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Verfahren zum Gerben tierischer Häute und Felle Es ist bekannt, durch
Zusätze von Türkischrotölen sowie auch höher sulfonierten Fettschwefelsäureestern
(vgl. amerikanische Patentschrift i 374 607) Gerbprozesse, insbesondere vegetabilische
Gerbungen, zu verbessern, die Oxydation der Gerbstoffe auf dem Narben zu verhindern
und gleichzeitig den Ledern auf diese Weise eine größere Weichheit zu verleihen.
Vielfach sind jedoch derartige Zusätze von sulfonierten Ölen nicht am Platze; da
sie bei einer Reihe von Gerbmethodeäl sowie bei hartem Betriebswasser Abscheidungen
von Metallseifen oder Fettsäuren bilden, die zu Störungen führen. Sehr oft ist auch
die lickernde Wirkung unerwünscht, besonders bei Ledern, die Stand haben sollen.
Vielfach hat man daher die- Mitverwendung von künstlichen Gerbstoffen, meist aromatischen
Sulfonsäuren, die mit kernbindenden Mitteln kondensiert sind (vgl. Patentschriften
262 558, 291457, 349 727, 402 942 der Klasse 28a, französische Patentschriften
586 074 und 6i9 65o sowie österreichische Patentschrift 78 395), vorgeschlagen,
um gewisse Nachteile, besonders bei der vegetabilischen Gerbung, zu beheben. Der
künstliche Gerbstoff dringt infolge seines höheren Dispersitätsgrades zwar besser
in die tieferen Teile der Haut ein und bewirkt eine schnellere und vollständigere
Durchgerbung, hellt die Farbe auf, bringt aber andererseits wieder Nachteile bezüglich
Griff, Zerreißfestigkeit, Fülle usw. Die Anwendung der künstlidhen Gerbstoffe hat
besonders noch den Nachteil, daß die Produkte gleichzeitig sich als Gerbmittel betätigen,
die Hauptproteine absättigen und diese somit für die Aufnahme der vegetabilischen
Gerbstoffe unfähig machen. Die Folge ist ein zu geringes Gewicht des Leders. In
der Unterlederfabrikation ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, das Leder durch
Sättigen mit ungebundenem vegetabilischem Gerbstoff zu beschweren.
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Es wurde nun ein Verfahren aufgefunden,, unter Fortlassung der künstlichen
Gerbstoffe mit vegetabilischen oder mineralischen Gerbstoffen oder mit gerbenden
Fetten eine vollständige und befriedigend schnelle Durchgerbung zu erreichen, wobei
die genannten Gerbmittel. allein als solche wirken. Der 'Zusatz von nicht gerbenden
hochmolekularen kondensierten halogenhaltigen Sulfonierungsprodukten, die aus Wachsen
und molekülvergrößernden kondensierbaren Zusätzen durch intensive Sulfonierung und
Kondensierung gewonnen werden, befördert das Eindringen der eigentlichen Gerbstoffe
ganz beträchtlich, gibt außerdem dem Leder eine. bessere Fülle und hellt die Farbe
der Gerbung auf. Die Ursache hierfür ist wohl in der Kapillaraktivität der erwähnten
hochmolekularen kondensierten halogenhaltigen Sulfonate zu suchen, die Verdichtungen,
der Gerbstoffteilchen an der Hautoberfläche verhütet und das Eindringen des Gerbstoffes
in das Innere der Haut befördert. Da die genannten. hochmolekularen kondensierten
halogenhaltigen Sulfonsäuren bzw. ihre Salze Nichtgerbstoffe sind, d. h. nicht imstande
sind, Blößen in Leder umzuwandeln, und höchstens geringe Mengen gerbender Kondensationsprodtkte
als technische Verunreinigungen enthalten, so findet keine eigentliche
Absättigung
des Hautproteins durch diese SulfonsäLiren statt.' Sie befördern lediglich das Eindringen
der eigentlichen Gerb-. stoffe und wirken mithin als Aktivatoren uxgtt@ Beschleuniger
des Gerbprozesses. Darübe hinaus werden sie aber an der inneren Ob fläche des Leders
durch Adsorption festg `-: halten, wodurch einmal die Fülle des Leders wesentlich
verbessert wird und andererseits an Gerbstoff oder auch an Fettlicker gespart werden
kann. Mit Hilfe dieser Zusätze ist es leicht möglich, die Gerbung mit konzentrierteren
Brühen, als sonst üblich, zu beginnen und den bibergang von verdünnten Gerblösungen
zu konzentrierten schneller zu gestalten.
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Ein weiterer Vorteil der Mitverwendung der vorgenannten kondensierten
halogenhaltigen Sulfonsäuren oder ihrer Salze besteht in der konservierenden Wirkung
derselben auf die Gerbbrühen. Die Gärung und Bildung von Schimmelpilzen wird stark
gehemmt. Hierdurch wird Gerbstoff gespart und Hautmaterial' geschont. Schließlich
bewirken die Sulfonsäuren eine aufhellende Wirkung auf G erbstofilösung und Leder.
