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Verfahren zur Herstellung von Gespinsten, Geweben oder anderen Textilien
unter Verwendung von aus tierischer Haut gewonnenen Fäden Die Erfindung hat zum
Gegenstand ein Verfahren zur Herstellung von Gespinsten, Geweben oder anderen Textilien
unter Verwendung oder Mitverw endung von aus tierischem Hautmaterial gewonnenen
Fasern.
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In der französischen Patentschrift 764 64z wird ein Verfahren zur
Herstellung von Fasermassen aus tierischem Hautmaterial beschrieben, nach dem die
tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffe mit Hilfe von quellend wirkenden Mitteln
und gegebenenfalls durch mechanische Behandlung unter Erhaltung der; Fasern in einen
pastenartigen, glitschigen Zustand übergeführt werden. Die erhaltenen Fasermassen
können in Formkörper übergeführt werden, wobei das Formen durch Pressen der Fasermassen
durch Düsen oder durch Behandlung der Fasermassen zwischen Preßwalzen erfolgen kann.
Über die Anwendung der hergestellten Formkörper sind in der französischen Patentschrift
keine Angaben enthalten.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Fäden, die in dieser bekannten
Weise durch Überführen des Hautmaterials unter Erhaltung seiner Fasern durch Behandlung
mit quellend wirkenden Mitteln und gegebenenfalls durch mechanische Behandlung in
eine hochgequollene, glitschige Paste und durch Pressen dieser Paste unter Druck
durch Düsen gewonnen worden sind, zur Herstellung von Gespinsten, Geweben oder anderen
Textilien verwendet werden können.
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Es war durchaus überraschend, daß man lediglich durch Überführung
der Haut in eine Paste und Verpressen dieser Paste unter Druck durch Düsen unmittelbar
zum Verspinnen, Verweben und anderen textiltechnischen Verarbeitungen geeignete
Fäden gewinnen kann.
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Diese Fäden stellen einen vollkommen neuen Werkstoff der Textilindustrie
dar. Sie bestehen aus zahlreichen, in einer Bindesubstanz eingebetteten Einzelfasern,
die mit den Kristalliten oder Fibrillen der Cellulosekunstseide vergleichbar sind.
Sie haben eine mehr oder weniger glatte Oberfläche, ihr Durchmesser ist nicht kreisförmig,
was bekanntlich für den Griff einer Faser sehr günstig ist und bei anderen Kunstfasern
auf komplizierte Weise angestrebt wird. Durch Härten bzw. Gerben können sie vollkommen
wasserfest gemacht werden. Vermöge dieser spezifischen Eigenschaften zeichnen sie
sich gegenüber den bekannten Kunst- bzw. Naturfasern in verschiedener Hinsicht aus.
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Gegenüber Kunstfasern aus gefällten Lösungen, z. B. Proteinlösungen,
oder amorphen Massen, z. B. Kunstharzen, besitzen die erfindungsgemäßen Fäden infolge
ihrer Faserstruktur eine wesentlich höhere Festigkeit. Außerdem sind sie weniger
wasserempfindlich
als Fäden aus Proteinlösungen und besser färbbar
als Fäden aus Kunstharzen. Da die Fäden nach der Erfindung aus gröberen Bausteinen
als die Cellulosekunstseide bestehen, sind sie auch dieser gegenüber in der Festig;
keit überlegen. Ferner sind sie auch wenige feuchtigkeitsempfindlich und besser
färbba' als Cellulosekunstseide.
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Im Vergleich zu Naturfasern, wie Wolle oder Baumwolle, weisen die
erfindungsgemäßen Textilfäden wie andere Kunstfasern die Vorteile auf, daß sie aus
einheimischen Rohstoffen in beliebiger Länge hergestellt werden können und dadurch
ein nachträgliches mechanisches Verspinnen überflüssig machen und bereits bei ihrer
Herstellung durch Bemessung des Querschnitts der formgebenden Düsen den gewünschten
Durchmesser erhalten können. Dementsprechend verhalten sie sich in web- und wirktechnischer
Hinsicht ganz anders als die bekannten Naturfasern.
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Zur Herstellung der erfindungsgemäß zu verwendenden Fäden wird das
Hautmaterial entweder im allcalischen oder sauren Medium stark gequollen. Man kann
auch einer Behandlung mit alkalischen Flüssigkeiten eine Behandlung mit sauren Flüssigkeiten
folgen lassen. Von Bedeutung ist hierbei, daß die Behandlung nicht in der Nähe des
isoelektrischen Punktes, sondern entweder in ausgesprochen alkalischem Medium bei
pH-Werten über i2 oder in ausgesprochen saurem Medium bei p11-Werten unter q. vorgenommen
wird. Man kann z. B. die Haut einer längeren Kälkung unterwerfen und anschließend
mit Säuren, insbes,)ndere Salzsäure, behandeln. An Stelle der Salzsäure können auch
andere Säuren, wie Ameisensäure oder Milchsäure, verwendet werden. Die quellende
Behandlung kann auch ausschließlich im alkalischen Medium durchgeführt werden, z.
