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Verfahren zur Herstellung des Camphan-2-spiro-hydantoins Es ist eine
Anzahl von Verfahren bekannt, ausgehend von Carbonylverbindungen, in 5-Stellung
substituierte Hydantoine herzustellen. So läßt beispielsweise Th. B u c h e r e
r (J. prakt. Chem. [N.F.] 141,5 [I934]) auf die aus Carbonylver'bindungen hergestellten
Oxynitrile Ammoniak und Kohlensäure einwirken.
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Nach H. Bergs, Deutsche Patentschrift 566o9.1, geht man direkt von
den Carbonylverbindungen aus. Die Hydantoinbildung vollzieht sich in diesem Falle
so, daß man das Oxynitril sich im Reaktionsgemisch bilden und, ohne es zu isolieren,
gleich zum Hydantoin #,veiterreagieren läßt.
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Nach heiden Verfahren ist es bisher nicht gelungen, das Camplran-2-spiro-hydantoin
herzustellen. Das Verfahren von B u c h e r e r versagt, weil das Cyanhydrin des
Camphers nicht herstellbar ist. Auch die Methode von B e r g s , bei der stöchiometrische
Mengen von Carbonylverbindungen, Cyaniden und Ammoniumcarbonat, gegebenenfalls unter
CO z-Druck, zur Anwendung kommen, führt nicht zum Ziel, worauf besonders
Tiffeneau und B e a u v a 1 1 e t hinweisen (Chem. Zentralblatt [Verlag Chemie]
1947 1I, Seite 321; Presse medicale 1945, Seite 417; Bulletin Soc. chim.
France Mem 5/14 [1947] Seiten 445 bis 45o).
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß es trotzdem gelingt,
das bisher noch unbekannte Camphan-2-spiro-hydantoin herzustellen, wenn man Campher,
Ammoniumcarbonat und überschüssiges
Cyanid unter CO.-Druck bei Temperaturen
von über 12o° miteinander zur Umsetzung bringt. Unter Cyanid ist ganz allgemein
ein Salz der Cyanwasserstoffsäure zu verstehen, beispielsweise ein Alkalisalz. Der
Überschuß des Cyanids wird vorzugsweise so bemessen, daß mindestens 2 Mol Cyanid
auf i Mol Campher zur Anwendung kommen. Die Umsetzung wird vorteilhafterweise in
einem wasserlöslichen Alkohol, zum Beispiel Methanol oder Äthanol, vorgenommen.
An Stelle von Ammoniumcarbonat kann Kohlendioxyd und Ammoniak unter Zusatz von Wasser
verwandt werden.
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Der Hydantoinring
kann mit dem Camphanring im Sinne einer Borneol-Isoborneol-Isomerie auf zweierlei
Weise verknüpft sein, so daß
entweder die dem Camphanring benachbarte CO-Gruppe des Hydantoinringes I oder die
ihr entsprechende NH-Gruppe I1 auf der Seite der Camphanbrücke liegt. Geht man bei
der Hydantoinierung von synthetischem dl-Campher aus, so erhält man, da die d- und
1-Form je zwei stereoisomere Formen liefert, ein Gemisch von vier Stereoisomeren.
Geht man von natürlichem d-Campher aus, so erhält man ein Gemisch der zu erwartenden
zwei Stereoisomeren. Das Gemisch läßt sich auf Grund der verschiedenen Löslichkeiten
und der verschiedenen Kristallformen leicht in die Komponenten zerlegen.
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Das Camphan-2-spiro-hydantoin ist in saurem Milieu eine sehr beständige
Verbindung. Es löst sich beispielsweise ohne Zersetzung in heißer konzentrierter
Salpetersäure unter Bildung des beim Abkühlen der Lösung in, prächtigen farblosen
Nadeln auskristallisierenden Nitrats.
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Es löst sich in verdünnten Alikalien und kann durch Ausfällen mit
Säuren unverändert zurückerhalten werden. Beim Erwärmen mit starken Alkalien, wie
Natronlauge, Kalilauge oder Kalkmilch, tritt Aufspaltung des Hydantoinringes ein.