Sie ähneln in dieser Beziehung den Mineralsäuren, ohne deren schädliche Wirkung
auf die Hautsubstanz auszuüben. Sie lösen auch in starkem Maße Phlobaphene und gestatten
auf diese Weise eine weitergehende Ausnutzung vegetabilischer Extrakte. Überraschend
ist vor allem die stark ausgeprägte Beständigkeit gegen härtestes Gebrauchswasser,
Säuren und Gerbereichemikalien aller Art, die auf das Fehlen bzw. die Minderung
der Carboxylgruppen zurückzuführen sein dürfte, welche bekanntlich in den üblichen
sulfonierten Ölen. die Ursache der mangelhaften Beständigkeitseigenschaften -sind.
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Eine Verbesserung der Gerbung findet nicht nur bei der vegetabilischen
Gerbung, sondern auch bei der Mineralgerbung, der Fettgerbung sowie bei kombinierten
Gerbungen statt. Auch die Herstellung von Chromleder, Alaunleder, Sämischleder wird
durch Zusätze der hoch--molekularen organischen Sulfonsäuren erleichtert und die
Qualität der Leder verbessert.
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Sulfonsäuren, welche im Sinne der vorliegenden Erfindung als Zusätze
zur Gerbung geeignet sind, werden aus halogenierten Wachsen und kondensierbaren
organischen Verbindungen, .wie aromatischen Kohlenwasserstoffen oder deren Derivaten,
z. B. Phenolen, sowie Alkoholen; Ketonen, Lactonen, Carbonsäureanhydriden oder -chloriden
durch kräftige Sulfonierung und Kondensierung mit Schwefelsäurehalogenhydrinen oder
ähnlich wirkenden Sulfonierungsmitteln gewonnen. Die zu kondensierenden Stoffe können
-gegebenenfalls auch halogenhaltig sein. Auch solche Sulfonsäuren, bei denen Herstellung
etwa zunächst Kondensierung der Kompom;.ezten und .dann Sulfonierung erfolgt ist,
sind =; Zusätze bei Gerbprozessen geeignet. Als Wachse sind beispielsweise die Ester
von `hochmolekularen Fettsäuren mit einwertigen Alkoholen, welche künstlich herstellbar
oder natürlich vorkommend im Wollfett, Spermöl, Bienenwachs oder anderen Wachsarten
anzutreffen sind, geeignet. Als Sulfonierungsmittel finden Chlorsulfonsäure (S 03),
rauchende Schwefelsäure, Gemische dieser untereinander oder Gemische von sulfonierenden,
mit stark wasserentziehenden Stoffen, wie Mischungenr von Schwefelsäure mit Phosphorpentoxyd,
entwässertem Natriumsulfat o. dgl., kurz solche Agenzien Verwendung, welche die
genannten Stoffe in hochsulfonierte Kondensationsprodukte überzuführen vermögen.
Nur weitgehend sulfonierte Verbindungen sind geeignete Gerbhilfsmittel im Sinne
der Erfindung, weisen genügende Beständigkeit gegen Härtebildner des Wassers, saure
Gerbbrühen, Chromverbindungen, Salzzusätze auf, sind imstande pflanzliche Gerbstoffe
und sogar die Phlobaphene weitgehend zu dispergieren und darüber hinaus die Gerbung
aufzuhellen und das Leder zu füllen. Einfache Gerböle bzw. Türkischrotöle oder Fettschwefelsäureester,
selbst von höherem Sulfonierungsgrad, lassen die erforderlichen Beständigkeitseigenschaften
vermissen, haben weit geringere kapillaraktive Wirkungen und beeinträchtigen häufig
in unerwünschter Weise den Stand des Leders. Sulfonsäuren von Mineralölkohlenwasserstoffen
wirken gleichfalls weit weniger durchdringend und gerbbeschleunigend, haben außerdem
ein unerwünschtes Eigengerbvermögen und liefern zudem ein leeres dunkles Leder.
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Es seien im folgenden einige Verfahren zur Herstellung geeigneter
hochmolekularer Sulfonsäuren angeführt.
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Beispiel r ioo Gewichtsteile in üblicher Weise halogenierten Spermöls
werden mit 4o Gewichtsteilen Essigsäureanhydrid vermischt und mit ioo Gewichtsteilen
eines 7%igen Oleums bei etwa 40° C behandelt. Die so erhaltene Suifonsäure wird
mit. 3J" ihres Gewichts an Eis versetzt und dann unter guter Kühlung mit Natronlauge
neutralisiert, bis eine pH von 5,5 bis '6 erreicht ist.' An Stelle des Essigsäureanhydrids
kann auch Acetylchlorid verwendet werden.