B. in Kalkmilch oder verdünnter Natronlauge oder durch aufeinanderfolgende Behandlung
von beiden.
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Die quellende Behandlung kann durch mechanische Behandlungen, vvie
Zerkleinern, Stampfen und Pressen, unterstützt werden. Zum Schluß empfiehlt es sich
noch, durch Behandlung der Faserpaste in einem Kneter oder Mischer die Masse zu
homogenisieren. Hierbei kann man auch den Faserbrei auf den gewünschten Wassergehalt
einstellen.
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Die Behandlung des Hautmaterials mit quellend wirkenden Mitteln und
gegebenenfalls die mechanische Behandlung müssen so lange fortgesetzt werden, bis
eine faserhaltige Paste von glitschiger Beschaffenheit erhalten wird, in der das
aufgenommene Wasser als Quellungswasser gebunden, d. h. auch durch Anwendung von
Druck nicht abpreßbar ist und in der die Einzelfasern leicht gegeneinander zu gleiten
vermögen. Nur aus einer Paste solcher Beschaffenheit lassen sich 1-,äden von der
für die Herstellung von Tex-"flen üblichen Dicke durch unmittelbares sen durch Düsen
herstellen.
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## allgemeinen empfiehlt es sich, eine Hautfäserpaste herzustellen,
die mindestens 8o11/0 Wasser enthält, schon um beim Pressen durch Düsen technisch
zu bewältigende Drucke anwenden zu können. Es ist empfehlenswert, die Hautfaserpaste
auf einen Gehalt von 6 bis 1:2'/" Trockensubstanz einzustellen. Gute Ergebnisse
wurden jedoch auch mit Massen erreicht, die einen noch geringeren Gehalt an Trockensubstanz
aufweisen.
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Die so hergestellte Hautfaserpaste wird unter hohem Druck durch Düsen
gepreßt. Man kann hierbei lange, sich stetig und all-. mählich verjüngende Düsen
verwenden. In diesem Fall erfährt die Hautfaserrnasse beim Pressen nur eine relativ
geringe Beschleunigung. Man kann aber auch Düsen verwenden, die sich auf einer relativ
geringen Länge stark verjüngen. Die Austrittsöffnung der Düsen wird im allgemeinen
einen Durchmesser von 0,01 bis o,5 mm haben. Es können auch noch engere oder
weitere Düsen verwendet werden, sofern die Weiterverarbeitung der Fäden auf Textilien
eine solche Fadendicke erfordert. Der aus den Düsen austretende feuchte Faden entspricht
in seiner Dicke dem Durchmesser der Düse. Beim nachfolgenden Trocknen und Gerben
schrumpft der Faden auf einen Bruchteil dieses Durchmessers je nach Quellungswassergehalt
der durch Düsen gepreßten Faserpaste.
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Kennzeichnend für die Erfindung ist, daß man zur Herstellung von Textilien
Fäden verwendet, die unmittelbar durch das Pressen der Hautfasermasse durch Düsen,
d. h. ohne anschließende weitere Zerteilung oder Zerfaserung, erhalten werden.
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Der aus der Düse austretende Faden wird in an sich bekannter Weise
getrocknet, wobei er an der Oberfläche durch die in der Paste enthaltene Gallertsubstanz
verleimt wird. Der verleimte Faden kann dann durch Behandlung mit gerbend wirkenden
Mitteln wasserecht gemacht werden. In manchen Fällen ist es empfehlenswert, den
aus der Düse austretenden Faden vor oder während des Verleimens zu zwirnen. Es können
auch mehrere Fäden gemeinsam gezwirnt werden. Manchmal empfiehlt es sich, die bereits
verleimten Fäden wieder klebrig zu machen und erst dann einzeln oder gemeinsam zu
zwirnen. Hierbei können die Fäden vor oder nach der Verzwirnung mit gerbend wirkenden
Mitteln wasserfest gemacht werden.
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Man kann auch die Fäden im Verlauf ihrer
Gewinnung
mit Mitteln behandeln, die ihre Eigenschaften zu verbessern geeignet sind. Als derartige
Mittel kommen z. B. solche in Betracht, die befähigt sind, die hydrophylen Eigenschaften
der Fäden zu vermindern oder zu beseitigen oder die Fäden in bezug auf Elastizität,
Geschmeidigkeit, Kräuselung; Glanz oder Farbe zu verändern und zu verbessern. Als
Mittel zur Verbesserung der Eigenschaften der Fäden kommen Weichmacher, Netzmittel,
Beizen, Fette, Farben u. dgl. in Betracht.
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Die erhaltenen Fäden können für sich oder auch zusammen mit anderen
Fasern nach üblichen textiltechnischen Methoden verarbeitet werden.
