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Anlage zur Nutzbarmachung der durch die Ebbe und Flut des Meeres verfügbaren
Energie Die Erfindung betrifft eine Anlage zur Nutzbarmachung der durch die Ebbe
und Flut des Meeres verfügbaren Energie, bei ,velcher das periodische Zu- und Abfließen
des Wassers zwischen einem Becken und dem Meere oder einem der Ebbe und Flut ausgesetzten
Flusse den Antrieb von Wasserturbinen bewirkt. Die Erfindung bezweckt, eine solche
Anlage so durchzubilden, daß eine ununterbrochene und annähernd gleichmäßige Energielieferung
ermöglicht wird.
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Die bisher bekannten Anlagen zur Nutzbarmachung der Gezeitenenergie
ermöglichen dies nicht, weil bei ihnen die Energielieferung von dein Einfließen
des Wassers in große Becken und von dem Ausfließen des Wassers aus letzteren abhängig
ist. Es kommen daher Zeitabschnitte vor, während welcher der Wasserspiegel in dem
Becken mit demjenigen des Meeres oder des Flusses ungefähr übereinstimmt. Während
dieser Zeitabschnitte kann die Anlage keine oder nur wenig Kraft liefern. Es müssen
somit Anlagen zur Aufspeicherung des Energieüberschusses während der Perioden der
Maximalleitung vorgesehen werden, wodurch die ganze Anlage umständlich wird und
die Betriebskosten bedeutend erhöht werden.
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Den gleichen Nachteil haben Anlagen, bei denen die durch das steigende
und fallende Wasser in Kammern erzeugte Druck- und Saugluft in Luftkraftmaschinen
ausgenutzt wird. Der Erfindung gemäß sind beide Ausnutzungsarten an ein und derselben
Anlage in der Weise zur Anwendung gebracht, daß abwechslungsweise mit dem Antrieb
der Wasserturbinen der in den Luftkammern erzeugte Luftdruck und Unterdruck am Ende
der Flut bz-,v. der Ebbe auf die Luftkraftmaschinen einwirkt und dadurch nutzbare
Energie ununterbrochen abwechselnd durch die Wasserturbinen und die Luftkraftmaschinen
erzeugt wird.
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Eine solche Anlage zur Ausnutzung der Gezeitenenergie arbeitet mit
der. geringsten Überwachung und unter den günstigsten Unterhaltungsbedingungen und
besitzt keine beweglichen Organe, die bei derartigen Anlagen bekanntlich schon nach
kurzer Zeit zerstört werden, weil sie der Einwirkung großer, in Bewegung stehender
Wassermengen ausgesetzt sind.
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Auf der Zeichnung ist eine Ausführungsform einer Anlage schematisch
in senkrechtem Schnitt veranschaulicht.
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Die Anlage besteht im wesentlichen aus einem Becken i von zweckmäßigem
Rauminhalt, das durch eine Mauer :2 von dem Meere oder dem der Ebbe und Flut ausgesetzten
Flusse getrennt ist. Das Becken i steht durch einen im unteren Teile der Trennmauer
:2 vorgesehenen, mittels eines Schützes
4 verschließbaren Kanal
3 mit dem Meere in Verbindung. Der Kanal 3 kann mit Prallwänden versehen sein oder
schlangenförmig verlaufen, um etwaige Schlagwellen zu brechen.
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In dem Becken i ist eine Kammer 5 hergestellt, deren Rauminhalt wesentlich
geringer als derjenige des Beckens i ist. Die Kammer 5 ist oben abgeschlossen und
steht durch untere Öffnungen 6 mit dem Becken i in Verbindung.
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Wenn 7 der höchste Meeresflutspiegel und 8 der niedrigste Meeresebbespiegel
ist, so muß die Kammer 5 sich zweckmäßig mindestens über die ganze Höhe zwischen
diesen beiden Spiegeln erstrecken.
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Diese Anlage arbeitet in folgender Weise: Bei geöffnetem Schütz 4
tritt das Meerwasser bei Flutzeit in das Becken i und füllt dasselbe bis zum Spiegel
? an. Das Wasser fließt gleichzeitig durch die Öffnungen 6 in die Kammer 5 und füllt
letztere unter Verdichtung der in ihr eingeschlossenen Luft bis zur Höhe 8' an.
Die eingeschlossene Luft ist somit dem Drucke einer Wassersäule unterworfen, deren
Höhe gleich dem Unterschiede zwischen 7 und 8' ist.
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In der Kammer 5 befindet sich somit ein gewisses Luftvolumen, das
entsprechend der Größe der Anlage jede beliebige Größe haben kann und unter einem
eine Atmosphäre erreichenden Druck steht, da an gewissen Meeresküsten der Unterschied
zwischen Ebbe und Flut mehr als io m beträgt. Nachdem der höchste Wasserspiegel
in dem Becken i erreicht ist, wird das Schütz 4. geschlossen, und die in der Kammer
5 eingeschlossene Luftmenge kann beliebig je nach den Bedürfnissen und unabhängig
von der Ebbe- und Flutzeit benutzt werden. Die verdichtete Luft kann z. B. durch
eine mit Ventil io versehene Leitung g in. eine Kraftmaschine i i (Kolbenmaschine
oder Turbine) zum Antriebe eines Stromerzeugers 12 geleitet werden.
