der freie Harnstoff aus, der nach dem Trocknen den F. = 17o bis 17i° hat.
Ausbeute etwa go °/o. Beispiel 2 5o g p-Toluolsulfonamid und 25g Nitroharnstoffnatrium
werden in 8o bis goo/oigem Alkohol bis zur Beendigung der Stickoxydentwicklung gelinde
erhitzt. Nach dem Abdestillieren des Alkohols wird der Rückstand in reichlich Wasser
aufgenommen, mit Soda neutralisiert und vom ungelösten Ausgangsmaterial abgesaugt.
Aus dem Filtrat kristallisiert nach dem Ansäuern der p-Toluolsulfonyl-N-harnstoff
in einer Ausbeute von etwa 8o o/0 aus. Der Rest kann als Ausgangsmaterial aus dem
in alkalischer Lösung unlöslichen Anteil wiedergewonnen werden. Durch Vermehrung
der Nitroharnstoffmenge kann die Ausbeute noch wesentlich gesteigert werden. Die
ReiDigung des Toluolsulfonylharnstoffs erfolgt am besten durch Kristallisation des
Kaliumsalzes aus wenig Wasser unter Zusatz von Kaliumcarbonat. Dieses kristallisiert
in schönen Prismen und ergibt nach Lösen in Wasser und Fällen mit Essigsäure den
freien Harnstoff vom F. = 184 bis i88° unter Zersetzung. Beispiel 3 50g Acetylsulfanilamid
und 309 Kaliumcyanat werden in Zoo ccm Alkohol und 2o ccm Wasser einige Stunden
erhitzt. Nach dem Erkalten wird das Reaktionsprodukt abgesaugt, das nach dem Trocknen
7o bis 719 wiegt. Es stellt das Kaliumsalz des p-Acetylsulfanilyl-harnstoffs
dar, das somit in einer Rohausbeute von etwa Zoo °/o entstanden ist. Das Salz wird
aus Wasser unter Zusatz von Kaliumcarbonat kristallisiert und bildet dann schöne
lange Nadeln. Daraus entsteht mit Essigsäure der freie Harnstoff vom F. = 185 bis
Z88° unter Zersetzung.
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Beispiel 4 In der gleichen guten Ausbeute erhält man den Acetylsulfanilyl-harnstoff,
wenn man 50g Acetylsulfanilsäureamid, 5o g Nitroharnstoff und 30 g
Soda in 8oo/oigem Alkohol 5 bis 6 Stunden zum Sieden erhitzt. Die Masse ist nach
dem Abdampfen des Alkohols in Wasser fast restlos löslich und besteht aus dem Natriumsalz
des obigen Harnstoffs.
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Beispiel 5 5 Teile Acetylsulfanilsäureamid, 3 Teile Harnstoff, 2 Teile
Soda, 15 Teile Alkohol und 5 Teile Wasser werden auf dem Dampfbad erhitzt. Bald
erscheinen im Kühler Sublimate von Ammoniumcarbonat bzw. -carbamat. Nach etwa io
bis 12 Stunden ist die Umwandlung zu etwa 5o o/o vollzogen, kenntlich an dem wasserlöslich
gewordenen Anteil. Weiteres Erhitzen bringt die Reaktion zu Ende. Man kann auch
ein höhersiedendes Lösungsmittel, z. B. Butylalkohol, verwenden oder andere basische
Verbindungen, z. B. Kaliumhydroxyd, Kaliumcarbonat, Natriumalkoholat
oder
ein tertiäres Amin, wodurch die Reaktion teilweise wesentlich beschleunigt werden
kann.
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Ähnliche Resultate erhält man auch mit Urethanen, z. B. mit Äthylurethan,
das etwas langsamer reagiert als Harnstoff.
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In allen Fällen erhält man den Acetylsulfanilylharnstoff vom F. =
185 bis z88° unter Zersetzung. Durch Verseifung mit Natronlauge oder konzentrierter
Salzsäure erhält man daraus den p-Aminobenzolsulfonyl-N-harnstoff vom F. = 149 bis
15q.° unter Zersetzung.
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Beispiel 6 2o g Acetylsulfanilsäureamid und 129. Phenylisocyanat werden
längere Zeit auf ioo° erhitzt. Das Reaktionsprodukt wird dann in Wasser aufgeschwemmt,
heiß mit Sodalösung neutralisiert und nachdem Erkalten vom Unlöslichen abgesaugt.
Essigsäure fällt aus dem Filtrat einen dicken, weißen Niederschlag des freien Harnstoffs,
der am besten über das Kaliumsalz aus Wasser unter Zusatz von Kaliumcarbonat kristallisiert
wird. Das Kaliumsalz bildet schöne Nadeln, aus denen mit Essigsäure der N-(Acetylsulfanilyl)-N'-phenyl-harnstoff
in guter Ausbeute in Freiheit gesetzt wird. Andere Isocyansäureester lagern sich
in gleicher Weise bzw. noch leichter an Sulfonamide an und bilden dabei N'-substituierte
N-Sulfonylharnstoffe.