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Verfahren zur Herstellung von Halbzellstoff aus Stroh Es ist bekannt,
bei der Herstellung von Halbzellstoff oder Zellstoff aus Stroh dieses mit wäßrigen
Lösungen von S02, die weniger als S0/0 S02 enthalten, unter Druck bei Temperaturen
nicht über 1d.0° C nur wenige Stunden zu kochen. Hierbei kann ein Teil der S02 an
Alkali oder Erdalkali gebunden und der Stoff nach der Kochung mechanisch zerkleinert
und mit Chlor nachbehandelt werden. Auch ist es bekannt, Stroh zunächst mit Alkali
vorzubehandeln und dann mit Alkali- oder Erdalkalisulfitlösung, die S bis 121/o
S02, bezogen auf das Strohgewicht, enthält, bei einer Temperatur von ioo bis 11o°
C q: bis s Stunden lang zu kochen und anschließend zu bleichen. Schließlich ist
vorgeschlagen worden, Stroh zunächst mit Bisulfit oder Säure sowie Reduktionsmitteln
und anschließend mit Alkali zu kochen. Nach diesen bekannten Verfahren können jedoch
sehr leicht Schwierigkeiten bei der Aufschließung eintreten, die insbesondere durch
den Kieselsäuregehalt des Strohes bedingt sind. Diese Übelstände lassen sich durch
das Verfahren der Erfindung beseitigen, das' darin besteht, daß zur Herstellung
von Halbzellstoff aus Stroh dieses zunächst mit Reduktionsmitteln, z. B. mitNatriumhydrosulfit,
gebleicht und anschließend i bis 2 Stunden unter Druck bei einer 1q:0° C nicht übersteigenden
Temperatur mit wäßriger Lösung von S02, die bis zu 60%0 S02, bezogen auf das Strohgewicht,
enthält, gekocht, nach der Kochung gewaschen und mechanisch zerkleinert wird.
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Es hat sich gezeigt, daß durch die der Kochung vorangehende Bleiche
mit Reduktionsmitteln außer den der Bleiche eigenen Wirkungen, wie beispielsweise
die Zerstörung organischer Farbstoffe, eine Reihe kolloider Reaktionen stattfinden,
deren Reaktionsverlauf durch die im Stroh enthaltenen Kolloide bedingt. ist. Die
sich hierbei abspielenden Änderungen der Oberflächenspannung beeinflussen die Adsorptionsvorgänge,
so daß eine selektive Beeinflussung der für die Lockerung des ursprünglichen Strohgefüges
verantwortlichen Quellungserscheinungen stattfindet. Außer den vegetabilischen Eiweißverbindungen
und den Harzstoffen werden insbesondere die organischen Kieselsäureverbindungen
abgebaut, wobei regelmäßig eine Abscheidung von Kieselsäuregallerte stattfindet,
die bei der nachfolgenden Druckbehandlung mit wäßriger Lösung von S02 die Säureeinwirkung
nicht nur kapillaraktiv, sondern zugleich auch katalytisch beeinflußt. Hiernach
ist ohne weiteres verständlich, weshalb die der Kochung vorangehende Bleiche mit
Reduktionsmitteln einen so weitgehenden kolloiden Eingriff darstellt, daß das Gut
nach der Säurebehandlung unter Anwendung von Chlor zu einem außerordentlich weißen
Halbzellstoff führt. Es zeigt sich, daß nach einer solchen Bleiche das Stroh bei
einer Temperatur von etwa i2o° C in i- bis 2stündiger
Kochung mit
einer Kochflüssigkeit, die 3 oJo S02, auf das Strohgewicht berechnet, enthält, so
weit aufgeschlossen wird, daß es sich auf dem Kollergang vollkommen zerfasern läßt.
Von Vorteil ist es bei der Aufschließung, die Kochflüssigkeit ziemlich stark zu
verdünnen, damit das Kochgut dauernd bespült wird, was am vorteilhaftesten im Kugel-
oder Drehkocher geschieht.
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Wie ferner bereits bekannt, ist es für die Farbe des aufgeschlossenen
Strohes von Vorteil, wenn der Kochflüssigkeit Alkali- oder Erdalkalihydroxyde zugesetzt
werden. In erster Linie eignet sich hierzu Kalium-, Natrium-, Calcium- oder Magnesiumhydroxyd,
ganz besonders aber hat sich Kaliumhydroxyd bewährt. Die Kochflüssigkeit wirkt besonders
günstig, wenn etwa die Hälfte der schwefeligen Säure in Form von Sulfit oder Bisulfit
und mindestens die Hälfte in Form von freier schwefeliger Säure enthalten ist.
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Bei dem geringen Gehalt der Kochlaugen an S02 empfiehlt es sich, während
des Kochens kein Gas abzulassen.
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Wird nach .der Kochung die Auswaschung bei unter 50° C vorgenommen,
so bleibt ein großer Teil der leimenden Stoffe im Stroh enthalten, wodurch sich
die spätere künstliche Leimung erübrigt oder wenigstens vereinfacht.
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Nach der Auswaschung wird, wie erwähnt, das Kochgut in bekannter Weise,
z. B. in einem Kollergang, mechanisch zerkleinert.
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Das nach dem beschriebenen Verfahren behandelte Stroh stellt eine
Halbcellulose von großer Festigkeit dar, die in vielen Fällen als Ersatz für Cellulose
dienen kann.
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Stroh, das in der beschriebenen Weis;. behandelt ist, läßt sich noch
mit Chlor weiterbehandeln und ergibt hierbei je nach der Stärke der Behandlung einen
hochweißen Halbzellstoff oder Zellstoff mit wesentlich höherer Ausbeute als bei
den heute üblichen Verfahren. Es empfiehlt sich, die Nachbehandlung mit Chlor in
mehreren Stufen, notfalls mit zwischengeschalteter alkalischer Auswaschung, vorzunehmen.
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Das in der beschriebenen Weise behandelte Fasergut stellt sowohl gebleicht
wie ungebleicht einen hervorragenden Rohstoff für Papier, Pappe, Papiermache und
anderePreßkörper dar und kann infolge seiner hohen Festigkeit stark -mit Holzschliff,
Altpapier oder anderen geeigneten Faserstoffen gemischt werden. Zusätze von Kaolin
und ähnlichem oder Farbstoffen machen keinerlei Schwierigkeiten.