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Das Camphan-2-spiro-hydantoin zeigt alle typischen Eigenschaften eines
Hydantoins. Es läßt sich acylieren, alkylieren und durch Behandeln mit Formalin
in eine Methylolverbindung überführen.
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Das Camphan-2-spiro-hydantoin stellt ein wertvolles Ausgangsmaterial
zur Gewinnung von in 2-Stellung substituierten Camphanderivaten dar. Es besitzt
ferner pharmakologisches Interesse.
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Beispiel i Man erhitzt in einem Druckgefäß 38 Gewichtsteile synthetischen
dl-Campher, 49 Gewichtsteile NaCN, 14 Gewichtsteile (N H4)2, CO, und i5oGewichtsteileMethanol
unter io atü C 02 Druck 5 Stunden auf 12o bis 15o°. Nach dem Erkalten wird mit Salzsäure
kongosauer gemacht. Das ausgefallene Rohprodukt wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen
und mit etwa Zoo Gewichtsteilen ioo/oiger Natronlauge und Äther behandelt.
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Das Hydantoin geht als lösliches Na-Salz in die wäßrige, der nicht
in Reaktion getretene Campher in die Ätherphase. Aus der alkalisch-wäßrigen Lösung
wird das Hydantoin durch Ansäuern abgeschieden, abgesaugt, mit Wasser gewaschen
und getrocknet; Ausbeute 25 bis 3o Teile Rohprodukt. Aus der Ätherlösung wird nach
dem Abtreiben des Äthers der nicht umgesetzte Campher unverändert zurückgewonnen.
Durch Umkristallisieren des Rohhydantoins aus Alkohol oder Essigsäure erhält man
das reine Camphan-2-spiro-hydantoin in farblosen, zu charakteristischen Kristallbüscheln
vereinigten Nadeln, F. = 262 bis 265°, Kp78o etwa 35o°', unter ganz geringer Zersetzung.
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Das Camphan-2-spiro-Hydantoin ist ziemlich leicht löslich in heißem
Methanol, Äthanol und Nitrobenzol, schwer löslich in Benzol, Äther, Chloroform und
ähnlichen Lösungsmitteln. Die Acetylverbindung bildet aus Alkohol umkristallisiert
farblose Nadeln vom F. = 171'.
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Beim Erwärmen mit überschüssigem, wäßrigem Formaldehyd geht das Hydantoin
in Lösung. Beim Abkühlen kristallisiert die Methylolverbindung in schönen farblosen
Nadeln vom F. = 153 bis 155° aus. Beispiel e Setzt man unter den im Beispiel i angegebenen
Bedingungen natürlichen d-Campher zur Hydantoinbildung ein, so erhält man in derselben
Ausbeute ein Rohhydantoin, bestehend aus dem Gemisch der zwei möglichen Stereoisomeren.
Zur Trennung löst man das Reaktionsprodukt in Methanol und läßt die Lösung langsam
eindunsten. Dabei scheidet sich zunächst die schwerer lösliche Form, a-Form, und
später die leichter lösliche Form, ß-Form genannt, aus.
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Die a-Form kristallisiert in farblosen kleinen, federartig verwachsenen
Kristallen, F. = 255 bis 256°. ioo Gewichtsteile Methanol lösen bei 20° 2,6 g; [a]
2 = + 15,7° (Eisessig C = 5).
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Die Acetylverbindung kristallisiert aus verdünntem Methanol in farblosen
rechteckigen Platten, F. = 168°. Die Methylolverbindung bildet farblose Plättchen,
F. = 153° (Sintern).
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Die ß-Form wird in wunderbar ausgebildeten farblosen wasserklaren
Prismen erhalten, F. = 255 bis 256°. ioo Gewichtsteile Methanol lösen bei 20°
4,4 g; (a] ö = + 34,6° (Eisessig C = 5).
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Die Acetylverbindung bildet aus Alkohol wasserklare
sechseckige
Platten, F. = i85°. Die Methylolverbindung, farblose Plättchen, schmilzt bei i49°
(Sintern). Die a- und f-Form geben im Gemisch eine erhebliche Schmelzpunktsdepression.