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Beispiel 2 28o Gewichtsteile halogeniertes Wallfett -werden mit 7o-Gewichtsteilen
Methyläthylketon
gemischt, und die erhaltene Auflösung wird mit
25o Gewichtsteilen eines 2oo/oigen Oleums oder dem entsprechenden Gemisch von Schwefelsäure
mit Phosphorpentoxyd anfangs bei 50° C, dann bei 3o° C unter Kühlen und Rühren innerhalb
6 Stunden kondensiert und sulfoniert. Nach beendeter Reaktion wird die Sulfonsäure
mit 3/4 ihres Gewichts an Eiswasser aufgenommen und unter intensiver Kühlung bis
zur schwach sauren Reaktion mit Ammoniak neutralisiert.
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Beispiel 3 ioo Gewichtsteile halogeniertes Wollwachs werden mit 3o
Gewichtsteilen Chlorkresol bei 6o° C vermischt, bei dieser Temperatur zunächst mit
- 5o Teilen rauchender Schwefelsäure mit 20% S 03 vorbehandelt und dann mit 8o Gewichtsteilen
Chlorsulfonsäure %rtigsulfoniert und kondensiert. Die Sulfonsäure wird nach beendeter
Reaktion, wie bereits beschrieben, in Eiswasser aufgenommen und neutralisiert.
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Beispiel q.
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Durch Einwirkung von Chlorsulfonsäure auf Benzol wird Benzolmonosulfonsäure
dargestellt. i8o Gewichtsteile der rohen Sulfonsäure werden bei 55° C mit 2¢o Gewichtsteilen
eines halogenierten ölsäurecetylesters gemischt, worauf mit 175 Gewichtsteilen Chlorsulfonsäure
die Kondensation bewirkt wird. Das Reaktionsprodukt wird mit Wasser versetzt und
schwach aasneutralisiert.
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Die nach den vorstehenden Vorschriften gewonnenen Sulfonsäuren bzw.
Sulfonsalze können auch durch Kalken, Aussalzen, Bleichen o. dgl. wahlweise gereinigt
werden.
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Die Anwendung der Sulfonsäuren in der Gerberei geschieht wie folgt:
I. Lohgares Feinleder Gebeizte Eidechsenblößen werden in üblicher Weise in einer
etwas aufgebesserten, bereits gebrauchten Sumachextraktbrühe von 1/2° Bewährend
eines halben Tages aasgegerbt. Dann wird auf frischen Brühen von i° B6,
3'B6 und 5.° B6 ausgegerbt, wobei der Gerbprozeß insgesamt q. bis 5 Tage
in Anspruch nimmt. Der 3'B6 starken Brühe wird 1/2%, der 5° starken Brühe i % des
nach Beispiel i erhaltenen Sulfonats, berechnet auf das Blößen; gewicht, zugesetzt.
Die Gerbung wird hierdurch beschleunigt, der Griff des Leders verbessert und die
Farbe aufgehellt, was sich auch in der nachfolgenden Färberei nutzbringend auswirkt.
II. Chromgares Rindboxleder Bei der Gerbung dieser Lederart wird der üblichen basischen
Chromgerbbrühe (bereitet aus Chromalaun und Soda; Basizität etwa 40 0/0) i, 5 %
des in Beispiel 2 beschriebenen Sulfonierungsprodukts zugesetzt. Die Blößen gerben
gleichmäßig durch, der Narben wird geschlossen erhalten, und das Leder neigt nicht
zum Losewerden. Nach 5- bis 6stündiger Gerbung wird neutralisiert und, wie üblich,
zugerichtet.
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III. Sämischleder Zur vollständigen Sämischgerbung von Schaffleischspalten
werden diese dreimal in der Kurbelwalke mit einem Gemisch aus 97% Tran und 3% einer
gereinigten Sulfonsäure nach Beispiel 3 durchgewalkt, wobei die Spalten nach jeder
Operation zwecks Oxydation des Trans an der Luft verhängt werden. Je Fell werden
etwa 5oo ccm des Tran-Sulfonsäure-Gemisches verbraucht. Der Zusatz der Sulfonsäure
befördert das Eindringen des Trans in die nasse Haut und bedingt eine Abkürzung
der Gerbdauer um wenigstens 2o%. IV. Pelzgerbung Kaninchenfelle, welche zuvor gut
gebeizt und entfleischt worden sind, werden in an sich bekannter Weise der Leipziger
Zurichtung unterworfen. Eine Kochsalzlösung von io° B6 Stärke wird mit Schwefelsäure
versetzt, bis die Lösung i i° BG spindelt. io Teile dieser Salzlösung werden mit
i Teil des nach Beispiel q. erhältlichen Sulfonats und i Teil eines gewöhnlichen
5o%igen Türkischrotöls vermischt. Die Kaninchenfelle werden nunmehr mit dieser Mischung
eingestrichen, i Stunde lang Fleisch auf Fleisch liegengelassen und dann getrocknet
bzw. zugerichtet. Man kann das gleiche Gerbverfahren auch bei bereits zugerichteten
und gefärbten Kaninchenfellen oder bei anderen Pelzsorten anwenden.