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Die hierbei erhaltenen Gespinste, Gewebe oder anderen Textilstoffe
können sowohl als Kleidungsstoffe als auch für technische Zwecke, z. B. als Einlagen
bei der Fabrikation von Gummischläuchen, Feuerwehrschläuchen, als Kofferauskleidung
bzw. zur Herstellung von Koffereinsätzen, verwendet werden.
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In den folgenden Beispielen wird die Herstellung der erfindungsgemäß
für Textilzwecke zu verwendenden Fäden beschrieben, die jedoch nicht den Gegenstand
der Erfindung bildet. Beispiel i Schwarten aus Rindshaut werden nach einer Äscherung
von etwa q. Wochen gewaschen und durch Quellung mit Salzsäure auf einen Gehalt an
Trockensubstanz von 12'/o gebracht. Das Hautmaterial wird dann durch Walzen zerteilt
und die Fasermasse unter Verkneten mit Wasser homogenisiert und auf einen Trockengehalt
von 511" eingestellt. Diese Masse wird unter einem Druck von 5oo at durch sich verjüngende
Düsen gepreßt. Der aus der Düse austretende Faden wird an der Luft unter oberflächlicher
Verleimung getrocknet und aufgespult. Durch abwechselndes dreimaliges Befeuchten
mit verdünnter Formaldehydlösung und dreimaliges Trocknen wird der Faden wasserfest
gemacht und kann hierauf noch weich gemacht, gefettet und gefärbt werden. Der fertige
Faden wird in üblicher Weise auf Textilien verarbeitet. Beispiel 2 Schwarten aus
Schweinehaut werden nach Entfernen des Fettes durch Schwöden von den Haaren befreit,
8 Tage gekälkt, dann gewaschen und mit Salzsäure gesäuert. Die erhaltene Hautfaserpaste
wird wie im Beispiel i durch Düsen gepreßt. Die erhaltenen Fäden werden in Chromsulfatbädern
wasserecht gemacht und dienen zur Herstellung von Textilien. Beispiel 3 Minderwertige
Kalbshäute werden nach der Enthaarung 6 Wochen lang gekälkt, abgespült und durch
Pressen durch Düsen von 2 mm Durchmesser zerteilt. Die so erhaltenen Stränge aus
Fasermasse werden mit o,i oloiger Natronlauge verknetet und auf einen Wassergehalt
von go o/, gebracht und dann wie im Beispiel i durch formgebende Düsen von o,o2
mm Durchmesser gepreßt und weiterbehandelt. Beispiel q. Haifischhaut wird in kaltem
Wasser gewaschen, anschließend in Aceton entfettet, eingeweicht und nach einem der
üblichen Verfahren von den Schuppen befreit, hierauf q. Wochen nachgeächert, durch
Waschen teilweise vom Kalk befreit und in noch etwas kalkgequollenem Zustand zwischen
Quetschwalzen zerquetscht. Die so gelockerte Haut wird im Holländer zu feinem Fasermaterial
aufgeschlossen und isoelektrisch gemacht. Das überschüssige Wasser wird durch Abpressen
entfernt und das so erhaltene Fasermaterial in einem Knetwerk mit Milchsäure auf
PH = 3,5 gebracht und zu einer homogenen Paste verarbeitet. Das nun erhaltene Fasermaterial
wird durch sich verjüngende Düsen gepreßt und der Faden nach Beispiel i weiterverarbeitet.
B eispiel 5 Entgerbte Chromfalzspäne werden einer zusätzlichen Äscherung von 3 Wochen
unterworfen, anschließend in einem Waschholländer vom Kalk weitgehend befreit, dann
durch Abnutschen teilweise vom Wasser befreit, mit Salzsäure auf pH=2,4 eingestellt,
hierauf zu einer homogenen Paste mit q.0/, Trockengehalt verarbeitet und durch sich
verjüngende Düsen unter einem Druck von ioo at gepreßt. Der aus der Düse austretende
Faden wird angetrocknet und durch ein Chromsulfatbad, das 71/, Glaubersalz als Ouellungsschutz
enthält, geführt, aufgespult und hierauf q. Tage in einen feuchtwarmen Raum zur
Nachgerbung gebracht, anschließend abgespult, durch Fettungs- und Farbbäder gezogen
und unter Spannung endgültig getrocknet. Der trockene Faden wird in üblicher Weise
auf Textilien verarbeitet. Beispiel 6 Rindersehnen werden nach zweiwöchiger Kälkung
mit Wasser gewaschen und mit Salzsäure gequollen. Durch Auswaschen wird das pH auf
2,5 bis 3,5 gebracht und die gequollenen Sehnen zwischen Walzen zerquetscht. Die
erhaltene Masse wird durch
Kneten einheitlich gemacht und durch
sich verjüngende Düsen in ein Pickelbad, das 7% Kochsalz enthält, eingepreßt. Um
seine Reißfestigkeit zu erhöhen, wird der Faden im Pickelbad gezwirnt, hierauf gegerbt,
getrocknet und gefettet.