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Entsprechend dem Verbrauch der in der Kammer 5 verdichteten Luft steigt
der Wasserspiegel 8' in dieser Kammer bis zur Höhe 8", d. h. bis der Druck so weit
gefallen ist, daß er nicht mehr ausnutzbar ist. Das Ventil io wird dann geschlossen
und während der Ebbezeit das Becken i durch Öffnen des Schützes 4 geleert, wobei
jedoch Sorge getragen werden muß, daß der Wasserspiegel in dem Becken i nicht bis
unter die Öffnungen 6 sinkt. Zu diesem Zwecke wird das Schütz 4 wieder beizeiten
geschlossen. In der Kammer 5 hängt dann eine Wassersäule, die am oberen Teile der
Kammer einen Unterdruck erzeugt. Die auf diese Weise unter negativem Druck stehende
Luft kann in einer durch Saugung wirkenden Kraftmaschine ii' ausgenutzt werden,
die durch eine mit Ventil io' versehene Leitung g' mit der Kammer 5 verbunden ist
und ebenfalls einen Stromerzeuger i2' antreibt.
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Während des Betriebes der Kraftmaschine ii' wird die Kammer 5 allmählich
geleert, bis der Wasserspiegel in, der Kammer 5 mit demjenigen in dem Becken i übereinstimmt,
wobei der Schütz 4 selbstredend geschlossen ist.
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Es wird dann ein günstiger Augenblick während der Ebbe abgewartet,
um das Schütz 4 sowie das Ventil io' zu öffnen und das Becken i und die Kammer 5
vollständig zu leeren. Von diesem Augenblick an sind das Becken und die Kammer zur
Aufnahme einer frischen Wassermenge bei der nächsten Flut bereit.
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Selbstredend muß die Kammer 5 derart gebaut sein, daß sie sowohl dem
inneren als auch dem äußeren Drück Widerstand leisten kann. Diese Kammer muß namentlich
derart belastet sein, daß sie den Druck bei vollständiger Luftfüllung und voller
Wasserbelastung aushalten kann.
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Die eben beschriebene Anlage hängt gewissermaßen von der Ebbe- und
Flutzeit ab. Es werden jedoch gewisse Einrichtungen vorgesehen, durch die eine ununterbrochene
Energieerzeugung in der Anlage gesichert wird.
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Es kann z. B. in, der Trennmauer 2 eine in die Kanäle 3 eingeschaltete
Turbinenanlage vorgesehen werden, die durch den in diesen Kanälen in beiden Richtungen
fließenden Wasserstrom angetrieben wird. Eine derartige Wasserturbine ist bei 13
gestrichelt angedeutet und dient zum Antrieb eines liegenden Wechselstromerzeugers
15 mittels einer senkrechten Welle 14.
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Während der Meeresflut fließt das Wasser in das Becken i und treibt
die Turbine 13,
wobei der Stromerzeuger 15 seine volle Leistung liefert. Gleichzeitig
wird die Luft in der Kammer 5 verdichtet, jedoch wird diese Energiequelle noch nicht
benutzt.
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Wenn am Ende der steigenden See der Wasserspiegel in dem Becken i
seine größte Höhe fast erreicht hat, fällt die Leistung der Kraftanlage 13 bis 15
sehr stark, während die Kammer 5 infolge des hohen Wasserspiegels in dem Becken
i den Höchstdruck liefert. Hierbei ist zu bemerken, daß die Leistung der Kraftanlage
i i, 12 sehr leicht einstellbar ist, da es sich hier um ein Abfließen verdichteter
Luft handelt, so daß die Kraftanlage 11, 12 allmählich entsprechend der Abschwächung
der Kraftanlage 13 bis 15 eingeschaltet werden kann, um diese Abschwächung vollkommen
auszugleichen. Die Vorkehrungen werden hierbei so getroffen,
daß
die Kammer 5 sich während dieser Zeit mit Wasser anfüllt, damit während des darauffolgenden
Zeitabschnittes ein Höchstunterdruck zur Verfügung steht. Wenn der Luftverbrauch
der Kraftmaschine i i nicht zum Füllen der Kammer 5 genügen sollte, so könnte man
im' Bedarfsfalle die Luft am Ende dieser Periode ins Freie entweichen lassen.
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Wenn bei Beginn der Ebbe der Wasserspiegel in dem Becken i höher als
der äußere Wasserspiegel ist und das Wasser aus dem Becken i auszufließen beginnt,
so arbeitet die Kraftanlage 13 bis 15 wieder mit voller Leistung, und der
Luftaustausch in der Kammer 5 wird geschlossen, so daß letztere ihre Wasserbelastung
behält.
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Wenn nach beendigter Ebbe und Entleerung des Beckens i die Kraftanlage
13 bis 15 keine ausreichende Leistung mehr liefert, so wird die Kraftanlage i i'
bis 13' in Tätigkeit gesetzt, da die Kammer 5 zu dieser Zeit einen Höchstunterdruck
besitzt und somit eine Höchstleistung liefert. Die Ingangsetzung der Kraftanlage
i i' bis 13' kann ebenfalls zur allmählichen Ausgleichung des Energieverlustes der
Kraftanlage i3 bis 15 leicht eingestellt werden. Es ist ohne weiteres ersichtlich,
daß auf diese Weise während der aufeinanderfolgenden Ebbe- und Flutzeiten eine ununterbrochene
regelmäßige Energieerzeugung erreicht werden kann.
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Im vorstehenden ist nur ein Becken i und eine Kammer 5 erwähnt worden.
In der Praxis werden jedoch zweckmäßig Anlagen mit mehreren Becken i und mehreren
Kammern 5 batterieartig angeordnet, wobei die einzelnen Einheiten der Anlage zueinander
versetzt arbeiten können, um die erzeugte Energie der Batterie gleichförmiger zu
gestalten. Die Wirkungsweise einer derartigen Anlage mit mehreren Einheiten hängt
von örtlichen Umständen, dem Gesamtrauminhalt der zur Verfügung stehenden Becken
u. dgl. ab und läßt sich mittels normaler Berechnungen bestimmen.